Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Was kennzeichnet einen Actionfilm?

Was erwarten wir von einem guten Film? Dialoge vom Format eines Shakespeare? Storys, die kunstvoll vom Ende zum Anfang erzählt werden und dennoch überraschen können? Emanzipierte Frauenfiguren, die von Darstellerinnen mit No-Nudity Clauses im Vertrag gespielt werden? Komplexbehaftete Heldenfiguren, die in Tränen ausbrechen, wenn ein Bad Guy eine Blume abknickt? Schnittfrequenzen, die Epilepsie auslösen können und derbe rappende Soundtracks, die den Takt für die Schnitte vorgeben? Am besten das Ganze noch mit CGI Explosionen ergänzen und die Darsteller in Drahtseile hängen, weil sie sonst nicht mal selber laufen könnten?

Dazu sagen wir nur: Nope! Let’s do it oldschool!

Wie sieht er also aus, der Prototyp des Actionfilmes, wie wir ihn mögen? Versuchen wir es einfach mal anhand eines fiktiven Filmes, der alle liebgewordenen und gebräuchlichen Klischees enthalten soll …

Actionfilmklischees

Action muss kicken und darf nicht belasten! Das erreicht sie durch schön dumme Klischees.

Die Pretitlesequenz

Wir befinden uns mitten in einer ersten großen Actioneinlage. Keiner weiß, warum es jetzt schon rummst und kracht, dass einem der Hut hochgeht, es ist einfach so. Ab und zu wird hier schon die Grundlage für den weiteren Film gelegt: Ein Freund vom Helden stirbt, ein Partner von ihm wird eingeführt, weil er mal der Böse wird, oder unser Held bekommt ein Traumata, weil er den Geruch von Napalm am frühen Morgen nicht verträgt. Meist ist das Ganze aber auch nur eine kleine Einstimmung auf das, was kommen wird: Action ohne Sinn und Verstand. Dementsprechend wird diese Szene oftmals nicht einmal stringent in den Film eingewoben. Nach einer meist in Slow Mo ablaufenden Sequenz vom – je nach Vorfall – schreienden, entsetzten oder glücklichen Gesicht des Helden beginnt …

Der Vorspann

Derbe rockende Mucke oder Synthesizergedudel vom Allerfeinsten, dazu lustige *Swoosh*, *zischel* und *pfffffffrrrrrt* Geräusche, wenn die Namen der Hauptdarsteller in markiger Schrift hereingeflogen kommen. Dann ein harter Cut und …

Wir erfahren mehr vom Helden

Er ist:
1. Wortkarg.
2. Einsam – er hat maximal ein Kind, keine Frau und wenn, ist sie vermutlich in der Pretitlesequenz draufgegangen.
3. Er geht harter körperlicher Arbeit nach.
4. Abends säuft er gern ein Bier, geht in Oben Ohne Bars oder guckt schlechte TV Sendungen.
5. Sein Bett ist maximal für eine Person geeignet, denn entweder will er nie ne Frau oder er wird der soeben Verschiedenen niemals untreu.
6. Sie haben einen extremen Hang zum Posen: Zähneputzen mit Oberkörper frei und Armmuskulatur angespannt oder eben Versuche, ein 2 Euro Stück mit angespannten Arschmuskeln festzuhalten.

Kurzum, es sind ECHTE MÄNNER!!!

Es folgt die …

Katastrophe

Jetzt geschieht meist das Unfassbare:
Der Mörder der Frau taucht auf.
Das Kind wird entführt.
Ein Familienmitglied wird zum Krüppel geschlagen oder gleich gekillt.
Eine für die Welt wichtige Person wird entführt.
Irgendwo sind Marschflugkörper verschwunden, die mindestens 1000 mal so gefährlich sind wie die Hiroshimabombe.

Es ist nun an unserem Helden, zu handeln. Dazu schaut er schockiert in die Kamera – hat dabei den selben Gesichtsausdruck wie sonst auch – reibt sich einmal mit der Hand durchs Gesicht und nimmt die Herausforderung an.

