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Tagebuch eines Mörders

Originaltitel: Diary of a Madman__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1963__Regie: Reginald Le Borg__Darsteller: Vincent Price, Nancy Kovack, Chris Warfield, Elaine Devry, Ian Wolfe, Stephen Roberts, Lewis Martin, Mary Adams, Edward Colmans, Nelson Olmsted, Harvey Stephens, Dick Wilson, Wayne Collier, Gloria Clark, Don Brodie, George Sawaya, Joseph Del Nostro Jr. u.a.

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Tagebuch eines Mörders

“Tagebuch eines Mörders” erscheint als Nr. 74 der “Limited Collector’s Edition”-Reihe.

Das Böse von dem Individuum zu entkoppeln, das Böses tut, ist eine Grundvoraussetzung für viele Zweige der Philosophie, der Religion und letztlich auch der Phantastik. Teufel und Dämonen könnten schließlich nicht als eigene Entitäten existieren, wären sie lediglich Eigenschaften derer, die teuflisch oder dämonisch handeln. Auch für die Kriminologie ergeben sich dadurch interessante Fragestellungen in Bezug auf die Schuldfrage, denn wie verantwortlich kann ein Mensch für seine Taten sein, der nicht im Besitz seiner geistigen Kräfte ist?

Rührt man all diese Felder zusammen, bekommt man den aromatischen Fond für ein durch und durch klassisches Vincent-Price-Rezept. Die Schatten der großen amerikanischen und britischen Schauerliteratur brechen unter seiner Beteiligung gerne durch, auch dank der Führung Roger Cormans, immer dazu bereit, die Räume der gesunden Realität zu erschüttern und mit dunklen Vorhängen zu versehen. „Tagebuch eines Mörders“ passt wie angegossen in dieses Profil, basiert jedoch ausnahmsweise nicht auf einem Edgar Allan Poe, sondern auf einer Kurzgeschichte des Franzosen Guy de Maupassant, die den Namen ihrer eigenen Schreckgestalt trägt: „Le Horla“.

Darin stellt der Ich-Erzähler mit zunehmender Unruhe fest, dass seine eigenen Gedanken langsam von einer externen Wesenheit verdrängt werden. „Horla“ steht dabei als Neologismus für das französische „hors“ und „là“, das Äußere also, dasjenige, was im Gegensatz zum Erzähler steht, wobei sich der Horror daraus ergibt, dass dieses Äußere als Fremdkörper in die subjektive Wahrnehmung des Erzählers eindringt und seine Identität somit auszulöschen droht. In dieser Konstellation kann es nämlich keine Verschmelzung geben, sondern nur Verdrängung, der Tradition von Robert Louis Stevensons „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ folgend.

Wo Maupassant den Geisteszustand seines Protagonisten nicht nur über die Inhalte der Monologe zu beschreiben wusste, sondern auch über den zunehmend bruchstückhafter werdenden Satzbau, muss Reginald Le Borg in dieser ohnehin eher freien Adaption auf konventionelle filmische Mittel zurückgreifen, um die Essenz des Stoffs soweit möglich einzufangen. Der Rahmen ähnelt dabei Universals Krimi-Horror-Hybrid „Schwarzer Freitag“ (1940) mit Boris Karloff und Bela Lugosi, denn auch hier diente ein Tagebuch als narrative Klammer für eine Handlung, in der es um die Übernahme eines Körpers durch einen fremden Geist ging, gleichwohl die Übernahme damals noch mit den klassischen Mad-Scientist-Ingredienzen bewerkstelligt wurde, unter anderem mit einem Serum in einer Spritze.

Mit der letztlich auch vom Gangsterfilm der 30er beeinflussten Mixtur aus Science Fiction und Murder Mystery, die in „Schwarzer Freitag“ an der Tagesordnung steht, hat „Tagebuch eines Mörders“ allerdings vergleichsweise wenig am Hut. Als Kind der aufkeimenden Gothic-Horror-Welle der 60er ist er vielmehr bereits im Dienste des Übernatürlichen unterwegs und dahingehend durchaus als ein effektgetriebenes Werk zu bezeichnen, das dramaturgisch vor allem auf visuelle Ablenkung setzt. Gleich in einer der ersten Szenen, als Price in der Rolle des Richters Simon Cordier einen verurteilten Mörder in seiner Zelle besucht, wird die Signatur des Films dem Gesicht des Mörders in Form eines simplen, aber effektiven Beleuchtungseffekts praktisch eintätowiert: Ein türkisfarbener Streifen läuft da über die Augenpartie und mutet dabei an wie eine Verbeugung vor der Obie-Light-Technik vieler Stummfilme, mit der das Spiel der Augen betont werden sollte.

