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Der Exorzismus von Emily Rose

Mit „Der Exorzismus von Emily Rose“, einem Mix aus Besessenheitshorror und Gerichtsthriller, feierte Scott Derrickson seinen Durchbruch in Hollywood. Basierend auf einem realen Fall erzählt der Regisseur und Drehbuchautor von einem misslungenen Exorzismus, der mit dem Tod der titelgebenden Emily Rose endet. In einer Gerichtsverhandlung wird der verantwortliche Priester angeklagt, womit medizinische und religiöse Deutungen extra- und intradiegetisch in Widerstreit geraten.

Originaltitel: The Exorcism of Emily Rose__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2005__Regie: Scott Derrickson__Darsteller: Laura Linney, Tom Wilkinson, Campbell Scott, Jennifer Carpenter, Colm Feore, Joshua Close, Kenneth Welsh, Duncan Fraser, JR Bourne, Mary Beth Hurt, Henry Czerny, Shohreh Aghdashloo u.a.
Der Exorzismus von Emily Rose

Mit “Der Exorzismus von Emily Rose” vermischt Scott Derrickson Besessenheitshorror und Gerichtsthriller

Nach dem Direct-to-Video-Sequel „Hellraiser: Inferno“ gelang Regisseur und Drehbuchautor Scott Derrickson mit „Der Exorzismus von Emily Rose“, einem Mix aus Besessenheitshorror und Gerichtsthriller, der Durchbruch in Hollywood.

Grundlage des Films ist, wie bei Hans-Christian Schmids kurz darauf entstandenem „Requiem“, ein missglückter Exorzismus, der in Bayern im Jahr 1976 stattfand und mit einer Klage gegen den Priester endete. Derrickson verlegt das Ganze in die USA und beginnt mit dem Tod der titelgebenden Emily Rose (Jennifer Carpenter). Vater Moore (Tom Wilkinson), der verantwortliche Geistliche, soll der Prozess gemacht werden, der zu einem Politikum wird, denn schließlich steht hier eine religiöse Praxis auf dem Prüfstand und die katholische Kirche stellvertretend mit vor Gericht, womit Derrickson und sein Co-Autor Paul Harris Boardman („Erlöse uns von dem Bösen“) für eine zünftige Fallhöhe sorgen.

Schon die Wahl der Anwälte ist eine Kunst für sich. Als Ankläger soll der gläubige Katholik Ethan Thomas (Campbell Scott) direkt jeden Zweifel ausräumen, dass die Staatsanwaltschaft der Kirche am Zeug flicken möchte. Zur Verteidigung dagegen wird die Agnostikerin Erin Bruner (Laura Linney) von ihrer Kanzlei ins Rennen geschickt, die sich in den Fall hineingräbt. Parallel dazu wird in Rückblenden die Geschichte Emilys erzählt, die ihr religiöses Elternhaus fürs College verließ, doch schon bald von Geistererscheinungen heimgesucht wird. Das Resultat einer Mischung aus Epilepsie und Psychose, so die Argumentation der Anklage, die Moore ein Fehlverhalten Nachweisen will, da für den Exorzismus die medizinische Behandlung Emilys abgebrochen wurde.

Erin entscheidet sich für eine kühne Argumentationslinie: Kann man wirklich zweifelsfrei ausschließen, dass Emily von einem Dämon besessen war? Parallel dazu erlebt die Anwältin seltsame Dinge, die sie umso mehr in der Ansicht bekräftigen, dass es doch himmlische und dämonische Kräfte geben könnte…

Schaut euch den Trailer zu „Der Exorzismus von Emily Rose“ an

Derrickson versucht sich dem Fall uneindeutig zu nähern, ohne zu sehr die religiöse oder die medizinische Deutung der Ereignisse zu favorisieren. Inszenatorisch legt „Der Exorzismus von Emily Rose“ freilich nahe, dass Dämonisches im Busch gewesen sein könnte. Zwar gibt es keine schwebende Emily, kein groteskes Make-Up, sondern mimische und körperliche Verrenkungen, die unter Umständen auch der Epilepsie geschuldet sein könnten, aber die schwarzen Augen Emilys, ihre verzerrte Stimme und das während des Exorzismus aufziehende Gewitter bedienen – trotz möglicher rationaler Erklärung – das Repertoire des Horrorfilms. Ähnlich sieht es bei den Dämonenfratzen aus, die Emily wahlweise sieht oder sich einbildet, während man den Einfluss von William Friedkins Klassiker „Der Exorzist“ in Bild und Inhalt spürt. Doch Derrickson inszeniert das Ganze effektiv, auch wenn der größere Teil des Films im Gerichtssaal spielt und zumindest das Ende vom Lied der Rückblenden bereits von Anfang an feststeht.

