Ein Mann erwacht und wird sofort panisch. Er rast im freien Fall auf die Erde zu. Kurz vor dem Aufprall öffnet sich ein Fallschirm. Der Mann kracht auf die Erde. Da rennen Menschen auf ihn zu und schreien ihn an, er solle laufen. Er setzt sich in Bewegung. Aus einer anderen Richtung kommen andere Menschen auf ihn und seine neuen Begleiter zu gerannt. Sie ballern auf etwas. Die Treffer lassen die Tarnung ihres Jägers kurz zusammenbrechen. Es ist ein Yautia.
Der Predator reißt mit einer gewaltigen Klinge einen Kerl aus dem Leben. Der Rest sucht sein Heil in der Flucht. Flott müssen die Flüchtenden bemerken, dass da noch mehr Predatoren Jagd auf sie machen und weitere Opfer fordern. Am Ende der Hatz finden sich acht Überlebende in einer Höhle ein und versuchen, herauszufinden, was hier vor sich geht. Bald geraten sie mit anderen Wesen aneinander. Ob die nun auch Jagd auf die Menschen machen oder selbst gejagt werden, wird schnell nebensächlich, denn die Predatoren ziehen die Schlinge immer enger.
Als die Lage besonders aussichtslos erscheint, taucht plötzlich Tetha am Ort des Geschehens auf. Die Heldin aus „Predator: Tag des Jägers“ ist noch immer auf ihrer alles verzehrenden Rachetour gegen die Yautia. Und sie reibt sich angesichts gleich mehrerer Predatoren in dem titelgebenden Reservat die Hände. Denn sie gedenkt die Örtlichkeit, die den Predatoren offensichtlich als eine Art Trainingsgelände gilt, zu einem Ort der letzten Ruhe für die grässlichen Jäger umzugestalten.
Der Comic zum Film „Predators“?
Mir ist leider unbekannt, ob Comic-Autor Ed Brisson ein großer Fan von Nimrod Antals Film „Predators“ ist oder ob er Antal gerne mal aufzeigen wollte, wie der seine Geschichte auch hätte aufziehen können. Fakt ist, die ersten zwei Hefte von „Predator: Das Reservat“ erinnern frappierend an den Film. Wir haben hier wie dort Menschen, die aus dem Himmel fallen und in einem Dschungelgebiet landen. Dieses entpuppt sich als Trainingsgelände der Yautias, in dem sie ihre Fähigkeiten im Kampf gegen die fiesesten Motherfucker aus dem ganzen Universum schulen.
Die Predatoren jagen mit „hundeartigen“ Wesen hinter den Menschen her. Die merken bald, dass hier nicht nur Menschen, sondern eben auch andere Species gejagt werden, sobald sie sich als würdig erweisen. Tetha übernimmt die Laurence-Fishburne-Rolle des Erklärbärs. Und die Truppe der Menschlein setzt sich aus Kampfmaschinen jedweder Ethnien zusammen.
Einen interessanten Unterschied gibt es zum Film: Die Menschen stammen aus verschiedenen Zeiten. Sprich, die Zeitpunkte, an denen sie von den Yautias entführt wurden, liegen teils Jahrzehnte auseinander. Infolgedessen wissen manche, was die Yautias sind, andere haben keine Ahnung, dass überhaupt Außerirdische existieren. Können die Yautias also auch durch die Zeit reisen? Leider wird dieser Fakt seltsam beiläufig vom Tisch gewischt und spielt auch nie wieder eine wirkliche Rolle.
Auch sonst erfahren die Predatoren leider keinerlei Vertiefung. Die fünfteilige, im Original „Predator: The Preserve“ genannte Comicreihe hat nichts wirklich Neues über die Lieblingsmonster der Actionfans zu berichten. Und auch zu Tetha fällt Autor Ed Brisson nichts mehr ein. „Predator: Das Reservat“ spielt offenkundig mehrere Jahre nach den Ereignissen des Vorgängerbandes. Tetha hat seitdem einen Begleiter aufgerissen, der ihr Raumschiff, die Sandpiper, technisch zusammenhält und es notdürftig flickt. Über diese Figur erfahren wir mehr Neues als über Tetha. Diese hat sich über die Jahre extrem aufgepumpt. Immerhin eine Entwicklung.