Angestrebt wird da mit optischen Mitteln die Überlagerung des Ichs, lässt sich der Farbstreifen doch wie ein außerirdischer Parasit auf der Haut des Befallenen nieder und scheint lediglich dazu in der Lage zu sein, das Licht zu brechen anstatt selbst im Licht Gestalt anzunehmen, beinahe so, als sollten Zweifel geschürt werden in der Frage, ob wir es hier wirklich mit einem Dämonen zu tun haben oder mit einer symbolischen Visualisierung des Dämonischen im Menschen.

Weil der Horla ein unsichtbares Wesen ist, sind es vor allem Tricks nach dem Vorbild des Universal-Klassikers „Der Unsichtbare“ (1933), die als stetiger Begleiter präsent sind, auch wenn der Aufwand für die Trickeffekte wesentlich kleiner gehalten wird als im großen Vorbild; meist ist es doch nur ein Stuhl, der mittels eines Fadens weggezogen wird, oder ein Bild, das aus einer Truhe schwebt. Ein erinnerungswürdiger Anblick ist dahingehend lediglich Cordier, der in den Spiegel blickt, dessen Blick jedoch nicht vom Spiegel, sondern nur von einer polierten Fassade daneben erwidert wird; nicht unbedingt tricktechnisch ein Höhepunkt, aber doch im Sinne einer direkt aus der Vorlage übernommenen Schlüsselsequenz, die auch im Film von essenzieller Bedeutung ist, sozusagen als der besondere „Sein oder Nichtsein“-Wendepunkt.

Schaut in den Wicked-Vision-Trailer zur deutschen Blu-ray-Premiere

Beeindruckend fallen da eher die Spezialeffekte rund um eine Steinbüste auf, insbesondere in einer (in einem solchen Film eher unerwarteten) Stop-Motion-Sequenz, in der sich das Lächeln des Modells mit einem durchaus beunruhigend anzusehenden Effekt in eine Fratze des Hasses verwandelt; nicht ganz mit der feinstufigen Präzision einer Ray-Harryhausen-Kreation, aber doch mit gewissen Anklängen an eine solche. Auch Roger Cormans Morbiditäten aus „Das Kabinett des Professor Bondi“ (1959) scheinen hier noch einmal mit Nachdruck rezitiert zu werden.

Price quittiert all diese Einlagen mit genüsslich in die Länge gezogenen Einstellungen seiner sich langsam verändernden Miene, wie Ebbe und Flut wechselnd zwischen charmant, entsetzt, erstaunt oder einfach nur untröstlich. An der Länge der Einstellungen meint man den Respekt des Regisseurs vor seinem Hauptdarsteller ablesen zu können. Selbst der Soundtrack wiegt sich passend zu Prices Schauspiel von einer Stimmung in die andere, hat von Disney-Musical bis Totentanz das gesamte Repertoire im Programm. Hier spielt sich ab, was Maupassant in inneren Zwiegesprächen einzufangen versuchte, diesmal oft rein instrumental und nur gelegentlich tatsächlich mit laut vorgetragenen Selbstgesprächen geschmückt. Das sind wohl diese unbezahlbaren Augenblicke, für die man Prices Filme überhaupt schaut.

Der von unsichtbaren Geistern besessene Richter und Hobby-Bildhauer, den Price verkörpert, rechtfertigt natürlich eine derartige One-Man-Show. Da könnte man es glatt als typische Verwässerung des literarischen Kerns durch die entsprechende Filmadaption bewerten, dass das Skript eine Geschichte von Liebe und Begierde zum emotionalen Zentrum der Handlung erklärt, wo der Protagonist doch eigentlich schon genug mit sich selbst zu tun hat. Unerwarteterweise bietet dieser recht dominante Handlungsstrang aber durchaus mehr als den klassischen Golden-Age-of-Hollywood-Kitsch.