Etwas hilflos wirken dagegen die zusätzlichen Gruselszenen, wenn sowohl Erin als auch Moore mit möglichen Geistererscheinungen zur unheiligen Stunde um 3 Uhr nachts konfrontiert werden – diese wirken eingestreut, um den Horrorfaktor auch im weiteren Verlauf hochzuhalten, aber nur begrenzt dramaturgisch motiviert. Sie erscheinen eher als eine Ablenkungen von den Gerichtsszenen, die mit den Mittel des Justizdramas arbeiten: Da werden überraschende Zeugen gefunden, da werden Experten für waghalsige, aber dennoch schlüssige Argumentationen gesucht, da setzt sich die Anwältin auch mal über den Willen von ihrer Kanzlei und der katholischen Gemeinde hinweg. So bedient „Der Exorzismus von Emily Rose“ auch dieses Genre recht stimmig, wenn auch nicht überragend oder allzu innovativ, wird allerdings gelegentlich etwas geschwätzig, was für kleinere Längen sorgt.

Ein Knackpunkt ist dann das Ende des Ganzen. So wie Derrickson offen halten möchte, ob das Publikum nun die eine oder andere Deutung der Ereignisse bevorzugt, so lässt das von ihm mitverfasste Drehbuch dann auch die Geschworenen entscheiden, die ein regelrecht salomonisches Urteil fällen. Das wirkt allerdings nicht ambivalent vom Film, sondern eher feige, als wolle man den Anhängern keiner Theorie zu sehr auf die Füße treten, indem man dieser am Ende ein „unfaires“ Gerichtsurteil zumutet. Zudem macht sich bemerkbar, dass der Film bei seinen Figuren nur an der Oberfläche kratzt: Dass Erin im Laufe des Films einen Sinneswandel durchmacht, wirkt eher wie eine Behauptung, weniger wie eine stimmige Charakterentwicklung.

Laura Linney, bereits gerichtsthrillererfahren durch „Zwielicht“, liefert eine solide Darstellung ab, wird aber von Jennifer Carpenter („Dragged Across Concrete“) überstrahlt. Die erbringt als gutherzige Studentin, die immer weiter ins Verderben abrutscht und äußerliche Anzeichen Besessenheit zeigt, eine schauspielerische Tour de Force. Auch ihrer Darstellung ist es zu verdanken, dass man sowohl an dämonische Heimsuchungen als auch an epileptische Anfälle glauben mag, denn die Verrenkungen sind Carpenters Werk, nicht einfach nur Effekt-Budenzauber. Ebenfalls stark ist Tom Wilkinson („S.A.S. Red Notice“) als unbeirrbarer, unerschütterlicher Gottesmann, während Campbell Scott („Jurassic World 3“) vor allem im Duell mit Linney aufblüht: Beide spielen ähnlich geschnitzte Anwälte, die einander ausbooten wollen, und diesen Ehrgeiz bringen die beiden so gut herüber, dass sie in ihren gemeinsamen Szenen zur jeweiligen Bestform auflaufen. In Nebenrollen wirken ein paar bekannte Gesichter wie Colm Feore („National Security“), JR Bourne („Brake“) oder Joshua Close („Capsized: Blood in the Water“) mit, die aber alle hinter dem genannten Darstellerquartett in den Hintergrund treten.

„Der Exorzismus von Emily Rose“ ist ein interessanter Genremix, bei dem Scott Derrickson sowohl den Horror- als auch den Gerichtsthrillerpart solide bedient, ohne in einem der beiden Genres wirklich Neues zu versuchen oder überragend zu sein. Souverän inszeniert und vor allem von Jennifer Carpenter toll gespielt ist das Ganze auf jeden Fall, trotz kleinerer Längen und eines etwas mutlosen Endes, das ambivalent sein möchte, es in erster Linie dann jedoch möglichst allen recht macht.

Die mit PG-13 freigegebene US-Kinofassung, die auch in den deutschen Lichtspielhäusern lief und auch bei manchen Streamingdiensten gezeigt wird, ist hierzulande ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray veröffentlichte Sony eine längere Unrated-Version, die hierzulande FSK 16 bekam. Die Blu-Ray bietet lediglich Trailer als Bonus, auf der DVD gibt es einen Audiokommentar des Regisseurs, entfallene Szenen und Featurettes.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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