Nicht nur in den USA müssen sich partywütige Teenager vor rachsüchtigen Schlitzern fürchten. In dem irischen Slasher-Funsplatter-Mix „Stitches“ kehrt ein verunfallter Partyclown aus dem Jenseits zurück, um Vergeltung an den Teenagern zu üben, die seinen Tod vor Jahren verschuldet haben, wobei er wenig zimperlich, aber reichlich schwarzhumorig vorgeht.
Originaltitel: Stitches__Herstellungsland: Irland__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Conor McMahon__Darsteller: Ross Noble, Tommy Knight, Gemma-Leah Devereux, Eoghan McQuinn, Shane Murray-Corcoran, Thommas Kane-Byrne, Roisin Barron, Hugh Mulhern, Tommy Cullen, Lorna Dempsey, Jemma Curran, Ryan Burke, Valerie Spelman u.a. |
Spätestens seit Stephen Kings „Es“ ist der mörderische Clown eine Figur, die immer mal wieder die Horror-Landschaft unsicher macht, sogar unabhängig von den Verfilmungen des King-Romans. So gingen noch vor der „Es“-Neuauflage von 2017 unter anderem das Body-Horror-Drama „Clown“, der Brutalo-Slasher „Terrifier“ oder die irische Funsplatter-Schlitzervariante „Stitches“ an den Start.
Party-Clown Stitches (Ross Noble) gehört nicht unbedingt zu den engagiertesten Vertretern seiner Art. Nach einem Quickie mit seinem Liebchen brettert er zum Auftritt auf einem Kindergeburtstag, überfährt diverse Gäste bei seiner Ankunft beinahe und spult sein Programm eher mürrisch ab. Die Kiddies sind aber auch ein schwieriges Publikum, die den Clown beleidigen und ihm Streiche spielen, was mit dem Unfalltod von Stitches endet, womit der schwarzhumorige Ton direkt gesetzt wäre. Wenn die Clown-Gemeinschaft als eine Art Untergrund-Organisation dargestellt wird, die ein Ei mit Stitches‘ Gesicht in einer Krypta feierlich aufstellt, dann kann man wesentliche Plotpunkte schon vorausahnen, aber „Stitches“ geht auch gleich flott weiter im Text.
Sechs Jahre später ist Tom (Tommy Knight), das Geburtstagskind von damals, zu einem Teenager herangereift, der immer noch Angstzustände wegen der Vorfälle hat und dementsprechend schüchtern ist. Seine Gäste von damals gehen weiterhin mit ihm zur Schule, darunter seine drei engsten Freunde: Sein dauergeiler bester Kumpel Richie (Eoghan McQuinn), der dickliche, anscheinend homosexuelle Bulger (Thommas Kane Byrne) und der Stoner-Fotograph Vinny (Shane Murray-Corcoran). Dann ist da noch sein Schwarm seit Kindertagen, Kate (Gemma-Leah Devereux), die allerdings gerade einen Musiker datet. Weniger gern gesehen sind dagegen Paul (Hugh Mulhern) und Sarah (Roisin Barron), die sich zum Bully-Paar gemausert haben, das Tom gegenüber regelmäßig handgreiflich wird. Damit wäre also das Figureninventar zusammen, fehlt nur noch der Anlass für das Gemorde.
Der kommt, als Tom auf Veranlassung seiner Freunde eine Geburtstagsparty bei sich schmeißt, als er sturmfreie Bude hat. Dank Richie kommt gleich quasi die gesamte Teenagerpopulation des kleinen Örtchens. Allerdings erweckt die Feier auch Stitches wieder zum Leben, der nun seinen Auftritt von damals zu Ende bringen will, indem er gleich alle Schuldigen an seinem Tod abserviert…
Schaut euch den Trailer zu „Stitches“ an
Um es von Anfang an zu sagen: Originalitätspreise gewinnt „Stitches“ nicht unbedingt, baut er doch auf diversen Grundversatzstücken des Genres auf. Der unglücklich verliebte Schüchterling als Held, der Rächer aus dem Jenseits als Antagonist, die große Party als Spielwiese für das zu erwartende Schlachtfest – das ist alles sattsam bekannt. Dass das Ei mit Stitches‘ Konterfei der Schlüssel zum Sieg ist, ist ebenso klar wie die Option für eine Fortsetzung. Auch bei den Überlebenschancen ist das Überraschungspotential eher klein: Wer von den ehemaligen Kindergeburtstagsgästen wohl den nächsten Sonnenaufgang erlebt und wer das Lebenslicht ausgepustet bekommt, kann man sich schnell ausrechnen, auch die Reihenfolge der Opfer ist – mit einer Ausnahme – nach Wichtigkeit und Arschigkeit der jeweiligen Figuren gestaffelt. Irischen Lokalkolorit gibt es wenig – tatsächlich könnte die Story vom partywütigen Jungvolk und dem Killerclown auch genauso gut in den USA oder einem anderen Land spielen.
