Originaltitel: Toy Soldiers__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1984__Regie: David Fisher__Darsteller: Jason Miller, Cleavon Little, Rodolfo de Anda, Terri Garber, Douglas Warhit, Willard E. Pugh, Jim Greenleaf, Mary Beth Evans, Tim Robbins, Jay Baker, Larry Poindexter, Tracy Scoggins u.a. |
Es gibt gleich zwei Actionfilme mit dem Originaltitel „Toy Soldiers“, doch in beiden Fällen scheuten die deutschen Verleiher den Verweis auf Spielzeugsoldaten im Titel. Aus „Stirb langsam“-im-Internat-Variante von Daniel Petrie jr. wurde hierzulande „Boy Soldiers“, noch kreativer wurde es bei David Fishers sieben Jahre zuvor entstandenem Raushol-Actioner: „Schnitzeljagd – Teenage Apokalypse“.
Mit dem Inhalt des Films hat die deutsche Betitelung freilich wenig zu tun: Eine Schnitzeljagd kommt nicht vor, dass die Protagonisten die (persönliche) Apokalypse erleben, ist vielleicht etwas hoch gestapelt, und Teenager sind die College-Kids um die patente Amy (Terri Garber) höchstens gerade noch so. Jedenfalls machen Amy und ihre Freunde, fast alle aus reichem Hause, einen Segeltrip unter der Aufsicht eines lediglich Sarge genannten Ex-Soldaten (Jason Miller). Sarge hat die Angewohnheit immer wieder vollkommen unmotiviertes Voice-Over über den Film zu labern, etwa bei der Vorstellung der einzelnen Personen, die aber so oberflächlich ausfällt, dass nichts davon hängen bleibt.
Amy und Co. finden es furchtbar lustig Sarge abzuhängen und auf eigene Faust an der Küste Lateinamerikas weiter zu segeln, was sich jedoch rächt: Einer aus der Gruppe (natürlich der übergewichtige Trampel) schlägt sich im Vollsuff den Kopf auf und man muss Hilfe suchen. Dummerweise gehen Rebellen in dem nicht näher bezeichneten Land um, die unter der Führung des Chefs der Geheimpolizei, Colonel Lopez (Rodolfo de Anda), die Macht an sich reißen wollen. Die Lieblingsbeschäftigung der durchweg verwarzten, verschwitzten, ungewaschenen und unrasierten Milizionäre bestehen im Quälen der Zivilbevölkerung, dem Befummeln weiblicher Geiseln und dem Erschießen von Leuten, die sie doof angucken. Die Ami-Kids kommen ihnen da als Kidnapping-Opfer zur Aufbesserung von Lopez‘ Wahlkampfkasse nur recht; ein paar auf dem gleichen Laster befindliche Einheimische jagen sie ohne besonderen Grund mitsamt dem Gefährt in die Luft.
Während die Rebellen Lösegeld fordern und ihr Chef offiziell die rechte Hand jener Präsidentin gibt, die er eigentlich absägen will, kann immerhin Amy den Klauen der Entführer entkommen und zusammen mit Sarge und den Freunden, die auf dem Boot geblieben sind, in die USA zurückkehren. Als sie dort merken, dass die Regierung zögert das Lösegeld zu zahlen, beschließt man die Sache selbst in die Hand zu nehmen…
Schaut euch den Trailer zu „Schnitzeljagd – Teenage Apokalypse“ an
Die 1980er waren unter anderem das Jahrzehnt der Raushol-Actionfilme, wobei es dort meist nach Vietnam ging, mit „Missing in Action“ und „Rambo II“ als bekanntesten Vertretern dieser Gattung. In „Schnitzeljagd“ kommt die Raushol-Action allerdings ziemlich kurz, denn wenn die zusammengestellte Truppe zur Rettungsaktion schreitet, dann sind schon mehr als zwei Drittel des gerade mal 85-minütigen Films um. Bis auf ein paar eher hüftsteife Nahkämpfe konzentriert sich die Action dann auf das Finale, das aus sehr statischem Geballer und ein paar explodierenden Hütten besteht. Schwerer noch als die eher unspektakuläre Action wiegt die Idiotie des Ganzen: Die Rebellenmiliz besteht aus kaum Handlangern, die sich von ein paar College-Kids ohne großes Waffentraining erst über den Haufen ballern lassen, ehe die Überlebenden überraschend schnell die Waffen strecken. Sobald Lopez jedoch aufkreuzt und Amy austrickst, lassen sich deren Mitstreiter die Knarren von den unbewaffneten Schurken abnehmen als hätten sie das Abdrücken von einer Sekunde auf die andere verlernt. Zum Glück hockt Sarge mit seinem Kumpan Buck (Cleavon Little) im nächsten Busch und hat die ultimative Geheimwaffe dabei, um nun seinerseits die Rebellen auszutricksen: Feuerwerk.