Die Dreiecksbeziehung zwischen Cordier, dem Modell Odette DuClasse (Nancy Kovack) und ihrem Mann und Galeristen Paul (Chris Warfield), ergänzt um eine Freundin der DuClasses, fühlt sich eher an wie typischer Hitchcock-Stoff, zumal Nancy Kovack viel Ambivalenz in ihre Rolle legt und ihre grundsätzlich als Femme Fatale angelegte Rolle durch ihre wenig geheimnisvollen Anlagen, ihren Egoismus und ihre Habgier, ein Stück weit demontiert. Diese Kritik an der gesellschaftlichen Oberflächlichkeit trägt leider nicht allzu viel zur Kernthematik bei, mit der sich der Richter im Stillen herumplagt, sie lässt den Film aber auf den ersten Blick zumindest vielschichtig und reich an Themen erscheinen.

Zum Ende hin wird noch einmal mit einem satten Schlag Jack-the-Ripper-Suspense gewuchtet, bevor ein symbolischer Holzhammer die Hatz unerwartet rüde beendet. Manchmal wirken die Tagebucheinträge, aus denen die Haupthandlung bestehen soll, ein wenig uneben, aber nicht im authentischen Sinne als Entsprechung der geistigen Gesundheit des Protagonisten, sondern eher als Resultat der Unentschlossenheit des Drehbuchautoren. Dessen ungeachtet ist „Tagebuch eines Mörders“ mitsamt seiner traditionell wirkenden Anlage ein typischer, keinesfalls aber ein uninteressanter Price’scher Horrorfilm. Es ist einer, der alte Fährten direkt aus dem Public-Domain-Zentrum des klassischen Horrors aufnimmt, um sie mit zusätzlichen Gimmicks und Deutungen zu erweitern, nicht ganz ohne auch eigene Spuren zu hinterlassen… man möge einfach mal auf die Schatten in Filmen wie „Dämon“ (1998) achten.

06 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “Tagebuch eines Mörders”

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Limited Collector’s Edition #74

Es ist kein großes Geheimnis, dass die Verantwortlichen bei Wicked Vision große Vincent-Price-Fans sind und sich überaus intensiv mit dessen Vermächtnis auseinandersetzen. Um als „Heimat der physischen Medien“ für die Ikone zu gelten, ist die Anzahl seiner gedrehten Filme wohl zu hoch und die Rechteverteilung zu verzwickt; dennoch wird man sich intern über jeden Film freuen, den man ins Programm aufnehmen kann. Und auch als potenzieller Käufer hat man in der Regel allen Grund zur Zuversicht, wenn mal wieder ein Price bei dem Label aus Hattingen landet, denn da kann man wohl von einer guten Behandlung ausgehen.

„Tagebuch eines Mörders“ ist nach „Die Verfluchten“, „Der Hexenjäger“, „Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse“ und „Madhouse“ immerhin schon der fünfte Film mit Vincent Price, der als „Limited Collector’s Edition“ erscheint. Da es sich insgesamt um die 74. Ausgabe handelt, könnte man auch sagen: Spiel, Spannung und Vincent Price, in jedem 15. Ei ist er dabei. Es handelt sich übrigens um die deutsche Blu-ray-Erstveröffentlichung. Auf anderen Medien mangelte es allerdings bisher nicht an Verfügbarkeit: Einer Kinoauswertung in den 70ern folgten regelmäßige TV-Ausstrahlungen, bevor Ostalgica ab Ende 2015 mehrere DVD-Editionen herausbrachte. Eine davon beinhaltete als zweite Disc eine sogenannte „AVCHD-DVD“ („Advanced Video Coding High Definition DVD), die jedoch nicht auf DVD-Playern, sondern nur auf Blu-ray-Playern abgespielt werden kann. Es handelt sich dabei eigentlich um einen DVD-Rohling, der aber mit HD-Daten bespielt wird.

Eine echte Blu-ray war bisher nur im nichteuropäischen Ausland erschienen. Ungefähr zu der Zeit, als Ostalgica in Deutschland die DVD in den Verkauf brachte, startete in den USA die Blu-ray von Shout Factory, unter anderem auch als Teil einer Vincent-Price-Collection mit vier weiteren Titeln. Dementsprechend ist auf dem Backcover nun von einer europäischen HD-Premiere die Rede.

Die Verpackung

Und wie es sich eben für ein Tagebuch gehört, muss es selbstverständlich als Mediabook veröffentlicht werden. Als haptisch greifbares Testobjekt liegt Cover A vor, das vom originalen deutschen Kinoplakat Gebrauch macht, und zwar vollständig inklusive Typografie und passendem Layout. Im Hintergrund sehen wir eine schwarze Gestalt mit Hut und erhobenem Arm, von der lediglich die Messerklinge und ein starrendes Auge aus dem Schwarz aufblitzen. Der kantige Hintergrund in reduziertem Grün-Schwarz erinnert an den deutschen Expressionismus. Detaillierter ist nur die Frau im Vordergrund gezeichnet, die sich liegend der Attacke des Wahnsinnigen erwehrt.

