Originaltitel: Kuang E Hai Xiao__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Zhou Jiu Qin__Darsteller: Fei Rong, Sek-Ming Lau, Daniella Wang, Weimin Huo, Xi Tong, Yinglu Wang u.a. |
Irgendwo in Südostasien trifft ein gewaltiger Tsunami eine chinesische Küstenstadt mit voller Wucht. Ein Gustav genanntes Krokodil kann das Chaos nutzen und aus einem Transportlaster entkommen. Der sollte den berüchtigten Menschenfresser (eine eindeutige Referenz an das gefürchtete Nilkrokodil Gustave) an seinen neuesten Bestimmungsort im wohnlichen Umfeld eines fiesen Großkapitalisten bringen. Stattdessen erwartet das Krokodil nun ein reich gedecktes Buffet.
Denn in der überschwemmten Stadt kämpfen zahlreiche Menschen ums blanke Überleben und sind auf Gefahren wie ein gefräßiges Killerkrokodil gar nicht vorbereitet. Mehr noch: Der Großkapitalist verfolgt ganz eigene Pläne. Dem sind vor allem die armen Viertel der Stadt ein Dorn im Auge und er möchte sie neu bebauen. Nur sträubten sich deren Bewohner bisher. Die Gemengelage aus Hochwasser und Krokodil will er gewinnbringend für sich nutzen und verschärft die ausweglose Situation der Leute noch.
Creature Feature aus chinesischen Landen
Nachdem die Chinesen zuletzt mit überzogenen Creature Features wie „Land Shark“, „Snow Monster“ oder „Big Octopus“ aufgefallen waren, gibt sich „Croc Tsunami“ trotz des reißerischen Titels deutlich bodenständiger und stark von Alexandre Ajas „Crawl“ inspiriert. Gustav wird zwar als Krokodil vorgestellt, das schon über hundert Menschen gefressen haben soll, es ist aber nicht sonderlich überdimensioniert geraten (die Artworks übertreiben durchweg maßlos) und verhält sich weitgehend realistisch.
„Crawl“ wird dabei häufig zitiert. Manche Szenen werden sogar 1:1 in „Croc Tsunami“ hinüber gerettet. Der ist im Vergleich zu Ajas Streifen auch deutlich besser budgetiert. Denn wo Aja sich noch auf ein Haus als Setting beschränken musste, bespielt „Croc Tsunami“-Regisseur Zhou Jiu Qin ein ganzes überschwemmtes Viertel. Und dabei liefert der Regie-Debütant ein paar wirklich hübsche und vor allem aufwändig wirkende Katastrophenbilder.
All der Aufwand sorgt aber nicht für einen besseren Film. Denn „Croc Tsunami“ hat im Vergleich zu „Crawl“ ein paar eklatante Schwächen. Die größte: Die menschliche Heldentruppe braucht wirklich extrem lange, um beim Zuschauer einzuschlagen. Zu Beginn ist die Handlung auf viel zu viele Schultern verteilt. Sind die dann ausgedünnt, bleiben nicht wirklich echte Identifikationsfiguren übrig, Im Gegenteil: Manche nerven sogar.
Zudem hat man den Eindruck, dass die Helden alsbald mehr mit den Tücken der Natur beschäftigt sind als mit Gustav. Das Krokodil macht sich vor allem im Mittelteil doch spürbar rar. Hier übernimmt dann zwar der Großkapitalist effektiv die Rolle des Hauptbösewichtes und sorgt mit einem deftigen Move für anerkennendes Kopfnicken beim Zuschauer für so viel Niedertracht, viel lieber aber hätte man das Krokodil zuschnappen sehen
Gegen Ende wird „Croc Tsunami“ zudem immer pathetischer und auch dümmer. Eine sich ewig ziehende Kletterpartie geht einem zudem kräftig auf die Nerven. Und das nicht wegen ihrer Spannung, sondern wegen ihrer repetitiven Dialoge und Handlungen. Und reibt man sich bei dem an „King Kong“ erinnernden Showdown-Setting kräftig die Hände und hofft aufgrund eines reich gedeckten Mittagstisches für Gustav auf ein blutig derbes Krokogemetzel, wird hier auch noch das Krokodil als reichlich dämlich verraten. Der vorgebliche Superkiller schafft es in der Schlusssequenz nicht, auch nur ein einziges Menschlein zu verknuspern. Eigentlich hätte Gustav zumindest einige Schaulustige plattwalzen können. Sind ja genug da.
Allgemein geht dem Krokodil die viel beschworene Gefährlichkeit reichlich ab. Was auch damit zu tun hat, dass „Croc Tsunami“ nicht bereit ist, seinen Helden mal richtig deftig onscreen zuschnappen zu lassen. Erst im Showdown darf er tatsächlich mal derb einen Arm abreißen. Ansonsten bleiben die Attacken des tierischen Lumps durchweg viel zu harmlos. Splatter oder fiese Bisswunden hat der Streifen infolgedessen nicht groß zu bieten.
Dafür wird das Krokodil an einem gut funktionierenden Mix aus Animatronics und CGIs gereicht. Einzig die Totalen der Kreatur schicken einen immer mal wieder ins uncanny valley, weil manche Bewegungsabläufe nicht real rüberkommen. Zudem wirkt Gustav immer ein wenig behäbig und langsam. Und ausgerechnet das Finale um das Krokodil ist total misslungen, endet es doch in einem seltsamen „Was habe ich da gerade gesehen“-Moment.
„Croc Tsunami“ ist die XXL-Version von „Crawl“ – aber nicht der bessere Film
Was bei den aktuellen Creature Features der Chinesen gefällt, ist, dass diese richtig Geld in ihre Produktionen pumpen und ihre Ausstöße sich nicht wie lieblos hingerotzter Trash der Marke „The Asylum“ anfühlen. Allerdings beweisen diese Filme auch, dass mehr Budget nicht zwangsläufig auch bessere Filme bedeuten muss. Denn obschon „Croc Tsunami“ sein Vorbild von Alexandre Aja in Sachen Aufwand mühelos aussticht, sieht er auf dramaturgischer Ebene kein Land gegenüber „Crawl“.
Aja hat seine Figuren besser im Griff, kann auf die eindeutig besseren Darsteller zurückgreifen und weiß, wie man mit kleinsten Tricks und Kniffen Suspense und Spannung erzeugt. In all diesen Sparten mag „Croc Tsunami“ nicht vollends abstinken, aber er agiert doch Klassen unter Ajas Streifen. Der beste Beleg für diese These ist, dass der mit 75 Minuten Nettolaufzeit sehr ökonomisch geschnittene „Croc Tsunami“ doch einige unvermutete Längen aufzuweisen hat. Unterhaltsam ist das chinesische Creature Feature aber allemal.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt von Splendid Film und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Hier könnt ihr den Film auch streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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