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Die Warriors

Originaltitel: The Warriors__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1979__Produktion: Joel Silver u.a.__Regie: Walter Hill__Darsteller: Michael Beck, James Remar, Dorsey Wright, Brian Tyler, David Harris, Tom McKitterick, Marcelino Sánchez, Terry Michos, Deborah Van Valkenburgh, David Patrick Kelly u.a.
Die Warriors von Walter Hill im Blu-ray-Steelbook

Joel Silver finanzierte Walter Hill seinen frühen Film “Die Warriors”.

Walter Hill hatte sich Ende der 70er-Jahre mit seinem Regie-Debüt „Ein stahlharter Mann“ und dem Nachfolger „Driver“ als neue Stimme des testosterongeladenen Kinos empfohlen. Nun stand zur Disposition, welchen Film er als nächstes inszenieren sollte. Da trug der Produzent Lawrence Gordon den Roman „The Warriors“ von Autor Sol Yurick an ihn heran, den er kurz zuvor optioniert hatte. Hill gefiel, was er da las, und er verfasste mit David Shaber ein Drehbuch. Am Ende stand ein Skript, von dessen Qualitäten alle Beteiligten begeistert waren. Gleichzeitig waren sich alle einig, dass es schwer zu verkaufen sein würde. Die grundlegende Thematik um Gangs und Ganggewalt schien für die üblichen Verdächtigen und erst recht für die etablierten Studios zu heikel.

Walter Hill nutzte darum die Zeit und begann die Arbeiten an seinem nächsten Skript. Da klingelte eines Tages das Telefon. Paramount hatte wider Erwarten doch zugeschlagen. Doch das Studio machte deftige Vorgaben. Der Film wurde zum Low-Budget-Projekt erklärt und Hill sollte den Film in möglichst kurzer Zeit abdrehen und fertigstellen. Paramount hatte den Plan, dem thematisch ähnlichen Philip Kaufmann Film „The Wanderers“ an den Kinokassen den Schneid abzukaufen.

Und es sollte klappen. Walter Hill lieferte wie bestellt. Die Kritiken in den Tageszeitungen gerieten zwar reichlich verheerend, doch die Kritiken in Magazinen, die sich ausführlicher mit Filmen beschäftigten, feierten den Film ab. Die Folge war ein unvermuteter Kinoerfolg, der jedoch von diversen Problemen überschattet wurde. So mehrten sich rund um den Kinorun Berichte, der Film würde Ganggewalt anheizen. Paramount reagierte und stellte jegliche Werbung für den Film ein. Doch da war die Mundpropaganda schon am Laufen und der Film erreichte ungeahnte Popularität.

Das war am besten daran erkennbar, dass die damaligen Plagiatsmeister aus Italien bereits 1982 mit „The Riffs“ auf der Erfolgswelle mitzusurfen versuchten. Doch auch darüber hinaus hatte der Film seine Spuren in der Popkultur hinterlassen. Selbst die Simpsons haben ihn schon abgefeiert und zuletzt baute Chad Stahelski ganz offenkundige Referenzen an den Streifen in seine Actionbombe „John Wick: Kapitel 4“ ein. Doch worum geht es in „Die Warriors“?

Unschuldig gejagt…

New York. Die Stadt hat ein gewaltiges Gangproblem. 100.000 in Gangs organisierten Jugendlichen steht ein Polizeiapparat von gerade einmal 20.000 Beamten gegenüber. Zum Glück für die Cops sind die Gangs vor allem mit Revier-Streitigkeiten beschäftigt. Da ruft Cyrus, der sich selbst zu einer Art Obermufti der Gangszene erklärt hat, jeweils neun Abgeordnete jeder Gang zu einem Treffen zusammen.

Hier spricht er das Offenkundige aus: Er will die Gangs vereinen und unter seiner Führung die Herrschaft über die Stadt übernehmen. Gerade als es den Anschein hat, dass die Idee bei den Gangs verfangen könnte, bricht plötzlich ein Schuss und Cyrus sackt tödlich getroffen zusammen. Gleichzeitig stürmen die Cops den Versammlungsort. Im allgemeinen Chaos reichen bedeutungsschwere Blicke und Fingerzeige der tatsächlichen Mörder, um die Schuld auf ein unschuldiges Mitglied der Gang „Die Warriors“ abzuladen.