Dass das Motiv insgesamt recht flach wirkt, was mit dem Mattdruck übrigens sehr gut harmoniert, liegt nicht ausschließlich am künstlerischen Stil, sondern auch daran, dass der deutsche Titel (samt des klein gedruckten Originaltitels „Diary of a Madman“) wie die Überschrift einer Gazette darüber abgedruckt ist, ebenso wie der in Gelb geschriebene Name des Hauptdarstellers. Sogar Nebendarstellerin Nancy Kovack wird prominent auf dem Poster geführt, ebenso wie Produzent / Drehbuchautor Robert E. Kent und Regisseur Reginald Le Borg. Dadurch hat man fast das Gefühl, eine Pressemappe von damals in der Hand zu halten.

Tagebuch eines Mörders Mediabooks

“Tagebuch eines Mörders” erscheint in drei unterschiedlichen Mediabook-Ausführungen.

Cover B ist dem französischen Originalposter nachempfunden. Es setzt bereits im Hintergrund auf scharfe Kontraste aus schwarzen Verästelungen und orangeroten Flächen; hinzu kommt der Obie-Light-Effekt, mit dem Prices Augen hervorgehoben werden, zumal der durch die gehobene Augenbraue auch noch kräftig mithilft. Die erhobene Hand mit dem Messer ist auch hier zugegen und deutlicher sichtbar. Durch die perspektivische Anordnung in der Collage sieht es so aus, als würde sie der Steinbüste die Klinge an den Hals setzen. Für den Titel ist ein eigener Bereich im unteren Teil vorgesehen. Der französische Titel „L’Etrange Histoire du Juge Cordier“ wurde dazu entfernt und gegen den deutschen Titel in schicker Stilisierung ausgetauscht.

Die einzige Neuanfertigung ist Cover C. Sie stammt von Frederick Cooper, der kürzlich erst für „Sssssnake Kobra“ ein Motiv bereitgestellt hatte. Er orientiert sich stark an der B-Variante und bietet alle dort vorzufindenden Zutaten (Hand mit Messer, Büste, Price mit hervorgehobener Augenpartie), setzt aber andere Schwerpunkte und ordnet sie anders an. Ein Totenschädel ist als Dekoration ebenfalls im Bild. Ein psychedelischer Strudel nach bester 60er-Art führt zum Filmtitel, bei dem man sich in dieser Variante für das englische Original „Diary of a Madman“ entschieden hat, das für englischsprachige Käufer, vielleicht aber auch für Ozzy-Osbourne-Fans besonders interessant sein dürfte. Die Auflagenhöhe für die drei Varianten wurde diesmal nicht kommuniziert.

Im Innenbereich des Mediabooks dürfte es zwischen den verschiedenen Ausgaben jedenfalls keine Unterschiede geben. Das minimalistische Design der Discs und der Flächen unter den Spines erinnert an ältere Veröffentlichungen des Labels, als hauptsächlich mit Beige als Grundierung gearbeitet wurde. Wenn man die Discs abhebt, legt man kleine Prints frei, die wie Easter Eggs anmuten, da sie bei aufgesteckten Datenträgern unsichtbar sind.

Das Booklet

Das Booklet nutzt als Frontcover noch ein weiteres Motiv, das der DVD-Erstauflage von Ostalgica entspricht, auf der damals noch der Alternativtitel „Horla“ genutzt wurde, diesmal aber mit dem deutschen Titel. Auf dem Backcover ist ein durch Kontraste verfremdetes Portrait von Nancy Kovack zu sehen. Beide Seiten sind mit Posterfalten verziert.

Christoph N. Kellerbach geht im Begleittext zunächst auf die Vita von Autor Guy De Maupassant ein und bringt die Weltsicht des Autoren, gefärbt von dessen körperlichen Leiden, in einen direkten Bezug zur Kurzgeschichte. Ferner erwähnt er die zwei unterschiedlichen Enden der verschiedenen Fassungen und beschreibt den Einfluss Maupassants auf das Schaffen von H.P. Lovecraft. Anschließend steht die Biografie von Regisseur Reginald Le Borg auf der Agenda, die unter dem Leitthema „Vielfalt“ steht, sei der vor allem für Horror-Stoffe bekannte Filmemacher doch sehr unzufrieden mit dieser Einordnung gewesen, da er auch viele andere interessante Stoffe während seiner Karriere angepackt habe, von denen Kellerbach einige ausführt.

