Originaltitel: Gunfight at Rio Bravo__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Joe Cornet__Darsteller: Alexander Nevsky, Olivier Gruner, Joe Cornet, Matthias Hues, Natalie Denise Sperl, Kerry Goodwin, John Marrs, Robert Livingston, Travis Mills, Anna Oris u.a. |
Ivan Turchaninov wurde 1822 in der Don-Region geboren. 1843 trat er in die russische Armee ein und schloss 1852 die kaiserliche Militärakademie in St. Petersburg erfolgreich ab. Danach war er an verschiedenen militärischen Operationen in und außerhalb von Russland beteiligt. 1856 wanderte er mit seiner Ehefrau nach Amerika aus und benannte sich in John Basil Turchin um. Hier lebte er zunächst als Farmer in der Nähe von New York. Dann zog es ihn nach Chicago, wo er als Ingenieur für die Eisenbahn wirkte. 1861 schloss er sich einer Truppe Freiwilliger in der Unionsarmee an, um im Bürgerkrieg gegen die Südstaaten zu kämpfen.
Hier stieg er aufgrund seiner militärischen Vorkenntnisse schnell zum General auf und sammelte militärische Erfolge. Doch 1862, bei den Kämpfen um die Stadt Athens, erlangte er äußerst zweifelhaften Ruhm. Genervt und zermürbt von den schier nicht enden wollenden Angriffen der Guerillatruppen des Südens, ließ er seinen eigenen Mannen zwei Stunden freie Hand. Zwei Stunden, die als die „Vergewaltigung von Athens“ in die Geschichte eingingen. Dafür wurde er vor ein Militärgericht gestellt und in allen Punkten für schuldig befunden.
Doch Lincoln beförderte ihn kurzerhand zum Brigadegeneral, was die Verurteilung nichtig machte. Turchin kämpfte daraufhin noch einige erfolgreiche Schlachten, verließ aber 1864 nach einem Hitzschlag freiwillig die Armee. Geht man nun nach „Gunfight at Rio Bravo“, verschwand er daraufhin spurlos. In der Realität ging er nach Chicago zurück und verstarb mit 79 mittellos. In dem hier besprochenen Western, ersonnen und produziert von Alexander Nevsky („Showdown in Manila“), landete er allerdings in einem Kuhkaff namens Blind Chapel.
Hier lebt Turchin als Verkäufer von Waren des täglichen Bedarfes und genießt die Ereignislosigkeit seiner neuen Heimat. In die reitet eines Tages Marshall Austin Carter ein. Er führt den gefährlichen Südstaatenunhold Ethan Crawley mit sich, den er der Gerichtsbarkeit übergeben will. In Blind Chapel will er zumindest kurz verschnaufen. Doch sein Gefangener kündigt schon an, dass seine Landsmänner, die er selbst Hellhounds nennt, ihn bald befreien würden.
Entsprechend groß ist die Angst der Einwohner von Blind Chapel. Der örtliche Sheriff und Turchin halten die Lage allerdings unter Kontrolle und als die Hellhounds in die Stadt einfallen, stehen sie Seite an Seite mit Marshall Carter.
Western mit Olivier Gruner und Matthias Hues
Alexander Nevsky („Maximum Impact“) und seinen Traum vom Schauspielstar habe ich euch an anderer Stelle bereits ausführlicher vorgestellt. Auch seine Vorliebe, vom Glanz der großen und kleinen B-Stars zu profitieren, war dabei Thema. Diesmal sonnt er sich im Licht von Olivier Gruner („TNT – Für immer in der Hölle“) und Matthias Hues („Dark Angel“). Als Spielweise suchte er sich das urtypischste aller amerikanischen Filmgenres aus: den Western. Um seinen breiten russischen Akzent plausibel zu machen, musste ein russischer Held her. Die Wahl fiel auf den alles andere als unumstrittenen Turchin.
Erstaunlicherweise betreibt Nevsky dabei kaum Geschichtsklitterung und lässt seinem Helden seine dunklen Seiten. Denn der hadert enorm mit den Ereignissen rund um die Stadt Athens. Ganz im Gegenteil zu sämtlichen Nordstaatlern des Filmes, die ihn für seine Taten sogar gerne feiern würden. Ob es diesen Aufhänger um den realen Turchin überhaupt gebraucht hätte, sei dahingestellt. Ein irgendwie im östlichen Europa verankerter, fiktiver Charakter hätte es sicher auch getan.
Zumindest füllt die Geheimniskrämerei um Ivans echte Identität, die im Film erst von Hellhound-Anführer Crawley aufgedeckt wird, ein paar Filmminuten. Von denen es insgesamt nicht viele hat, denn ein langer Vorspann, ein ebensolcher Abspann und ausführliche Texttafeln über den echten Turchin lassen nur noch 65 Nettominuten übrig. Was „Gunfight at Rio Bravo“ wie eine lange Serienepisode rüberkommen lässt.
