Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Fast & Furious 10

Originaltitel: Fast X__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Louis Leterrier__Darsteller: Vin Diesel, Jordana Brewster, Tyrese Gibson, Michelle Rodriguez, Ludacris, Jason Momoa, John Cena, Jason Statham, Helen Mirren, Brie Larson, Charlize Theron, Dwayne Johnson u.a.
Fast & Furious 10 mit Vin Diesel, John Cena, Michelle Rodriguez und The Rock

“Fast & Furious 10” hat eine irre Wagenladung an Stars zu bieten.

Der neueste Eintrag in das inzwischen zehn Teile umfassende, mega erfolgreiche Superfranchise „Fast & Furious“ beginnt mit einem Rückblick. Einem Rückblick in den Teil, der für mich dem Urknall für das Franchise gleichkommt. Der es aus der Posing- und Schrauberecke herausholte und in Richtung echter Actionfilme und damit auch in neue Erfolgssphären lenkte. Gemeint ist natürlich „Fast & Furious 5“ – mit seinem legendären Finale in Rio de Janeiro.

Wie da mit einem an zwei aufgebohrten Karren hängenden Safe die gesamte Stadt platt gemacht wurde, das hatte man so noch nie gesehen. Wie alle Fans der Reihe wissen, wurde am Ende dieser genialen Actionszene der fiese Reyes in die ewigen Jagdgründe geballert. Nun erfahren wir, dass auch sein Sohn Dante Teil dieser einzigartigen Krawall-Szene war. Und er hat sie eher zufällig überlebt. Zehn Jahre später trachtet er nun nach Rache für seinen gemeuchelten Vater. Doch er will Dom nicht nur einfach töten. Er will ihn leiden lassen.

Was an Boshaftigkeit in ihm steckt, erfahren Dom und seine Crew bei einem Einsatz in Rom, bei dem die ewige Stadt beinahe komplett zerstört wird. Dabei wird auch klar: Dante will zunächst einmal das zerstören, was Dom am wichtigsten ist: Die Familie. Nach und nach geraten alle Freunde und Bekannte Doms in die Schusslinie des verrückten Dante. Der schafft es obendrein, viele seiner Attacken in der öffentlichen Wahrnehmung so aussehen zu lassen, als hätten Dom und seine Crew sie verursacht.

So jagt irgendwann nicht nur Dante hinter Dom und Co. her. Auch die Agency, die bislang hinter Dom stand und seine Dienste nur zu gerne in Anspruch nahm, beginnt ihn vehement zu jagen.

Schaut in den Actionfilm hinein

Krachige Action mit Wucht, Vin Diesel, Jason Statham, Michelle Rodriguez UND… The Rock!

Der Erfolg der „Fast & Furious“-Reihe ist untrennbar mit dem Namen Justin Lin verbunden. Doch kurz vor dem Drehstart des zehnten Teils räumte Lin überraschend den Regie-Sessel. Manches Medium kolportierte Streitigkeiten zwischen ihm und Platzhirsch Vin Diesel. Offiziell wurde die Trennung jedoch auf die berühmten kreativen Differenzen geschoben.

Das Wichtigste: Der Lin ersetzende Louis Leterrier tut der Franchise gut. Der erfahrene Actionregisseur („The Transporter“) trat unter der Prämisse an, die Reihe wieder etwas erden zu wollen. Und genau das macht er auch. Es wird nicht im All herumgeflogen und es geht auch nicht mehr um irgendwelche Weltenzerstörungspläne oder übermächtige Technikgimmicks. Leterrier und das Drehbuch von Dan Mazeau, Gary Scott Thompson und Justin Lin machen es für Dom total persönlich, greifen sein Allerheiligstes an und treiben ihn massiv in die Ecke.

Dabei zelebriert Leterrier in den ersten Minuten das wichtigste Motiv der Reihe. Bringt Doms gesamte Familie an einen Tisch, lässt sie scherzen, lachen und Doms Oma lauschen. Auch lernen wir seinen kleinen Little Brian genauer kennen. Der lernt hier schon das Driften. In die Idylle platzt Cipher, die Dom klar macht, mit wem er es diesmal zu tun bekommen wird.

Vin Diesel in "Fast & Furious 10"

Vin Diesel rast nicht nur mit Autos umher, er nutzt sie auch als Schutzschild.

