Originaltitel: Knight Moves__Herstellungsland: USA/Kanada/Deutschland__Erscheinungsjahr: 1992__Regie: Carl Schenkel__Darsteller: Christopher Lambert, Diane Lane, Tom Skerritt, Daniel Baldwin, Charles Bailey-Gates, Ferdy Mayne, Arthur Brauss, Blu Mankuma, Alex Diakun, Katharine Isabelle, Sam Malkin, Codie Lucas Wilbee, Joshua Murray, Frank C. Turner u.a. |

In „Knight Moves“ gerät Schachgroßmeister Christopher Lambert in das Visier eines Serienkillers
Nach dem viel beachteten „Abwärts“ schaffte dem deutschen Regisseur Carl Schenkel den Sprung über den großen Teich, wo er jedoch selten im Kino und dann auch nicht mit üppig budgetierten Genrearbeiten reüssieren durfte. Mit „Knight Moves“ gelang ihm dabei sein größter kommerzieller Erfolg.
Der Anfang ist in stilvollem Schwarzweiß gehalten und markiert dessen Rückblendencharakter. Zwei Jungen liefern sich ein Profiduell im Schach, der eine Knabe muss sich geschlagen geben, reagiert aber reichlich unsportlich, indem er dem Gewinner in die Hand sticht. Das hat Folgen, der Vater zieht wütend von dannen, weil er eine Säuferin als Frau und einen Psycho als Sohn hat, wie er selbst sagt. Kurz darauf findet Junior die Mutter mit aufgeschnittenen Pulsadern im Bett, doch setzt sich danach in die Küche, um bei Milch und Keksen seine Schachkünste zu üben. Ein Verweis auf den Stellenwert des Spiels unter seinen Anhängern – und natürlich auch schon ein Verweis darauf, wer hier wohl warum das Morden beginnt, immerhin ist man ja im Serienkillergenre.
Ein Zeitsprung von 20 Jahren, in die Gegenwart von 1992. Peter Sanderson (Christopher Lambert) ist Großmeister im Spiel der Könige, einer der jüngsten seines Fachs, und Teilnehmer eines wichtigen Turniers. Nach dem Unfalltod seiner Frau hatte er sich kurzzeitig zurückgezogen, auch um sich um seine Tochter Erica (Katherine Isabelle) zu kümmern. Doch jetzt ist der Witwer wieder am Start und gleichzeitig ein Frauenmagnet, was ihm zum Verhängnis wird, als seine letzte Affäre ermordet aufgefunden wird. Ursprünglich lügt er die Polizei über das Verhältnis an, den Grund kann Drehbuchautor Brad Mirman nicht so richtig deutlich machen – vielleicht weil sie für das Turnier arbeitet, an dem Peter teilnimmt, aber so wirklich erläutert wird es nicht. Mirman verfasste später den merklich besseren Christopher-Lambert-Serienkillerthriller „Resurrection – Die Auferstehung“, allerdings auch die Lambert-Murksfilme „Highlander III“, „The Piano Player“ und „Absolon“.
Durch seine Lüge landet Peter natürlich ganz oben auf der Shitlist der ermittelnden Polizisten Frank Sedman (Tom Skerritt) und Andy Wagner (Daniel Baldwin), doch dann ruft der Täter an. Er will ein Spiel mit Peter spielen, ihm jeden Abend einen Hinweis geben und jeden Abend eine weitere Frau töten, wenn man ihn nicht aufspürt…
Schaut euch den Trailer zu „Knight Moves“ an
Die 1990er erlebten den großen Boom der Serienkillerthriller, angetrieben durch den Erfolg von Werken wie „Das Schweigen der Lämmer“, „Basic Instinct“ und „Sieben“. „Knight Moves“ fügt sich da als mittelbekannter, mittelerfolgreicher und mittelgut gelittener Beitrag zum Genre in die Welle ein, der verschiedene Standards bedient. Der Psycho, der reihenweise Frauen ermordet, der in seiner eigenen Großmannssucht Hinweise an die Ermittler verteilt und der natürlich einen schweren Knacks hat. Hier spielt die Polizei mal nur die zweite Geige, stattdessen geht es um den Normalo, der ins Visier des Killers gerät, wobei natürlich offensichtlich scheint, dass da jemand noch eine persönliche Rechnung zu begleichen hat – in Verbindung mit der Auftaktszene ist es dann gar nicht mal so schwer zu erraten welche. Allerdings tritt wenig Personal an Verdächtigen auf, sodass es dann wohl nur eine jener Nebenfiguren sein kann, die zwar immer mal wieder auftauchen, aber doch nur eine (vermeintliche) Randerscheinung sind. So fällt das große Rätselraten schon mal etwas unbefriedigend aus, da es wenig konkrete Anlässe zum Verdacht gibt und der offensichtliche mögliche Täter, der einem nach zwei Drittel präsentiert wird, es ja nach alter Thrillerlogik genau deshalb nicht sein kann.
