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Haunter

Originaltitel: Haunter__ Herstellungsland: Kanada-Frankreich__ Erscheinungsjahr: 2013__ Regie: Vincenzo Natali__ Darsteller: Abigail Breslin, Stephen McHattie, Peter Outerbridge, Michelle Nolden, Peter DaCunha, Eleanor Zichy, Michelle Coburn, Samantha Weinstein, …
Das nordamerikanische Kino-Plakat.

Das nordamerikanische Kino-Poster.

httpv://www.youtube.com/watch?v=j6mElk4vwj4

Vincenzo Natali ist ein Regisseur, der sich im Laufe seiner Karriere mit einer Reihe interessanter Filme „abseits des Mainstreams“ (unter ihnen solch unterschiedliche Werke wie „Cube“, „Cypher“, „Nothing“ und „Splice“) ein relativ geachtetes Ansehen erworben hat. Mit seiner 2013er Veröffentlichung „Haunter“ präsentiert er dem geneigten Publikum nun eine düstere Grusel-Story, die sich auf den ersten Blick (etwa beim Sichten des Trailers) zwar nicht allzu stark von diversen anderen Vertretern des betreffenden Sub-Genres abzuheben scheint – bei sorgfältigerer Betrachtung allerdings sehr wohl mit einem nicht unbedingt gewöhnlichen, inhaltlich wie stilistisch durchaus reizvoll gearteten Ansatz aufwartet…

Schon seit längerem gleicht für Lisa (Abigail Breslin) jeder Tag nahezu exakt dem anderen: Draußen herrscht extrem dichter Nebel, ihr kleiner Bruder Robbie (Peter DaCunha) weckt sie per Walkie-Talkie, kurz darauf gibt es dann Frühstück, unmittelbar bevor sich ihr Vater (Peter Outerbridge) erneut dem defekten Wagen in der Garage widmet und ihre Mutter (Michelle Nolden) sie hinunter in den Keller schickt, um die dortige Waschmaschine aufzufüllen. Mittags essen sie Makkaroni und Käse, zwischendurch sie übt ein wenig auf ihrer Klarinette, zum Abendessen kommt Hackbraten auf den Tisch und später schaut sich die Familie gemeinsam „Murder, she wrote“ im Fernsehen an. Es handelt sich dabei aber keineswegs um etwas in der Richtung von „öder Routine“ oder so – sondern um folgendes: Es ist tatsächlich immerzu der identische Tag! Genau genommen der vor ihrem 16. Geburtstag im Jahre 1985. Lisa ist die einzige, die das inzwischen realisiert hat – verbunden mit einer weiteren (überaus beunruhigenden) Feststellung: In Wahrheit sind sie alle bereits tot bzw. sowohl in diesem Haus als auch einer 24-stündigen Zeitschleife gefangene Geister…

Frustriert und missgelaunt im Angesicht der Situation, versucht sie die anderen auf den Sachverhalt aufmerksam zu machen – doch führt das im Grunde bestenfalls zu „ernsten Gesprächen“ über ihr „merkwürdiges Verhalten“. Entschlossen, einen Ausweg aus dieser Lage zu finden, geht sie fortan einigen erkannten Ungereimtheiten und vernommenen fremdartigen Geräuschen nach – was sie schließlich „dem Rätsel ihres jetzigen Daseins“ auf die Spur bringt, ebenso wie in Kontakt mit einer in der Gegenwart lebenden Teenagerin namens Olivia (Eleanor Zichy), der offenbar genau dasselbe Schicksal droht. Es ist in dieser Phase, dass es plötzlich (unverhofft) an der Tür klingelt und Lisa den gleichermaßen mysteriösen wie einschüchternden „Pale Man“ (Stephen McHattie) kennen lernt, der sie vor weiteren Nachforschungen warnt sowie ihr und ihren Liebsten (sollte sie sich ihm widersetzen) „gravierende Konsequenzen“ androht. Erwartungsgemäß lässt sie sich davon aber weder abschrecken noch einschüchtern – und so kommt sie (über kurz oder lang) hinter die zahlreichen Geheimnisse und Eigenheiten dieser etliche „spezielle Morde“ aufweisenden Geschichte, welche sich gar bis ins 19. Jahrhundert zurück erstreckt…

„Haunter“ verfügt über so einige Elemente, die einen (in bestimmten Szenen bzw. Momenten) unweigerlich an Werke wie zum Beispiel „Groundhog Day“, „the Others”, „Insidious”, „Sinister“, „the Lovely Bones“ sowie an die erste „American Horror Story“ Staffel plus einzelne Episoden der alt-ehrwürdigen „Twilight Zone“ erinnern – im Ganzen aber (nichtsdestotrotz) recht ansprechend und „apart“ kombiniert anmuten. Auf kreative Weise hat Drehbuch-Autor Brian King („Night Train“) das klassische „Verhältnis zwischen den Lebenden und den Toten“ umgekehrt: Letztere sind im vorliegenden die Haupt-Protagonisten, während sich beide Seiten (simultan) darum bemühen, Kontakt zueinander herzustellen – und die eigentliche Gefahr quasi von einer „zusätzlichen Partei“ ausgeht. Zu der Erkenntnis, dass etwas Schreckliches mit ihr und ihrer Familie geschehen ist, gelangt Lisa übrigens ziemlich früh innerhalb des Verlaufs – und so wird diese Gegebenheit hier dann auch nicht in Gestalt eines „großen Twists“ dargereicht, stattdessen geradezu „nüchtern“ (von ihr selbst) preisgegeben sowie fortan „einfach nur“ als eine der zentralen Eigenschaften des Plots behandelt…

