Originaltitel: Nightbird__Herstellungsland: Philippinen__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Lawrence Fajardo__Darsteller: Christine Bermas, Mark Anthony Fernandez, Sid Lucero, Arron Villaflor, Felix Roco, Ali Khatibi, Lander Vera-Perez, Yayo Aguila, Alexa Ocampo, Chloe Jenna, Neil Tolentino u.a. |
Rachel ist stolze Filipina und studiert in ihrer Heimat Anthropologie. Um ihren Master zu machen, plant sie einen zweijährigen Aufenthalt in Australien. Da ihre Abreise kurz bevorsteht, verdonnern sie ihre Freundinnen Hannah und Sydney zu einem letzten Party-Abend. Widerwillig stimmt Rachel zu.
Auf der Party macht Hannah ihre beiden Freundinnen mit drei Kerlen aus Manila bekannt. Gemeinsam machen die Party-People ordentlich einen drauf. Als es in der Location zu einem Zwischenfall kommt, beschließen Rachel und Co. zu einem Freund der drei Männer zu fahren. Der lebt in einem gewaltigen Anwesen, wo die Männer immer zudringlicher werden.
Der Alkohol fließt in rauen Mengen und auch Drogen kommen ins Spiel. Während der Sex zwischen Hannah und ihrem Kurzzeit-Bekannten noch einvernehmlich erfolgt, werden Rachel und Sydney überwältigt und brutal vergewaltigt. Die Situation eskaliert bald tödlich…
Rape ‘n’ Revenge von den Philippinen
Der Rape-and-Revenge-Film ist der kleine räudige Bruder des Rachefilmes, in dem es zumeist wenig feinfühlig zugeht. Anspruchsvolle Streifen wie „Nightingale – Schrei nach Rache“ sind eher die Ausnahme. Symptomatischer sind sleazige Streifen wie „Hidden in the Woods“. „Nightbird“ ist definitiv einer der räudigeren Vertreter, wurde er von den philippinischen Machern doch sehr exploitativ angelegt. Selbst wenn man beim Einlegen des Filmes nicht wüsste, dass er zum Subgenre des „Rape ‘n’ Revenge“-Filmes gehört, man wüsste aufgrund der heraufbeschworenen Atmosphäre, dem Verhalten der Kerle im Film und dem Handlungsverlauf ziemlich schnell, dass dieser Film kein gutes Ende nehmen wird.
Hier punktet „Nightbird“ definitiv. Gibt sich unbequem, schwer anschaubar und düster in der Tonalität. Auch weil die Klischees vom Mann als Superschwein gekonnt bedient werden. Doch mit zunehmender Laufzeit wird deutlich, dass es bei dem Streifen dramaturgisch hakt. Früh wird etwa angedeutet, dass die Männer gewillt wären, ihre Party-Bekanntschaften unter Drogen zu setzen. Einer fingert sogar mal eben eine der Damen. Viel wird weggewischt mit dem nächsten Drink und einem doofen Spruch. Die allgemeine Party-Stimmung scheint manchen Fehltritt zu entschuldigen. Doch „Nightbird“ macht lange nichts aus diesem Spannung aufbauenden Einstieg.
Vor allem die gefühlt immer länger werdenden Party-Szenen in der frequentierten Disco strecken den Film enorm. Der Schauplatzwechsel inklusive Einführung einer neuen Figur plus Trinkgelage im neuen Setting nehmen weitere Zeit von der Uhr. Wobei das Drehbuch im eigentlichen Sinne nichts mehr erzählt. Die Kerle werden einfach nur zu formvollendeten Drecksäcken und die Frauen ignorieren etwas zu vehement die Alarmsignale.
Erst nach 60 Minuten startet der knapp 100-minütige Film durch. Walzt die Vergewaltigungen der Frauen extrem aus und mutet einer der Damen sogar eine Mehrfachvergewaltigung zu. Für Zuschauer, die derartige Misshandlungen als Handlungsvortrieb nicht ertragen können, kommt es hier knüppelhart. Zumal sowohl die Darsteller der Täter als auch der Opfer die Situation sehr eindringlich rüberbringen.