Der Bösewicht

Jetzt bekommen wir auch gleich noch den Bad Guy präsentiert. Dieser ist zumeist potthässlich, abgefeimt, spricht einen Dialekt und hat IMMER eine Waffe am Mann sowie haufenweise nackte Chicas um sich rum. Er ist eben auch ein ECHTER MANN, nur halt ein unmoralischer. Und damit das volle Gegenteil vom Helden. Denn er hat Spaß am Leben, säuft, hurt rum und raucht wie ein Schlot. Dennoch mögen wir ihn nicht, denn er spricht ja Dialekt!

Actionfüllszenen

Es schließt sich eine Abfolge von Actionszenen an, die mehr oder weniger rumpeln und unseren Helden oder eben den Bösewicht bei der Arbeit zeigen. Der Bad Guy soll richtig hassenswert werden, deshalb killt er vorwiegend von hinten (ein seltsamer Fingerzeig gegen homosexuelle Mitbürger? Ich hoffe nicht!), bevorzugt murkst er dabei unbewaffnete Untergegebene ab und selbstverfreilich auch schutzlose Frauen und Kinder. Wenn er dann obendrein einfach mal einen Hund tötet, weiß man, das sein Ende gar schröcklich werden wird.

Unser Held dagegen wird meist in mittlere Materialschlachten (bevorzugt Autoverfolgungsjagden) verwickelt. Dabei geht es entweder gegen das Gesetz, weil sie seinen Rachefeldzug nicht gutheißen können oder gar ihn für den Bösen halten, oder eben gegen Handlanger des Bad Guys, die, wenn sie versagen, freilich nicht von ihm getötet werden, sondern vom Bad Guy, wenn sie sich entschuldigen für ihr Versagen. Der Held entwickelt in dieser Phase des Filmes eine Vorliebe für coole One Liner wie: “Der eine dachte, er könne fliegen, der andere, er sei unbesiegbar. Sie haben sich beide geirrt!” Des weiteren erweist er sich als unkaputtbar.

Der Sidekick bzw. die Moppenfrau

Auch lernt er jetzt meist einen Sidekick kennen. Dieser ist entweder schwarz und “saulustig” und wird im weiteren Verlauf des Filmes sterben, was den Helden noch wütender macht, oder aber es is ne geile Ische mit solchen Hupen, dass ab jetzt keine Verfolgungsjagden mehr zu Fuß stattfinden, weil sie sonst von ihren eigenen Moppen erschlagen werden würde. Sie wird dann kurz vorm Ende dem Bösewicht in die Hände fallen, was den Helden noch mehr anstacheln wird. Sie bekommt auch die Gelegenheit, in den spannendsten Abschnitten des Filmes mal ordentlich zu duschen, um dann von unserem einsamen Helden mal richtig rangenommen zu werden. Hach ja, damals war das Frauenbild halt noch in Ordnung.

Beiden Sidekicktypen ist gemeinsam, dass sie den Helden anfangs nicht leiden können, ihn dann aber langsam aufbrechen, so dass er menschlicher wirkt. Irgendwann im Film bekommen sie dann zumeist auch eine Szene, in der sie rocken dürfen.

Die Aufrüstung

Kurz vor Schluss (also ungefähr auf der Hälfte des Filmes) verschafft sich unser Held Zugang zu einem Waffenarsenal, mit dem man locker den Libanon, Irak, das alte Europa und den asiatischen Kontinent befrieden könnte. Das Ganze geschieht zu derbe rockender Mucke und es wird kurz hintereinandergeschnitten, wie er sich die Waffen umhängt.

Der Showdown

Dann latscht er in Slow Mo los und marschiert im Anwesen des Bäddies (meist ne Festung, ne riesen Villa oder irgendein Gefangenenlager in Vietnam) ein und zeigt Schleichwerbungsgemäß, wie man eine Heckler und Koch richtig hält, eine Magnum cool leert oder ein Berettamagazin komplett in ein und denselben Kopf rußt. Hierbei bleibt die Kamera immer voll drauf, Schnitte gibt es keine weiter, das Blut spritzt und die Bäddies fliegen lustig durch die Luft. Die Explosionen sind handgemacht, die Explosionen so groß wie der Freistaat Bayern und mittendrin unser Held, der sich hier und da mal ein Schrapnell einfängt und ne Kugel verpasst bekommt, was ihn aber freilich nicht stört.

