Originaltitel: Peacemaker__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: James Gunn, Brad Anderson__Darsteller: John Cena, Jennifer Holland, Freddie Stroma, Robert Patrick, Christopher Heyerdahl, Steve Agee, Danielle Brooks, Chukwudi Iwuji, Nhut Le, Lochlyn Munro, Annie Chang u.a. |
Der Friedensstifter alias Paecemaker hatte 1966 seinen ersten Auftritt in einer Comicreihe bei dem Verlag Charlton Comics. 1984 wechselte die Lizenz zu DC-Comics. Ursprünglich war die Figur tatsächlich pazifistisch angehaucht und versuchte, mit zahlreichen technischen Gimmicks und nicht tödlichen Waffen Frieden zu stiften. Mit dem Wechsel zu DC veränderte sich der Charakter. Er deckte sehr finstere Geheimnisse um seinen Vater auf, die ihn psychisch instabil machten. So sehr, dass er begann, eine sehr verquere Vorstellung von Frieden zu entwickeln, für die er auch tödliche Gewalt anwendete. So wurde die Figur vom Friedensstifter zum Vigilanten.
Als solcher wurde er Teil der cineastischen Neuinterpretation des künstlerisch wie finanziell durchgefallenen „Suicide Squad“ durch James Gunn in dessen „The Suicide Squad“. Hier durfte John Cena („Freelance“) die widerwärtigen Seiten seines Charakters ausloten und zelebrieren. Mit seinen unrühmlichsten Momenten aus dem Film beginnt dann auch die HBO-Max-Serienadaption „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“. Nur um dann Monate nach den Ereignissen in Corto Maltese in ihren eigentlichen Plot rund um den titelgebenden „Helden“ einzusteigen.
Als wir Christopher Smith alias Peacemaker erstmals in der Serienadaption begegnen, kuriert er gerade die ihm im Showdown von „The Suicide Squad“ zugefügten schweren Verletzungen aus. Die Heilung schreitet gut voran und eines Tages legt ihm seine Ärztin nahe, sich gen Heimat zu verabschieden. Christopher kann gar nicht glauben, was er da hört, muss er doch noch mindestens 26 Jahre seiner ursprünglichen Haftstrafe wegen seines Vigilantentums absitzen. Doch freilich ergreift er sich die ihm bietende Gelegenheit und verduftet.
Nur wenig später muss er feststellen, dass Amanda Waller natürlich nicht daran denkt, ihn so leicht vom Haken zu lassen. Er soll der Mann fürs Grobe in einem neuen Team werden. Dieses ist unterwegs, um den sogenannten Butterflys den Garaus zu machen. Außerirdische Wesen, die unsere Welt übernehmen wollen.
Episodenguide der ersten Staffel von „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“
01. Verrückte neue Welt
02. Ziemlich beste Feinde
03. Schmetterlinge im Kopf
04. Ein Dödel für alle Fälle
05. Affentheater
06. Die Kuh muss weg
07. Der Apfel killt nicht weit vom Stamm
08. Schlachtfest
Comicaction mit John Cena und Robert Patrick
Da er sich während des Lockdowns 2020 langweilte, schrieb James Gunn innerhalb weniger Wochen die Vorlage für insgesamt acht Folgen einer neuen Superheldenserie. Dass er sich als deren Helden ausgerechnet den unsympathischsten Spacken seines Kinoabenteuers „The Suicide Squad“ aussuchte, verwunderte nicht wenige, macht im Nachhinein aber Sinn. Denn man spürt sehr früh im Serienverlauf, wo Gunn mit der Figur des Peacemakers hin will.
Gunn bricht die Figur gewaltig auf. Lässt sie an ihrem Tun zweifeln und verzweifeln, macht sie menschlich, nahbar und verletzlich. Ohne sie und ihre ursprüngliche Anlage im Film vollends zu verraten. Denn natürlich bleibt der Peacemaker weitgehend ein sexistischer Maulheld, der sich nur zu gerne selbst überschätzt und in seinen endlosen Labertiraden teils wundervoll verloren rüberkommt.
Der wichtigste Hebel für die Menschlichwerdung Peacemakers ist seine Hintergrundgeschichte, in der die extrem schwierige Beziehung zu seinem engstirnigen, rassistischen Vater aufgearbeitet wird. Der als White Dragon im Superbösewichtbusiness tätige Vater hasst seinen Filius, sieht ihn als absolut missratenes Weichei an und beschneidet dessen Selbstwertgefühl, wo es nur geht. In diesen Momenten geht Robert Patrick („Faculty“) als Vater förmlich auf und macht mit seiner hassenswerten Performance absolut nachvollziehbar, warum der Peacemaker letzten Endes so moralisch verkommen ist.