Die damit verbundene Rückblende nutzt Leterrier, um seinen Erdungsansatz voranzutreiben. Denn Cipher wehrt sich herrlich physisch gegen Dante und seine Männer. Cool choreographiert darf Charlize Theron („Atomic Blonde“) hier austeilen und einstecken. Direkt danach steigt die geilste Actionszene des Filmes. Eine wundervolle Hommage an „Fast and Furious 5“, nur dass hier eine gewaltige nautische Mine durch Rom rollen darf und diverse Sehenswürdigkeiten zermalmt.

Nebenbei lernen wir Dante richtig kennen, der dafür sorgt, dass sich gewaltige Karren der Länge nach überschlagen und dabei explodieren. Selig schmunzelnd sinkt der Actionfan hier in den Sessel und denkt bei sich: Wie lange gab es so etwas nicht mehr zu sehen? Irgendwann liefern sich Letty und Dante eine Verfolgungsjagd auf Motorrädern mit halsbrecherischen Manövern, währenddessen die Mine Autos, Straßen und Häuserfronten zermalmt. Achja, brennen tut sie auch noch!

Das reine, formvollendete Chaos – grandios orchestriert, mit Witz gereicht und so wuchtig und brachial endend, dass ganz Rom – und der Kinosaal gleich mit – durchgeschüttelt wird. NATÜRLICH gibt es dabei auch kaputte Szenen. Alleine das Finish um die Mine, einen Kran und den fliegenden Dom ist einfach nur irre. Aber es rockt.

Fortan lässt Leterrier nicht mehr locker. Der größte erzählerische Geniestreich: Er verteilt Dom und seine Crew gekonnt auf mehrere Schauplätze. Dadurch wirkt der Film nicht so extrem auf Dom ausgerichtet wie die letzten beiden Teile und er kann eine Menge an Schauplätzen präsentieren, die von Rom über L.A. bis in die Antarktis reichen. Zudem lanciert der Film immer wieder kleine Hints an vorherige Filme und sorgt für ein Schaulaufen aller bisherigen Stars. Und auch Paul Walker wirkt durch zahlreiche Bilder und kleine Flashbacks in frühere Teile sehr gegenwärtig. Schön.

Fast & Furious 10 zerlegt Rom

Dieses Mal wird Rom grundsaniert.

Derweil lassen Regie und Drehbuch nicht mehr locker und gönnen sich keine Pausen mehr. Jede Szene dient der Verdichtung der Handlung und verschärft die Rivalität zwischen Dante und Dom. Und immer wieder steigen kleinere Actionscharmützel, in denen beherzt um sich geschlagen und getreten wird. Charlize Theron darf sich noch ein weiteres mal prügeln – und zwar in einem Catfight mit Letty – und auch Jason Statham („Cash Truck“) darf im „Transporter“-Modus ballern und kicken.

Nebenbei werden auch die Viertelmeilenrennen der ersten Teile referenziert und mit einem explosiven Twist versehen. Kurzum: Der Film rollt wie eine geölte Maschine. Auch und vor allem, weil Jason Momoa („Aquaman“) richtig Bock auf seine Rolle als Dante hat. Er legt seinen Bösewicht irgendwo zwischen eitlem Pfau, geschwätzigem Papagei und wirklich bedrohlichem Bad Ass an, der beliebig zwischen den Gemütszuständen hin und her schaltet und so zum formvollendeten Psycho gerät.

Beinahe ist man geneigt, von einem Captain Jack Sparrow der Franchise sprechen, was durch die lässigen Outfits, angemalten Fingernägel und ROSA Haarbändchen in der gewaltigen Mähne Dantes noch unterstrichen wird. Nur dass dieser Jack Sparrow obendrein brutal gefährlich werden kann – wenn er will. Damit ist er ein grandioser Gegenpol zu dem immer zu ernsten, beständig im Pathos ersaufenden Dom – was großartig funktioniert. Und auch für Spannung in der Handlung sorgt, die noch einen weiteren großen Bösewicht einführt, um den aber zu viel Hin und Her exerziert. So kommt diese Figur nur physisch einigermaßen bedrohlich rüber.

Tja, und nach diversen Schauplatzwechseln, alten und neuen Allianzen sowie zahlreichen actionreicheren Momenten, in denen dann auch John Cena („The Suicide Squad“) einen Bäddie durch den Boden slammen darf, nur um hernach einen weiteren Handlungsstrang aufzumachen, bei dem er mit Doms Sohn durch die USA reist, ist es dann an der Zeit für den Showdown.