Nach 30 Minuten Gemetzel sind dann die Waffen alle eingesetzt und es geht an die Handarbeit mit riesigen Messern oder eben den beiden Beinen, die der Held Arme nennt. Jetzt kracht es ordentlich im anatomischen Bauplan gegnerischer Bäddies und der Held geht nach jedem Kill seiner Vorliebe für One Liner nach: Zieht zum Beispiel das Messer aus einem gerade getöteten Körper heraus mit dem Kommentar: “Ich darf mir das doch mal leihen?” Rammt es in den nächsten Bad Guy und nagelt diesen dabei an ein Treppengeländer mit dem Kommentar: “Ja nicht weglaufen.” YEAH!

Kurz vorm finalen Fight gerät der Held noch mal in die Bredouille. Das heisst, er wird gefangen genommen oder der Bad Guy hat halt die Hupenfrau in seiner Gewalt und benutzt sie als Schutzschild. Das gibt dem Bäddie die Gelegenheit, seine Motive darzulegen. Diese umfassen meist so Punkte wie: du warst immer besser als ich, du hast die Frau bekommen, die ich nie haben durfte, du hast dich in meine Angelegenheiten eingemischt, du hast mal mein Bier verschüttet. Niemals sind es so triviale Nichtigkeiten wie Weltherrschaft oder die Vernichtung ganzer Erdteile. Das hat hier nichts zu suchen! DAS ist ein MÄNNERFILM, in dem es um MÄNNERTHEMEN geht, da hat Politik und Weltgeschehen keinen Platz!

Irgendwie kann sich der Held aber immer aus dieser misslichen Lage befreien. Das kündigt sich meist dadurch an, dass er flüchtige Blicke zu der Geisel wirft und mittels Lidschlag Morsecodezeichen absetzt oder eben immer mal ganz heimlich zu ner riesigen am Boden liegenden Wumme schielt.

Dann geht alles ganz schnell: Die Geisel kickt den Bäddie in die Eier oder unser Held lässt sich einfach auf den Boden plumpsen (mit Vorliebe beides), greift sich die Waffe und ballert alle über den Haufen, die noch leben – bis auf den Bad Guy. Den nimmt er sich dann gesondert zur Brust, meist in einem grobschlächtigen Boxkampf, in dem es keine Regeln gibt. Plötzlich gibt es da auch Hochhöfen, an die man sich gegenseitig drücken kann. Da mittlerweile beide oben ohne unterwegs sind, zischt es dann auch schön und beide dürfen mal richtig schreien. Dann wird in Rippen geboxt, die Leber massiert, die Nieren von den Harnleitern getrennt und mit Fingern in offenen Wunden gepult. Meist hat der Bäddie dann kurz Oberwasser, nicht ahnend, dass es ihn gleich megahart erwischen wird. Und jetzt ist alles möglich: Aufspießen, Erhängen, in den Ofen schmeißen, Durchbohren, allerblutigste Headshots, hammerharte Genickbrüche, Kopf runter und und und. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Happy End

Dann darf unser Held seinen weiblichen Sidekick oder das entführte Familienmitglied in die Arme nehmen. Der weibliche Sidekick wird geknutscht (im übrigen IMMER in dieser Pose: Hand wird um den Nacken der Frau gelegt und diese rangezogen und abgeschleckert. Ganz nach der Devise: Wenn du dich wehrst, dreh’ ich dir den Hals um).

Dann kommt irgendein Sondereinsatzkommando angefahren, einer schüttelt dem Helden die Hand und fragt, ob er ihnen was übrig gelassen habe. Dann bekommt noch einer aus dem Team, der sich bisher IMMER gegen unseren Helden gestellt hat, bei seinem Entschuldigungsversuch ordentlich eine eingeschwenkt. Unser Held wandert daraufhin von der Kamera weg und es beginnt ein Abspann in dessen Verlauf sich herausstellen wird, dass es mehr Pyrotechniker und Stuntmen am Set gab als Schauspieler.

Ende!

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