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Late Night with the Devil

Originaltitel: Late Night with the Devil__Herstellungsland: Australien, Vereinigte Arabische Emirate__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Cameron Cairnes, Colin Cairnes__Darsteller: David Dastmalchian, Laura Gordon, Ian Bliss, Fayssal Bazzi, Ingrid Torelli, Rhys Auteri, Josh Quong Tart, Georgina Haig u.a.
Late Night with the Devil German Poster

“Late Night with the Devil” bietet interessanten Found-Footage-Horror.

„Night Owls“: So heißt die Late Night Show von Jack Delroy. Dem ist es über die Jahre gelungen, eine treue Seherschaft zu aktivieren, aber gegen Platzhirsch Johnny Carson kann er nichts ausrichten. Dessen Quoten muten für Jack uneinholbar an. Dock Jack findet seine Nische und er kann von seiner Talk Show jahrelang leben. Selbst private Schicksalsschläge werfen ihn nicht aus der Bahn.

Im Jahr 1977 ist „Night Owls“ in den Ratings weit abgeschlagen. Johnny Carson dominiert die Fernsehquoten. An Halloween bringt das Team von Jack eine kunterbunte Ausgabe an den Start. Es geht um etwas: Jacks Show steht auf dem Spiel, denn es ist Quotenwoche.

Ein Medium soll die Zuschauer verblüffen, ein ehemaliger Magier will die Tricks des Mediums entzaubern und eine Wissenschaftlerin in Sachen Parapsychologie soll ihr neues Buch vorstellen. Dieses behandelt den eigenartigen Fall der kleinen Lilly. Die behauptet, ihr Körper sei von einem Dämon namens Mister Wriggles besessen. Auch Lilly ist in der Show zu Gast.

Jack Delroy steht die wahnsinnigste Ausgabe seiner Late Night Show unmittelbar bevor. Eine Late Night mit dem Teufel …

Schaut in den Film hinein

Dämonenhorror live im TV

In den ersten fünf Minuten von „Late Night with the Devil“ werden dem Zuschauer die Late Night Show „Night Owls“ und deren Host Jack Delroy ungemein plastisch und ausführlich vorgestellt. Schon diese Einleitung gefällt, wirft Köder aus und macht gespannt auf das, was folgen wird. Das Intro variiert dabei in seinem Look: Wird sehr filmisch gereicht, in unterschiedlichen Formaten und ist mal körnig, mal glatt.

Hernach steigt der Found-Footage-Ansatz. Dem Zuschauer wird erklärt, dass er fortan das Original-Band der betreffenden „Night Owls“-Folge zu sehen bekomme, erweitert um Behind-the-Scenes-Material, das zeitlich die Werbepausen der Show überbrückt. Die Show startet mit einem kurzen Stand-up-Teil von Jack Delroy. David Dastmalchian („The Suicide Squad“) hat seine Rolle vollkommen im Griff. Jede Pose sitzt, viele Gesten wirken aus aktuellen Late Night Shows bekannt. Die Mimikry ist perfekt. Auch im weiteren Verlauf glänzt der Mime und macht dem Zuschauer Jack nur noch sympathischer.

Direkt nach dem Stand-up-Teil wird das Medium Christou Teil der Show. Nicht nur der auf das Entzaubern von Scharlatanen spezialisierte Carmichael Haig empfindet das Medium als schlechte Show. Doch je länger „Night Owls“ läuft, umso mehr häufen sich seltsame, nicht zu erklärende Zwischenfälle. Vor allem die Parapsychologin und die kleine Lilly liefern großartig ab. Während Jack verkündet wird, dass seine Quoten auf einem Höhenflug seien, wird es im Studio selber immer undurchsichtiger.

Late Night with the Devil Jack Delroy Night Owls

Jack Delroy ist Host der Late Night Show “Night Owls”.

Nicht erklärbare Phänomene türmen sich aufeinander. Man sitzt als Zuschauer gebannt vor dem Bildschirm und folgt dem Treiben. Die Regie-Brüder Cameron und Colin Cairnes („Scare Campaign“) drehen gekonnt an der Ekel- und Spannungsschraube und sorgen für ein blutiges, überdrehendes Finale der Show. Bis hierhin ist „Late Night with the Devil“ wundervoll unterhaltsames Horrorkino, fernab des aktuell üblichen Besessenheits-Tands.

Trotzdem bedient „Late Night with the Devil“ auch die bekannten Subgenre-Versatzstücke. Euch erwarten finstere Dämonenstimmen, maskentechnisch überzeugende Monsterfratzen, schwebende Gegenstände und breiige Kotze. Und freilich dürfen Gebete nicht fehlen. Doch all die bekannten Klischees langweilen nicht, dafür sorgt schon das ungewöhnliche Setting: Ein Fernsehstudio, dessen technische Möglichkeiten der Film in manchen Szenen sehr clever nutzt.

