Originaltitel: Al Kameen__Herstellungsland: Vereinigte Arabische Emirate/Frankreich__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Pierre Morel__Darsteller: Omar Bin Haider, Marwan Abdullah, Mohammed Ahmed, Mansoor Al-Fili, Khalifa Albahri, Hassan Yousuf Alblooshi, Saeed AlHarsh, Abdullah Almaqbali, Ibrahim Almusharaakh, Salem Altamimi, Abdullah Bin Haider u.a. |
Während der Bedarf an klassischen Actionfilmen in Hollywood zurückgeht, werden manche versierte Regisseure des Genres anderswo angeworben: Renny Harlin dreht in Georgien „5 Days of War“, in China „Skiptrace“, „Legend of the Ancient Sword“ und „Bodies at Rest“, Simon West ebenfalls in China „Skyfire“. Pierre Morel darf sich mit „Ambush“ nun in die Reihe einfügen, den er in den Vereinigten Arabischen Emiraten drehte.
Wobei er natürlich auch als Filmemacher angeheuert wurde, um die Öl-Nation gut aussehen zu lassen. Es geht dabei um den bewaffneten Konflikt im Jemen, in dem die VAE die nicht unumstrittene, aber international anerkannte Regierung gegen Rebellen unterstützen. Wie in vielen Kriegs- und Kriegsactionfilmen wird auch in „Ambush“ die eigene Nation als ein Haufen knallharter, aber auch natürlich wohlmeinender Kerle dargestellt, die mit dem bestmöglichen Kriegsgerät ausgestattet ansausen. Die jemenitischen Truppen, die kurz in der Einführungsphase von „Ambush“ auftauchen, sind natürlich irgendwelche kleinen, begrenzt fähigen Wutze, die vor allem Hilfe und Schutz von ihren großen VAE-Brüdern brauchen.
Ebenjene VAE-Soldaten versuchen Morel und das Drehbuch-Brüderduo Brandon und Kurtis Birtell anfangs einzuführen – die Drehbucherfahrung der Birtells beläuft sich auf vier Episoden der semidokumentarischen Netflix-Militärserie „Medal of Honor“. So wird es dann auch hakelig mit der Charaktereinführung: Beim Muskelpumpertraining sieht man kurz Klischeefiguren, darunter den Heißsporn und die umsichtige Führungsperson, von denen allerdings nichts hängen bleibt, sodass man selbst sämtliche Stereotypen vergessen hat, wenn das Personal 15 Filmminuten später zu einer verhängnisvollen Patrouille aufbricht. Basierend auf tatsächlichen Ereignissen aus dem Winter 2018, wie „Ambush“ betont.
Huthi-Rebellen überfallen die Patrouille aus dem Hinterhalt und legen ein Fahrzeug mit Hilfe von Landminen und Raketenwerfern lahm. Drin kämpfen drei Soldaten ums Überleben – doch diese dienen natürlich auch als Köder für ihre Kameraden, welche sie gern befreien wollen…
Schaut euch den Trailer zu „Ambush“ an
Als die VAE ihren landeseigenen Militäractionfilm zusammenklöppeln ließen, besetzten sie Schlüsselpositionen mit westlichen Veteranen hinter der Kamera, engagierten beispielsweise Thierry Arbogast („Anna“) als Kameramann und Harry Gregson-Williams („Infinite“) für den Score. Allerdings bleibt dessen Mucke relativ uninspiriertes Standardgedudel, das nicht schlecht, aber auch in keiner Weise herausragend oder memorabel ist. Vor allem standen US-amerikanische Actionkriegsfilme wie „Black Hawk Down“, „13 Hours“ und „Lone Survivor“ inhaltlich und stilistisch Pate für den filmischen Überlebenskampf, was jedoch die Schwächen von „Ambush“ im Vergleich nur umso deutlicher zutage treten lässt.
Das fängt schon einmal bei den farblosen Figuren an, von denen gerade einmal zwei so etwas wie ein Profil entwickeln. Da ist Ali Al-mismari (Marwan Abdullah), der ein Holzpferd für seine kleine Tochter schnitzt und in freien Minuten mit seiner schwangeren Frau telefoniert. Genau deshalb muss Ali den Genreregeln folgend zu den ersten drei Soldaten gehören, die da in dem Hexenkessel eingeschlossen werden. Der andere ist Colonel Almazroui (Abdullah Bin Haider), der ein fürsorglicher Kommandant und kluger Stratege ist, der alles dafür tut, um seine Männer zu retten. Alle anderen sind kaum zu unterscheiden in Uniform und Kampfhelm, haben keine Persönlichkeit, noch nicht mal markante Gesichter. Noch anonymer sind eigentlich nur die gesichtslosen Rebellenhorden, die sie bestürmen, unter denen nur zwei etwas herausragen: Der Chef, der ein geschniegelter Laffe ist, der aber irgendwann nicht mehr auftaucht, sowie ein Fanatiker im roten Umhang. Warum man sie herausstellt, wird aber nicht klar, da sie keine Endgegner oder Oberschurken sind.
