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Das erste Semester

Zwischen seinen ersten Low-Budget-Gehversuchen in Deutschland und seinen ersten Filmen in Amerika visierte Uwe Boll mit „Das erste Semester“ kurz den deutschen Mainstream, wenn auch erfolglos. In der Uni-Komödie bekommt der angehende Student Christian Kahrmann von seinem Großvater 150.000 Mark in Aussicht gestellt. Dafür muss im ersten Semester zwei Scheine schaffen und eine feste Freundin finden.

Originaltitel: Das erste Semester__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 1997__Regie: Uwe Boll__Darsteller: Christian Kahrmann, Yutah Lorenz, Radost Bokel, Alexander Schottky, Hasso Degner, Tana Schanzara, Willi Thomczyk, Vita Kowala, Hilmi Sözer,Ralph Morgenstern, Katy Karrenbauer, Sissi Perlinger, Peter Nottmeier, Xenia Seeberg, Guildo Horn u.a.
Das erste Semester

Mit der Komödie „Das erste Semester“ versuchte sich Uwe Boll im deutschen Mainstream

Bevor Uwe Boll als Regisseur von internationalen Videospielverfilmungen wie „House of the Dead“ berühmt wie berüchtigt wurde, startete er mit kleinen Filmen in Deutschland, darunter auch die Uni-Komödie „Das erste Semester“.

Hauptfigur ist der angehende Student Andreas Schimmer (Christian Kahrmann), der passend für eine High-Concept-Komödie aus einer nicht ganz gewöhnlichen Familienstruktur herauskommt. Seine Mutter Elke (Vita Kowala) ist in zweiter Ehe mit dem Nichtsnutz und notorischen Pleitegeier Rolf (Willi Tomczyk) verheiratet. Der wiederum wartet eigentlich nur darauf, dass Andreas‘ schwerreicher Opa Erwin (Hasso Degner) den Löffel abgibt, damit es was zu erben gibt. Geld und Geldgier werden schon früh als Motiv etabliert, etwa wenn Andreas in der Eröffnungsszene nach einem Tagtraum aus seinem bisherigen Job gefeuert und um seinen Lohn geprellt wird, dem Chef dann aber aus Rache noch schnell das Fahrrad klaut.

Rolf hat bei seinen Abwarten-und-erben-Plänen die Rechnung allerdings ohne den garstigen alten Herrn gemacht. Der will seinem Enkel Andreas lieber direkt 150.000 Mark auszahlen – wenn dieser sich als würdig erweist. Dazu muss er innerhalb des ersten Semesters zwei Scheine schaffen, um seinen Ehrgeiz zu zeigen, und eine feste Freundin finden, um Beständigkeit zu beweisen. Damit erinnert „Das erste Semester“ an andere High-Concept-Komödien wie „Zum Teufel mit den Kohlen“, auch wenn das High Concept hier einem vergleichsweise Low Budget gegenübersteht.

An der Uni Köln erwarten Andreas allerdings einige Überraschungen: Der Studienalltag ist komplizierter als gedacht, der Opa will ihn im ersten Semester finanziell nicht unterstützen, die Mutter kann es nicht. Und dann ist da noch der Rolf, der Intrigen schmiedet, damit Andreas das Geld nicht bekommt…

Schaut euch den Trailer zu „Das erste Semester“ an

Das erste Semester

Entscheidet sich Andreas (Christian Kahrmann) für Marlis (Yutah Lorenz) oder für Lea (Radost Bokel)?

Man mag auf den ersten Blick dazu geneigt sein „Das erste Semester“ in jener Welle von Teen- und Collegekomödien nach dem Erfolg von „American Pie“ Ende der 1990er zu verorten, doch tatsächlich kam Bolls Film zwei Jahre vor dem amerikanischen Smash Hit heraus. Andrerseits sind College- und Uni-Komödien ja auch ein zeitloses Genre, geprägt durch US-Klassiker wie „Animal House“ oder „Revenge of the Nerds“. In Deutschland dagegen ein eher selten bespieltes Feld, weshalb „Das erste Semester“ schon einen gewissen Alleinstellungswert besitzt. Gedreht wurde an der Uni Köln, an der Boll zeitweise selbst studierte. Mit Freude spießt Boll, der das Drehbuch gemeinsam mit Michael Stehr und Detlef Brzostek schrieb, manches Klischee des Uni-Wesens auf: Das Gerangel um Seminarplätze, auf Autopilot laufende Professoren, die auch bei nur einer anwesenden Person wie vor einem vollen Hörsaal auftreten, Studentinnen, die ihre Noten durch Flirts mit den Dozenten verbessern wollen usw. Das ist nicht immer filigran, bisweilen aber schon ganz lustig, manchmal an der Realität vorbei, manchmal dagegen sehr treffend (Stichwort: Warten auf Einschreibelisten für Seminare).