Doch nach dem hektischen „Finale“ ist „Late Night with the Devil“ längst nicht auserzählt. Die Gebrüder Cairnes wollen nämlich auf eine nette Schlusspointe hinaus, weshalb sie bislang lose, aber intelligent eingewobene Storyfäden aufnehmen und neu verknüpfen. Das funktioniert alles prächtig, verlangt im Vorfeld aber auch Aufmerksamkeit.

Late Night with the Devil Lilly und Jack Delroy

Lilly (links) bringt die Late Night Show ordentlich durcheinander.

Dank der durch die Bank großartigen Darsteller ist man immer im Film drin. Denen kredenzte das Drehbuch äußerst reizvolle und facettenreiche Figuren. Genannt sei etwa Laura Gordons Parapsychologin, bei der man nie weiß, ob sie sich als mütterliche Beschützerin der kleinen Lilly versteht, oder ob sie nicht doch nur Kohle und Aufmerksamkeit durch die Kleine machen will. „Late Night with the Devil“ liefert Ansätze für beide Lesearten, aber keine finale Auflösung. Das darf der Zuschauer selbst entscheiden.

Der spannende Film hat eigentlich nur eine erzählerische Schwäche. Diese resultiert aus dem Fakt, dass „Night Owls“ eine Fernsehsendung ist. Und wer amerikanisches Fernsehen kennt, der weiß: Alle fünf bis zehn Minuten kann es hier zu Werbeunterbrechungen kommen. Und leider passiert das auch hier. Damit sind ein paar Unglaubwürdigkeiten und vor allem Spannungsabfälle verbunden.

Unglaubwürdig ist, dass durchweg genau zwischen den Werbepausen die Spannung immer mehr ansteigt und pünktlich vor der Werbung krass kulminiert. Davon träumen Fernsehmacher sicherlich, hier wird das Prinzip aber etwas zu krass und zu oft wiederholt. Und in den Werbepausen (keine Sorge, ihr müsst keine Werbung ertragen) sackt die aufgebaute Spannung teils deutlich in sich zusammen. Ja, die Macher der Show versuchen dann, bestimmten Sachen auf den Grund zu gehen oder beraten, wie es weitergehen soll, die Spannungspeaks gehen dabei aber meist verloren. Entsprechend gesetzt und ruhig beginnen dann zumeist die nachfolgenden Slots in der Show. Wie die Macher der Show hat man dann als Zuschauer aber zu sehr durchgeschnauft.

David Dastmalchian als Jack Delroy

Dieser Abend stellt das Leben von Jack Delroy auf den Kopf.

In technischer Hinsicht ist „Late Night with the Devil“ ein interessantes Spiel mit den verschiedensten Formaten. Die Late Night Show wird im damals üblichen 4:3-TV-Format gereicht. Die Optik ist etwas zu glatt und klar für den gewählten Zeitabschnitt, erfüllt aber ihren Zweck. Die Werbepausen werden deutlich filmischer im 16:9-Format und in Schwarzweiß gereicht. Rückblicke und Erklärungen, gerne mal mit einem Off-Kommentar versehen (als Erzähler fungiert Michael Ironside („Ausgelöscht“)), werden hingegen in Widescreen präsentiert. Die verschiedenen Formate helfen sehr bei der Strukturierung der Erzählung und geben dem Zuschauer Orientierung.

„Late Night with the Devil“ löste aufgrund seiner Machart auch eine Kontroverse in den USA aus. Im Fokus der Diskussionen standen Grafiken, die im Film vor und nach den Werbepausen eingeblendet werden. Diese stammen – und das wurde teils harsch kritisiert – nämlich nicht von Grafikdesignern, sondern wurden mithilfe Künstlicher Intelligenz erzeugt.

„Late Night with the Devil“ bietet intelligenten Found-Footage-Horror

„Late Night with the Devil“ arbeitet mit bekannten Motiven des Besessenheits- und Exorzismus-Subgenres, verleiht ihnen aber einen interessanten Dreh. Dafür sorgt alleine schon das spannende Setting einer live eskalierenden Fernsehshow. Doch Regie und Drehbuch – soviel sei gespoilert – arbeiten nicht auf einen großen, möglichst spektakulären Exorzismus hin. Stattdessen gehen sie einen intelligenteren Weg, der auf eine starke, psychologisch interessante Schlusspointe hinausläuft.

Das wird reizvoll verknüpft mit der in den 70ern und 80ern in den USA grassierenden „Satanic Panic“ – der damals aufkommenden Angst vor Kulten, Sekten und Serienkillern. Wie und vor allem warum, das gilt es für euch, herauszufinden. Der Weg dahin sollte jedem Fan intelligenter Horrorunterhaltung auch dank technisch perfekter Umsetzung und großartiger Schauspieler richtig gut munden.

8 von 10

Der Film startet am 30. Mai 2024 in den deutschen Kinos. Capelight Pictures bringt den Film uncut mit einer Freigabe ab 16.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Capelight Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, aktuell im Kino

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