Die weiteren Hebel zum Aufbrechen von Christopher Smith sind freilich die Mitglieder seines neuen Teams. Während die Damen ihn mit ihren äußerst politisch korrekten Ansichten einige Nüsse zu knacken geben und ihm sein Machotum immer wieder aufs Neue um die Ohren hauen, erweisen sich die Herren der Schöpfung als zwar eigensinnige, aber immer loyal an seiner Seite stehende Freunde. Auch wenn der Peacemaker sie nicht so bezeichnen würde.
Gerahmt wird diese Wandlung vom Saulus zum Beinahepaulus von der eigentlichen Invasionsgeschichte, die ein wenig langsam in Schwung kommt. Gunn hat viel Spaß, kleinere Geheimnisse aufzubauen und das Offensichtliche nicht auszusprechen. Das bremst vor allem zu Beginn ein wenig den Furor. Ungefähr ab Folge fünf drehen die Drehbücher von Gunn für „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“ aber deutlich mehr auf und kommt richtig Tempo in die Chose. Und im Showdown lässt es Gunn, der bei fünf der acht Episoden auch Regie führte, so richtig krachen.
Dabei ist vor allem das Motiv der Invasoren ganz nett geraten. Wie die Hauptcharaktere dem Ganzen dann einen gewaltigen Arschtritt verpassen, macht allerdings noch weitaus mehr Spaß. Allgemein spielt Gunn einige Male mit den Erwartungen der Zuschauer. Auch rund um die politisch korrekten Aspekte der Serie. Immer mal wieder scheint er es dahingehend zu gut zu meinen. Macht vor allem die männlichen Charaktere zugunsten der weiblichen zu formvollendeten Trotteln. Doch genau in dem Moment, wo man gerade die Augen verdrehen will, bricht Gunn diese Momente auf und verkehrt sie in ganz andere Richtungen.
Die Darsteller rund um John Cena
Dennoch hatte ich meine liebe Not mit den Damen in Peacemakers Team. Sie sind doch extrem überzeichnet in ihrer Coolness und Toughheit einerseits (Jennifer Holland als Emilia Harcourt) und als wandelndes Political-Correctness- Abziehbild (Danielle Brooks als Leota Adebayo). Freilich sind auch sie für die Entwicklung von Peacemakers neuer Gesinnung wichtig, sonderlichen Zugang findet man zu ihren Figuren aber nicht.
Da kommen Steve Agee als Computernerd John Economos und Chukwudi Iwuji als Teamleader Clemson Murn schon deutlich besser weg. Um Murns Figur steigt zudem ein netter Twist, der zugleich den Alien-Invasionsplot etwas gehaltvoller macht. Absoluter Gewinner der ersten Staffel ist jedoch ganz klar Freddie Stroma als Adrian Chase alias Vigilante. Als Kumpel von Peacemaker stiehlt er Szene um Szene, macht geile Action, hat einen genialen Humor und erinnert immer wieder stark an eine Reinkarnation von Kick-Ass. Klasse!
John Cena macht als Peacemaker ebenfalls einen starken Job. Vor allem stellt er sich komplett in den Dienst der Sache und macht sich mehr als einmal zur formvollendeten Superfeile. Und das nicht nur in dem absolut genialen Vorspann von „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“. Wenn er im Minislip zu einer Metallballade mitsingt oder durch seinen Trailer tanzt, ist das einfach nur herrlich daneben. Der Mime beweist darüber hinaus ein starkes Timing in den komödiantischen Szenen und gibt wie zu besten WWE-Zeiten den überzeugenden Dampfplauderer.
Im Übrigen wurde nicht nur Cena aus dem Kinofilm herüber gerettet. Auch Jennifer Holland und Steve Agee wiederholen ihre Rollen aus „The Suicide Squad“. Viola Davis („The Woman King“) gibt als Amanda Waller ebenfalls kleinere Cameos. Apropos Cameos: Ezra Miller („The Flash“) und Jason Momoa („Aquaman“) treten als ihre DC-Alter-Egos auf. Und apropos DC: Immer wieder wird auf Helden des DC-Universe referenziert. Vor allem Batman wird häufiger erwähnt.