Alles wirkt sehr simpel. Keinerlei Handlungselemente werden wirklich vertieft, kein Charakter wirkt irgendwie ausgearbeitet. Die Dialoge sind belanglos bis zum Gehtnichtmehr und viel mag in dem auch schauplatztechnisch sehr begrenzten Streifen nicht passieren. Zu Beginn klöppelt Ivan ein paar Wegelagerer um, hernach erscheinen schon der Marshall und Crawley auf der Bildfläche. Nevsky trägt seinen breiten russischen Akzent vor sich her, Gruner seinen französischen und Hues seinen deutschen. Es gibt eine kurze Ballerei im und um den Knast und kurz darauf tauchen auch schon die Hellhounds auf.
Wirklich langweilig wird es so nicht, spannend oder gar unterhaltsam allerdings auch nicht. Zumindest startet der Showdown 20 Minuten vor Schluss und kostet diese Lauflänge auch aus. In einer viel zu cool gemeinten Wargear metzelt Nevsky nun die Lumpen weg. Das ist solide choreografiert, hat einen netten Bodycount und wartet mit zahlreichen Blutfontänen aus dem Rechner auf, die gar nicht mal so übel ausschauen.
Leider bekommt man vom militärischen Verständnis des Real-Life-Turchins nichts mit, da der Film-Turchin einfach von Schauplatz zu Schauplatz latscht und da ohne Deckung alles problemlos umnietet. Für etwas Abwechslung sorgt Olivier Gruner, der unter der Choreografie von Art Camacho einen netten Fight gegen einen Henchman Crawleys abliefert und im Wild-West-Setting mit wuchtigen Kicks und Drehkicks punktet – wobei sein Wild-West-Kick in „Savate“ unerreicht bleibt.
Matthias Hues wird aus der Action weitgehend rausgehalten. Dafür darf er in seinem Knast mal an der Decke hängen und da umgekehrte Liegestütze machen. Hues kommt mit seinem coolen Outfit und seiner betont lässigen Art allerdings richtig cool rüber. Genau wie Olivier Gruner, der seine Rolle im Schlaf runterreißt. Beide altgedienten Recken lassen den eigentlichen Hauptdarsteller Nevsky wie gewohnt einfach nur irre steif erscheinen.
Auch die anderen Darsteller muten schlecht gecastet an. Highlight sind definitiv mehrere sehr alte Opas in den Reihen der Hellhounds, die schon optisch die kolportierte Gefährlichkeit der Halunken torpedieren. Und so sexistisch es auch klingen mag, aber alle Frauen im Cast wurden definitiv NICHT wegen ihres schauspielerischen Könnens verpflichtet.
Optisch ist „Gunfight at Rio Bravo“ ein Mix aus Licht und Schatten. Hoch anrechnen kann man Regisseur Joe Cornet, dass er seinen Film nicht in irgendeine Richtung farbkorrigierte, sondern natürliche Farben und ebensolches Licht nutzt. Auch einige Drohnenaufnahmen der natürlichen Begebenheiten um Blind Chapel machen Laune. Zudem setzt Cornet auch im Showdown häufiger auf Drohnen.
Alleine dadurch wirkt der Film schonmal nicht gar so billig wie vergleichbare B-Western, die aktuell erstaunlich zahlreich aufploppen. Dafür sieht das immer zu leere Westernstädtchen in Totalen reichlich schäbig aus. Sobald jedoch inmitten der Stadt gefilmt wird, erfüllt die Kulisse ihren Zweck. Gleißend weiße Zahnreihen bei Gut und Böse und lupenreine, kaum gebraucht wirkende Kostüme lassen den Film immer mal wieder in Richtung Kostümparty abrutschen. Und der Score mag zwar nach Western klingen, bleibt aber niemals in den Ohren hängen.
„Gunfight at Rio Bravo“ bietet unterdurchschnittliche Westernware
Der Western mit Alexander Nevsky in der Hauptrolle wird freilich nur durch das Mitwirken der hier sehr charismatisch rüberkommenden B-Fressen Matthias Hues und Olivier Gruner wirklich interessant. Die hangeln sich an der Seite des stocksteifen Hauptdarstellers durch einen storyseitig vollkommen egalen Neuwestern. Der braucht zumindest nicht lange, um bis zu seinem Showdown zu kommen, den er dann ordentlich auskostet.
Hier werden die Halunken blutig aus dem Leben geballert. Die Actionchoreografie gibt dabei gar nicht erst vor, auf klassischen Western machen zu wollen. Und so wird hier cool, dynamisch und aus allen Lagen aus der Hüfte geballert. Blöderweise kann das solide Finale die zuvor präsentierte Ansammlung aus Klischees, stocksteifem Spiel, blöden Dialogen und Kostümball nicht wirklich wettmachen. Nevsky hingegen war sich direkt sicher, dass sein Western Folgen haben muss und so teast er direkt im Abspann gleich noch eine Fortsetzung. Wenn die dann ähnlich lang wie der „Pilot“ wird und ihrerseits „Folgen“ hat, kommt so vielleicht ja die Staffel einer ganzen Serie zusammen?
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt von Lighthouse und ist mit einer FSK 16 ungeschnitten. Bis auf Trailer haben die Datenträger nichts zu bieten. Man kann den Western auch streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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