Über die Vorstellung von Produzent Edward Small nähern wir uns dann langsam den Produktionsdetails des vorliegenden Films, mitsamt der wichtigsten Darsteller und einiger kleiner Kontroversen (etwa um die Besetzung der Stimme des Horla), wobei die Ausführungen den Anschein machen, als seien die Dreharbeiten insgesamt relativ harmonisch verlaufen. Abgerundet wird der Text mit ein paar Worten zur Veröffentlichung und einem persönlichen Fazit des Autoren zum Film. Die für Recherche genutzten Quellen kann man dank der Angaben bei Bedarf anschließend selbst noch einmal nachschlagen. Zur Abrundung folgen noch drei Seiten mit insgesamt sechs Aushangfotos, ähnlich kontrastreich wie das Backcover-Motiv, sowie die Credits.

Das Bild

Vor dem satten Rot der Vorspann-Leinwand sieht man zunächst einmal diverse Schmutzpartikel tanzen. Auch im weiteren Verlauf blitzen hin und wieder Verunreinigungen auf, so auffällig wie im Vorspann wird es aber nicht mehr, da das Dekor des Films strotzt vor Mustern und leuchtend bunten Farben. Die gehören dann auch zu den Vorzügen des Bildes. Die Optik betört durch ihre angenehme Mischung aus Ocker- und Türkistönen, mit denen etwa die strahlenden Augen von Vincent Price oder auch von Nebendarstellerin Elaine Devry hervorgehoben werden. Die Schärfe ist auf einem hohen Niveau, gut genug jedenfalls, um auch feine Narben und Unebenheiten in der Haut der Darsteller oder Strukturen in der Kleidung darstellen zu können, feines Filmkorn ist vorhanden. Das Format beträgt 1,66:1, man wird auf einem handelsüblichen Flachbildfernseher also links und rechts sehr schmale Balken sehen.

Der Ton

Sowohl die Originaltonspur als auch die deutsche Synchronisation, beide in DTS-HD Master Audio als Zweikanal-Monoton verfügbar, weist zumindest bis zu einem gewissen Rahmen den „Vinyl-Effekt“ auf, ein konstantes Grundrauschen also, wobei das Rauschen auf der englischen Spur etwas offener klingt, also noch etwas mehr im Gesamtton aufgeht, während es auf der deutschen Spur fast wie ein gewollter Effekt klingt. Stören dürften sich daran allerdings nur empfindliche Naturen, tatsächlich kann man den vermeintlichen Mangel sogar als angenehm empfinden. Die Musik ist in beiden Fassungen eher subtil in den Hintergrund eingewoben, gemeinsam mit den sonstigen Effekten, während die Stimmen klar und präzise aus dem Zentrum strömen.

Alleine Prices Stimme wegen besteht natürlich immer eine gewisse Präferenz Richtung O-Ton, wenngleich man dann den exzellenten Friedrich Schoenfelder auf Price verpassen würde. Auch ein Ohr wert ist Klaus Miedel als Hora. Miedel kennt man unter anderem von „Schraubzieris“, dem hinterlistigen kleinen Helfer von Pyradonis aus „Asterix und Cleopatra“. Wenn der Hora spricht, hat man daher zwangsläufig das Kuchenbacklied aus selbigem Film im Ohr – keine schlechte Kombination. Im Original wird der Horla solide-unauffällig von Joseph Ruskin gesprochen, der unter anderem verschiedene Rollen im Star-Trek-Universum übernommen hat.

Die Audiokommentare

Wer den Horla gleich ganz verstummen lassen möchte, dem sei zu einem der beiden enthaltenen Audiokommentare geraten. Einer stammt wie so oft aus der Herrenrunde Dr. Gerd Naumann, Christopher Klaese und Matthias Künnecke. Wenn auch die Beteiligten hinter der Produktion im Gespräch nicht zu kurz kommen, so geht es doch hauptsächlich um die Wirkung des Horrors im Film, eine Analyse der Figur des Horla und die Genre-Einordnung dieses Films, der unter dem Strich als „gemütlicher“ Grusler beschrieben wird, der seinen reißerischen Taglines nicht gerecht werde, aber durchaus seine eigenen Qualitäten habe.

