Mit „Red One“ wandeln Dwayne ‘The Rock’ Johnson und Regisseur Jake Kasdan auf den Pfaden ihrer erfolgreichen „Jumanji“-Sequels. In dieser Weihnachtsactionkomödie wird Santa Claus entführt, weshalb Johnson gemeinsam mit seinen Co-Stars Chris Evans und Lucy Liu nach ihm suchen und somit das Weihnachtsfest retten muss.
Originaltitel: Red One__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Jake Kasdan__Darsteller: Dwayne Johnson, Chris Evans, Lucy Liu, J.K. Simmons, Bonnie Hunt, Kristofer Hivju, Kiernan Shipka, Mary Elizabeth Ellis, Wesley Kimmel, Nick Kroll, Wyatt Hunt, Clayton Cooper, Lanz Duffy, Marc Evan Jackson, Derek Russo u.a. |
Ursprünglich sollte „Red One“ Weihnachten 2023 als Streamingpremiere bei Amazon laufen, was jedoch durch den Doppelstreik der Autoren und Schauspieler in dem Jahr unmöglich wurde. Das sündhaft teure Projekt mit einem Budget von 250 Millionen Dollar wurde aufgrund seiner Thematik dann für die Weihnachtssaison aufgespart und dort sogar mit einem Kino-Release bedacht.
Es geht um Weihnachten und zwei sehr unterschiedliche Männer mit sehr unterschiedlichen Einstellungen dazu. Der eine ist Jack O’Malley (Chris Evans), ein Hallodri, Tunichtgut und Zocker, gleichzeitig aber auch ein hervorragender Spürhund, der seine Fähigkeiten für den meistbietenden einsetzt. Die Eingangsszene zeigt, dass er a) schon als Kind gut im Aufspüren war und b) schon damals wenig von Weihnachten hielt. Natürlich bekommen wir die Erklärung für sein Verhalten (Papa kratzte spurlos die Kurve, als Junior noch klein war) und natürlich haben wir hier den Scrooge-Typen, der im weiteren Filmverlauf ein besserer Mensch werden und die Bedeutung von Weihnachten erkennen muss.
Für Callum Drift (Dwayne ‘The Rock‘ Johnson) ist die Bedeutung des Festes klar, ist er doch der Chef der E.L.F.-Truppe, die Nick (J.K. Simmons) a.k.a. Sankt Nicholas a.k.a. Santa Claus beschützt und ihm zu Diensten ist. Der Weihnachtsmann mischt sich in dieser Variante gern mal als Mall-Santa unters Volk und ist durchtrainiert wie nicht was, weil er bei der Arbeit an Weihnachten so unendlich viele Kalorien verbrennt, sonst gibt es aber die übliche Weihnachtsmythologie: Fliegender Schlitten mit Rentieren, weltweite Geschenkeauslieferung innerhalb einer Nacht, Werkstatt am Nordpol, Faible für Milch und Kekse usw. Hier noch in Zusammenarbeit mit der Regierung, die schon mal eine Kampfjet-Eskorte für den Schlitten bereitstellt, aber das gab es ja in ähnlicher Form auch bei Filmen wie „Fatman“.