Doch auch sonst ist „Schnitzeljagd“ ein reichlich blödes Filmchen. Da wird Amy während der Vorbereitung auf die Befreiungsaktion an einer Stelle von einem Kerl am Strand angegriffen. Der Film macht sich gar nicht die Mühe zu erklären, ob dies einer von Lopez‘ Handlangern oder einfach nur irgendein Irrer ist und was der Mordversuch überhaupt soll. Amy jedenfalls entscheidet sich für eine Flucht ins Meer (!!), wo sie verständlicherweise nicht weit kommt. Glücklicherweise mangelt es ihrem Angreifer an Skills im Leute-Ertränken, weshalb sie den Spieß umdrehen kann. Mit dem ersten vollbrachten Kill fühlt sie sich dann auch richtig bereit für die Rettungsmission. Dafür heuert sie neben Sarge, dessen Armeekumpel Buck und dem Hausangestellten Ace (Willard E. Pugh) auch noch ihre verbliebenen Kumpels an. Ein Schönling zögert erst sich für die Rettung seiner Stewardessenfreundin in Gefahr zu begeben, aber als Amy ihm Teile ihres Erbes anbietet, da ist der reiche Schnösel dann doch dabei. Was für ein Arschloch.
Die US-Regierung wird – wie in den meisten anderen Raushol-Actionfilmen – als zögerlich und inkompetent dargestellt, die Elterngeneration wie in den Teeniekomödien des Jahrzehnts als wahlweise abweisend, verständnislos oder sogar hinderlich. Dummerweise sind die College-Kids, die entweder gerettet werden müssen oder zur Rettung schreiten, mit Ausnahme von Amy flache Klischeeschablonen (Schönling, nerdige Brillenschlange etc.) ohne Eigenleben. Und selbst Amy wird zwar erfreulich patent dargestellt, ist aber auch eine wenig ausgearbeitete Heldinnenfigur. Wenigstens beweist das Treiben hin und wieder Ironie, etwa in dem Running Gag, dass Ace jedes Mal fragt, ob es an seiner schwarzen Hautfarbe liegt, wenn Amy vermutet, dass er weiß, wo man einen Hehler findet oder wie man ein Auto kurzschließt.
Darüber hinaus hat „Schnitzeljagd“ jedoch wenig zu bieten. David Fishers („Durchgebrannt aus Liebe“) Regie ist fußlahm und uninspiriert, gerade in Verbindung mit dem eher mäßigen Schnitt von Geoffrey Rowland („Runaway Virus“): Da vergeht wahllos Zeit zwischen zwei Einstellungen, im Finale ist es in mancher Einstellung Tag, in mancher Einstellung Nacht. Vor allem aber plätschert das Treiben über weite Strecken einfach nur herum, kann weder den Gefangenschaftspart noch die Rettungsaktion oder deren Vorbereitung irgendwie spannend oder zumindest involvierend darstellen. Das Training ist sowieso ein Knaller: Ein bisschen Laufen am Strand, außerdem hauen die Kids zur Übung (und um ihre Wut rauszulassen) mit Baseballschlägern auf eine Wassermelone ein – genau die Vorbereitung also, die man braucht, wenn man mit Maschinenpistolen gegen blutrünstige Rebellen ins Feld zieht.
Jason Miller hatte mit seiner Filmdebütrolle als Vater Karras in „Der Exorzist“ einen großen Erfolg, doch die große Karriere blieb danach aus. Als tougher Militärdude ist er hier aufgrund seiner nur bedingt actionheldentauglichen Physis reichlich fehlbesetzt. Ähnliche Karriereprobleme hatte auch Cleavon Little, dessen größter Hit die Hauptrolle in „Der wilde wilde Westen“ war, der sich aber wesentlich achtbarer aus der Affäre zieht. Terri Garber („Fackeln im Sturm“) macht einen ganz guten Job als patente Tochter aus reichem Hause, als einer ihrer Kumpane ist Tim Robbins („Green Lantern“) in einer frühen und wenig ruhmreichen Rolle zu sehen. Der Rest vom Fest gibt sich wahlweise dem Laienschauspiel, dem Overacting oder beidem auf einmal hin, wobei Rodolfo de Anda („Laredo – Ein Mann setzt sich zur Wehr“) als wandelndes Klischee eines lateinamerikanischen Möchtegern-Diktators immerhin etwas Leben in die Bude bringt.
So hat „Schnitzeljagd“ den einen oder anderen brauchbaren Moment, ist insgesamt jedoch eine zähe, uninspiriert inszenierte und teilweise idiotisch geschriebene Angelegenheit, die dabei nie die Trashregler so hochdreht, dass sie wenigstens unter diesen Gesichtspunkten Spaß machen würde. Die wenige Action ist hüftsteif inszeniert und der Film braucht ewig, um ansatzweise in Fahrt zu kommen – und das ist keine 20 Minuten vor dem Abspann. Eine dröges Teil, dessen sinnfreier deutscher Titel wesentlich schmissiger klingt als der Film es ist.
Shamrock Media hat „Schnitzeljagd“ hierzulande im Mediabook mit DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben. Das Bonusmaterial umfasst eine Bildergalerie und Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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