Dann eskaliert der Film völlig. Es gibt Todesopfer. Eine weitere Figur taucht am Handlungsort auf. Wie sie mit den anderen Kerlen verbandelt ist, man weiß es nicht. Dafür weiß man, dass sie eigentlich eng mit einer der Frauen verbunden ist. Der Film muss sich nun die Frage gefallen lassen, wie die Motive seiner Schwanzträger aussehen. Beantworten will Regisseur Lawrence Fajardo dies nicht. Klischees über den Drecksack Mann müssen reichen. Das passt zum räudigen Ton des Filmes, ist aber auch arg simpel.
„Nightbird“ läuft nun massiv die Zeit davon. Als Zuschauer rutscht man nervös auf dem Sofa herum, denn man will ja nun sehen, wie die Lumpen ihre gerechte Strafe bekommen. Hier zeigt sich, dass der Rape-Teil und Teile der „Vorarbeit“ ihre Wirkung nicht verfehlen, denn obschon man nicht viel über die Figuren erfährt, ist man im Martyrium der Opfer durchaus drin und wünscht ihnen Genugtuung.
Aber es kommt beinahe wie befürchtet: Der Revenge-Teil haut nicht rein. Mühelos wird der Großteil der Vergewaltiger beinahe beiläufig auf einen Schlag abserviert. Einer darf zumindest einen Martial-Arts-Fight abliefern und findet sich daraufhin in misslicher Lage wieder. Doch selbst hier legt „Nightbird“ nicht richtig los. Es wird nicht gequält, es wird nicht mit gleicher Münze zurückgezahlt. Der brutalste Kill – glaubt es, oder glaubt es nicht – steigt inmitten des Abspannes. Und selbst hier üben die Macher seltsame Zurückhaltung. Man hört mehr, als man sieht. Der pure Antiklimax angesichts des üblen Treibens zuvor. Der einen doch arg unbefriedigt aus dem Film schmeißt.
In technischer Hinsicht kann man dem Film kaum Vorhaltungen machen. Vor allem mit der Ankunft in dem großen Anwesen des Freundes der Männer aus Manila groovt sich die Düsteroptik vollends ein. Da der Film komplett in einer Nacht spielt, wird es hier nie hell. Der Film ist also nicht nur thematisch finster, sondern gibt sich auch sonst dunkel. Was wiederum gut zur beschworenen Atmosphäre passt.
Darstellerisch liefern vor allem die Männer im Cast verdammt gut ab. Man hasst ihre Figuren wirklich mit Inbrunst. Bei der Damenriege wird es etwas schwieriger. Vor allem die Hannah-Darstellerin Chloe Jenna spielt richtig mies. Wohingegen Christine Bermas als Rachel toll spielt und ihre feministisch angehauchte Weltverbesserin mit viel Power auflädt. Die wenig gelungene deutsche Synchronisation wertet die darstellerischen Leistungen in der deutschen Fassung leider deutlich ab.
„Nightbird“ gibt sich wenig zimperlich
Auch wenn der Revenge-Part nicht richtig funktioniert und viel zu wenig ausgekostet wird, ist „Nightbird“ definitiv nichts für Zartbesaitete. Der Mensch – und dabei vor allem die männliche Hälfte – wird hier (gar nicht mal so überzeichnet wirkend) von seiner düstersten Seite gezeigt, Missbrauch wird breit zelebriert und der Film suhlt sich in Stimmung und Atmosphäre teils richtiggehend in seinem exploitativen Ansatz.
Das zieht nach einem zu langen, durchaus repetitiven Anlauf auch dank ordentlicher Darsteller in die Geschehnisse hinein und lässt einen mit den Figuren mitfiebern. Doch irgendwie verpufft am Ende alles in einem seltsam antiklimaktischen Finish, das so auch gar nicht zur Grundausrichtung des Filmes (und schon gar nicht zu dem seltsamen Cover-Artwork) passt. Fans des Subgenres können aber trotzdem mal einen Blick riskieren.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 18. Juli 2024 von der Busch Media Group. Da dem Film allzu derbe Schauwerte fehlen, schaffte er es ungeschnitten und mit einer Freigabe ab 18 durch die FSK. Streamen kann man den Film auch.
In diesem Sinne:
freeman
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