Die Wege der Männer kreuzen sich, als Jack im Auftrag unbekannter Hintermänner den Standort des Weihnachtsmannes herausfindet und Nick entführt wird. Zoe (Lucy Liu), die Chefin der Fabelwelten-Ermittlungsbehörde, kommt Jack auf die Schliche, der wiederum die einzige Spur zu den Entführern ist. Also wird Jack zwangsrekrutiert und macht sich mit Callum auf die Suche…
Schaut euch den Trailer zu „Red One“ an
Mit seinem Preisschild von 250 Millionen dürfte „Red One“ der vielleicht teuerste als Streamingpremiere geplante Film sein – die Netflix-Rekordhalter „Red Notice“ (ebenfalls mit Johnson) und „The Gray Man“ (ebenfalls mit Evans) schlugen angeblich günstiger zu Buche. 50 Millionen allein sollen an Dwayne Johnson („Skyscraper“) gegangen sein, aber sicherlich ein Zugpferd ist und seinen Grundcharme mitbringt, in „Red One“ aber vielleicht den Endpunkt jener porentief reinen, ecken- und kantenlosen Langweilercharaktere verkörpert, die er in den letzten Jahren gespielt hat. Callum ist ein Profi in seinem Job, desillusioniert angesichts der immer länger werden Naughty-Liste und immer bereit für die Mission Weihnachten ein paar Ärsche breitzutreten, ansonsten bar jeder Eigenschaften. Immerhin hat Johnson Chemie mit Chris Evans („Ghosted“), der regelmäßig den Film zu klauen droht, wenn er sich als Windhund irgendwo durchmogelt oder das Fantasy-Geschehen sarkastisch kommentiert. Lucy Liu („City of Industry“) ist verschenkter Support, J.K. Simmons („The Tomorrow War“) als Muskel-Weihnachtsmann trotz weniger Szenen ein Gewinn. Schlecht sieht es dagegen für die talentierte Kiernan Shipka („Totally Killer“) aus, die vergleichsweise wenige Szenen hat, in denen sie dann oft auch noch unter einer Winterkapuze, Verkleidungen oder CGI-Effekten begraben wird. Kleine Akzente setzen Bonnie Hunt („Dave“) als Ehefrau des Weihnachtsmannes und Mary Elizabeth Ellis („Licore Pizza“) als Jacks Ex, während die kleine Rolle von Comedian Nick Kroll („Date Night“) eher enttäuschend ausfällt. Vollkommen blass: Wesley Kimmel („Die Geldwäscherei“) als Sohnemann Jacks.
Neben der Starpower setzt „Red One“ dann auch auf einen Drehbuchautor, der schon Vehikel für verschiedene Beteiligte verfasste: Chris Morgan schrieb „Final Call“ mit Chris Evans, „Shazam! Fury of the Gods“ mit Lucy Liu sowie alle „Fast & Furious“-Sequels mit Dwayne Johnson, inklusive des Spin-Offs „Hobbs & Shaw“. Sonderlich gehaltvoll fällt die Schnitzeljagd auf plottechnischer Seite nicht aus, wenn das Duo wider Willen eine rund um die Welt reist, (meist irgendwie belanglose) Hinweise aufsammelt und den absolut generischen Plan der schurkischen Weihnachtshexe Gryla (Kiernan Shipka) durchkreuzen muss. Ebenso erwartbar fallen dann die Entwicklungen der Hauptfiguren aus: Callum entdeckt neuen Arbeitswillen und zieht die Kündigung bei Santa zurück, Schlawiner Jack wird zum rundherum besseren Menschen, inklusive neuem Glauben an das Fest der Liebe und neu gewonnener Zuneigung zum Sohn, was zu Kitschszenen sondergleichen führt – in einer davon sprengt Jacks neue Herzenswärme im wahrsten Sinne des Wortes die Fesseln von Einsamkeit, Verzweiflung und schlechten Eigenschaften.
So ist die Kreativität dann eher in den Details zu finden. Es gibt eine nette Einbindung von Weihnachtsutensilien, etwa wenn die Hinterzimmer von Spielzeugläden als Reisetore rund um die Welt dienen oder Spielzeuge wie Hot-Wheels-Autos oder Rock’Em-Sock’Em-Roboter durch E.L.F.-Vergrößerungsstrahlen zu lebensgroßen Hilfsmitteln werden. Dass diese Mattel-Produktplatzierung gleichzeitig die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes abfeiert, passt dann fast schon wieder zu so einem Kommerzprodukt wie „Red One“. Schick designt und gemacht sind einige Kreaturen, die in dem Film zu finden sind, darunter humanoide Eisbären und Pinguine als Santa-Claus-Helfer, mörderische Schneemänner in einem Eiswagen oder der Krampus (Kristofer Hivju), der erfreulicherweise mit starken Make-Up-Tricks zum Leben erweckt wurde. An einer anderen Stelle sieht man eine Inkarnation des kopflosen Reiters, wenn die Fabelwesen-Ermittlungsbehörde die üblichen Verdächtigen befragt. Ebenfalls ein starkes Design, auch wenn man mit den verschiedenen Festtagsrreichen und der Horror-Weihnachts-Berührung etwas an „Nightmare Before Christmas“ denken muss.