Im zweiten Kommentar spricht Steve Haberman, der sich als Autor, Regisseur und Filmhistoriker vorstellt und sich dem Sujet mit dem entsprechenden Duktus nähert. Anders als im deutschen Kommentar wird in Habermans Monolog keine assoziative Dynamik angestrebt, sondern eine gut recherchierte und vorab intensiv aufbereitete filmhistorische Analyse. So kommt es zum Einstieg zur systematischen Aufführung biografischer Details, später wird die intrinsische Motivation der Schaffenden, der Vorlage sowie des Films, ausführlich nachgezeichnet, auch unter Verwendung diverser Zitate. Der gesamte Vortrag scheint vorab zu Papier gebracht und dann abgelesen worden zu sein. Kleine Pausen zwischendurch deuten darauf hin, dass Szenenwechsel als Signal verwendet werden, um fortzufahren, gleichwohl sich die Inhalte kaum auf das aktuelle Geschehen beziehen. Das ist am Ende wenig organisch, sorgt aber für hohen Informationsgehalt zu den Hintergründen des Films. Deutsche Untertitel werden nicht nur für den englischsprachigen Kommentar geboten, sondern auch für den Hauptfilm, welcher zusätzlich über englische Untertitel verfügt.

Vincent Price im Interview

Für die Eröffnung der Video-Extras wurde in den Archiven amerikanischer TV-Anstalten gegraben und ein wahrer Schatz geborgen. Es handelt sich um ein mehr als einstündiges Interview mit Vincent Price, das im Rahmen der zwischen 1987 und 1989 laufenden TV-Show „The Sinister Image“ für ein dreistündiges Vincent-Price-TV-Special aufgenommen wurde. Showrunner und Filmhistoriker David Del Valle ist nicht nur Prices Interviewpartner, sondern auch einer seiner großen Bewunderer, wurde er doch seit seiner Kindheit von dessen Filmen inspiriert.

Wie eine Zeitreise fühlt sich dieser Schwenk durch die Filmografie des legendären Darstellers an, der sich an unzählige seiner Arbeiten erinnert und diese kommentiert, während sein fachkundiger Interviewer am Steuer sitzt und Stichpunkte gibt, die gleich zur nächsten Erinnerung führen. Nicht ganz zu Unrecht weist Del Valle am Ende der Reise darauf hin, dass die Stunde wie im Flug vergangen ist. Dass diese TV-Aufnahme aus den späten 80ern logischerweise den Look eines gebrauchten Tapes aufweist, ist bei dem einlullenden Timbre der unverwechselbaren Stimme Prices schnell vergessen.

Tagebuch eines Mörders Extras

Zu den Extras gehört ein TV-Interview mit Vincent Price (l.) und eine Location Tour vom “Grimm Life Collective” (r.).

Location Tour

Soviel zur Vergangenheit. Ein Gruß aus der Gegenwart steht aber als Kontrastprogramm auch noch auf dem Plan. Das „Grimm Life Collective“ ist ein von Michael und Jessica Kolence betriebener Youtube-Kanal, der sich darum dreht, Schauplätze aufzusuchen, die mit dem Morbiden und Unheimlichen zu tun haben – nicht nur, aber auch und vor allem auf Filme bezogen. Da ist Vincent Price natürlich genau der richtige Mann, um eine Episode zu füllen. Für ihr 23-minütiges Special besuchten sie St. Louis, den Geburtsort der Horror-Ikone. Die Tour beginnt bei dem Haus, in dem Price aufwuchs, führt dann über die Süßigkeitenfabrik von Prices Vater und endet nicht weit entfernt von einer Chuck-Berry-Statue auf dem lokalen Walk of Fame, auf dem Prices Stern gleich vor einer Kunstgalerie liegt.

Das graue Wetter wird zu Beginn vom Moderator noch bemängelt, es passt aber im Grunde ziemlich gut zur angepeilten Gruselstimmung des Beitrags. Inhaltlich bleibt der Beitrag leider ein wenig dünn, werden doch hauptsächlich Informationen aus einer Online-Recherche mit den wenigen besuchten Standorten verknüpft. Auch Wiederholungen und andere Mittel, die präsentierten Inhalte aufzubauschen, schleichen sich ein. Dessen ungeachtet sind solche On-Set-Locations grundsätzlich immer überaus spannend, und den Betreibern des Kanals nimmt man das persönliche Interesse an den präsentierten Themen durchaus ab.