Manche genreimmanenten Dinge kann man „Ambush“ an sich auch nicht vorwerfen. Denn in den meisten Kriegs- bzw. Kriegsactionfilmen sind die eigene Überlegenheit und die eigene Strategie heroisch, die der Gegner dagegen schändlich und gemein, die eigenen Verluste eine Tragödie, die der Gegner dagegen gerechtfertigt. Allerdings überschreitet „Ambush“ auch hier phasenweise das erträgliche Maß. Wenn ein heroischer VAE-Soldat einen gegnerischen Scharfschützen stellt, dann muss er diesem sogar noch explizit an den Kopf werfen, dass er im Gegensatz zum Sniper niemandem in den Rücken schieße. Komischerweise scheint besagter Soldat es dann weniger unfair zu finden, wenn lediglich mit AK-47, Mörsern und Raketenwerfern bewaffnete Rebellen im Dutzendpack aus der Luft von Apache-Kampfhubschraubern oder F-16-Kampfjets eingeäschert werden. Und der eine Tote, denn die VAE-Truppen hinnehmen müssen, ist natürlich ein dermaßen großer Verlust, dass man diesem noch eine rund zehnminütige, pathetische und ehrlich gesagt kackenlangweilige Heldenbegräbnisszene am Ende des Films zuschanzen muss.
Sowieso ziehen sich die rund 110 Minuten des Films teilweise schon sehr, was man auch der Inszenierung anrechnen muss. Diese ist zwar einerseits kompetent und klotzt mit einigen netten Schauwerten, darunter diverse handgemachte Explosionen, von denen die letzte schon sehr beeindruckend ist. Andrerseits zeigt Morel wenig visuelle Vielfalt, haut seinem Publikum immer wieder gleiche Bilder um die Ohren: Truppentransporter fahren auf explodierende Landminen, Rebellen beharken liegengebliebene Fahrzeuge mit RPGs, Soldaten irren in Zeitlupe durch das staubige Tal. Jede Variation, darunter ein spektakulärer, aus mehreren Perspektiven gefilmter Fahrzeugcrashs oder der Angriff eines Apache, bringt kurz Leben in die Bude und sorgt für die Actionhighlights in dem sonst sehr dumpfen, eintönigen Film. Oft kann Morel auch keine Geographie des Ortes etablieren und so wirklich vermitteln, wo sich gerade welche Figuren und Fahrzeuge in dem Tal befinden. Dabei sind die taktischen Überlegungen (darunter der gezielte Einsatz unterschiedlich starker Mörser durch die Rebellen) oft der interessanteste Part von „Ambush“ – wenn man sich schon nicht für die Figuren interessiert, dann ist es schon spannender, wenn diese wie Spielzeugsoldaten verschoben werden. Doch dann fokussiert Morel meistens lieber auf egale Pappkameraden, die in kaputten Vehikeln auf Rettung warten und sich Durchhalteparolen an den Kopf werfen, damit man ihre Namen nicht sofort wieder vergisst.
So dürfte es dann auch eher der Name des Regisseurs als die filmischen Qualitäten gewesen sein, der „Ambush“ auch in westlichen Gefilden eine Auswertung bescherte. Denn „Ambush“ ist zwar recht kompetent inszeniert, aber selbst in seiner Action oft monoton und seltsam unspannend. Gepaart mit egalen Figuren und dem optisch wenig aufregenden, abgezirkelten Handlungsort im Tal um die Ecke fügt „Ambush“ der Kinokarriere von Morel nach „The Gunman“ und „Peppermint“ erneut einen Stinker hinzu – ein Action-Hattrick wie mit „Banlieue 13“, „Taken“ und „From Paris with Love“ scheint kaum noch in den Möglichkeiten des französischen Regisseurs zu liegen.
In Deutschland ist „Ambush“ bei Plaion Pictures auf DVD und Blu-Ray erschienen und ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es ein Making Of sowie Interviews mit Cast und Crew.
© Nils Bothmann (McClane)
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