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I’m Still Here

Originaltitel: I’m Still Here__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2010__Regie: Casey Affleck__Darsteller: Joaquin Phoenix, Casey Affleck, Sean Combs, Jerry Penacoli, Danny De Vito, Bruce Willis, Danny Glover, Ben Stiller, Edward James Olmos, Jack Nicholson, Billy Crystal u.a.
I'm Still Here

In der Mockumentary “I’m Still Here” über Joaquin Phoenix’ angebliche Rapper-Karriere haben zahlreiche Prominente wie Ben Stiller und Bruce Willis Gastauftritte

Nach eigener Aussage stieß sich Joaquin Phoenix daran, dass viele Menschen die Scheinwelt des Reality-TV für bare Münze nahmen, als er sich zu einem groß angelegten Performance-Projekt, einem riesigen Hoax entschloss, den sein Kumpel und damaliger Schwager Casey Affleck mit der Kamera begleitete und aus dem die Mockumentary „I’m Still Here“ entstand.

Anno 2008, als seine Popularität durch Filme wie „Walk the Line“ gerade einen Höhepunkt erreicht hatte, verkündete Phoenix urplötzlich, dass er die Schauspielerei drangeben werde und stattdessen eine Zweitkarriere als Rapper starten werde. Viele Medien und Insider spekulierten früh auf einen Hoax, aber Phoenix zog das Projekt für rund zwei Jahre eiskalt durch. Er schlug Rollen aus, versuchte sich als (bewusst schlechter) Rapper und gab in der Öffentlichkeit die verwirrte Künstlerseele, die sich in ihre eigenen Ambitionen verrannt hat. Passend dazu auch eine optische Transformation, wenn Phoenix mit angefressenem Schmerbauch, ungepflegtem Fusselbart und ebenso ungepflegtem Langhaarwildwuchs durch die Gegend rannte. Einer der Höhepunkte war sein berühmt-berüchtigter Auftritt in der Show von David Letterman, als er kaum verständliches Zeug murmelte und so gut wie gar nicht mit dem Gastgeber interagierte.

Dass das Ganze nur ein Hoax ist, wird in „I’m Still Here“ nicht aufgelöst. Es könnte auch das Dokument eines Scheiterns sein, wenn Phoenix seinen Traum von der Rap-Karriere trotz mangelndem Talent verfolgt, durch seine Art Freunde und Kollegen vergrätzt, körperlich wie geistig verwahrlost und am Ende vor einem Trümmerhaufen steht. Offen lässt Afflecks Langzeitbeobachtung auch, wer denn nun eingeweiht war und wer nicht. Phoenix und Affleck auf jeden Fall, die beiden Kumpel/Assistenten von Phoenix wahrscheinlich auch, da deren Interaktionen oft gestellt und nur für den Film inszeniert wirken (z.B. die Kotattacke im Bett). Zumal Phoenix gerade Anton Langdon viel zumutet, den sein zauseliges Film-Alter-Ego stets anmotzt, der Nutzlosigkeit beschuldigt und sonstwie runterputzt.

Schaut euch den Trailer zu „I’m Still Here“ an

Nicht eingeweiht dagegen war der Rest der Hollywood- und Medienwelt, die immer wieder vorbeischaut. So verkündet Phoenix seinen angeblichen Ausstieg aus dem Schauspielgeschäft bei der Aufführung eines Benefiz-Theaterstücks zu Ehren des verstorbenen Paul Newman, in dem er und Affleck Rollen spielen. Viel andere Hollywood-Prominenz wirkt ebenfalls an dem Stück mit (darunter Danny DeVito, Jack Nicholson, Bruce Willis und Billy Crystal) und ist kurz zu sehen, etwa wenn Phoenix den bei den Proben ankommenden Willis überschwänglich umarmt. Auch die Reaktionen der Medien auf Phoenix‘ Alleingang werden in den Film geschnitten. Neben dem Letterman-Auftritt etwa Ben Stillers Parodie von Phoenix‘ Letterman-Auftritt bei den Oscars. Die Berichte von Entertainment-Magazinen über den vermeintlichen Abstieg des Schauspielers, darunter der nahezu bösartige Monolog eines Kolumnisten, der unterstellt, dass Phoenix durch sei und sowieso immer überschätzt gewesen.