Die anderen von den Yautias gejagten Figuren sind dem Comic ebenfalls ziemlich egal. Es handelt sich rundweg um Opportunisten, die in erster Linie auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, was dann die letzten drei Hefte des Comics beherrscht. Diese spielen fast vollständig in der Sandpiper und präsentieren Menschen, die auf engstem Raum gegen die Predatoren antreten. Das ist alles arg oberflächlich und vorhersehbar in seinen Abläufen und hat keinerlei Überraschungen zu bieten, wird aber an einem flotten Tempo gereicht und kennt mit seinen Figuren keinerlei Gnade.
Entsprechend blutig geht es in dem Comic auch zu. Gliedmaßen werden abgehackt, es wird enthauptet, durchbohrt und zermantscht. Der rote Lebenssaft fließt reichlich. Interessant ist, dass die Predatoren diesmal rundweg auf ihre Laserwaffen verzichten. Es kommen dementsprechend ausschließlich Speere und andere scharfe Hieb- und Schlitzgeräte zum Einsatz.
Rund um die Kultjäger werden auch typische Motive bedient: Sie vergießen grünes Blut, sie sprengen sich gerne selbst in die Luft, ihre Masken sind individuell gestaltet, genauso ihre hässlichen Fratzen. Und wie gewohnt werden gerne Köpfe ab- beziehungsweise inklusive Wirbelsäule herausgerissen. Ihre typische Tarnvorrichtung wird ebenfalls mehrfach gut funktionierend visualisiert.
Das Artwork ging diesmal auf das Konto von Netho Diaz. Der geht ungleich detaillierter an seine Zeichnungen heran als Kev Walker beim Vorgänger. Vor allem die Dschungelszenerien bersten förmlich vor Einzelheiten. Besonders cool sehen die Panels aus, in denen es regnet. Mit Ankunft in der Sandpiper wird das Artwork ein wenig simpler, die bislang erdigen und mit vielen Grüntönen arbeitenden Farben von Erick Arciniega geraten kälter und sind gerne mal seitenlang monochromatisch gehalten. Ein Spaß sind die teils sehr detailreich gestalteten Todesszenen – sowohl der Predatoren als auch der Menschlein. Hier gibt es einige fiese Bilder aufs Auge.
„Predator: Das Reservat“ ist auf dem Niveau des Vorgängerbandes
„Predator: Tag des Jägers“ hat zwei große Vorteile gegenüber der hier besprochenen Nachfolgegeschichte: Ed Brisson war da noch an seiner Hauptfigur interessiert und das Setting eines Eisplaneten als Jagdrevier der Predatoren war einfach klasse. Dafür hatte die Vorgängergeschichte echte Tempoprobleme zu vermelden.
Im direkten Vergleich ist das altbekannte Dschungel-Setting von „Predator: Das Reservat“ einfach nur langweilig und der Autor scheint so gar kein Interesse an irgendeiner Figur zu haben. Äußerst interessant sind dafür die ersten beiden Hefte, die eine sehr actionfokussierte Zusammenfassung des Filmes „Predators“ mit kleinen, leider kaum weiter verfolgten Twists bieten. Auch sonst flutscht die Story von „Predator: Das Reservat“ geschmeidig und vor allem actionreich durch. Das Tempo lahmt in keinem Panel und das schöne Artwork holt ebenfalls so manche Kohle aus dem Feuer. Wägt man nun Vor- und Nachteile beider Comics ab, sind sie insgesamt auf dem gleichen Unterhaltungslevel zu verorten.
Informationen zur Veröffentlichung von „Predator: Das Reservat“
Die ursprünglich fünfteilige Comic-Reihe wurde in Deutschland von Panini Comics adäquat eingedeutscht und in einem Sammelband zusammengeführt. Hier finden sich neben Informationen zum Autor und den Zeichenkünstlern auch Variant-Cover der US-Hefte.
Predator: Das Reservat
Originaltitel: Predator: The Preserve
Von Ed Brisson (Autor), Netho Diaz (Zeichnungen) und Erick Arciniega (Farben)
Taschenbuch: 132 Seiten, Deutsch
Verlag: Panini Verlags GmbH
Auflage: 1. Edition (16. April 2024)
ISBN-13: 978-3741638213
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