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Snow Steam Iron

Zack Snyder drehte „Snow Steam Iron“ an einem Wochenende auf einem iPhone mit Freunden und Familie. Der vierminütige Kurzfilm erzählt in typischer Snyder-Inszenierung von einer Frau, die einem Noir-Gangsterfilm-Setting zur Prostitution gezwungen wird und sich an ihren Peinigern rächt.

Originaltitel: Snow Steam Iron__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Zack Snyder__Darsteller: Samantha Win, Allen Jo, Wayne Dalglish, Eli Snyder, Victoria Jacobsen u.a.
Snow Steam Iron

Zack Snyder drehte “Snow Steam Iron” an einem Wochenende auf einem iPhone

Nach dem Selbstmord seiner Tochter im März 2017 gab Zack Snyder die Regieverantwortung bei „Justice League“ an Joss Whedon ab und es sollte vier Jahre bis zu seinem nächsten Spielfilm „Army of the Dead“ dauern. Im Herbst 2017 gab Snyder ein kurzes Lebenszeichen in Form des Kurzfilms „Snow Steam Iron“, den er in erster Linie mit Familie und Freunden an einem Wochenende auf einem iPhone drehte.

Vielleicht ging es ihm dabei um eine Demonstration der technischen Möglichkeiten neuerer Handys – nur ein Jahr später brachte Steven Soderbergh mit „Unsane“ sogar einen komplett mit einem iPhone gedrehten Spielfilm in die Kinos. „Snow Steam Iron“ wirkt dagegen phasenweise eher wie ein Fake-Trailer für einen nie gedrehten Kinofilm, der in Zeitlupen und assoziativen Schnitten die Geschichte von Lin Woo (Samantha Win) erzählt. Die hat harte Zeiten hinter sich, hat Krieg erlebt und muss nun als Prostituierte in einem Bordell anschaffen, in einem Setting, das an klassische Gangsterfilme erinnert. Doch Lin, die von ihrem Zuhälter geschlagen und zur Sexarbeit gezwungen wird, hat irgendwann genug, obwohl der Gangsterboss offensichtlich die Polizei in der Tasche hat.

Schaut euch „Snow Steam Iron“ an

Das führt zum zentralen Set-Piece des Films auf offener Straße, in dem Lin sich ihres Peinigers und einiger Polizisten entledigt. Alle Elemente des Titels sind dort vorzufinden: Der Schnee, der vom Himmel herabfällt, der Dampf, der aus den Gullys der Großstadt aufsteigt, und das Schießeisen, das neben einem Beil wichtigstes Mittel in dem Konflikt ist. Das typische Speedramping von Zack-Snyder-Actionszenen fehlt bzw. ist nur zur Hälfte, denn während eine Beschleunigung fehlt, so entledigt sich Lin ihrer Gegner in diversen Zeitlupen. Wenig zimperlich geht es dabei zur Sache, sowohl was die Gnadenlosigkeit der Rächerin als auch die Tötungsmethoden angeht. Die Choreographie ist nicht komplex, kann sich aber für ein solches Nebenbeiprojekt sehen lassen.

Dabei kommt dem Film zugute, dass Hauptdarstellerin Samantha Lin nicht nur Schauspielerin („Wonder Woman“), sondern auch Stuntfrau („Man of Steel“) ist und schon öfter mit Snyder zusammenarbeitete. Denn es handelt sich um eine körperliche Rolle, nicht nur wegen des Fights, sondern auch, weil Snyder auf jeden Dialog verzichtet. Bilder, Geräusche, der Soundtrack von Tom Holkenborg alias Junkie XL („The 355“) und die Montage sollen erklären, warum es zu den Bluttaten in der Gasse kommt, obwohl es bisweilen eher etwas anmaßend und konfus wirkt, wie Snyder und sein Editor David Brenner („Avatar: The Way of Water“) wild in der Chronologie hin und her springen, was den Eindruck eines (Fake-)Trailers, den Eindruck einer Vorschau auf größere Dinge nur noch verstärkt.

„Snow Steam Iron“ ist bei alledem ganz klar ein Kind seines Regisseurs, der zumindest den Beweis antritt, dass er seine Bildsprache auch in dieses Format und diese Produktionsmöglichkeiten hinüberretten kann. Da er nicht von Studiovorgaben und Blockbuster-Budgetrisiken gehemmt ist, muss Snyder auch nicht an Nacktheit oder Gewalt sparen, auch wenn er beides nicht exploitativ einsetzt. Er erzeugt eine Noir-Stimmung, wenn er seine Rächerin aufbaut, deren Wut sich schließlich in der zentralen Actionsequenz entlädt. Ähnlichkeiten zu seinem „Sucker Punch“ sind in Sachen Setting und Figuren klar erkennbar und „Snow Steam Iron“ könnte fast eine Vorstufe sein, hätte es den Spielfilm nicht zuvor gegeben.

Doch so sehr man „Snow Steam Iron“ seinen Stilwillen auch zuerkennen kann, so bleibt es doch ein leerer Film. Nach diesen vier Minuten ist auch die Hauptfigur nicht über eine Ansammlung von Action-, Rache- und Noir-Klischees hinausgewachsen. Wäre das Ganze ein Trailer, er würde keine große Lust darauf machen sich das Treiben in Langfilmform anzusehen. Selbst Metaphern wie ein hilflos zappelnder Fisch, der für die verzweifelte Hauptfigur stehen kann, wirken klischiert und nicht allzu einfallsreich.

Als Technikdemonstration überzeugt „Snow Steam Iron“ auf ganzer Linie, als Fighteinlage mit Vor- und Nachspiel ist er okay, als Kurzfilm ist er jedoch eher unbefriedigend. Ja, es sind vier Minuten purer Zack-Snyder-Stil, aber den hat der Mann schon wesentlich überzeugender und reichhaltiger auf Leinwände oder Bildschirme gebracht.

„Snow Steam Iron“ wurde zuerst über die App Vero veröffentlicht. Inzwischen kann man ihn auch auf Videoplattformen wie YouTube finden.

© Nils Bothmann (McClane)

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