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Unheimliche Begegnung der dritten Art

Originaltitel: Close Encounters of the Third Kind__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1977__Regie: Steven Spielberg__Darsteller: Richard Dreyfuss, François Truffaut, Teri Garr, Melinda Dillon, Bob Balaban, J. Patrick McNamara, Warren J. Kemmerling, Roberts Blossom, Philip Dodds, Cary Guffey, Shawn Bishop, Adrienne Campbell, Justin Dreyfuss, Lance Henriksen, Merrill Connally, George DiCenzo, Amy Douglass, Carl Weathers u.a.
Unheimliche Begegnung der dritten Art

In Steven Spielbergs Alien-Erstkontakt-Film “Unheimliche Begegnung der dritten Art” hat Lance Henriksen eine frühe Rolle

1975 hatte Steven Spielberg mit „Der weiße Hai“ den modernen Blockbuster quasi ins Leben gerufen, einer effektiven Horrorgeschichte aus dem Tierreich. 1977 aber, als sein Busenfreund George Lucas das Kino mit „Star Wars“ in Sachen actionreicher Science Fiction prägte, wählte Spielberg mit „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ eine wesentlich ruhigere Route.

Natürlich ist auch Spielbergs kein kleines Kammerspiel, sondern eine Hollywood-Produktion mit ordentlich dickem Budget. Das sieht man schon in der abenteuerfilmhaften Auftaktsequenz, in der eine multinationale Truppe einen Fund in der Wüste macht: Vier Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, verschwunden vor mehreren Jahrzehnten, stehen in quasi neuem Zustand dort, von den Piloten jedoch keine Spur. Zu der Truppe gehört auch der hochrangige französische Experte Claude Lacombe (Francois Truffaut), der das Projekt in leitender Form betreut.

Der Protagonist ist jedoch ein amerikanischer Everyman, Roy Neary (Richard Dreyfuss). Als ein massiver Stromausfall in seiner Gegend passiert, wird er im Auftrag des Kraftwerks, für das er arbeitet, zwecks Reparaturen losgeschickt. Auf dem Weg sehen Roy und weitere Zivilisten tatsächlich mehrere für den Stromuasfall verantwortliche UFOs, unter besagten Leuten auch Jillian Guiler (Melinda Dillon) und ihr kleiner Sohn Barry (Cary Guffey). Barrys erste Kontakte mit Alien-Anzeichen sind frei von Scheu oder Argwohn, ähnlich wie in Spielbergs späterem Mega-Hit „E.T.“ – der in seiner Urform auch tatsächlich mal als eine Art Sequel für „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ konzipiert war.

Während die Behörden die UFO-Sichtungen unter den Tisch kehren wollen, entwickeln Roy und andere Betroffene eine seltsame Obsession mit dem Bild eines bestimmten Berges, dem Devil’s Tower. Für genau diesen schicken die Außerirdischen auch Koordinaten an die Wissenschaftler…

Schaut euch den Trailer zu „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ an

Mal keine Aliens mit Welteroberungsplänen, keine Körperfresser oder glubschäugigen Mordmaschinen aus dem Weltall. Noch nicht einmal eine messianische Friedensmission wie in „Der Tag, an dem die Erde stillstand“. In „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ geht es um den forscherischen Erstkontakt mit Außerirdischen ohne böse Absichten, womit Spielbergs Film ein Wegbereiter für Werke wie „Abyss“, „Contact“ oder „Arrival“ ist. Insofern nimmt „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ eine eher seltene Position im Science-Fiction-Genre ein, überlegt auch Methoden der Kommunikation zwischen Mensch und Außerirdischem, die sich hier vor allem in Farb- und Tonfolgen niederschlagen, in die sich der Regisseur bisweilen allerdings etwas zu sehr verliebt. Dementsprechend wird im überlangen Kontaktaufnahme-Finale gedudelt und geblinkt bis der Arzt kommt bzw. das Publikum das Interesse verliert – denn so dolle das Ganze auch aussieht, mehr als dass eine Kontaktaufnahme stattfindet, wird währenddessen kaum vermittelt. Immerhin lassen die Aliens dem Ganzen auch noch ein paar Taten folgen, die ihre Vorhaben klarer erscheinen lassen, aber das hätte man filmisch und dramaturgisch alles kürzer haben können.

Sowieso laufen die beiden Handlungsstränge von „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ seltsam nebeneinander ab und berühren sich nur hin und wieder. Auf der einen Seite ist die Geschichte der Wissenschaftler, die nicht nur das erzählerisch große Bild liefert, sondern auch einige spektakuläre Bilder wie den Fund eines Schiffes in der Wüste. In Sachen Figurenzeichnung ist dort aber weniger los: Lacombe ist halt der humanistisch eingestellte nette Onkel, die weitestgehenden gesichtslosen Militärs und Regierungsfuzzis dagegen wesentlich skeptischer und harscher. Daneben halt die Geschichte von Roy (und mit Abstrichen Jillian), der aber nur ein Getriebener ist und seinen nach dem Alien-Kontakt erwachten Instinkten folgt. Durch die Kenntnis der anderen Story hat man ihm gegenüber einen Wissensvorsprung, sodass man die Zeichen früh deuten kann. Der Berg, den Roy immer wieder formt, ist der von den Aliens anvisierte Landeplatz.