Die nutzen das allgemeine Tohuwabohu zur Flucht, wissen aber, dass ihnen ab sofort alle Gangs dieser Stadt auf den Fersen sein werden, um sie für das Attentat zur Rechenschaft zu ziehen. Und bis in ihr eigenes Revier, Coney Island, ist es ein brutaler Gewaltmarsch.

Schaut in den Film hinein

Walter Hill macht New York zum Kriegsgebiet

Der eingangs erwähnte Roman „The Warriors“ von Sol Yurick interpretierte das Werk „Anabasis“ des griechischen Schriftstellers Xenophon neu. Xenophon beschrieb in seinem Werk den „Zug der Zehntausend“, an dem er selbst beteiligt war. Dieser berichtete vom Rückzug der Griechen aus dem Reich der Perser, in das sie zuvor – letztlich erfolglos – eingefallen waren. Ihr Weg zurück nach Griechenland geriet ebenso gefährlich wie jener der Hauptfiguren in „Die Warriors“.

In einem in Deutschland leider nie veröffentlichten Director’s Cut von „Die Warriors“ verweist Walter Hill („Ausgelöscht“) in einem Prolog offensiv auf diese Vorlage und stellt die Ähnlichkeiten zwischen beiden Storys heraus. Davon abgesehen unterscheiden sich Kinofassung und Director’s Cut nur aufgrund comicartig gestalteter Überblenden, die keinerlei inhaltlichen Mehrwert bieten und die Qualitäten des Filmes in keinster Weise nach oben oder unten korrigieren.

Die Warriors mit Michael Beck und James Remar

“Die Warriors” zu Beginn ihrer Odyssee.

Walter Hill erzählt seine Story spannend, direkt und mit rauem Einschlag. In seinem Streifen wird nicht viel gelabert, stattdessen scheucht er seine Protagonisten durch ein nachtschwarzes, wenig einladendes New York. Wenn unsere Helden nicht rennen, springen sie in oder aus U- und Stadtbahnen, immer in der Hoffnung, ihrem Ziel ein wenig näher zu kommen.

Konfrontationen mit anderen Bands steigern den Adrenalinpegel. Schwierige Charaktere innerhalb der flüchtenden Gruppe machen die Situation für alle nicht eben angenehmer. Irgendwann teilt Hill seine Charaktere auch auf und lässt sie an unterschiedlichen Orten eigene Abenteuer erleben. Mit dem schönen Pluspunkt, dass er an gleich mehreren Schauplätzen an der Spannungsschraube drehen kann.

Auf ökonomische 92 Minuten verdichtet, kommt so kaum Leerlauf auf. Schade ist nur, dass die studioseitig angemahnte Kürze der Entstehung vor allem in Sachen Schauspieler ihren Tribut fordert. Denn einige Darsteller in den Nebenrollen wirken nicht immer sattelfest. Und während die Schauspieler der Warriors eigentlich durchgehend einen erstaunlich tollen Job machen – darunter ein blutjunger James Remar („Nur 48 Stunden“) als Pain in the Ass – ist Michael Beck („Xanadu“) als Anführer Swan ein regelrechter Totalausfall. Ein Eindruck, der in der deutschen Fassung aufgrund einer total misslungen intonierten, durchgehend gleichgültig wirkenden Synchronisation noch potenziert wird.

Zahlreiche Gangs jagen die Helden

Die verschiedensten Gangs machen Jagd auf die Warriors.

Wenn sich Swan dann auch noch – angenehm unkitschig – in die von Deborah Van Valkenburgh extrem einnehmend gespielte Mercy verlieben darf, weiß man gar nicht, was diese taffe Frau von einem Waschlappen wie Swan will. Hier lässt „Die Warriors“ Körner liegen. Doch auch die Maulfaulheit des Skripts im Bezug auf das Schicksal der Warriors-Mitglieder, die bei der Odyssee verloren gehen, lässt einen immer mal wieder leicht verärgert zurück. Denn so tief scheint der Gemeinschaftsgedanke bei der Gang dann ja doch nicht zu sein. Diese Momente schaden dem Film, reißen den Zuschauer aber glücklicherweise nicht vollends aus der präsentierten Welt.