Trailer und Bildergalerie

Sowohl die Location Tour als auch das Price-Interview qualifizieren sich natürlich nicht als filmbezogene Extras; hier muss der rustikale deutsche Trailer aus der Entstehungszeit, ein aufwändig neu rekonstruierter Recut in HD sowie der Originaltrailer genügen, erweitert um eine recht umfangreiche Bildergalerie von zehn Minuten Dauer, in der unzählige Poster, Aushangfotos, Presseinformationen und Mediencover ausgestellt werden.

Kurzfilm: Arkfeld

Soviel zu „Tagebuch eines Mörders“. Wer will, kann den Abend anschließend noch mit einem Kurzfilm von Wicked-Vision-Produktmanager Laurent Ohmansiek verlängern. „Arkfeld“ hat inhaltlich zwar nichts mit dem Hauptfilm zu tun, dürfte aber Freunde von Vincent Price schnell mit seiner thematischen Ausrichtung dazu überzeugt haben, einen Blick zu riskieren. Wer dann noch eine zweite Runde fahren will, kann sich dann noch an den Audiokommentar wagen, in dem Regisseur Ohmansiek gemeinsam mit der Maskenbildnerin und dem Produktionsleiter begleitend über die Dreharbeiten sprechen. Nachfolgend schließen wir mit einer kleinen Besprechung des Kurzfilms und wünschen viel Spaß mit dieser reichhaltig gefüllten Blu-ray-DVD-Edition von „Tagebuch eines Mörders“.

Originaltitel: Arkfeld__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Laurent Ohmansiek__Darsteller: Philipp Rommelmann, Lukas Marquardt, Ivonne Schomäcker, Chezah, Olaf Kieser, Cassandra Danes, Sven Grolewski, Zeljka Tadic, Conny Dachs, Cheryl-Ann Hellkamp, Junior Loaiza, Benjamin Durik, Ingo Gatzer, Claudia Laghusemann, Jens Schröder, Bettina Pieper, Kervin M. Dockendorf u.a.

Wenn man selbst in Deutschland lebt, vergisst man schnell, wie gut sich seine untersten Gebietskörperschaften als Schauplätze für Lovecraft’sches Grauen eignen. Umringt von Wäldern reichen ein paar Wohnhäuser, ein Gemeindesaal und ein schauriger lokaler Dialekt, um unterschwelliges Unbehagen zu stiften. Selbst als Deutscher kann man sich da mal mulmig fühlen, wenn es einen in das falsche Kaff verschlägt.

„Arkfeld“, Autokennzeichen AKF, ist ein fiktiver Ort und zugleich Schauplatz des gleichnamigen Schwarzweiß-Kurzfilms von Laurent Ohmansiek, der bislang hauptsächlich im Dokumentarbereich aktiv war. In dieser ersten überlieferten Genre-Arbeit des Regisseurs treibt es einen jungen Mann namens Bernd aus der Großstadt in die Pampa, der Hochzeitseinladung eines alten Freunds von früher folgend, zu dem seit einiger Zeit der Kontakt abgebrochen war. Vor Ort jedoch verhalten sich alle Menschen, vom Rezeptionisten des Hotels bis zu den Hochzeitsgästen, ziemlich merkwürdig. Bernd wünschte wirklich, sein Freund hätte sich für die Feier eine andere Location ausgesucht…

Arkfeld

Wenn das Einchecken zur Geduldsprobe wird…

Der Gedanke drängt sich auf, dass „Arkfeld“ in Wirklichkeit ein Codename für „Bielefeld“ ist, ein weiterer Ort in Deutschland, der nach Ansicht vieler Deutscher gar nicht existiert. Hierher stammt jedenfalls Thomas Williams, Autor der Vorlage, mit dem Ohmansiek bereits 2020 für das Horror-Hörspiel „The Other und die Erben des Untergangs“ zusammenarbeitete. Und tatsächlich; ein Waldhotel in Bielefeld und ein weiteres im nahe gelegenen Bad Salzuflen dienten neben diversen Landstraßen und Waldstücken als Drehorte. Es ist fast so, als sei dieser Kurzfilm tatsächlich im Nirgendwo entstanden.

