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Ghosted

In der Romantic Action Comedy „Ghosted“ käbbeln und ballern sich Chris Evans und Ana de Armas durch einen Spionageplot. Evans gibt den anhänglichen Cole, der sich nach einem Date in die vermeintliche Kunsthändlerin Sadie verliebt und ihr nach London folgt. Die ist allerdings eigentlich Geheimagentin, weshalb bald auch Cole ins Visier eines schurkischen Waffenhändlers gerät.

Originaltitel: Ghosted__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Dexter Fletcher__Darsteller: Chris Evans, Ana de Armas, Adrien Brody, Mike Moh, Tate Donovan, Amy Sedaris, Lizze Broadway, Mustafa Shakir, Anthony Mackie, John Cho, Sebastian Stan, Ryan Reynolds, Tim Blake Nelson, Burn Gorman, Dexter Fletcher u.a.
Ghosted

In der Romantic Action Comedy “Ghosted” spielen Chris Evans und Ana de Armas das zentrale Paar

Chris Evans und Ana de Armas hatten bereits in „Knives Out“ und „The Gray Man“ zusammen agiert, weshalb es Apple TV+ wohl für eine logische Konsequenz hielt dem Duo die Hauptrollen in der Streaming-Premiere „Ghosted“ zu geben.

Es beginnt in typischer RomCom-Manier mit einem spontanen Date zwischen zwei grundverschiedenen Menschen: Cole Turner (Chris Evans) ist ein anhänglicher Typ, der auf der Farm seiner Eltern arbeitet, noch nie die USA verlassen hat und Waren auf dem Markt verkauft. Sadie Rhodes (Ana de Armas) reist als Kunsthändlerin um die Welt, hat noch nicht mal eine Zimmerpflanze daheim und fürchtet sich davor ebenso einsam zu bleiben wie eine jüngst verstorbene Kollegin. Der Clou dahinter ist einem Großteil des Publikums durch Trailer und Prämisse bekannt, doch „Ghosted“ gibt sich alle Mühe die Begegnung im klassischen RomCom-Stil zu inszenieren: Die beiden streiten sich erst, merken den Funken unter all dem Zoff und verbringen einen tollen Tag und eine tolle Nacht miteinander.

Als Cole seine neue Angebetete mit Nachrichten bombardiert, aber keine Antworten erhält, befürchten er und sein Umfeld, dass Sadie ihn geghosted haben könnten. Durch einen Zufall findet er heraus, dass sich die Gesuchte gerade in London befindet und reist ihr in romantischer Absicht hinterher, nur um von ein paar Goons in Empfang genommen zu werden. Die vermeintliche Kunsthändlerin ist nämlich eigentlich Geheimagentin – also vertauschte Geschlechterrollen im Vergleich zu Vorbildern wie „True Lies“ oder „Knight and Day“, in denen es die weiblichen Figuren waren, die herausfinden mussten, dass ihre Partner eigentlich Actionhelden mit der Lizenz zum Töten sind.

Cole wird sich der wahren Natur seiner Angebeteten bewusst, als diese ihn aus den Händen der Folterknechte befreit. Viel Zeit zur Klärung bleibt den beiden allerdings nicht, denn der schurkische Leveque (Adrien Brody) ist hinter einem Code her, den Sadie besitzen soll – doch der Bösewicht hält Cole für den gesuchten Geheimagenten…

Schaut euch den Trailer zu „Ghosted“ an

Es ist schade, dass das Marketing für „Ghosted“ den Clou des Films quasi schon herausschreit, denn dadurch zieht sich die Exposition in die Länge und beraubt sich einigen Humorpotentials, gerade wenn es um das vermeintliche (und immerhin titelgebende) Ghosting des anhänglichen Cole geht. Vielleicht ist dies aber auch besser so, denn als romantische Komödie funktioniert „Ghosted“ nur so mäßig gut. Die Leads sind zwar gut gecastet und haben Chemie, doch so wirklich überzeugend kann das Drehbuch die turbulente Liebschaft nicht verkaufen. Man keift sich erst ein wenig an, weil die eine den anderen angelogen hat bzw. der andere die eine mit seinem Klammerverhalten nervt, kann aber durch die Umstände nicht fort voneinander und wird im Verlauf des gemeinsam erlebten Abenteuers natürlich zum Traumpaar. Alles ziemliche Routine, die „Ghosted“ auch nicht besonders frisch verkaufen kann – daraus resultierende Oneliner wie „I am the boyfriend“ im Showdown sind eben auch nicht allzu einfallsreich.

Mit Rhett Reese („6 Underground“) und Paul Wernick („Der Spinnenkopf“) sowie Chris McKenna („Spider-Man: No Way Home“) und Erik Sommers („Jumanji – Welcome to the Jungle“) lieferten gleich zwei der derzeit angesagtesten Blockbuster-Autorenduos das Script zu „Ghosted“ ab, doch letzten Endes fiel dieser geballten Schreiberlingspower dann doch recht wenig ein. Der Code als Objekt der Begierde ist ein handelsüblicher McGuffin, Leveque als Schurke ein 08/15-Waffenhändler mit besonders sadistischer Ader, die Nebenfiguren in erster Linie Hintergrunddekoration. Weder Coles Familie noch die zahlreichen Gestalten aus Sadies Geheimdienstwelt kommen so wirklich im Film an und sind meist nur für mal mehr oder weniger gute Einzelszenen da. Zu den Glanzpunkten gehört eine Parade von Kopfgeldjägern, die mit Anthony Mackie („Miss Bala“), John Cho („Star Trek: Beyond“) und Sebastian Stan („The 355“) als Cameos aufwarten kann.