Und der beginnt mal eben in einer Sandgrube im „Mad Max: Fury Road“-Stil, wo er zahlreiche Karossen gegen ein Kanonenauto schickt. Gewaltige Feuerbälle und sich überschlagende BMWs inklusive. Hernach werden an einem Muscle Car hängende Hubschrauber als Schleuderwaffen missbraucht. Und am Ende rast Dom in seiner Karre die Wand eines Staudamms hinunter. Während eine Feuerwalze hinter ihm her rast.

Jason Momoa als Dante in "Fast & Furious 10"

Jason Momoa hat als Dante richtig Spaß!

Der Wahnsinn. Eskalation pur. Mit fetten Bildern garniert. Und zwischendrin der johlende und feiernde Jason Momoa. Mit der Realität hat auch das rein gar nichts mehr zu tun. Aber, so blöd es auch klingen mag, innerhalb der Reihe ist das tatsächlich glaubwürdiger und geerdeter als vieles, was in den Teilen zuvor gestiegen ist. Und genau das macht eine Menge Spaß. So richtig.

Und vor allem führt Leterrier all das in wirklich fiese Cliffhanger. Rund um das Schicksal von Dom und seinem Sohn setzt der Regisseur sogar ein fieses Schwarzbild! Denn, auch das muss bewusst sein, „Fast & Furious 10“ und sein Nachfolger bilden eine Einheit (Laut aktuellen Verlautbarungen wird das Finale sogar ein Dreiteiler! Da kannte Vin Diesel aber die eher schwachen US-Einspielzahlen des zehnten Filmes noch nicht.). Dante ist also noch lange nicht fertig mit Dom.

Und Leterrier bringt weitere Figuren in Stellung, die man im Franchise nicht mehr vermutet hätte! Und so hat sogar Dwayne Johnson („Red Notice“) eine eigene Szene, auch abseits der Rückblenden zu Teil 5. Und da bei der „Fast & Furious“-Reihe niemals jemand so wirklich stirbt, kehrt noch eine weitere Figur unverhofft vor dem Abspann zurück. Der elfte Teil, er kann kommen!

Zumal auch Statham in einen Cliffhanger startete. Denn auch seine Familie wird bedroht. Man darf sicher gespannt sein, wie ausführlich er in Teil 11 seine Mutter Queenie retten darf. Sowohl Statham als auch Helen Mirren („Shazam! Fury of the Gods“) haben in „Fast & Furious 10“ leider nur sehr kleine Parts. Liefern aber ab.

Ansonsten sind alle bekannten Gesichter der Franchise am Start. Vin Diesel („Riddick – Überleben ist seine Rache“), Michelle Rodriguez („Dungeons and Dragons: Ehre unter Dieben“), Jordana Brewster („Faculty“), Tyrese Gibson („Rogue Hostage“), Ludacris („Max Payne“) und Sung Kang („Shootout“) spielen ihre Rollen inzwischen im Schlaf. Die um Nathalie Emmanuel („Titan – Evolve or die“) erweiterte Hauptcrew um Kang, Gibson und Ludacris ist dabei wie gewohnt für den humorigen Anteil zuständig und wuppt das problemlos.

Kanonenauto sorgt für Mad Max Action

Das Kanonenauto von John Cena verschafft “Fast x” sogar Mad-Max-Feuerbälle!

Wie bereits erwähnt, sind auch John Cena und Charlize Theron wieder dabei. Beide haben sehr coole Actionszenen abbekommen. Zudem ist Cenas Storypart mit Doms Sohn echt knuffig geraten und beweist, wie spielfreudig Cena sein kann. Scott Eastwood („Dangerous“) ist ebenfalls wieder am Start, bleibt aber reichlich egal. Was man auch zu Brie Larsons Auftritten sagen kann. Sie soll als Nobodys Tochter Kurt Russell ersetzen, aber offensichtlich wussten weder Regie noch Drehbuch, was sie mit der Darstellerin anfangen sollen.

So ist der schönste Momente, wenn sich Larson, die ja rund um ihren Marvel-Streifen „Captain Marvel“ mit ihren feministischen Aussagen ziemlich – sagen wir mal – aneckte, in einem Machospektakel wie „Fast & Furious 10“ wegen einer SCHULTERVERLETZUNG von Vin Diesel in ein Auto tragen lassen muss und dabei reichlich pissig dreinschaut. Köstlich. Ein weiterer Neuzugang ist Alan Ritchson („Blood Drive“) als Gesicht der Agency, der in diesem Teil noch reichlich verschwendet wirkt, aber Potential zeigt, das man im elften Teil sicherlich besser heben kann.