Sonderlich feingeistig ist das nicht, mit großer Freude am grobstolligem Stereotyp, angefangen beim indischen Austauschstudenten, der noch selbst schlachtet, für Westeuropäer ungenießbares Essen kocht und dann auch noch vom türkischstämmigen Hilmi Sözer gespielt wird. Immerhin kriegt beinahe jeder sein Fett weg und da macht „Das erste Semester“ auch vor seinem etwas minderbemittelten Helden nicht halt. Wenn dieser in der Mensaschlange mit einer attraktiven Vegetarierin flirtet, macht er alles direkt wieder zunichte, indem er den Hackbraten bestellt. Die hilfsbereite, offensichtlich in ihn verschossene Marlis (Yutah Lorenz) nutzt er aus, um Hilfe bei einem Referat zu kommen, mit dem er dann bei Lea (Radost Bokel) landen will. Allerdings lebt Andreas auch ganz offensichtlich in einer Welt, in der die meisten Menschen für Geld und eigene Vorteile alles tun würden – darunter sein Stiefvater, Lea, sein Zimmernachbar Dietmar (Alexander Schottky), Teile der Professorenschaft usw. usf. Ehrenwerte Menschen wie Marlis oder Elke sind da die Ausnahme und so wirkt es dann auch etwas gestelzt, wenn Dietmar am Ende merkt, dass Andreas ja doch ein feiner Kerl war, den er die ganze Zeit über eigentlich nur verarscht und ausgenutzt hat.

Das erste Semester

Vermieterin Frau Dormin (Sissi Perlinger) ist jüngeren Männern nicht abgeneigt

Ebenso klischeehaft ist natürlich auch der Handlungsverlauf. Andreas hat nur Augen für Lea, die ihn konsequent ausnutzt, und ignoriert die propere Marlis, sodass er am Ende Gefahr läuft ohne holde Maid dazustehen. Es ist nicht schwer zu erraten, wie das Ganze schlussendlich ausgeht, natürlich mit einem Finale auf der Semesterabschlussfeier. Aber bis dahin hat „Das erste Semester“ durchaus Spaß mit der Mär vom Bettelstudenten, der sich gegen die Widrigkeiten der Uni und den Studentenlebens durchsetzen muss. Man merkt, dass Boll die Materie kennt, wenn er Landei Andreas an der Uni mit den Kritischen Theorie von Theodor W. Adorno kollidieren lässt oder ihn durch windige Studentenjobs jagt. Hintersinn hat das nicht viel, Überraschungspotential auch nicht, aber Tempo hat das Ganze schon und beim Gag-Timing wechseln sich Treffer und Rohrkrepierer ab, sodass es durchaus was zum Lachen gibt. Nettes Zeitgeist-Detail: Marlis und Andreas arbeiten in Studentenjobs beim Kölner Musiksender VIVA, damals noch der heißeste Scheiß, mittlerweile mangels Zuschauerzahlen eingestellt.

Christian Kahrmann, damals frisch ausgestiegen bei der „Lindenstraße“ und vorher schon in Bolls „Amoklauf“ zu sehen, spielt den Torfkopp Andreas dann auch so sympathisch, dass man manches eher arschige Verhalten eher auf seine Naivität denn auf negative Charakterzüge zurückführt. Yutah Lorenz („Tatort: Der Teufel“) spielt gut als potentielles Love Interest, Radost „Momo“ Bokel agiert dann schon merklich eindimensionaler als Bitch in bauchfreien Tops. Willi Tomczyk („Der Eisbär“) hat Freude an seinem Halunkenpart, während sich diverse Promis in Gastrollen die Klinke in die Hand geben: Hilmi Sözer („Bang Boom Bang“) als Austauschstudent, Sissi Perlinger („Die Nacht der lebenden Loser“) als Vermieterin mit einem Auge auf jüngere Männer, Tanna Schanzara („Was nicht passt, wird passend gemacht“) als abgebrühte Wohnheimchefin, die immer neue Gründe zum Abkassieren findet, Ralph Morgenstern („Geierwally“) als Restaurantchef und Guildo Horn als er selbst, der mit seiner Band Die orthopädischen Strümpfe Erstis vollsingt.

„Das erste Semester“ ist eine weder besonders gute noch besonders schlechte Uni-Komödie, wenig originell, wenig feinsinnig, aber in seiner Beschreibung des Studentenlebens teilweise durchaus treffend. Die Trefferquote des Gags ist durchwachsen, aber es gibt durchaus was zu Lachen – vom Provokateur und Kritiker-Hassobjekt Boll ist in diesem Campusfilm dann noch wenig zu merken. Nachdem diese eher mainstreamige Komödie allerdings bei Kasse und Kritik scheiterte, wanderte Boll nach Amerika ab, um dort erst mit Low-Budget-Horror, danach mit Videospielverfilmungen wesentlich mehr Resonanz (im Guten wie im Schlechten) zu erzeugen.

„Das erste Semester“ wurde in Deutschland von ZYX auf DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 6 Jahren freigegeben. Bonusmaterial gibt es keins.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: ZYX__FSK Freigabe: ab 6__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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