Rein aus ihrer Perspektive heraus aufgezeigt, begleitet der Zuschauer Lisa dabei, wie sie die Umstände und Mysterien ihrer „aktuellen Existenzform“ aufdeckt, erforscht sowie auch aktiv angeht: Ein seitens der 1996 in New York geborenen Abigail Breslin („the Call”) anständig gemeisterter Part. Die gebotene Vereinigung von Sensibilität und Stärke – ergänzt um weitere Charakteristika wie Angst, Neugier, Mut und Beharrlichkeit – vermittelt sie absolut glaubwürdig. Überdies wird sie einem nie unsympathisch – besonders nicht in Anbetracht des Dilemmas, in welchem sie sich befindet. Zugegeben, bei „emotionaleren Augenblicken“ sind durchaus gewisse Schwächen auszumachen – doch passt die Rolle an sich sehr gut zu ihr, weshalb man diese flüchtigen Eindrücke auch nicht weiter „überbewerten“ sollte. Peter Outerbridge („Saw 6“), Michelle Nolden („Red“) und Peter DaCunha („the Barrens“) verkörpern Lisa´s Familie indes allesamt solide: Im Gegensatz zu ihr sind sie sich (lange Zeit) weder darüber im Klaren, dass sich immerzu nur dieser eine Tag wiederholt, noch dass sie bereits verstorben sind – entsprechend engagiert ist sie, die drei möglichst rasch „aufzuwecken“…

Um aus der anhaltenden repetitiven Eintönigkeit auszubrechen, geht Lisa allen Annahmen und seltsam erscheinenden Beobachtungen beherzt nach: Was hat es mit den fehlenden Kleidungsstücken in der Wäsche, Robbie´s „unsichtbarem Freund“ Edgar (David Knoll) oder den hinter den Wänden zu vernehmenden Stimmen und Klängen auf sich? Beunruhigende Veränderungen treten ein, wie dass ihr Vater nun auf einmal raucht und sich in Bezug aufs Auto zunehmend gereizter verhält – worüber hinaus nachts zu hörende Schritte sie (u.a.) zu einem alten Videotape ihres Einzugs führen, auf welchem sie sogleich eine ihr unbekannte Person (schemenhaft im Innern des Gebäudes stehend) entdeckt. Primär dank seines markanten Äußeren, seiner rauen Stimme sowie gesamten Darbietungsweise wunderbar creepy von Stephen McHattie („Pontypool“) portraitiert, versucht eben jener „Pale Man“ sie mit der Drohung, das Jenseits für sie und ihre Familie „noch wesentlich ungemütlicher“ werden zu lassen, dazu zu bewegen, sich einfach wieder in den „Lauf der Dinge“ einzufügen – wozu sie aufgrund ihres inzwischen erlangten Wissens aber (natürlich) keinesfalls mehr in der Lage ist…

Die Handlung weist diverse traditionelle (miteinander verflochtene) Genre-Motive auf: Diese reichen von der US-Bilderbuch-Familie, einschließlich des gelangweilt-rebellischen Gebaren eines jugendlichen Kindes, über ein unter Dielen verstecktes Fotoalbum mit gesammelten Zeitungsartikeln, ein Ouija-Brett auf dem Dachboden sowie eine verborgene Tür im Keller, hinter welcher sich ein geheimer Raum mit einem großen Verbrennungsofen (samt Schmuck und Accessoires vermisster Mädchen) finden lässt, bis hin zu einer rund ein Dutzend Dekaden umspannenden Mordserie und einer Vielzahl paranormaler Zusätze bzw. Ausprägungen (á la rastlose Seelen, forcierte Wandlungen der Persönlichkeit, Wechsel zwischen normalerweise unüberbrückbaren Zeitebenen etc.). Das in dichtem Nebel gehüllte Grundstück vermag nicht verlassen zu werden – was auch immer drum herum liegt, verbleibt ein Rätsel. Um eine Aufklärung der damit einhergehenden Fragen ist Lisa bemüht: Warum etwa ist dieser „Ort“, an welchem ihre Familie (augenfällig) gefangen ist, ausgerechnet in dieser Form geartet? Zwar kommt beileibe nicht jede Antwort gänzlich unvorhersehbar daher – doch weist die Mehrheit immerhin eine erfreulich schlüssige Beschaffenheit auf…