Was die Inszenierung angeht, liefert Leterrier bei „Fast & Furious 10“ einfach nur ab. Die zahlreichen Schauplatzwechsel sorgen für James-Bond-Flair und lassen es optisch nie langweilig werden. Leterrier inszeniert mit satter Farbigkeit und und ist sichtlich ein Fan der Möglichkeiten, die Drohnen bieten können. In und abseits der Action nutzt er sie für sehr dynamische Kameraflüge, die vor allem mit den Wegen, die sie nehmen, zu verblüffen wissen. Unter den schönen Bildern pumpt ein immer treibender Score, der auch ein paar beatlastige Songs auffährt.

Kleinere Problemchen machen ein paar CGI-Einlagen. Der finale Big-Bang in Rom ist zwar geil, aber man sieht ihm seine digitale Herkunft an. Auch die durch Rom rollende Metallkugel verhält sich ab und an nicht ganz physikalisch korrekt und kann dadurch nie mit der Perfektion, die rund um die Safe-Szenen in Teil 5 angesagt war, mithalten. Das Finale an der Staumauer hat ebenfalls ein paar CGI-Flämmchen zu viel. Das Wichtigste: Keine der Szenen reißt aus dem Film heraus.

„Fast & Furious 10“ haut richtig rein

Man kennt das: Man werkelt Ewigkeiten an etwas herum. Es wirkt, als sei alles perfekt. Als könne es gar nicht mehr besser werden. Und dann kommt jemand von außen. Schaut sich alles kurz an, verändert ein paar Stellschrauben und plötzlich tun sich ganz andere Wege und Möglichkeiten auf. Louis Leterrier ist nach dem meiner Meinung nach schwachen „Fast & Furious 9“ genau dieser Mann, der mit frischen Blick auf etwas Altbewährtes schaut und da Potential sieht. Und dieses Potential auch hebt. Ähnlich einem James Wan bei „Fast & Furious 7“.

Denn wo beispielsweise das Motiv der Familie in den Vorgängerfilmen immer mehr zum Selbstzweck verkam, macht er es zum echten Dreh- und Angelpunkt von „Fast & Furious 10“. Stellt Familientier Dom, der seine Familie für seine größte Stärke hält, einen Mann gegenüber, der ihm sagt, dass seine Familie seine größte Schwäche sei – und der ihm obendrein mehrfach eindrücklich zeigt, wie er das meint. Erstaunlicherweise trägt genau das den ganzen Film, treibt ihn an und hält ihn problemlos am Laufen. Ohne MacGuffins und Co.

Dazu reicht Leterrier zahlreiche Anspielungen an die Vorgängerfilme, holt gefühlt alle irgendwie mal wichtigen Figuren zurück und hat keinerlei Probleme damit, all das auf Kurs zu halten. Ganz nebenbei spielt er sein größtes Ass, die Action, immer wieder gekonnt aus. Setzt auf mehr Physis, mehr hartes Gekeile und geht sogar in den ganz großen Szenen nie zu steil. Und mit der genialen Zerstörungsorgie in Rom reicht er mit Spiro Razatos den Actionfans eine Szene, über die noch lange gesprochen werden wird.

Die Probleme liegen für mich in Details begraben. Manche Szene ist in sich nicht logisch (die Waffensperre rund um Ciphers Bodyguards sei genannt), manches CGI könnte besser sitzen und die Zeichnung der Agency als Runde grauer Eminenzen, die irgendwo den Daumen heben und senken, hatte einen etwas seltsamen Beigeschmack. Vor allem aber verfangen zahlreiche neue Figuren überhaupt nicht.

Aber dafür packt das Intimduell der beiden größten Antipoden im Film von Beginn an. Vor allem aufgrund des köstlichen Jason Momoa, der zwischen entfesseltem Overacting und bedrohlich finsteren Momenten genau die richtige Balance findet und damit – trotz der Coolshow von Statham in Teil 7 – so ziemlich der reizvollste Gegner des gesamten Franchises ist. Obendrein macht „Fast & Furios 10“ einfach nur Bock auf den elften Teil. Und genau das war ja seine eigentliche Aufgabe!

8 von 10

Der Film startete am 17. Mai 2023 in den deutschen Kinos. Er kommt von Universal Pictures und ist mit einer FSK 12 ungeschnitten.

In diesem Sinne:
freeman

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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Universal Pictures__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, seit 17.5.2023 im Kino

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