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Codename 13

Regisseur und Drehbuchautor Timo Tjahjanto frönt mit „Codename 13“ alias „The Shadow Strays“ seinem Faible für beinharte Action. Hier lässt er eine Profikillerin auf ein Verbrechersyndikat los, das den Nachbarsjungen der Protagonistin gekidnappt hat. Der blutige Rachefeldzug stößt allerdings den Auftraggebern der Profimörderin sauer auf.

Originaltitel: The Shadow Strays__Herstellungsland: Indonesien__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Timo Tjahjanto__Darsteller: Aurora Ribero, Hana Malasan, Taskya Namya, Agra Piliang, Andri Mashadi, Kristo Immanuel, Adipati Dolken, Ali Fikry, Arswendy Bening Swara, Kin Wah Chew, Daniel Ekaputra, Tanta Ginting, Yayan Ruhian, Eva Celia Latjuba, Mawar Eva de Jongh, Hiroaki Kato u.a.
Codename 13

In dem Actionreißer “Codename 13” lässt Timo Tjahjanto eine Profikillerin auf ein Verbrechersyndikat los

Seitdem Netflix die Rechte an „The Night Comes for Us“ von Timo Tjahjanto kaufte und damit einen populären Actionhit im Programm gewann, ist indonesische Regisseur und Drehbuchautor als Kreativer beim Streaminggiganten beliebt. Das jüngste Werk des Filmemachers für Netflix heißt „The Shadow Strays“, in Deutschland als „Codename 13“ veröffentlicht.

Auch das ist ein durchaus passender Titel, wird die Protagonistin (Aurora Ribero) doch über weite Strecken des Films nur unter dieser Bezeichnung geführt. Die hat sie von der Geheimorganisation, in deren Diensten sie steht, die man einfach nur „Die Schatten“ nennt. Aus dem Verborgenen heraus verüben die Schatten Mordanschläge, wie man in der Auftaktsequenz sehen kann, in der 13 und ihre Ausbilderin Umbra (Hana Malasan) einen ganzen Yakuza-Clan auslöschen. Die 17-jährige Novizin ist bereits hervorragend trainiert und extrem tödlich, leistet sich zum Missfallen ihrer Mentorin aber einen folgenschweren Fehler, als sie die Tötung einer Zivilistin innehalten lässt. Ein bekannter Topos im Auftragsmördergenre: Die Hauptfigur, die noch nicht komplett emotional abgestumpft ist.

Umbra muss nach vollzogener Arbeit zum nächsten Auftrag weiter, 13 wird eine Zwangspause in Jakarta verordnet. Während sie von der Organisation verordnete Medikamente schluckt und auf weitere Anweisungen wartet, wird sie Zeuge wie einige Verbrecher ihre Nachbarin ermorden, die für die Schurken gearbeitet hat. 13 schreitet nicht ein, scheint aber Schuldgefühle deswegen zu haben, weshalb sie sich mit Monji (Ali Fikry), dem kleinen Sohn der Toten, anfreundet. Hier scheinen Vorbilder wie „Leon – Der Profi“ oder „The Man from Nowhere“ durch, in denen quasi-elterliche Gefühle von Profikillern ebenfalls zum Motor der Handlung wurden.

Als Monji kurz darauf verschwindet und 13 den Gangsterhandlanger Jeki (Kristo Immanuel) in der Wohnung antrifft, zwingt sie den Schergen dazu ihr mehr über die Schurken zu verraten. Sie zieht los, um Monji zu befreien, koste es, was es wolle, was ihre Auftraggeber nicht gerade gern sehen…

Schaut euch den Trailer zu „Codename 13“ an

Man kann es Mangel an Originalität oder Hommage an seine Vorbilder nennen – auf jeden Fall zitiert sich Tjahjanto als Drehbuchautor und Regisseur von „Codename 13“ fröhlich alle möglichen Topoi des Auftragsmördergenres. Darunter sind die Hauptfigur, die schon in jungen Jahren zur Tötungsmaschine geformt wird, die strenge Ausbilderfigur und die ominöse Geheimorganisation, von der man in diesem Film kaum mehr als den Namen und ein paar Mythen über sie erfährt. Dass Tjahjanto durchaus bereit ist diese Mythologie auszubauen, analog zu einem weiteren Vorbild (nämlich der „John Wick“-Reihe) daran lässt die finale Szene keine Zweifel, in welcher der indonesische Actionstar Yayan Ruhian („Boy Kills World“) noch einen Gastauftritt hat. Auch die beiden Haupthandlungsstränge orientieren sich an Bekanntem: Die Storyline um 13 als Beschützerin des Nachbarsjungen speist sich aus den oben erwähnten Vorbildern, die Mär von der Profikillerin auf der Abschussliste der eigenen Auftraggeber aus unzähligen Genrevertretern, von „Kalter Hauch“ mit Charles Bronson über „Assassins“ mit Sylvester Stallone bis hin zu „Kate“ mit Mary Elizabeth Winstead. Dementsprechend bekannt ist auch der Storyverlauf, dem Tjahjanto keine allzu großen Überraschungen abgewinnt.