Je weiter der Verlauf voranschreitet, desto vertrackter entpuppt sich der Inhalt: Nach einer Reihe früher Offenbarungen wartet King´s Skript (kontinuierlich) mit immer neuen Story-Facetten sowie aus dem Kontext heraus erkeimenden Fragen auf, um auf genau diesem Wege (weitestgehend erfolgreich) mit den Erwartungen des Betrachters zu spielen. Unabhängig all der Veränderungen innerhalb der Geschichte – sowohl von den Personen (also ihren Verhaltensweisen) als auch den sich in verschiedenen Jahren (im Prinzip parallel zueinander) entfaltenden Ereignissen her – ist die Nachvollziehbarkeit dennoch stets gegeben, vorrangig da diese Aspekte von Anfang an vernünftig durchdacht wurden sowie dem Betrachter die betreffenden „Regeln“ (beispielsweise wie und/oder warum dies oder jenes geschieht) im Zuge des Sichtens plausibel nahe gebracht werden. Einiger Oberflächlichkeiten zum Trotz, fügen sich alle „Puzzle-Teile“ zum Ende hin schließlich passend aneinander – und das frei unvorteilhafter Überraschungen oder sonstiger Ärgernisse, von einer Prise Kitsch (je nach eigenem Gefallen oder Empfinden) eventuell mal abgesehen…

An sich ist das Haus, in dem nahezu der komplette Film angesiedelt wurde, weder sonderlich ungewöhnlich noch unheimlich: Von der Architektur und Einrichtung her handelt es sich dabei (angrenzend) „nur“ um eins in einem recht typischen amerikanischen Stil, in welchem im Laufe der Zeit ganz normale Familien wohnen. Eine lobende Erwähnung ist definitiv die Ausstattung des primären Settings (in den ’80ern) wert – inklusive so einiger netter Details, wie etwa Lisa´s „Siouxsie and the Banshees“-Shirt oder Robbie´s „Atari 2600“-Konsole. In der Gegenwart besitzt Olivia unterdessen solche Dinge wie ein modernes „iPad“ – was Lisa prompt vor eine (amüsante) Herausforderung stellt, als sie infolge eines „Übertritts“ in jene Epoche an dem Gerät erst einmal (verunsichert) die „Play“-Funktion suchen muss. Die unterschiedlichen Plot-Ebenen weisen übrigens jeweils einen individuell kennzeichnenden Look auf, der überwiegend angenehm unaufdringlich „komponiert“ wurde – außer im Rahmen einer Lisa zurück ins 19. Jahrhundert führenden Sequenz im finalen Drittel, bei der man dem Bildmaterial einen ruckeligen, verschmutzt-beschädigten Anschein verliehen hat, welcher mich nur bedingt anzusprechen (geschweige denn zu überzeugen) vermochte…

In Kombination mit der inspirierten Ausleuchtung und Farbgebung gefiel mir die Arbeit des Cinematographers Jon Joffin („Daydream Nation“) relativ gut – doch wirkt das verwendete DV-Bildmaterial gelegentlich unvorteilhaft „kostengünstig“ und lassen einzelne CGI-Effekte (vor allem spezielle Außenaufnahmen) diesen Eindruck ebenfalls entstehen, was wirklich schade ist. Getreu der gewählten Ausrichtung ist der Gewaltgrad nicht sonderlich hoch und untermalt der Score alles wunderbar stimmig – worüber hinaus das Tempo eher ruhiger Natur ist und es in keinem Moment je langweilig wird. Im Gegenzug entpuppen sich die arrangierten „Erschrecker“ allerdings als viel zu harmlos und kommt echte Hochspannung nur überaus selten (genau genommen: nahezu gar nicht) auf. Leider ist Regisseur Natali somit auch in Gestalt dieses Projekts hier kein umfassend zufrieden stellendes Gesamtergebnis gelungen – in jener Hinsicht bleibt „Cube“ weiterhin unerreicht. Rein vom Handwerklichen her ist ihm indes jedoch kaum ein Vorwurf zu machen – bloß fehlt es der Umsetzung in manchen Bereichen schlichtweg an einer Art „beseeltem Funken“, der zum Ausschöpfen des vollen Potentials der Materie sowie zum Kaschieren einzelner, teils Budget-bedingter Schwächen vermutlich (bzw. mit Sicherheit) vonnöten gewesen wäre…

Fazit:  „Haunter“ (2013) ist ein düster-atmosphärischer, optisch durchaus schick anzusehender Mystery-Horror-Thriller, der zwar eine ebenso reizvolle wie clever diverse gängige Genre-Konventionen variierende Geister-Geschichte erzählt – welchem es letzten Endes (u.a.) aber auch an einem ausgeprägteren Suspense-Grad sowie intensiveren Gefühl von Bedrohung (der Hauptprotagonistin gegenüber) mangelt…

Im März 2013 feierte der Streifen auf dem amerikanischen “South by Southwest Film Festival” seine Welt-Premiere – hierzulande war er erstmalig im August und September desselben Jahres auf dem “Fantasy Filmfest” in verschiedenen deutschen Städten zu sehen. In naher Zukunft sind Kinostarts u.a. in Kanada, den USA sowie Großbritannien angedacht…

Stefan Seidl

Haunter

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Copyright des Posters und der Pics: Wild Bunch / IFC Midnight (US) / Entertainment One (Kanada) __ Freigabe: noch keine__ Geschnitten: nein__ Blu Ray/DVD: noch nicht

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