„Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ inszeniert seinen Helden nicht mehr als kleinen Mann und Heist-Spezialisten, sondern schickt ihn als Weltenretter in den subatomaren Raum. Scott Lang und seine komplette Patchwork-Familie werden von Kang, dem Eroberer, auf die Quantenebene versetzt, da er ihr Wissen braucht, um von dort zu fliehen. Der dritte Teil der „Ant-Man“-Reihe ist eine deutlich von „Star Wars“ inspirierte Space Opera ohne Weltraum.
Originaltitel: Ant-Man and the Wasp: Quantumania__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Peyton Reed__Darsteller: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas, Michelle Pfeiffer, Kathryn Newton, Jonathan Majors, Bill Murray, Katy M. O’Brian, William Jackson Harper, Randall Park, Corey Stoll, David Dastmalchian, Tom Hiddleston, Owen Wilson u.a. |
Nachdem Phase 4 des Marvel Cinematic Universe zwar das Multiversum etablierte, sonst aber in zig verschiedene Richtungen zerfaserte, soll Phase 5 wieder eine klarere Marschrichtung vorgeben. Den ersten Baustein dazu bildet das Sequel „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“.
Dies wiederum bedeutet, dass man sich stark aus dem bestehenden „Ant-Man“-Kosmos löst. Zwar bildet immer noch Scott Lang (Paul Rudd) alias Ant-Man das Zentrum des Films, aber viele der Nebenfiguren aus den Vorgängern tauchen gar nicht auf, darunter seine Ex-Frau, deren neuer Partner oder seine Crew. Auch tonal ist nur die Einführung im Stil der bisherigen „Ant-Man“-Filme gehalten. Scott hat ein Buch darüber geschrieben, wie er die Welt gemeinsam mit den Avengers gerettet hat, genießt den Ruhm und die daraus resultierenden kleinen Vorteile, alles präsentiert mit launigem Voice-Over des sympathischen Helden, der seine Größe ändern kann. Daher auch der Titel seiner Biographie „Watch Out for the Little Guy“.
Seine neue Patchwork-Familie, bestehend aus dem seinem Mentor Hank Pym (Michael Douglas), dessen Frau Janet van Dyne (Michelle Pfeiffer), deren gemeinsamer Tochter und Scotts Lebensgefährtin Hope (Evangeline Lilly) sowie Scotts Teenagertochter Cassie (Kathryn Newton), hat zwar etwas die Schnauze voll von Scotts Marinieren im eigenen Ruhm, kommt aber sonst harmonisch aus. So harmonisch, dass Cassie mit Hanks Hilfe eine Art Satelliten entwickelt hat, um die subatomare Quantenebene zu erforschen, auf der Janet rund 30 Jahre lang verschwunden war. Als diese davon erfährt, warnt sie noch kurz, doch eine fremde Macht ergreift Besitz von dem Gerät und saugt das Quintett schrumpfenderweise auf die Quantenebene, womit die Exposition in zackigem Tempo abgefrühstückt ist.
Bei der Extrem-Schrumpfung werden Cassie und Scott vom Rest der Truppe getrennt. Doch alle fünf müssen erfahren, dass Kang (Jonathan Majors), der Eroberer, wohl dafür verantwortlich ist und nach ihnen sucht. Der Gewaltherrscher der Quantenebene hat nämlich noch eine Rechnung mit Janet offen, von der diese bisher noch nicht erzählte…
Schaut euch den Trailer zu „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ an
Waren die beiden Vorgänger eher eine Art easy listening des Superheldenkinos, so hat „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ dagegen schwer zu tragen. Kang ist quasi der Thanos für die zweite Phasen-Trilogie, muss hier also aufgebaut, vorerst besiegt, aber nicht endgültig ausgeschaltet werden. Deshalb wird viel mit Andeutungen und ausbaubaren Ansätzen gearbeitet bezüglich des Kontrahenten mit Multiversum-Erfahrung. Da der Film schon früh verrät, dass es sich bei Kang um den Gegenspieler handelt, kann „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ nicht so viel aus seiner Doppelgesichtigkeit machen: Kang kann sowohl ruhig und verständnisvoll erscheinen, um zu bekommen, was er will, er kann sich aber genauso Großmannphantasien hingeben. Auch seine Motive sind bewusst undurchsichtig angelegt: Einerseits ist er ein Gewaltherrscher, ein Zerstörer von Welten und Zeitlinien, andrerseits sieht er sich als Erlöser, der Schlimmeres durch sein Tun verhindert. Mid- und Post-Credit-Sequenzen geben nähere Erläuterungen, verweisen auf das Multiversum im Allgemeinen und die „Loki“-Serie im Speziellen, ohne genau zu sagen, wohin die Reise für das MCU wohl gehen wird.
Der Name Kang wird an einer Stelle auch mal als „Kaaaaaang“ in die Welt gebrüllt, was wohl eine bewusste Anspielung auf Captain Kirks „Khaaaaaan“ aus „Star Trek II“ ist. Denn trotz seines subatomaren Handlungsraums sind eher klassische Weltall-Stoffe das inhaltliche und gestalterische Vorbild für „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“, allen voran „Star Wars“. So wähnt man sich öfters auf Mos Eisley, gerade mit Blick auf Sandleute-artige Bewohner der Quantenebene, manch andere Spezies oder das hier vorhandene Cantina-Pendant. Doch trotz solch offensichtlicher Anleihen gehört das Design zu den klaren Stärken von „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“. Die Quantenebene ist mit state-of-the-art-FX realisiert worden, es gibt viel zu gucken und viele Kreationen kommen ohne „Star Wars“-Anleihen aus. Beeindruckend sind etwa riesige Lebewesen, die gleichzeitig als Gebäude und bewaffnete Luftfahrzeuge fungieren, oder manches Quasi-Alien, darunter auch ein galertartiges Wesen, das sich sehr für Löcher interessiert und dessen Saft als Universalübersetzer fungiert.