Eine weitere Option, die „Knight Moves“ ins Spiel bringt, ist natürlich Peter als eigentlicher Täter. Doch so wirklich will man dem Film da nicht auf den Leim gehen. Zum einen ist ja die Tatsache, dass Peter Abend für Abend in Anwesenheit der Polizei mit dem Mörder telefonieren muss, schon ein deutliches Anzeichen für seine Unschuld, auch die Möglichkeit eines Komplizen scheint nie glaubhaft. Da wundert man sich manchmal schon, warum die Polizisten trotzdem immer wieder auf Peter kommen und warum sich Wagner wie die Axt im Walde aufführt, wenn er den Schachgroßmeister ein fürs andere Mal rüde des Mordes bezichtigt. Dann ist da noch Jungpsychologin Kathy Sheppard (Diane Lane), die man auf Peter ansetzt und die ihm prompt verfällt. Das sorgt für etwas Lakenakrobatik zwischen den damaligen Eheleuten Lambert und Lane, trägt aber nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit des Films bei, wenn Kathy einerseits ganz schnell ihre Professionalität fallen lässt, dann andrerseits doch immer wieder Verdachtsmomente gegenüber ihrem Bettgefährten hat. Das war wohl auf dem Papier spannender und abgründiger als es im fertigen Film rüberkommt.
Dass man sich Peter zumindest hin und wieder als Killer vorstellen kann, liegt an der Darstellung von Christopher Lambert („Tashunga“). Er legt den Schachgroßmeister als unterkühlten, unnahbaren und bisweilen auch arroganten Protagonisten an, nicht als strahlenden Helden. Bisweilen ist sein Peter Sanderson sogar regelrecht unsympathisch, etwa wenn er dem Killer das Gespräch verweigert, um ihn aus dem Konzept zu bringen. Das mag diesen dazu bringen ungewollt etwas zu verraten, bedeutet aber auch das Todesurteil für die nächste junge Frau. Ansonsten gibt es da noch einen gut aufgelegten Tom Skerritt („Texas Rangers“) als knarzigen Oberbullen, eine solide agierende Diane Lane („Rumble Fish“), die manchmal gegen die Anlage ihrer Figur ankämpfen muss, und Daniel Baldwin („John Carpenters Vampire“) im etwas overactenden Rumpelstilzchen-Modus. Kleinere Akzente setzt Altstar Ferdy Mayne („Warlock – The Armageddon“) als Peters Mentor.
Im Gegensatz zu anderen Vertretern des Serienkillerfilms ist „Knight Moves“ eher zurückhaltend, zeigt bei den Morden meist nur das Stalking des Opfers oder das Ergebnis der Tat. Die Stimmung ist trotzdem angemessen düster und morbide, was vor allem an Schenkels Inszenierung liegt. „Knight Moves“ ist unterkühlt, stilvoll und in sich ruhend wie seine Hauptfigur, wofür Schenkel und Kameramann Dietrich Lohmann („Color of Night“) schicke Bilder finden. Detailreich arrangierte Leichenfundorte, elegante Luxushotels, die Location des Schachturniers – das alles hat einen leicht gelackten Designercharme. Dass besagtes Luxushotel einen Keller hat, in dem sich Wasserpumpen befinden, hat vor allem Drehbuchgründe, die eine spätere Wendung möglich machen, passen aber ebenfalls in das visuelle Design des Films: Unter der schnieken Oberfläche des Films, seiner Figuren und eben auch dieses Hotels rumort es teilweise, und wenn es nur das gepumpte Wasser ist.
Zudem ist „Knight Moves“ nicht nur hübsch anzusehen, sondern trotz seiner gelegentlichen Ungereimtheiten recht kurzweilig geraten. Regelmäßig gibt es Leichenfunde, Anrufe des Killers und Ermittlungen, wenn Peter, Kathy und die Polente kleinen Details aus den Rätseln des Mörders nachgehen. Das Tempo ist angenehm hoch, die Schachwelt eine interessante Kulisse, versuchen sich Mörder und Jäger im Serienkillerfilm doch stets einander auszustechen wie bei einem Schachspiel. Hier wird diese Metapher offen zur Filmhandlung, was der Killer auch ausspricht. Manchmal hakt das Ganze, etwa die Gleichsetzung seiner Anrufe mit Zügen im Schach, aber es ist der Unique Selling Point von „Knight Moves“ unter den zahllosen Serienmordfilmen der 1990er.
So machen Setting, Inszenierung und die Performance von Christopher Lambert dann auch manche Ungereimtheit und Unglaubwürdigkeit im Drehbuch wett, gerade was das Verhalten mancher Figuren angeht. Dass „Knight Moves“ trotz seines Tempos und seines Stils dann doch nicht mehr als ein ganz solider Vertreter seines Genres ist, liegt sicherlich an der etwas unbefriedigenden Suche nach dem Mordbuben: Die Motivation ist zwar offensichtlich, die Identität bei der Erstsichtung des Films aber kaum zu erraten – das hatten andere, ähnlich gelagerte Genrevertreter teilweise besser gelöst.
„Knight Moves“ war in Deutschland stets ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben, lange Zeit aber nur als DVD ohne O-Ton erhältlich. Die DVD-Neuauflage von VCL/Warner bot den Film mit O-Ton und als Bonusmaterial Biographien, eine spätere Blu-Ray von Koch Media hatten Interviews mit Cast & Crew, eine Bildgalerie, ein Behind the Scenes und Trailer an Bord.
© Nils Bothmann (McClane)
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