Originaltitel: Night Shift__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Greg Swinson, Ryan Thiessen__Darsteller: Natalie Terrazzino, JC Oakley III, Larry Bunton, Philip Zimny, Trevor Tucker, Ed Bailey, Caitlin Cyan, Olivia Graves, Georgia Kate Haege, Scott Lane u.a. |
Greg Swinson und Ryan Thiessen lieferten 2006 mit „Five Across The Eyes“ ihren von Horrorfans eher schlecht aufgenommenen Debütfilm ab. Seitdem sind 16 Jahre ins Land gezogen, ohne dass irgendeiner von beiden im Filmbusiness tätig gewesen wäre. 2022 versuchten sie nun einen neuerlichen Anlauf. Das Ergebnis heißt im Original „Night Shift“, im deutschsprachigen Raum „Hunt Her, Kill Her“ und es kann sich definitiv sehen lassen.
Alles dreht sich um Karen. Die junge Mutter hat eine hässliche Trennung von ihrem gewalttätigen Mann hinter sich und muss nun sich und ihre Tochter alleine durchbringen. Als wir ihr das erste Mal begegnen, tritt sie just einen neuen Job als Reinigungskraft in einer holzverarbeitenden Fabrik an. Jede Nacht gilt es hier, jeglichen Schmutz zu beseitigen, natürlich auch in den ungemütlicheren Ecken wie den Toiletten.
Doch Karen kann es sich nicht leisten, den Job abzulehnen. Nach einer kurzen Einweisung durch einen Kollegen der Tagesschicht ist Karen auch schon alleine in dem gewaltigen Gebäude. Es ist nun an ihr, alle Türen ordnungsgemäß zu verschließen und eben Späne und Co. zu beseitigen. Karen ist noch gar nicht lange am Wirken, da muss sie feststellen, dass sich vier maskierte Männer Zugang zu ihrer Arbeitsstelle verschafft haben.
Mehr noch: Die Männer sind definitiv nicht vor Ort, um in der Fabrik etwas zu stehlen. Sie sind aufgetaucht, um Karen zu töten!
Spannender, aufs Wesentliche reduzierter Horror
Das war es im Wesentlichen auch schon an Geschichte. „Hunt Her, Kill Her“ ist nicht an den Hintergründen seiner Figuren interessiert, er will nicht twisten, ihm ist nicht daran gelegen, Überraschungen auszupacken. Einzig um das Motiv der Eindringlinge wird ein wenig herumgeheimnist, aber selbiges ist dann doch easy zu durchschauen.
Doch darum geht es dem Horrorfilm auch gar nicht. Der will Spannung und Atmosphäre pumpen. Und das klappt für 90 Minuten absolut hervorragend. Dazu muss er Karen auch gar nicht lange einführen. Wir erfahren zunächst das Notwendigste, im weiteren Verlauf kommen in winzigen Szenen genug Informationsbrocken hinzu, um nie die Bindung zu der Figur zu verlieren.
Die gibt sich zudem angenehm taff und intelligent. Reagiert weder zu abgeklärt noch zu panisch auf die Fieswichte und deren Aktionen und versucht rundweg, sich selbst aus der Scheiße zu ziehen. Dazu robbt sie durch den Schauplatz, ist auf allen Vieren unterwegs und slidet von Deckung zu Deckung. Sie kriecht unter Regalen durch, versteckt sich hinter Holzhaufen und Maschinen und nutzt das Setting immer ideal für ihren Überlebenskampf aus. Dass in selbigen das Licht weitgehend aus ist, sorgt für zusätzliche Stimmungspunkte und hilft freilich Karen bei ihrem „Versteckspiel“.
Doch auch ihre Angreifer nutzen die Dunkelheit und schlagen immer mal wieder aus tiefer Schwärze heraus zu. Dabei bleiben sie aufgrund ihrer sehr coolen Maskierung weitgehend gesichtslos. Nur selten sprechen sie. „Hunt Her, Kill Her“ fühlt sich immer mal wieder regelrecht wie ein Stummfilm an, wäre da nicht die fast durchgehend pumpende, düstere Elektromusik von David Risdahl, die den Film unentwegt vorwärts treibt.
Die Überzahlsituation der Angreifer sorgt beim Zuschauer immer mal wieder für Panik, wenn Karen plötzlich von allen Seiten umzingelt scheint und einen Ausweg finden muss. Derartige Beinahe-Katastrophen kosten Swinson und Thiessen fantastisch aus. Geraten die Kontrahenten zwingend aneinander, wird es ruppig. Denn Karen ist – wie bereits angedeutet – nicht das typische Opfer. Sie haut ihre Gegner nicht nur k.o. und flieht, sie macht ihre Gegner kalt. Und das ist teils sehr intensiv anzuschauen.
Die Effekte werden allesamt handmade gereicht und tun beim Zuschauen gehörig weh. Auch die Selbstverarztungen Karens (unter anderem mit Klebeband und Leim) sind nicht wirklich schön anzusehen. Ein Problem ist leider, dass die Bösewichter, so bedrohlich sie auch wirken mögen, zu wenig Chancen bekommen, diese auch mal richtig derb auszuspielen. Sprich, der von ihnen erzeugte Bodycount ist viel zu niedrig.
Darstellerisch weiß Natalie Terrazzino, die sich gängigen Schönheitsidealen entzieht und auch in diesem Aspekt nicht das typische Opferhascherl ist, absolut zu überzeugen. Sie zieht den Zuschauer in die Chose hinein und lässt ihn nicht mehr vom Haken. Ihre Verfolger werden von echten Kanten gespielt, die trotzdem sehr beweglich und schnell unterwegs sind. Witzigerweise wurden fast alle von anderen Männern nachvertont. Ob sie wohl zu hohe Fistelstimmen für den Film hatten?
In optischer Hinsicht spielt zunächst das Setting die Hauptrolle und wird extrem effektiv in Szene gesetzt. Am Ende des Filmes hat man das Gefühl, jede Ecke der Fabrik mal gesehen zu haben. Trotz Dunkelheit hat man als Zuschauer immer den Überblick über das Geschehen. Sehr interessant sind zudem längere One Shots, in denen die Kamera an Karens Seite förmlich durch den Schauplatz zu fliegen scheint. Egal, wie man es dreht und wendet, gerade in Sachen technischer Umsetzung kann man „Hunt Her, Kill Her“ keinerlei Vorwürfe machen.
„Hunt Her, Kill Her“ weiß, wie Spannung geht
„Hunt Her, Kill Her“ bietet dem Zuschauer 90 Minuten effektives Spannungskino, das aufgrund eines umfänglich bespielten Settings, einer starken technischen Umsetzung, einer tollen Hauptdarstellerin, zahlreichen spannungstreibenden Momenten, gesunder Härte und einem extrem hohen Tempo ohne jedweden Leerlauf prächtig unterhält. Nebenbei wird auch effektiv gezeigt, wie mit simpelsten Mitteln und quasi gar nicht vorhandener Story Home-Invasion-Horror funktionieren kann. Jetzt bitte nicht wieder 16 Jahre bis zum nächsten Film ins Land ziehen lassen, liebe Macher.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien am 22. September 2023 von Lighthouse Home Entertainment. Die Datenträger haben eine Freigabe ab 18 und keinerlei Extras zum Film. Streamen kann man den Film auch.
In diesem Sinne:
freeman
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