Blutig und derb: Die Action der Comicserie
Und, macht der Peacemaker nun auch mal Peace? Aber klaro! Immer wieder brechen sich kleinere Actionscharmützel Bahn. Sie sind allesamt eher kurz und knackig gehalten, machen aber Spaß und haben Freude am Überdrehen. Immer wieder werden Gesichter und Köpfe von einschlagenden Schüssen derb zersplattert. Im großen Showdown fliegen dann auch Arme, Beine und Köpfe durch die Gegend. Es wird häufiger geballert, ab und an prallen Kombattanten auch physisch aufeinander. Die nachfolgenden Keilereien machen Spaß, sind aber keine Highlights im Genre. Dazu ist die Kamera immer wieder zu sehr darum bemüht, nah an den Kämpfern dran zu sein, was hier Wucht raus nimmt.
Die meisten Gewalttätigkeiten werden an handmade Effekten gereicht. CGIs kommen bei aufwändigeren Momenten in Richtung Finale zum Einsatz, bebildern außerirdische Wesen und den heimlichen Star der Serie: Adler Eagly. Keine Ahnung, wer auf die Idee für diese tolle Nebenfigur gekommen ist, aber sie rockt die Serie und verleiht ihr im Zusammenspiel mit dem Peacemaker sogar herzerwärmend schöne Momente.
Und wo wir beim Thema rocken sind: Das macht vor allem der Soundtrack. James Gunn bedient sich im Laufe der ersten Staffel von „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“ großzügig bei 80s Rockmucke und macht sie darüber hinaus auch immer wieder zum Inhalt der Dialoge seiner Figuren. In optischer Hinsicht gibt es nicht viel zu klagen. Gerade im Vergleich zum Kinofilm sieht man die Unterschiede zwischen Prestigeprojekt und Fernsehserie jedoch deutlich. „Peacemaker – Frieden um jeden Preis“ kommt doch deutlich piefiger daher als der Kinofilm und hat bei weitem nicht dessen Abwechslungsreichtum, was die Schauplätze angeht.
„Peacemaker – Frieden um jeden Preis“ bietet rotzfreche Unterhaltung, aber…
Im Großen und Ganzen macht der Nachklapp zum Kinospaß „The Suicide Squad“ schon Laune, aber gefühlt war hier doch mehr drin. James Gunn braucht ganz schön lange, um so richtig in Schwung zu kommen. Immer wieder schleichen sich Momente ein, die in einem Kinofilm niemals überlebt hätten, weil sie zu sehr wie Füllstoff anmuten. Und immer wieder gibt es Momente, da meint man förmlich, James Gunn hinter sich feiern zu hören, aber man selbst kann null erkennen, was an der gebotenen Szenerie gerade witzig sein soll. Derartige „Verrecker“ tun aufgrund der allgemeinen Gagdichte nicht zu sehr weh, fallen aber überdeutlich auf – zumal „Peacemaker“ hier und da doch beinahe sklavisch bemüht wirkt, komisch sein zu wollen.
In der Folge sind manche Komikeinlagen tatsächlich sogar eher nerviger Natur. Hat sich die Serie aber einmal eingegroovt, macht sie definitiv Laune und ist angenehm kurzweilig und unterhaltsam. Der uneitle John Cena, der megafiese Robert Patrick, der geniale Freddie Stroma und der perfekt von WETA getrickste Eagly sind die ganz großen Pluspunkte der Unternehmung „Peacemaker“. Dazu gesellen sich ein paar klasse Actionszenen wie der ausladende Showdown und eine harsche Aufräumaktion in einer Fabrik der Aliens, an deren Ende ein Kampf der Helden gegen einen Gorilla steht, der ein paar geile Moves drauf hat. Kurzum: Alles angenehm gaga und kaputt, aber irgendwie doch mit stark angezogener Handbremse daherkommend.
Die Serie lief in Deutschland als erstes über das Streamingportal RTL+. Physisch wurde die Serie in Deutschland von Warner Bros. ausschließlich auf Blu-ray ausgewertet. Die acht Folgen a rund 43 Minuten befinden sich auf zwei Discs, inklusive wirklich zahlreicher Extras. Die Veröffentlichung ist ab 16 freigegeben und in der Form auch ungeschnitten. Alle Folgen warten im Übrigen nach dem Abspann mit einer kleinen Bonusszene auf. Inzwischen kann man die Serie auch außerhalb von RTL+ streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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