Viel zu sehen gibt es auch in den Actionszenen, in denen sehr viel auf einmal passiert. In ihren besten Momenten erinnert sie an die Splash-Panels von Comics, in ihren schlechtesten an Wimmelbilder. Das Schrumpfen und Wachsen von Ant-Man und seinen Mitstreitern gehört zum guten Ton der Reihe, hat aber auch nicht mehr so viele neue Aspekte zu bieten. Immerhin gibt es eine sehr schöne Sequenz, in welcher ein vergrößerter Scott in Godzilla-Manier gegen Kangs Truppen antritt, außerdem eine ungewöhnliche Streitmacht, die im Finale nochmal das Ruder rumreißt. Inszenatorisch ist das Gebotene meistens solide, zumal das Sci-Fi-Setting die Künstlichkeit des Ganzen erklärt und die Kampfszenen nie zu sehr in den Bereich von Flummiball-Quatsch abdriften. Der Showdown ist bisweilen etwas zu ausladend, zumal die Kräfte von Kang teilweise nach Belieben schwanken, damit mal er und sein Gefolge, mal die Helden und ihre Getreuen die Oberhand behalten.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Einbau von M.O.D.O.K., kurz für: Mechanized Organism Designed Only for Killing. Seine Hintergrundgeschichte ist durchaus interessant, als fliegender Riesenkopf mit kleinen Gliedmaßen und lauter fetten Waffen wirkt er zwar vorlagengetreu, im Realfilm jedoch etwas albern. Da hilft dem Ganzen der generelle selbstironische Ton der „Ant-Man“-Reihe, die auch solche Gestalten besser goutierbar macht. So gibt es auch die bewährten Sprüche von Scott Lang, die Momente des (temporären) Versagens auf Heldenseite und die Frotzeleien zwischen den Mitgliedern der Patchworkfamilie. Dabei profitieren vor allem Hank und Janet von ihren ausgebauten Rollen, während Hope alias Wasp zwar im Titel vorkommt, aber nie so wirklich im Film ankommt und eher wie ein besserer Sidekick wirkt.
Vielleicht liegt es auch daran, dass die Performance von Evangeline Lilly („Crisis“) irgendwo zwischen solide und auffällig bleibt, während Kathryn Newton als neubesetzte Cassie Lang („Freaky“) ein echter Gewinn für den Film ist. Sie gehört zu den Glanzlichtern von „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“, ähnlich wie ihr Filmvater Paul Rudd („Ghostbusters: Legacy“), der den Charmebolzen Scott Lang gewohnt souverän verkörpert. Michael Douglas („Unlocked“) und Michelle Pfeiffer („Der Tag des Falken“) sind Edelsupport, Jonathan Majors („Creed III“) ein durchaus starker Bösewicht, dessen Facetten und manipulatives Wesen er überzeugend verkörpert. An der Cameo-Front schaut Bill Murray („Rock the Kasbah“) vorbei, als eine Art Lando Calrissian der Quantenebene, dessen Essgewohnheiten irgendwo zwischen Jabba the Hutt und „Oldboy“ liegen, allerdings mit einem hübschen Payoff.
Der Rest vom Fest ist sowohl darstellerisch als figurentechnisch kaum der Rede wert, was „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ an Impact kostet. Denn Kang und seine Schergen löschen ihre Gegner gnadenlos aus, äschern auch fliehende Kontrahenten noch ein. Da diese dem Publikum jedoch egal sind, kommt dies weniger krass und einschneidend herüber. Das mag auch an der soliden, aber eher handschriftsfreien Handwerkerregie des Komödienspezialisten Peyton Reed („Der Ja-Sager“) liegen, der nun mal kein James Gunn und kein Taika Waititi ist. Seine „Ant-Man“-Filme haben zwar einen eigenen Ton, der aber eher am Hauptdarsteller und der Anlage der Figur, weniger an inszenatorischen Eigenheiten liegt.
So bleibt „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ ein zweischneidiges Schwert: Er ist geschlossener, zackiger und besser als beispielsweise „Eternals“ oder „Black Panther: Wakanda Forever“, aber eben auch ein etwas beliebiges Sci-Fi-Actionabenteuer auf den Spuren von „Star Wars“ und Co. Zwar hübsch designt und mit einem auflockernden Maß an Ironie, aber ohne das Alleinstellungsmerkmal seiner Vorgänger. Und „Star Wars“-artige Unterhaltung gab es mit „Guardians of the Galaxy“, „Aquaman“ und „Dune“ schon besser und mit mehr eigenem Stil in den letzten Jahren.
Walt Disney hat „Ant-Man and the Wasp: Quantumania” am 15. Februar 2023 in die deutschen Kinos gebracht. In einigen Kinos läuft er aktuell noch, außerdem ist er schon kostenpflichtig als Video on Demand bei diversen Streamingplattformen zu haben. Am 9. Juni erscheint er auf Blu-Ray und DVD und wird vermutlich zur gleichen Zeit in das Abo von Disney+ aufgenommen werden.
© Nils Bothmann (McClane)
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