Mit der französischen Actionkomödie „The Last Mercenary“ nimmt Jean-Claude van Damme zum wiederholten Mal sein Image auf die Schippe. Als Ex-Geheimagent und jetziger Söldner im fortgeschrittenen Alter muss er nochmal ran, als sein unehelicher Sohn, der nichts von der Identität seines Vaters weiß, durch den Fehler eines Bürokraten auf der Abschussliste von Übelwichten landet.
Originaltitel: Le dernier mercenaire__Herstellungsland: Frankreich__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: David Charhon__Darsteller: Jean-Claude Van Damme, Alban Ivanov, Samir Decazza, Assa Sylla, Eric Judor, Miou-Miou, Patrick Timsit, Valérie Kaprisky, Michel Crémadès, Djimo, Nassim Lyes, Mike Gassaway, Rocco Narva, Aleksey Gorbunov, David Charhon u.a. |
Schon mit dem Buddy Cop Movie „Ein MordsTeam“ hatte David Charhon französische Action-Comedy mit einem klaren Blick auf US-Vorbilder inszeniert, in „The Last Mercenary“ nimmt er den Faden auf, in der Hauptrolle dann jener Belgier, der in den USA zum großen Actionstar wurde.
So wird der alternde Söldner Richard Brumére nicht nur von Jean-Claude van Damme („Darkness of Man“) gespielt, sondern hat auch das charakteristische Trademark seines Darstellers in parodistisch überzeichneter Form drauf: In der Auftaktsequenz hängt Brumére mit einem Spagat unter der Decke, ehe er sich auf ein paar Schergen stürzt, die ein Kidnapping-Opfer bewachen. Der frühere französische Eliteagent führt nämlich nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst ein wenig glamouröses Zweitleben als freischaffender Problemlöser. Wobei er in der Heimat zur Vermeidung einer Staatsaffäre den Dienst quittieren musste, was er sich immerhin mit einer lebenslangen monatlichen Zahlung an seinen unehelichen Sohn vergolden ließ.
Dabei handelt es sich um Archibald Al Mahmoud (Samir Decazza), der sich mit der monatlichen Transaktion ein bescheidenes, aber gemütliches Leben als Dauerstudent macht. Von der Knete kauft er Gras, aber nicht bei Dalila (Assa Sylla), der Schwester seines besten Kumpels Momo (Djimo), das wollen die Regeln der Freundschaft so. Dummerweise wird ein schleimiger Diplomat angeblich gleichen Namens nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei gestellt, woraufhin der Name auf dem Radar des Paragraphenreiters Alexandre Lazare (Alban Ivanov) im Ministerium landet – der daraufhin die Zahlung einstellen lässt. Damit ist der Clash zweier Welten programmiert, aus deren Reibung die Comedy entstehen soll: Auf der einen Seite die Welt der Geheimdienste, auf die anderen Seite das Slackerleben von Archi.
So stehen schon bald bewaffnete Männer von Archis Tür, die seiner habhaft werden können – der weiß nichts von der Identität seines Vaters und glaubt noch es ginge um Drogen, als er flüchtet. Brumére kriegt Wind von der Sache und muss aktiv werden, um den Sohnemann zu retten und eine Verschwörung auffliegen zu lassen…
Schaut euch den Trailer zu „The Last Mercenary“ an
Dass van Damme zur Selbstironie fähig ist, bewies er über die Jahre immer wieder, sei es mit seinem Cameo in „Narco“, der Meta-Dramedy „JCVD“ oder der Meta-Agenten-Comedy-Serie „Jean-Claude van Johnson“. Insofern beackert „The Last Mercenary“ kein taufrisches Terrain mehr, ist aber auf den Star und seine Glanzzeiten zugeschnitten. In einer Rückblende trägt Brumére – Codename: der Nebel – eine „Harte Ziele“-artige Haarmatte, im Spielkeller des Schurken und verwöhnten Diplomaten Simyon Novak (Nassim Lyes) hängt neben diversen anderen Eighties-Referenzen auch ein „Bloodsport“-Poster. Ansonsten zollt die Man Cave des arroganten Schmierlappens unter anderem „Terminator“, „WarGames“, „Rambo II“ und „Karate Kid“ Tribut, das größte Faible hat der Sausack allerdings für Brian de Palmas „Scarface“. Vom Anzug über sein Auftreten und manche Location bis zu Giorgio Moroders Hymne „Push It to the Limit“ im Autoradio – das krampfhafte Nachaffen von Tony Montana durch Simyon gehört zu den Running Gags des Films.
Dass Simyon allerdings ein geckenhafter Vollspacken mit ultrahässlicher Frisur und grotesker Asitoasterbräune ist, zeigt allerdings die Marschrichtung des Humors auf. Alle Figuren sind grobe Karikaturen, die dann auch noch fleißig overacten, etwa wenn Archi bei einer Verfolgungsjagd schreiend neben Brumére im Auto sitzt, Lazare das Pedantentum in jeder Geste ausstellt oder Momo die Möchtegern-Street-Credibility inklusive der andauernden Frage, wann er denn jetzt endlich mal eine Knarre bekommt, stets nach außen trägt. Auch vor dem Helden macht das Ganze nicht halt, dessen Undercovereinsätze stets mithilfe ausgesucht hässlicher Perücken, Fake-Bärte und ähnlicher Kostümierungen stattfinden. So ist der Humor laut, überdreht und schrill, aber nur phasenweise treffsicher – etwa bei den erwähnten „Scarface“-Referenzen oder in all jenen Szenen, in denen van Damme sein Image als ultratougher Actionheld auf die Schippe nimmt. Ansonsten bleibt viel Gehampel und viel grobstolliger Slapstick. Auch aus dem Kontrast zwischen Archies Vorstadtleben und der Geheimdienstwelt macht „The Last Mercenary“ wenig, reduziert das Ganze auf die Hilfe durch die streetsmarten Sidekicks von Archi, aus denen Brumére im weiteren Verlauf des Films ein Team der etwas anderen Art zusammenstellt.