Angesichts von Roys Obsessionen zerlegt sich auch die Familie. Hin und wieder hat das tatsächlich tragische Züge, immerhin verliert Roy dadurch seinen Job und ist nicht in der Lage sich auf etwas anderes als sein inneres Verlangen zu konzentrieren – gut unterstrichen durch einen Ausbruch am Essenstisch, den die Restfamilie geschockt verfolgt. Dummerweise bleibt es bei einzelnen Phasen, denn oft genug scheint das Familienleben es gar nicht wert erhalten zu werden. Man schaue sich die Einführung der Nearys an: Roy interessiert sich vor allem für seine Modelleisenbahn, erklärt dem ältesten Sohn nebenher mehr schlecht als recht Mathe, während der jüngere Sohn die Babypuppe der kleinen Schwester am Laufstall zerkloppt und keiner der Eltern einschreitet. Mutter Ronnie (Teri Garr) raunzt derweil lieber den Gatten an, weil dieser die Kinder am Wochenende ins Kino mitnehmen soll. Nach mehreren Szenen dieser Ehe ist man bei einem Henne-Ei-Problem: Ist Ronnie dauernd auf Krawall gebürstet, weil ihr Ehemann so ein desinteressiert-abwesender Kerl ist, oder flüchtet sich Roy in andere Beschäftigungen, weil Frau und Kinder solche schräpeligen Nervensägen sind?

Die körperliche und geistige Verwahrlosung Roys nutzt Spielberg dann später auch für humoristische Einlagen, die ihren Höhepunkt dann finden, wenn Roy im Bademantel den Devil’s Tower im Eigenheim nachbauen will und zu diesem Zweck Zierpflanzen durchs Küchenfenster wirft, der Nachbarin den Hühnerdraht klaut und die Mülltonne zweckentfremdet. Das funktioniert in sich, beißt sich aber mit dem vorigen Familiendrama. So wechselt „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ oft den Tonfall. Die Begegnungen des kleinen Billy mit den Außerirdischen beispielsweise machen dem deutschen Titel alle Ehre, sind sie doch mit den Mitteln des Horrorkinos inszeniert und enden in seiner Entführung. Dem gegenüber steht ein versöhnliches, märchenhaftes und fast schon kitschiges Happy End. Zwischendrin hat Spielbergs Film dann Anklänge des Verfolgungs- und Paranoiathrillers, wenn sich Roy und Jillian im unter einem Vorwand gesperrten Areal um den Devil’s Tower vorwagen. Einheitlich toll und zeitlos gut sind dagegen die Spezialeffekte, die beim Publikum ein fast kindliches Staunen hervorrufen, ohne dabei auf die Krawalltube zu drücken.

Durch alle Tonwechsel schultert Richard Dreyfuss („Daughter of the Wolf“) die Hauptrolle jedoch überzeugend. Wie er Roy zwischen Obsession und Zweifel daran, zwischen Bemühungen um sein Familienleben und dessen Zerstörung spielt, das nimmt schon für ihn ein. Daneben wirken Teri Garr („The Player“) als begrenzt verständnisvolle Gattin und Melinda Dillon („Sioux City“) als verständnisvolle Leidensgenossin merklich eindimensionaler, so wie auch die meisten anderen Figuren des Films. Die Besetzung Lacombes mit Nouvelle-Vague-Regie-Ikone Francois Truffaut („Sie küssten und die schlugen ihn“) ist immerhin ein Coup. Truffaut darf als quasi das humanistische Element seines europäischen Filmschaffens in einem US-Special-Effects-Blockbuster verkörpern. In einer frühen Rolle ist Lance Henriksen („Alpträume“) als Regierungsvertreter zu sehen, der aber nur sein Charaktergesicht in wenigen Szenen in die Kamera hält und kaum mehr als einen Satz Dialog hat.

Letzten Endes hinterlässt „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ einen zwiespältigen Eindruck. Technisch wartet das Ganze mit der gewohnten Spielberg-Perfektion und famosen Special Effects auf, einzelne Szenen und Stimmungen inszeniert der Regisseur auf den Punkt und auch der etwas andere Ansatz im Alien-Sci-Fi-Genre ist dem Ganzen anzurechnen. Allerdings sind knapp 140 Minuten schon ziemlich viel Film für einen letztendlich überschaubaren Inhalt, der keine wirkliche Spannungskurve aufbaut, viele Szenen über Gebühr in die Länge zieht und weder in Sachen Handlung noch Charakterzeichnung Bäume ausreißt. Aber famos aussehen, das tut „Unheimliche Begegnung der dritten Art“.

„Unheimliche Begegnung der dritten Art“ wurde erst von Columbia Tristar, später von Sony auf DVD und Blu-Ray in Deutschland veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Diese Freigabe tragen alle drei Schnittfassungen des Films: Die Kinoversion, die Special Edition und der Director’s Cut, der inzwischen die verbreitetste Fassung von „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ ist. Das Bonusmaterial umfasst je nach Auflage ein ausführliches Making Of, kleinere Dokumentationen, entfallene Szenen, Bildergalerien und/oder Trailer.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony/Columbia Tristar__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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