Originaltitel: A Viking Saga: The Darkest Day__Herstellungsland: Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Chris Crow__Darsteller: Mark Lewis Jones, Michael Jibson, Marc Pickering, Gary Mavers, Elen Rhys, Joshua Richards, Christopher Godwin, Sarah Parks, Paul Jibson, Huw Garmon u.a. |
793 AD. Wikinger greifen ein Kloster an und zerstören es vollkommen. Nur der Mönch Hereward und sein Meister können dem Massaker entkommen. Mit sich führen sie die „Evangelien von Lindisfarne“, ein Buch mit den Lehren, nach denen die Mönche gelebt haben. Doch auf genau dieses Buch haben es die Wikinger abgesehen, denn, so hoffen sie, wenn sie den Gott der Engländer mit dem Buch kontrollieren können, können sie ganz England kontrollieren. Gejagt von den Nordmännern bahnen sich die beiden Mönche ihren Weg durch ein düsteres Land voller Pest, Hungersnot, Hexerei und Mord und Totschlag. Nur ein geheimnisvoller Krieger namens Aethelwulf hilft ihnen…
„Das Blut der Wikinger“ alias „A Viking Saga: The Darkest Day“ geht zurück auf uralte englische Erzählungen, ohne sich auf eine ganz spezielle zu konzentrieren. Fakt ist nur, dass Namen wie Aethelwulf oder Hereward (the Wake) englische Heldenfiguren sind, die vor allem eines eint: Der Kampf gegen die immer wieder ins Land einfallenden Nordmänner. Da beide Helden um 793 allerdings noch gar nicht geboren waren, sollte man „Das Blut der Wikinger“ wohl eher als eine Art Destillat aus verschiedenen Heldengeschichten begreifen. Der Film indes funktioniert zum Glück auch ohne verbriefte Vorbilder ziemlich gut!
httpv://www.youtube.com/watch?v=oJIpr_SVv80
Dabei erinnert die Geschichte frappierend an den dystopischen „Book of Eli“ mit Denzel Washington! Hier wie dort muss ein Buch, welches die Grundlage eines Glaubens darstellt, gerettet werden und hier wie dort sind Bösewichte hinter dem Buch her, um mit dessen Hilfe allumfassende Macht zu erreichen. Auch so manche Figurenkonstellation ist sehr ähnlich: Etwa das Team Up aus fähigem Krieger und einem jungen Menschen, der die Kraft des Glaubens erst noch vollends erkennen muss. Die größten Unterschiede bestehen in der Art und Weise, wie der Film letztendlich umgesetzt wurde. Wo „Book of Eli“ auf groß skalierte Actionszenarios und flottes Tempo setzte, fokussiert „Das Blut der Wikinger“ vollkommen auf eine zum Schneiden dichte Atmosphäre und eine realistische Umsetzung der damaligen Verhältnisse in England.
In seinen besten Momenten ist „Das Blut der Wikinger“ ganz nah dran am letzten, viel diskutierten Wikingerepos: „Walhalla Rising“. Beide Filme eint eine Reise ins Herz der Dunkelheit. Momente des Wahnsinns, wie im Rausch inszeniert. Und durchaus eine Menge Tiefe unter der rauen Oberfläche. Was „Das Blut der Wikinger“ am deutlichsten von „Walhalla Rising“ abhebt, sind die deutlich zugänglicheren und sympathischeren Figuren. Hier setzt man zwar durchaus auf einige Klischees (der wuchtig große Krieger hier, das kleine zerbrechliche Mönchlein da), doch die durch die Bank stark aufspielenden Darsteller schaffen es trotzdem, sehr realistische und glaubwürdige Charaktere zu entwerfen. Zwar geht gegen Ende die Wandlung vom unbedarften Mönch zum brutalen Krieger etwas zu schnell, die Bindung zu der Hauptfigur verliert man aber dennoch nie.
Und auch die Wikinger wissen zu gefallen, da sie nicht durchweg in Schwarz-Weiß Malerei erstarren. Sie sind groß, sie rauben und morden, doch sie werden von – wie ich finde – erstaunlichen Motiven getrieben (Ausgerechnet ein Vielgöttervolk fürchtet die Macht eines einzelnen Gottes), sind teilweise kriegsmüde, durchaus auch ambivalent gezeichnet und haben den Hörnerhelm daheim gelassen. In die Dynamik der männliche Heldenparty kommt mit einer Frau eines Piktenstammes durchaus noch ein wenig mehr Bewegung, zumal sie der Grund dafür ist, dass der Mönch seine Glaubenshaltung und deren Korrektheit sowie den Sinn von Religionen deutlich hinterfragt.
In optischer Hinsicht fällt vor allem eines sofort auf: Die vollkommene Abwesenheit von Farben (auch die Sonne darf scheinbar nicht einmal ihre Strahlen gen Filmboden schicken!). „Das Blut der Wikinger“ ist in der Folge durchweg monochrom erdfarben, trist, rau, roh und so düster gehalten, wie es die angesprochenen Thematiken einfordern. Es wird rundweg auf inszenatorische Mätzchen verzichtet. Kein CGI Shot trübt das Sehvergnügen oder reißt aus der präsentierten düsteren Mittelalterwelt heraus und die präsentierten, kargen, zerklüfteten, fast schon lebensfeindlich wirkenden Schauplätze lassen keinerlei Urlaubsfeeling aufkommen. Man spürt förmlich, wie einem das nasskalte Wetter in die Knochen kriecht.
Einzig in der spärlich aufkommenden, dann aber extrem zupackenden und naturalistisch inszenierten Action geht die Schnittfrequenz spürbar nach oben und katapultiert einen die Kameraführung mitten in die Schlagabtausche. Die Tatsache, dass hier insgesamt vier Helden auf fünf Wikinger treffen, sollte eindeutig klar stellen, dass man sich keine großen Schlachtengemälde erwarten darf und es eher um intime, brutale Duelle geht.
„Das Blut der Wikinger“ verlegt das „Book of Eli“ Szenario ins Mittelalter, geht seine Geschichte aber wesentlich gemächlicher und langsamer an. Dies ist insofern wichtig, da diese Herangehensweise für eine dichte, rohe, brutale, grimmige und düster bedrohliche Atmosphäre sorgt, die wie nebenbei für Spannung sorgt. Die Figuren überzeugen und die tollen Darsteller füllen sie gekonnt mit Leben. Das teils offensive Hinterfragen von Religionen (Kann man Religionen wirklich über das wohl von Menschen stellen?) verleiht den Film durchaus auch Tiefgang und wahnsinnige Momente um Halluzination und Mord und Totschlag hämmern sich nachhaltig ins Bewusstsein. Die handwerklich saubere Inszenierung und der atmosphärisch absolut stimmige Score machen „Das Blut der Wikinger“ zu einem toughen Abenteuer, das allerdings dem meditativen „Walhalla Rising“ um einiges näher ist als großen Wikinger-Epen…
Die deutsche DVD/Blu-ray kommt von Tiberius Film/Sunfilm und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Top Bild- und Tonqualität und ein langes, leider eher an eine B-Roll erinnerndes Making-Of runden die Scheiben ab.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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