Immerhin ist das Tempo flott und ein paar nette Witze gibt es auch. Etwa der Running Gag, dass jede Figur annimmt, dass Cole von Sadie geghosted worden sei und sich falsche Hoffnungen mache, oder manches Wortgefecht zwischen Cole und Sadie. Schwach hingegen wird es immer dann, wenn Reese und Wernick sich mehr auf die Spuren ihrer „Deadpool“- und „Zombieland“-Filme begeben wollen, vom allgemeinen Ton und der PG-13-Freigabe ihrer Romantic Action Comedy jedoch von allzu großen Frechheiten und politisch inkorrekten Witzen abgehalten werden. So sterben die gesichtslosen Henchmen des Schurken zwar auch hier im Mehrpack und in teilweise absurden Situationen, auch mit einer gewissen Kaltschnäuzigkeit, aber ohne bösen Witz dabei. Dummerweise ist der Gag, dass vermeintlich zarte Personen rücksichtslos ganze Feindeshorden auslöschen, inzwischen reichlich abgenudelt. In eine ähnliche Kerbe schlägt dann der Running Gag, dass Sadies Lover dazu neigen ihre Körperteile zu verlieren.

Immerhin hält Regisseur Dexter Fletcher („Rocketman“) das Tempo hoch, während das Bond-mäßige Location-Hopping immer neue Schauplätze parat hält, vom nächtlichen London über Landstraßen in Pakistan bis hin zum Showdown in einem Drehrestaurant in einer Turmspitze. Letzterer Drehort wird dann auch recht kreativ in die Action eingebracht, welche jedoch nie mehr als bloß nett ist. Mit Stunt Coordinator Garrett Warren („Alita: Battle Angel“) und Fight Choreographer Felix Betancourt („Day Shift“) sind zwar zwei erfahrene Leute an Bord, die aber ihr Können selten ausspielen können. Am schicksten sind jene Nahkämpfe, in die Leveques rechte Hand Wagner (Mike Moh) involviert ist, da diese mit der stärksten Choreographie aufwarten können. Die sonstigen Fights und Shoot-Outs sind Standarderfüllung, nicht schlecht, aber auch selten memorabel. Neben dem Finale blitzt Einfallsreichtum am ehesten noch bei einer Verfolgungsjagd auf, in der Cole und Sadie einen klapprigen Reisebus über eine holprige Landstraße manövrieren und dabei diverse Gegner ausschalten – erfreulicherweise inszeniert „Ghosted“ dies trotz der komödiantischen Anlage dies nicht als reine Slapsticksequenz und setzt auch auf Actionschauwerte.

Doch im Endeffekt sind es Chris Evans („Snowpiercer“) und Ana de Armas („Keine Zeit zu sterben“) in den Hauptrollen, die „Ghosted“ dann noch ins untere Mittelmaß retten. Evans als Charmebolzen kann Cole so darstellen, dass dieser nicht wie ein weinerlicher Idiot, sondern als ehrlich verliebter Naivling rüberkommt. Ana de Armas hingegen legt ihre Sadie so an, dass sie nicht als rücksichtlose Mörderin, sondern als Agentin mit Gewissen herüberkommt. Ihr Gebalze und Gebalge hat Flair, selbst dann, wenn dem Drehbuch nur Plattitüden einfallen. Ryan Reynolds hat auch einen Cameo – vielleicht ein Dankeschön für Evans‘ Gastauftritt in „Free Guy“, vielleicht auch ein Gefallen für Reese und Wernick, die dem Star nach dem gemeinsamen „Deadpool“-Erfolg noch diverse andere Rollen auf den Leib schrieben. Weitere bekannte Gesichter in kleinen Rollen sind Burn Gorman („Pacific Rim: Uprising“) als Londoner Taxifahrer, Tim Blake Nelson („Nightmare Alley“) als Folterknecht sowie Tate Donovan („Nancy Drew: Girl Detective“) als Coles Vater. Ebenfalls bekannt, aber mit größeren Aufgaben betraut ist Adrien Brody („Splice“), der jedoch eine extrem mittelprächtige 08/15-Schurkennummer aus dem Ärmel schüttelt. Da hinterlässt Mike Moh („Blade of the 47 Ronin“) etwas mehr Eindruck, aber vielleicht auch nur deshalb, weil er wenigstens an zwei, drei Stellen mal ordentlich hinlangen darf.

So erweist sich „Ghosted“ dann als eine weitere Streamingpremiere von der Stange, die zwar in Sachen Regie, Drehbuch und Darsteller mit viel Kompetenz aufwarten kann, aber kaum etwas aus dieser geballten Könnerschaft machen kann. Die Trefferquote der Gags ist mal so, mal so, die Action ganz hübsch abzusehen, aber vollkommen generisch, der Schurke furchtbar blass, der Plot aus bekannten Vorbildern zusammengestoppelter Standard. Dank der gut aufgelegten Hauptrollenpaars und einiger amüsanter Cameo-Auftritt reicht das dann noch für das untere Mittelmaß für diese Romantic Action Comedy.

© Nils Bothmann (McClane)

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