Dieser verpasst Walter Hill mit seinem Kameramann Andrew Laszlo („Rambo“) trotz beinahe ausschließlicher Nachtdrehs mittels toller Ausleuchtung und massig grellfarbener Einsprengsel einen coolen Look. In Verbindung mit der vom Film präsentierten Parallelwelt, in der es neben den Gangs kaum andere Menschen zu geben scheint und ein Zusammenstoß der Warriors mit „normalen“ Menschen beinahe groteske Züge annimmt, gerät die Inszenierung reichlich comicartig. Die zahlreichen, sehr dynamischen Überblenden unterstreichen den comichaften Ansatz nur. Das wirkt auch heute noch einigermaßen frisch und befeuert den Eindruck, dass der Zahn der Zeit nicht allzu brutal an dem Ergebnis genagt hat.

Der Comic-Ansatz wird freilich durch die detailverliebten Gangklamotten und Gesichtsbemalungen nur unterstrichen. Der Soundtrack zum Film kommt in einem Mix aus Rocksongs und elektronischer Klänge daher, was ja in der darauffolgenden Dekade eine äußerst beliebte Sound-Kombination werden sollte.

Die Warriors schreiten zum Showdown

Die Warriors schreiten zum Showdown.

Nun ist Walter Hill ja auch und vor allem für seine Action berühmt. Dahingehend bleibt festzuhalten, dass sich ein großer Teil der „Action“ in „Die Warriors“ daraus ergibt, dass Hill seine Figuren immer in Bewegung hält. Konkrete Actionsequenzen hat es wenige. In diesen wird dann überwiegend gebrawlt. Hier und da brechen auch mal Schüsse, was allerdings zumeist folgenlos bleibt. Ab und an präsentiert Hill die von ihm gewohnten Superzeitlupen. Dabei gehen meist Türen oder Fenster kaputt, weil jemand durchgefeuert wird.

Den interessantesten Eindruck macht das Zusammentreffen der Warriors mit einer Truppe Baseballknüppel schwingender Fieswichter in einem Park. Hier deutet Hill dann mittels schnellem Schnitt, interessanten Kameraeinstellungen und wuchtigerer Moves schon überdeutlich an, was seine zukünftige Action ausmachen wird. Wo wir bei dem Thema Action sind: Leider gerät das Finale doch arg antiklimaktisch.

„Die Warriors“ zeugen vom Können ihres Machers

Was Walter Hill hier unter massivem Zeitdruck und mit kaum befülltem Geldbeutel (Joel Silver gehörte im Übrigen zu den Geldgebern) auf die Beine gestellt hat, ist aller Ehren wert und noch heute verblüffend effektiv. Nicht umsonst fällt in dem tollen, vierteiligen, retrospektiven Making of zum Film auf der just veröffentlichten Blu-ray von einigen Beteiligten die Phrase, „Die Warriors“ sei seiner Zeit in vielen Punkten voraus gewesen. Tatsächlich mutet „Die Warroiors“ in seiner Verdichtung, Rauheit und Direktheit wie ein Prototyp für die nachfolgenden 80s-Streifen der härteren Gangart an.

Seine Entstehungszeit (1979) sollte man aber dennoch nicht vollends ausblenden, denn freilich kann der Film in vielen Punkten mit modernen Sehgewohnheiten und Tempoempfindungen nicht mehr ganz mithalten. Dazu kommt, dass die Action packender hätte ausfallen können und ein schöner Showdown zwischen Swan und dem ultrafiesen, geil overacteten Fieswicht Luther den eigenen Eigenweiden mehr Wohlbefinden gebracht hätte. Doch das schadet der Gesamtwirkung kaum. Problematischer ist da schon der blasse Held, der das Eintauchen in die Welt der Warriors leider schon erschwert.

7 von 10

„Die Warriors“ war in Deutschland alleine aufgrund der Thematik lange nur ab 18 freigegeben. Er wurde sogar indiziert! 2001 strich man ihn vorzeitig vom Index und eine Neuprüfung in 2013 brachte ihm eine FSK-12-Freigabe. Der Film erhielt von Paramount diverse Veröffentlichungen auf DVD. 84 Entertainment präsentierte in Mediabooks erstmals auch eine HD-Abtastung. Paramount verpasste nun den 84-Entertainment-Mastern eine neue Auswertung als Blu-ray (unter anderem im limitierten Steelbook). Streamen kann man den Film freilich auch.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Paramount Pictures Home Entertainment__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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