Doch Regisseur und Co-Autor Conor McMahon („Dead Meat“) versteht es aus dieser altbekannten Basis noch flotte Genreunterhaltung zu zaubern. Das Zehn-kleine-Jägermeister-Prinzip des Slasherfilms wird angereichert mit Creative Killing, das schon in den Bereich des Funsplatters geht. Stitches baut Ballontiere aus organischem Material, löffelt einen Schädel aus oder bläst mit einer Luftpumpe mal andere Dinge als nur Ballons auf. Das geizt nicht mit Kunstblut und schrägen, handgemachten Effekten, während Stitches in der Tradition von Freddy Krüger oft noch einen Oneliner ablässt. Auch sonst kommt der böse Humor nicht zu kurz, etwa wenn die Teenager-Partycrowd laut zu „I Just Died in Your Arms Tonight“ von Cutting Crew mitsingt, während in einer Parallelmontage genau dies einem Opfer von Stitches widerfährt. Einzig und allein der Mord an der Familienkatze sticht unschön heraus: Zwar sieht die Katze in der Szene angemessen fake aus, doch das Wie erinnert immer noch zu sehr an Szenen realer Grausamkeit gegen Tiere.
Dazu legt McMahon ein ordentliches Tempo vor, bringt seinen Film in unter 90 Minuten über die Bühne, sodass es auch nicht stört, dass die Opfer quasi von vornherein feststehen (andere Partygäste greift der Clown nicht an) und der Bodycount nicht sehr hoch ist. Auch die Teenager-Figuren mögen zwar gewissen Archetypen entsprechen, sind aber mit genug Profil und sogar ein paar leisen Zwischentönen ausgestattet. So mag Sarah als aggressive Oberbitch zwar allgemein gefürchtet sein, doch es wird angedeutet, dass sie mit der daraus resultierenden Isolation innerhalb ihrer Klassenkameraden unzufrieden ist. Zudem umschifft „Stitches“ auch einige der allerbösesten Klischees: Toms Schwarm Kate ist weder Mauerblümchen noch Prom Queen, sondern das Girl Next Door, Richie mag fieberhaft auf sein erstes Mal hinarbeiten und ein Chaot sein, doch sein Herz hat er am rechten Fleck. Und wenn er die ehemals dicke, nun neu erblühte Mitschülerin Mary (Lorna Dempsey) anbaggert, dann muss er auch mit deren verheulten Erzählungen über das frühere Außenseiter-Dasein klarkommen. Zudem legt McMahon seinen Figuren ein paar flotte Sprüche, Wortwechsel und Beleidigungen wie z.B. „You’re easier to get into than community college“ in den Mund, die für Laune sorgen.
Die entsprechende Besetzung der Teenager ist sympathisch und alles andere als untalentiert, weshalb es verwundert, dass viele von ihnen nur wenige oder gar keine anderen Schauspiel-Credits als „Stitches“ haben. Immerhin Tommy Knight („The Sarah Jane Adventures“) und Gemma Leah-Devereux („The Tudors“), die hier wie die irische Zooey Deschanel rüberkommt, hatten davor und danach noch nennenswerte Schauspielkarrieren. Für die Rolle des titelgebenden Killerclowns wiederum gewann McMahon den Stand-Up-Comedian Ross Noble, der als Mordbube mit flotten Sprüchen und eigenwilligem Einsatz von Clowns-Utensilien (etwa die rote Spürnase) für ordentlich Stimmung sorgt.
Große Innovationen sollte man bei „Stitches“ nicht erwarten, aber Conor McMahon beweist, dass Bewährtes Spaß machen kann, wenn man es nur fetzig genug umsetzt: Titelfigur Stitches als Freddy-Krüger-Pendant sorgt für Spaß, die Mordszenen sind splattrig-pfiffig gemacht, die Charaktere sind etwas stereotyp ohne ins Klischee zu rutschen und das Tempo ist hoch.
Universal hat „Stitches“ in Deutschland auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt 18 Jahren freigegeben. Als Bonusmaterial gibt es ein Making Of und Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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