Die Story gerät dabei zunehmend ins Hintertreffen, was angesichts des Drehbuchs aus der Feder von Charhon und seinem Co-Autor Ismaël Sy Savané („Goal of the Dead“) aber auch nicht so schade ist. Der bisweilen etwas wirr erzählte Plot um eine schief gelaufene Operation aus den 1990ern und Identitätsdiebstähle in der Gegenwart entpuppt sich dann als doch relativ simpel (mit einer kleinen Überraschung zum Schluss), während die karikaturhafte Anlage der Figuren keine Zweifel daran lässt, dass Lazares rechte Hand Paul Lesueur (Eric Judor) dahintersteckt. Der ist Lazare zwar offiziell unterstellt, entpuppt sich aber schnell als eigentlicher Chef, der den wohlmeinenden Bürokraten nur als potentiellen Sündenbock ins Rampenlicht gestellt hat. Auch kaum aufregender ist der Plotstrang um das Verhältnis von Archi und Brumére. Der Jüngere hat im Kopf, dass sein Vater die (mittlerweile an Krebs verstorbene) Mutter allein ließ und ein gefühlskalter Taugenichts ist, Richard möchte sein Geheimnis wahren, aber das Vaterbild des Filius geradebiegen. Dass der Inkognito-Papa irgendwann auffliegt, es erst Knatsch gibt und der Sohnemann am Ende doch das Gute in Brumére sieht, versteht sich natürlich von selbst, denn das Autoren-Duo lässt da kaum ein Klischee aus.
Immerhin profitiert „The Last Mercenary“ dabei von seinem Star, der vielleicht immer noch nicht der größte Charakterdarsteller unter der Sonne ist, seine Schauspielfertigkeiten über die Jahre aber verfeinert hat und den reumütigen Söldner überzeugend verkörpert. Leider kann Filmsohn Samir Decazza („Ein MordsTeam ermittelt wieder“) da bei weitem nicht mithalten und wirkt doch immer eine Nummer zu hibbelig und maulig. Der Rest vom Fest spielt bzw. overactet wie von der Regie gewünscht, was auch vor gestandenen französischen Stars wie Miou-Miou („Der Joker und der Jackpot“) als Ex-Kollegin Bruméres oder Valérie Kaprisky („Atemlos“) als Ministerin nicht Halt macht. Das schadet auch der Schurkenseite: Eric Judor („Stirb nicht zu langsam“) spielt halt einen Bürokratenwürstchen, vor dem einfach niemand Angst hat, Nassim Lyes („Im Wasser der Seine“) legt zwar eine launige Sohle als Großkotz aufs Parkett, ist aber dementsprechend überzeichnet und darf wenig von seinen Martial-Arts-Fähigkeiten zeigen, die er kurze Zeit später in „Farang“ wesentlich druckvoller unter Beweis stellen durfte.
Sowieso nimmt sich „The Last Mercenary“ actionseitig eher zurück, vielleicht auch aufgrund des fortgeschrittenen Alters seines Hauptdarstellers. Der teilt zwar nach ganz gut aus und wirkt überzeugend dabei, agiert jedoch merklich bodenständiger als früher und wird bei mancher eher überzogener Einlage dementsprechend gedoubelt. Einige halbwegs saftige Wemmsereien sind aber dabei, etwa gegen Simyons Bodyguard-Ladys, außerdem eine Verfolgungsjagd, in der Brumére und Archi mit einem Fahrschulauto vor den Schurken fliehen müssen. Das ist alles ganz solide gemacht, aber eben auch nicht mehr als Sollerfüllung. Zumal die Actionszenen für einen echten Kracher dann zu wenig herausragende Momente bieten, für eine Parodie aber zu selten die Topoi des Genres karikieren (da reichen ein, zwei absurde Spagat-Momente nicht).
Man kann sagen, dass ein engagierter Hauptdarsteller schon mal die halbe Miete ist, und dem ist bei „The Last Mercenary“ sicher so: Jean-Claude van Damme ist mit Elan bei der Sache und hat Spaß an der Persiflage seines Images, die auch passgerecht auf ihn zugeschnitten ist. Dummerweise bleibt es bei der halben Miete, denn die Hit-and-Miss-Trefferquote der Gags, die schlappe Story und die Hausmannskost-Actionsequenzen verhindern dann den Aufstieg des Endergebnisses in höhere Sphären. Zwar hat der Titel verstanden, wie wichtig der letzte seiner Art im Actiongenre ist, aber ein „Last Boy Scout“ oder „Last Action Hero“ ist „The Last Mercenary“ nicht.
Als Netflix-Produktion ist „The Last Mercenary“ aktuell nur dort zu sehen und wurde nicht von der FSK geprüft. Der Streamingdienst empfiehlt ihn ab 12 Jahren.
© Nils Bothmann (McClane)
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