Anderes scheint wenig motiviert aus anderen Vorbildern geliehen zu sein. Wenn die E.L.F.-Leute dank ihrer Wunderarmbänder auf Wunsch schrumpfen können, dann wirkt das arg bei „Ant-Man“ abgepaust, zumal dieses Gimmick recht unmotiviert eingestreut wird und vor allem in den Kampfszenen Verwendung findet. Die wurden von Kirk A. Jenkins („Bad Boys: Ride or Die“) und Holland Diaz (zuvor Stuntamn bei Filmen wie „Day Shift“ und „Renfield“) ganz gut choreographiert, gehen jedoch meist in einem chaotischen Schnitt und einer hyperaktiven, aber wenig zielführenden Kameraarbeit unter – einzig und allein Jacks Widerstand bei seiner Festnahme sowie der Schneemann-Fight machen noch etwas her. Ganz schlimm sind dagegen alle Actionszenen am Nordpol, denn hier stammen fast alle Hintergründe, Kulissen und Gegenstände aus dem Rechenknecht und sehen für einen derart dick budgetierten Film überraschend mau aus. Deshalb wird über alle Shots noch digitaler Schnee drüber geknallt, um Unschärfen und Künstlichkeit etwas zu verdecken, was aber nicht viel hilft. Und wenn ein teilweise animierter Callum bei einer Verfolgungsjagd durch diese komplett animierte Welt hetzt, dann wird es richtig übel, denn auf zumindest ansatzweise physikalische Glaubwürdigkeit wurde nicht geachtet.
Johnson drehte mit Regisseur Jake Kasdan bereits die sehr erfolgreichen „Jumanji“-Sequels „Welcome to the Jungle“ und „The Next Level“, an deren Erfolg sich wohl auch „Red One“ anhängen möchte. Ihr Weihnachtsabenteuer fällt aber eine Nummer schwächer aus, auch auf humoristischer Ebene. Der minutiös geplante Coup bei Jacks erstem Auftritt, ein watschenfreudiger Krampus und ein paar lockere Oneliner (meisten von Jack) sorgen hin und wieder für hochgezogene Mundwinkel, andere Gags dagegen sind auf kindgerecht getrimmte Rohrkrepierer. Die Ansätze von Buddy-Komik zwischen den beiden Hauptfiguren kommen dann auch eher aus den spielfreudigen Darstellern als auch dem Script oder den Dialogen. Sowieso funktioniert „Red One“ tonal nicht immer: Einerseits gibt der Film sich popkulturell abgeklärt, als wären naive Festtagsfilme nach etwas anderen Weihnachtsklassikern wie „Stirb langsam“, „Gremlins“, „Die Geister, die ich rief“ und „Kevin – Allein zu Haus“ nicht mehr möglich, andrerseits will er dann doch wieder bedingungslos das Fest der Liebe feiern und alles gut werden lassen, als sei er auf der Suche nach einer verlorenen Unschuld im Weihnachtsgenre.
So kann „Red One“ immerhin eine spielfreudige Besetzung für sich verbuchen, bei der vor allem Chris Evans heraussticht, sowie einige schicke Design-Ideen. Der Rest ist fades Blockbuster-Einerlei nach Schema F, ohne Ecken und Kanten, mit mäßiger Gagtrefferquote, familiengerechten, oft unübersichtlichen Spektakelszenen oder überraschend schwachen CGI-Effekten. Noch eine Spur vergessenswerter als der ähnlich teure und ähnlich farblose „Red Notice“, an den man sich angesichts der Dwayne-Johnson-plus-abgeklärter-Buddy-Paarung und der aufgeblasenen CGI-Action öfters mal erinnert fühlt.
Warner bringt „Red One“ am 7. November in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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