Tatsächlich erlangt „I‘m Still Here“ seine stärksten Momente immer dann, wenn er möglichst ungefiltert davon erzählt, wie Menschen unmittelbar mit dem vermeintlichen Sturkopf und talentlosen Rapper Phoenix, der gern JP genannt werden möchte, konfrontiert werden. Da wäre zum einen ein Meeting mit Ben Stiller in Phoenix‘ Haus, bei dem ersterer letzteren für eine Rolle in „Greenberg“ gewinnen möchte. Phoenix führt sich als arroganter Arsch auf, der das Drehbuch nicht richtig gelesen hat, sich für die falsche Rolle interessiert und das bisherige Schaffen des konsternierten Stiller runtermacht. In einer anderen Szene hat Phoenix einen Termin bei Sean ‘P. Diddy‘ Combs in dessen Tonstudio und bringt seine Demo-CD mit. Das Gesicht des Rappers und Musikproduzenten spricht Bände, wenn er die schlecht gemachten Tracks des Schauspielers hört, der am liebsten gleich aufnehmen möchte. Mit größtmöglicher Professionalität versucht Combs die Situation diplomatisch zu lösen und lobt Einzelaspekte, ehe er Phoenix sagt, dass dieser sein Material natürlich noch überarbeiten müsse. Es wundert kaum, dass „I’m Still Here“ im Abspann Stiller und Combs besonderen Dank ausspricht. In die gleiche Kategorie der Unmittelbarkeit fällt ein missglücktes Konzert in Miami kurz vor Schluss des Films.

Doch all das kann kaum ausblenden, dass die reale Story hinter dem Projekt wesentlich interessanter als der Film an sich ist. Zwischen den oben geschriebenen, besonders intensiven Momenten ungefilterter Realität wirkt „I’m Still Here“ stets so, als ob man den gleichen Witz wieder und wieder erzählt bekommt. Phoenix labert Bullshit über Kunst und Wahrhaftigkeit in die Kamera, Phoenix inszeniert sich als missverstandener Künstler, Phoenix stellt die eigene Verwahrlosung aus, etwa wenn er Prostituierte in seine Wohnung bestellt, von deren Brüsten er Koks schnupft. Doch je größer der zeitliche Abstand zum Film ist, desto weniger Nachhall haben diese Szenen. Wenn Phoenix sich um seinen Ruf sorgt, wenn Phoenix von einer möglichen Pleite labert, dann weiß man aus heutiger Perspektive einfach, dass er immer noch gut im Geschäft ist, dass er sein Haus nicht verkaufen musste – wobei letzteres auch nur eine Behauptung für den Film zu sein scheint. Zudem hat Affleck als Regisseur sein Material kaum im Griff, produziert immer wieder Längen und Durchhänger, etwa in der Endsequenz, in der Phoenix zu einem Ort aus seiner Kindheit zurückkehrt und minutenlang durch einen Bach watet (das alternative Ende mit dem gleichen Material ist sogar noch quälend länger).

Doch egal, was man denn nun von „I’m Still Here“ als Film halten mag, die Performance von Joaquin Phoenix ist eine wahre Tour de Force. Kaum verwunderlich, dass bei der Natur des Projekts On- und Offscreen-Persona des Schauspielers immer mehr verschmolzen, da er ja nicht nur für Afflecks Kamera, sondern auch für die Öffentlichkeit immer JP, der gescheiterte Rapper und menschliche Vollarsch, bleiben musste. Laut Phoenix war die härteste Zeit jene sechs Monate zwischen Ende der Dreharbeiten und der Premiere des Films, in denen er immer noch nicht aus der Rolle fallen durfte. Trotz all der Leute, die Phoenix mit seinem rund zweijährigen Hoax vor den Kopf stieß, lässt sich „I’m Still Here“ auch anders lesen, denn ist er am Ende auch ein Testament der Hingabe des Schauspielers für seine Profession, der rund zwei Jahre seines Lebens und seiner Karriere für diese eigenwillige Form der Performance-Kunst aufgibt. Kein Wunder, dass Hollywood ihn mit offenen Armen wieder aufnahm und er in Projekten wie „Inherent Vice“ oder „Joker“ glänzen durfte. Man kann sich sogar bösartig fragen: Ist „I’m Still Here“ am vielleicht sogar ein reales Eitelkeitsprojekt eines brillanten Schauspielers über ein fiktives Eitelkeitsprojekt eines Alter Ego des brillanten Schauspielers?

