Originaltitel: Blade the Iron Cross__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: John Lechago__Darsteller: Tania Fox, Vincent Cusimano, Griffin Blazi, Roy Abramsohn, Bobby Reed, Angelica Briones, Todd Gajdusek, Nihilist Gelo, Noel Jason Scott, Lee Sargent, Cyrus Hobbi, J. Eamon Roche u.a. |
Versuchen wir doch mal, den Betrachtungsgegenstand so aufzuwiegen wie es sein Macher tun würde: in Zahlen. Full Moon präsentiert: Output Nr. dreihundertvierundzwanzig. Aber wer zählt schon mit (außer Full Moon selbst am Ende des Abspanns). Die Chancen standen gar nicht so schlecht, dass es wieder ein neuer Teil der Puppet-Master-Saga werden würde; statistisch gehört schließlich jeder neunundzwanzigste Film des Studios zu dieser Reihe. Schlussstriche wurden schon viele gezogen, nach der ursprünglichen Pentalogie zum Beispiel oder nach der Stock-Footage-Party „Puppet Master – The Legacy [2003]“. Zuletzt gab es eine Trilogie, die sich wieder nach Deckel auf dem Glas anfühlte. Endlich Ende im Gelände? Letztlich alles Wunschdenken. Kaum ist das Grundfarbenmassaker aus der Axis-Digitalhölle verdaut, kommt Charles Band auch gleich schon wieder mit zwei neuen Vermarktungskonzepten um die Ecke, um seine Puppen endgültig in Duracell-Hasen zu verwandeln.
Konzept Nummer eins: Solo-Spin-Off! „Blade: The Iron Cross“ ist der erste Film der Reihe, in dem sich alles um eine einzelne Puppe dreht. Wo früher im Ensemble gemordet wurde, da ist nun also Lonesome-Cowboy-Kult angesagt. Damit wäre theoretisch auf Jahre hinweg für Nachschub gesorgt. In der Originalreihe kamen bislang Pi mal Daumen sechsundzwanzig Puppen vor. Wenn die alle durchexerziert werden, na dann aber Halleluja. Sollte sich Band dann auch noch Marvel zum Vorbild nehmen und sämtliche Solo-Abenteuer auf eigene Trilogien pumpen… Halleluja³!
Konzept Nummer zwei: The Deadly Ten. Dahinter stecken zehn Filme, bei denen die Dreharbeiten für interessierte Fans, Hobby-Filmer und angehende Meisterregisseure gratis gestreamt wurden, mit all ihren versemmelten Takes und sonstigen Unzulänglichkeiten. Die Blade-Auskopplung sollte den Reigen eröffnen, gefolgt von Fortsetzungen zu vermeintlichen Kultstreifen wie „Sorority Babes in the Slimeball Bowl-O-Rama“, „Head of the Family“ und „Subspecies“.
Gerade diese doppelt belegte, aggressive Vermarktungsstrategie vermittelt das Gefühl, dass es in „Blade: The Iron Cross“ weder um Blade geht noch um das Eiserne Kreuz, sondern dass man es mit einem unverhohlenen Instrument zur schnellen Firmenexpansion zu tun hat. Ein Stück weit ist das normal für ein Studio, das Geld verdienen möchte. Doch hier wird tatsächlich nicht einmal mehr so getan, als wenn auch nur ein Funken filmische Inspiration in die Produktion geflossen sei.
So reibt man sich auch nicht mehr unbedingt verwundert die Augen, dass „Blade: The Iron Cross“ keineswegs einen Neustart sucht, sondern vielmehr direkt an das Ende von „Puppet Master: Axis Termination“ anknüpft. Eigentlich muss man da vom vierten Teil einer Tetralogie sprechen, wenn man ehrlich ist. Warum auch die gerade erst dekorierten Sets und frisch gebauten Miniaturen wieder abreißen, wenn man sie noch für mindestens einen weiteren Film verwenden kann? Der Zuschauer hat von der breitgetretenen Nazi-Thematik zu diesem Zeitpunkt zwar längst die Nase voll, aber in der Kosten-Nutzen-Rechnung war es eben wohl profitabler, einfach in den Kulissen weiterzumachen, in denen man es sich gemütlich gemacht hatte… auch wenn man sich inzwischen wirklich nach einer Rückkehr in die Gegenwart (oder gar nach einem SciFi-Slasher in Outer Space der Marke „Jason X“!?) sehnt.
So bleibt also eine gewisse Kontinuität gewahrt, wenn auch mit der gewohnten Inkonsistenz in der Ausführung. Tania Fox kehrt nach „Puppet Master: Axis Termination [2017]“ wieder als Elisa zurück, ohne aber dabei auf ihre Co-Stars von damals zählen zu können. Motive der Vorgänger werden wieder aufgenommen, aber auch mal nach Lust und Laune über den Haufen geworfen. Sets und Bauten werden wiederverwertet, jedoch ganz anders inszeniert. Letzteres hat dann wohl auch mit dem Wechsel auf dem Regieposten zu tun, denn John Lechago, der vorher drei Teile zur „Killjoy“-Reihe beisteuerte, übernimmt diesmal das Ruder.
