Mit seiner Satire „The Palace“ nimmt Roman Polanski die Superreichen aufs Korn. Mehrere Vertreter dieser Spezies wollen im titelgebenden Hotel in der Schweiz die Silvesterfeier von 1999 auf 2000 begehen und müssen von Hotelmanager Oliver Masucci bei Laune und im Zaum gehalten werden. Die Gästeschar ist unter anderem mit Mickey Rourke, John Cleese und Fanny Ardant besetzt.
Originaltitel: The Palace__Herstellungsland: Schweiz/Polen/Italien__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Roman Polanski__Darsteller: Oliver Masucci, Mickey Rourke, Joaquim de Almeida, John Cleese, Bronwyn James, Fanny Ardant, Milan Peschel, Luca Barbareschi, Fortunato Cerlino, Luisiana Kornuta Steffen, Danny Exnar u.a. |
Regie und Drehbuch Roman Polanski („Rosemaries Baby“), außerdem Jerzy Skolimowski („Essential Killing“) am Drehbuch beteiligt, eine durchweg bekannte Besetzung – „The Palace“ hat durchweg große Namen zu bieten, musste aber wohl doch um seine Finanzierung kämpfen, wenn man sich das gefühlte Dutzend von Produktionsfirmen anschaut, deren Logos vor dem Film kommen.
Handlungsort ist das titelgebende, in seinen Außenszenen mit grauenhaftem Billig-CGI dargestellte Hotel in der Schweiz, Handlungszeitraum ist die Silvesternacht von 1999 auf 2000 sowie die Stunden davor. Im Palace-Hotel wollen die illustren und schwerreichen Gäste es zur Begrüßung des neuen Millenniums so richtig krachen lassen, weshalb Hotelmanager Hansueli Kopf (Oliver Masucci) alle Hände voll zu tun hat. Der muss nämlich den Laden zusammenhalten und den Marotten der Betuchten und Bekloppten gerecht werden, die sich natürlich an keinerlei Regeln halten. So verlangt der Geschäftsmann Bill Crush (Mickey Rourke) wie jedes Jahr um diese Zeit ein Zimmer im Hotel, hat aber nicht reserviert, was natürlich zum Problem in dem ausgebuchten Schuppen wird.
Bill soll nicht der einzige pflegeintensive Gast bleiben: Der steinalte britische Tycoon Arthur Dallas III. (John Cleese) ist mit seiner 70 Jahre jüngeren Frau da, um ihren ersten Hochzeitstag mit allen Schikanen (darunter ein lebender Pinguin) zu feiern, russische Gangstertypen tauchen als Partycrew auf, während die Marquise Constance Rose Marie de La Valle (Fanny Ardant) wegen der Verdauungsprobleme ihres Hündchens das ganze Hotel auf Trab hält…
Schaut euch den Trailer zu „The Palace“ an
Wer von Polanski eine schwarze Komödie mit der feinen Klinge erwartet, der guckt in die Röhre, denn der Altmeister und seine Co-Autoren packen hier die ganz grobe Keule aus, bei der kein Klischee zu abgeschmackt und abgegriffen ist. Dass Superreiche jedwede Bodenhaftung verloren haben und den Hals nicht vollkriegen, ist nun mal alles andere als ein origineller Ansatz, doch selbst dessen Umsetzung reiht Klischee an Klischee. Die meisten Frauen sind zu Tode operierte Schabracken, die den Schönheitschirurgen Dr. Lima (Joaquim de Almeida) nur so umlagern. Arthur ist ein Lustgreis mit weniger als halb so alter, aber mehr als doppelt so schwerer Gattin und einem Faible für Blowjobs. Bill ist ebenfalls ein Schönheits-OP-Opfer, himmelt nichts als Geld an und verleugnet seinen unehelichen Sohn. Die Marquise liebt ihr Hündchen mehr als Menschen, das nur auf Gras kacken darf und dessen Verdauungsprobleme ein Drama sondergleichen ist.