Codename 13

13 (Aurora Ribero) legt sich mit gefährlichen Verbrechern an

So füllt er das Storygerüst auf andere Weise mit Leben. Da ist beispielsweise die atmosphärisch dichte Beschreibung einer verkommenen Unterwelt, hier vor allem vertreten durch einen widerlichen Zuhälter, einen korrupten Polizeibeamten und den Sohn eines einflussreichen Politikers, die als Köpfe des Verbrechersyndikats dienen und alle noch ihre eigenen Schergen mitbringen, darunter die durchgeknallte, kaum zu tot zu kriegende Schwester des Pimps. Auch der Tonfall ist von einer Härte, die man aus früheren Tjahjanto-Filmen wie „Headshot“ oder „The Night Comes for Us“ kennt: Ein Leben ist in dieser Welt nicht viel wert, weshalb sie hier zu Dutzenden ausgelöscht werden, darunter auch Figuren, die in vielen anderen Filmen (vor allem aus Hollywood) wohl überleben würden. „Codename 13“ lebt dann auch viel von diesem Flair, das den Film über seine rund zweieinhalb Stunden Laufzeit bei eher übersichtlicher Handlung zu tragen weiß. Hier funktioniert die Überlänge wesentlich besser als Tjahjantos vorigem Netflix-Vehikel „The Big 4“, obwohl man auch als „Codename 13“ sicherlich einiges problemlos herauskürzen könnte (beispielsweise die Episode um Umbras nächsten Auftrag oder manche ausgewalzte Enthüllung im Finale). Eher schade ist jedoch, dass die Zeit nicht effektiver genutzt wird. So gewinnen die Figuren kaum Profil oder Charaktertiefe, funktionieren aber dann dadurch, dass sie derartige Archetypen sind. Wenn sich 13 zur Beschützerin von Monji aufschwingt, obwohl sie den Jungen offensichtlich erst seit kurzem kennt, dann kauft man es dem Film weniger wegen der Figuren, sondern eher aufgrund der Genretradition ab, innerhalb derer sich Tjahjanto verortet.

Zu den typischen Trademarks des auch im Horrorgenre tätigen Regisseurs gehören wenig zimperlichen Action- und Gewaltszenen, auf die er auch im bisweilen eher albernen „The Big 4“ nicht verzichtete. Hier sind sie im Kontext wesentlich stimmiger, wenn sich 13 durch ihre Gegnerhorden fräst. In der derzeit angesagten Mischung aus Gunplay und Nahkampf erledigt die Heldin wahre Gegnerhorden in meist stark choreographierten Actionszenen, vom Auslöschen der Yakuza zu Beginn über die Dezimierung der Unterwelt von Jakarta bis zum großen Finale. Die Körperbeherrschung der Beteiligten ist enorm, Einfallsreichtum bei der Ausgestaltung der Fights ist ebenfalls vorhanden, etwa wenn zwei Kontrahentinnen im Finale um eine MP ringen und diese als Prügel benutzen, wenn sie sie gerade nicht abfeuern können. Es kommen Schusswaffen, Samuraischwerter, Splittergranaten, Messer usw. genauso zum Einsatz wie zweckentfremdete Umgebungsgegenstände, etwa wenn 13 einen ihrer Gegner in einer besonders derben Todesszene erst mit dem Kopf auf eine hervorstehende Metallspitze donnert und ihn danach noch seitlich wegreißt. Manche Explosion ist als CGI zu erkennen, mit dem Gemetzel beim Drogendeal kurz zur vor dem Showdown gibt es ein etwas schwächeres Set Piece zu sehen, ansonsten ist die Action allerdings erste Sahne.

Codename 13

Umbra (Hana Malasan) bildet 13 im Handwerk des Tötens aus

Etwas schade ist lediglich, dass es wenige Gegner mit besonderen Kennzeichen oder Trademarks gibt, man denke an Mad Dog aus „The Raid“ oder Hammer Girl und Baseball Bat Man aus „The Raid 2“ – jene Filmreihe, die das indonesische Actionkino erst so richtig auf die Landkarte packte. Die Hauptschurken sind zwar fies, etwa der Politikersohn, der für abartige Taten gern eine Ledermaske überzieht, oder der voyeuristische Polizeikorrumpel, dessen Interesse an dem Zuhälter augenscheinlich nicht bloß geschäftlich ist. Doch in den Actionszenen unterscheiden sie sich kaum von den zig Henchmen, die durch den Wolf gedreht werden. Tadellos dagegen ist dagegen Hauptdarstellerin Aurora Ribero („Überraschende Ehe“), die inner- und außerhalb des Actionszenen starke Leistungen vollbringt. Ähnlich gut ist Hana Malasan („Ben & Jodi“) als Mentorin, während Kristo Immanuel („24 Hours with Gaspar“) als Handlanger mit Herz in seiner Nebenrolle Akzente zu setzen weiß.

Man kann „Codename 13“ sicher vorwerfen, dass er überlang ist und dass seine Figuren nicht über Archetypen hinauskommen, auch in Sachen Actiongestaltung hatten „The Night Comes for Us“ und die „The Raid“-Teile als offensichtliche Vergleichsfilme noch etwas mehr auf der Pfanne. Doch Tjahjanto überspielt die Schwächen mit Flair und Tempo, vor allem aber mit beinharten, furiosen und stark choreographierten Kampfszenen. „Codename 13“ mag also kein herausragender Actionfilm sein, aber dennoch ein guter, der abliefert, und das auf ausgesprochen derbe Weise für Freunde der härteren Gangart.

Als Netflix-Eigenproduktion wurde „Codename 13“ bisher nicht von der FSK geprüft und ist aktuell nur dort zu sehen. Der Streamingdienst empfiehlt ihn ab 18 Jahren.

© Nils Bothmann (McClane)

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