So kann man sich am Ende vielleicht wohl nur persönlich zu „I’m Still Here“ positionieren und sich bei der Bewertung stets fragen, inwieweit man das reale zweijährige Performance-Projekt in die Beurteilung des 90-minütigen Films einfließen lässt. Letzterer ist in den Augen dieses Rezensenten jedenfalls dröge und repetitiv, trotz einer Powerhouse-Performance von Joaquin Phoenix und einzelner besonders intensiv-realer Momente (darunter die Treffen mit Letterman, Stiller und Combs).

© Nils Bothmann (McClane)



Es gibt Promis, die schließen sich fragwürdigen Privatsendern an und lassen sich im australischen Dschungel zum Affen machen um zumindest für zwei Wochen wieder einen gewissen Grad an Popularität zu erreichen. Joaquin Phoenix steht jedoch am anderen Ende der Erfolgsskala. Seine Filmografie lässt sich mehr als nur sehen. “8mm”, “The Village”, “We own the Night”, Oskar-Nominierung für “Walk the Line” und “Gladiator“. Doch dann änderte Phoenix seinen Kurs…

Inhalt:
Als Schauspieler Joaquin Phoenix im Herbst 2008 das Ende seiner Acting-Karriere und zugleich den Start seiner Rap-Karriere ankündigte, schlug diese Meldung ein wie eine Bombe. Doch mit Phoenix ging es danach Bergab. Man vernahm Meldungen über äußerst bescheidene Konzerte mit einem von der Bühne stürzenden und Zuschauer anpöbelnden Phoenix, der einiges an Gewicht zugelegt und sich mit fettigen Haaren und zotteligem Bart ein äußerst groteskes Erscheinungsbild zugelegt haben soll. Der schräge Auftritt bei David Letterman bestätigte endgültig der Welt – Joaquin Phoenix ist am Ende…

Welchen Teufel Phoenix auch immer geritten hat dieses Projekt durchzuziehen, er verdient damit meinen größten Respekt. Zwei Jahre ließ Phoenix die Öffentlichkeit im Glauben, wirklich dieses abgewrackte Stück Menschenfleisch zu sein, welches er darstellte. Das Resultat ist ein äußerst gut unterhaltender Streifen, der den schmalen Grat zwischen Dokumentation und Comedy beschreitet.

Joaquin Phoenix spielt sein “Ich” mit äußerster Hingabe. Alleine seine körperliche Veränderung, die Gewichtszunahme, zwei Jahre lang täglich den Bad Hair Day zu zelebrieren und während dieser Zeit nicht in der Lage zu sein, andere Rollen annehmen zu können. Phoenix opferte viel. Respekt. Interessant war es auch, viele weitere Stars der Film- und Musikszene (P. Diddy, Ben Stiller, Edward James Olmos, u.a.) zu sehen. Und noch immer bin ich nicht sicher, welche der Szenen mit diesen Stars gestellt war und welche nicht. Zusammengearbeitet hat Phoenix mit seinem Schwager Casey Affleck (Bruder von Ben Affleck), welcher die Regie über “I’m still here” inne hatte.

Diese Mocumentary ist ein kleines Meisterwerk, welches vielleicht nicht für den urbanen Bierabend mit Freunden gemacht ist. Zwar geht Phoenix so weit, dass er bei einigen Szenen “Borat” die imaginäre Hand schüttelt, in der nächsten Szene jedoch schon wieder den kaputten Penner spielt, der einst ein Star war und nun Koks von den Titten einer Prostituierten snieft. Faszinierend, wie sehr Phoenix sich in gewisse Szenen reinsteigern konnte, so dass ich zumindest nicht mehr sicher war, ob dies wirklich alles ein großer und langer Aprilscherz war oder nicht. Der Auftritt bei David Letterman war für mich eine der komischsten Szenen der letzten Jahre überhaupt.

Wenn das Ziel dieses Werks war, die Mechanismen der Unterhaltungsindustrie aufzuzeigen, zu beweisen, wie schnell man sich absichtlich “grounden” kann, wie sehr die Öffentlichkeit Druck auf einen Menschen ausüben kann, dann hat der Film seine Mission erfüllt.

Fazit: “I’m still here” ist ein äusserst unterhaltendes Filmphänomen mit einem großartigen Joaquin Phoenix und vielen Gaststars mit ebenso überzeugenden Auftritten.

© DomPatHug

Koch Media hat „I’m Still Here“ in Deutschland auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es einen Audiokommentar mit Casey Affleck, einen Audiokommentar mit Cast & Crew, Interviews, ein alternatives Ende und Trailer.

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Copyright aller Filmbilder/Label: Koch Media__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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