Noch dazu bleibt die Parade an Bematschten auch meist nur auf diese eine Eigenschaft reduziert, die als müder Running Gag wieder und wieder herausgekramt wird. Da sich „The Palace“ für die Momentaufnahme entscheidet, wird keiner der Subplots irgendwie entwickelt oder abgeschlossen. Und das wirkt sogar unbefriedigend, obwohl es sich bei der Belegschaft um Pappkameraden ohne echtes Profil handelt. Aber man würde dann doch gern erfahren, ob das Täuschungsmanöver, zu dem Arthurs Gattin an einem Punkt greifen muss, aufgeht, da es zumindest einen Fortgang der Geschichte simulieren würde, aber selbst die Illusion von Entwicklung versagt Polanski seinem Publikum.
Dass man Silvester 1999 als Ausschnitt für diese Vignette ausgewählt hat, hat wenig Bewandtnis. In erster Linie für den Plotpunkt, dass Bill einen Bankbetrug mit dem Reset der Computersysteme vorhat, wofür er den schüchternen Caspar Tell (Milan Peschel) als mehr oder weniger freiwilligen Kompagnon einspannt. Und für einen Gag ist es gut, wenn die Russen im Fernsehen die Ankündigung mitbekommen, dass Boris Jelzin sein Amt niederlegen und Wladimir Putin als neues Staatsoberhaupt ernennen wird, worauf sie darüber scherzen, wie lange der kommissarische Präsident wohl im Amt bleibt. Sonst sind Handlungsort und -zeit eigentlich so egal wie diverse Figuren, etwa der alternde Pornostar Bongo (Luca Barbareschi), der nur dazu da ist, damit diverse Charaktere hin und wieder Titel von den Pornoparodien in den Raum zu werfen, in denen er mitgespielt hat.
Dass auch mittlerweile im angeblich so gehobenen Kino gerne mal mit Körperflüssigkeiten rumgesaut wird, ist ja seit „Triangle of Sadness“, „Babylon“ und Co. wohl ein Trend, also gibt es auch bei „The Palace“ Witze über Hundekacke, Sexunfälle und ähnlichen Pennälerhumor. Allerdings ist der hier nicht satirisch oder spitz, sondern einfach nur flach, sodass „The Palace“ als Satire einfach nur die dumpfesten Klischees auspackt und als Komödie die weite Zeit über reichlich unlustig ist, denn auch mit der Originalität und dem Timing der Gags ist es nicht weit her. Es gibt ein paar gelungene Momente, etwa die Szene, in der ein mit Hundescheiße besudeltes Laken staatsmännisch durchs Hotel getragen wird und die Inszenierung diese unterstreicht, eine Anspielung auf Polanskis „Chinatown“ oder der Gesichtsausdruck von Arthur in einer bestimmten Szene.
Das ist allerdings auch das einzig Positive, das man zur Rolle von John Cleese („Die Welt ist nicht genug“) vermerken kann, denn ansonsten muss man sich für seinen entwürdigenden Part als alternder Lustgreis eher schämen. Auch sonst gibt es Licht und Schatten. Oliver Masucci („Day Shift“) als Ruhepol inmitten des Chaos ist ganz große Klasse, Mickey Rourke („Rumble Fish“) macht Laune, auch wenn er als männliches Schönheits-OP-Opfer mit Asitoaster-Bräune schon mal äußerliche Vorteile für seine Rolle als alternder Windhund hat. Fanny Ardant („Elizabeth“) ist noch ganz lustig als hysterische Marquise, Joaquim de Almeida („Road House“) ist anwesend, aber mehr auch nicht. Milan Peschel („Der Hauptmann“) liefert nur Standard als Kleinbürger, welcher der Verlockung von Geld und Einfluss erliegt, Bronwyn James („Lockwood & Co.“) kaspert ähnlich peinlich wie ihr Filmehemann John Cleese herum.
So gibt es immerhin zwei, drei gute Gags, einen tollen Oliver Masucci und einige gute Nebendarsteller in „The Palace“, ansonsten ist Roman Polanskis grobstollige Holzhammersatire jedoch ein reichlich missratenes Alterswerk. Das Comedy-Timing ist meist Murks, die Satire eine Aneinanderreihung der offensichtlichsten und billigsten Pointen, während sich Teile der Belegschaft so zum Affen machen, dass es weniger die Lachmuskeln reizt, sondern eher Mitleid erregt. Kein Wunder, dass die Finanzierung für dieses schwache Filmchen gar nicht so einfach war.
Leonine/Weltkino hat „The Palace” in Deutschland auf DVD herausgebracht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Als Bonusmaterial gibt es Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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