Ihre Einflüsse können jedenfalls weder Autor noch Regisseur verbergen. Man könnte meinen, die Großen Alten summten im Hintergrund permanent einen rituellen Singsang, der dem Protagonisten eine Warnung sein müsste, gleich wieder kehrt zu machen. Lovecraft ist hier wahrlich omnipräsent und schlingt seine Tentakel mächtiger um das Handlungskonstrukt, je näher das Finale kommt, aber auch ein David Lynch scheint mitunter durch (insbesondere an der Rezeption, gemischt mit einem Hauch „Die Mächte des Wahnsinns“), und gleich in der ersten Szene auf einem abgelegenen Rastplatz wird bereits die gespenstische Stimmung der Eröffnung des Videospiels „Silent Hill 2“ angepeilt. Das ist nun alles nicht unbedingt als originell zu bezeichnen, zeugt aber wenigstens von geschmackvollen Einflüssen.

Die Regie ist derweil darum bemüht, das Ausbleiben von großen Spezialeffekten oder sonstigen visuellen Schauwerten mit ungewöhnlichen Einstellungen zu kompensieren, ohne sie allzu sehr In-Your-Face geraten zu lassen, damit das Subtile gewahrt bleibt. Dass das nur in Ansätzen gelingt, liegt vor allem an dem offensichtlich mit Amateuren, allenfalls noch mit Theaterdarstellern besetzten Cast, mit dem es kaum möglich ist, die Nuancen zu transportieren, die der Stoff erfordert. Die prinzipiell gelungene Kameraarbeit ist da über weite Strecken wirkungslos, denn es sind die Gesichter, nicht zuletzt aber auch das Voice Acting, das dem Ort seinen Charakter gibt, und wenn es hier regelmäßig zu tonalen Entgleisungen kommt, lässt sich schwerlich Suspense darauf aufbauen.

Arkfeld

Einen Toast auf das Brautpaar!

Blendet man diese offensichtlichen Mängel aus, lassen sich allerdings durchaus einige Qualitäten ausmachen. Das Zusammenspiel aus Soundtrack, Schnitt und Sounddesign sorgt gerade während der Fahrt nach Arkfeld für einige Highlights (die stilvolle Drohnen-Aufnahme der Landstraße bei der Einblendung des Titels, der Country-Soundtrack, der mit dem Zuschlagen der Tür abrupt endet), das Skript streut außerdem immer wieder rätselhafte Details ein, die im ersten Moment befremdlich wirken, im späteren Verlauf aber geschickt aufgelöst werden (wie etwa die drastische Reaktion auf den angebotenen Alkohol).

Einige Einfälle wirken zumindest in der Theorie überaus reizvoll (Schauspielertausch an der Rezeption) und in einer speziellen Szene am Straßenrand gelingt dank des absurden Dialogs sogar eine herrliche Mischung aus bizarrer Komik und Grusel. Lediglich der spätere Gastauftritt von Conny Dachs, vermutlich dem einzigen erfahrenen Darsteller am Set (wenngleich seine Rollen sonst wohl eher andere Kompetenzen erfordern als gutes Schauspiel), sorgt noch einmal für ähnlich schrägen Humor. Mutig ist es darüber hinaus, den einzigen nennenswerten Kostüm- und Make-Up-Effekt erst nach dem Abspann zu zeigen.

Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, „Arkfeld“ (aka „Bielefeld“ aka „das deutsche Innsmouth“) von Grund auf persiflierend anzulegen und bereits im Skript offensiv mit selbstironischen Comedy-Elementen anzureichern. Wann immer solche Aspekte in dem insgesamt eher ernsten Kurzfilm an die Oberfläche gespült werden, bringen sie eine erfrischende Lebendigkeit mit sich. Für eine düstere Lovecraft-Variation fehlt es letztendlich noch an dem schauspielerischen Know-How. Die künstlerischen Ansätze, die Ohmansiek bereits in seinen dokumentarischen Arbeiten gelegentlich andeutete, baut er mit „Arkfeld“ aber bereits aus. Mal schauen, ob da in Zukunft noch mehr kommt.

Sascha Ganser (Vince)

Bildergalerie zu “Tagebuch eines Mörders”

Tagebuch eines Mörders

Wie in einer guten Poe-Adaption beginnt alles mit einer Beerdigung.

Tagebuch eines Mörders

Als die Richter noch Privataudienzen in den Zellen der Verurteilten gewährten.

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Und Simon (Vincent Price) ist nicht nur Richter, sondern auch ein talentierter Künstler.

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Hast du mir gerade etwa zugezwinkert?

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Na, Ärger im Paradies?

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Neu bei Ikea: Selbstaufhängende Bilderrahmen.

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Neu bei Fielmann: Die unsichtbare UV-Brille.

Sascha Ganser (Vince)

Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Wicked Vision__Freigabe: FSK12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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