Bei aller Aufregung darüber, mit was für einem seelenlosen, im Morast aufgestauter Billigkeit hoffnungslos versunkenen Fabrikat wir es hier zu tun haben… es übertrifft immerhin die Qualität der vorausgehenden Trilogie. Auch wenn das alleine noch kein Kompliment darstellt. All das verschwörerische Gequatsche in irgendwelchen Nazi-Laboren deutet immer noch eher auf eine Episode einer schlecht ausgestatteten Webserie hin (was selbst die knappen 70 Minuten eigentlich noch zu lang macht), zumindest hat man aber nicht den Eindruck, sie sei von einem unkonzentrierten Grundschüler inszeniert worden, der beim Dreh permanent mit Eiscreme und Videospielen abgelenkt wurde.
Die erste Hälfte gestaltet sich mal wieder ziemlich puppenarm. Da der kalkweiße Minikiller im schwarzen Ledermantel diesmal alles selbst erledigen muss, war das auch irgendwo abzusehen. Lechago frönt lieber seiner alternativen Geschichtsschreibung aus der Perspektive eines Billigstreifens, in dem Naziploitation, Zombiefilm, esoterische Fantasy und 30er-Jahre-Journalisten- und Detektivfilm sich zu einem eigenwilligen Kosmos vereinen, in dem nicht einmal mehr die Establishing Shots einer sehr nach Gegenwart aussehenden Großstadt irritieren. Die auch im Erotikbereich aktive Hauptdarstellerin Tania Fox hält den Zuschauer mit so mancher Nackteinlage bei der Stange – wenn von ihren Brüsten direkt auf Blades tote Augenhöhlen geschnitten wird, erwartet man unweigerlich, seine spitzen Spezialwaffen daraus hervorschießen zu sehen. Den Part mit den Glupschaugen übernimmt dann ein mit Fernglas ausgestatteter Cop (Noel Jason Scott), der aussieht wie eine trottelige Schmalspur-Ausgabe von „Shield“-Cop Vic Mackey. Roy Abramsohn sorgt derweil als Nazi-Fiesling dafür, dass das Kanonenfutter in Form sabbernder Zombies nicht ausgeht, die hirnlos durch die Kanalisation wanken und verirrte Flüchtige anknabbern.
Die Argento-Bava-Farbfilter wurden zum Glück wieder deutlich heruntergefahren (das Malen überlässt man dann doch lieber den wahren Künstlern) und ganz allgemein kann man sagen, dass die Wertigkeit der Bilder zumindest wieder leicht gestiegen ist. Andererseits ist das Set-Recycling der Axis-Trilogie mehr als offensichtlich. Was den Umweltschutz freut, lässt den Zuschauer in Ungeduld schmoren. Auch die Trickkiste würgt immer wieder dasselbe Kaninchen hervor. Hässliche digitale Dunstwolken, die eine Verbindung zwischen Blade und dem Medium behaupten, dominieren die Effektsparte, dazu kommen ein paar Liebling-ich-habe-die-Puppen-geschrumpft-Effekte, die für kostspielige Stop-Motion-Tricks Schmiere stehen.
Glücklicherweise gewinnt „Blade: The Iron Cross“ im letzten Drittel an Fahrt, weil er den Titelhelden in dieser Phase endlich mal von der Kette lässt. Nicht so sehr sind es die Slasher-Einlagen als solche, die hervorstechen (abgesehen vielleicht vom letzten blutigen Ausrufezeichen), sondern das Verständnis des Regisseurs dafür, wie man das Ikonische hervorkitzelt, das seit über 30 Jahren in dem Winzling begraben liegt. Mit martialischer Kraft werden da Symbole bearbeitet, Staubpartikel fliegen in Zeitlupe durch die Luft, und man hat tatsächlich für ein paar Sekunden das wohlige Gefühl, dass da eine Fußnote der Filmgeschichte mit dem Hammer geschmiedet und für die Ewigkeit geformt wird. Wenn auch nur eine klitzekleine.
Viel besser als die Axis-Trilogie ist das zwar nicht. Weil der metallische Geschmack des zwischenzeitlich erschienenen Remakes noch nicht ganz verschwunden ist, kann man sogar von einem erneuten Downer sprechen. Fairerweise muss man aber auch sagen: An der Seite seiner Kumpels hat Blade auch schon schlechtere Zeiten durchgemacht.
Informationen zur Veröffentlichung von “Blade – The Iron Cross”
„Blade: The Iron Cross“ ist in den USA bereits auf Blu-ray und DVD erschienen. Eine deutsche Veröffentlichung wird voraussichtlich irgendwann über Wicked Vision erfolgen, ein Termin ist allerdings noch nicht bekannt. Bis dahin kann man sich per Streaming über den Full-Moon-Kanal (zB. via Amazon) ein eigenes Bild machen.
Sascha Ganser (Vince)
Puppet-Master-Kritiken bei den Actionfreunden:
Puppetmaster [1989]
Puppetmaster 2 – Die Rückehr [1990]
Puppetmaster 3 – Toulons Rache [1991]
Puppetmaster IV [1993]
Puppetmaster V [1994]
Curse of the Puppetmaster [1998]
Retro Puppetmaster [1999]
Puppet Master – The Legacy [2003]
Dämonische Spiele – Puppet Master vs. Demonic Toys [2004]
Puppet Master: Axis of Evil [2010]
Puppet Master: Axis Rising [2012]
Puppet Master: Axis Termination [2017]
Puppet Master – Das tödlichste Reich [2018]
Blade – The Iron Cross [2020]
Doktor Death [2022]
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Full Moon Features__Freigabe: n/a__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein (nur Ausland) |