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Black Christmas (2019)

„Black Christmas“ zum Dritten: Nach dem Original von 1974 und dem Remake von 2006 versuchte sich Sophia Takal 2019 an einem feministischen Reimagining für die Horrorschmiede Blumhouse. Darin geraten Imogen Poots und weitere Mitglieder ihrer Studentinnenverbindung ins Visier eines Killers, der am Hawthorne College umgeht.

Originaltitel: Black Christmas__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Sophia Takal__Darsteller: Imogen Poots, Aleyse Shannon, Lily Donoghue, Brittany O’Grady, Caleb Eberhardt, Cary Elwes, Simon Mead, Madeleine Adams, Ben Black, Lucy Currey, Zoë Robins u.a.
Black Christmas

2019 erschien mit „Black Christmas“ ein Blumhouse-Reimagining des Slasher-Stoffes

Das Original von „Black Christmas“ war anno 1974 ein Vorläufer bzw. früher Vertreter des Slashergenres, das vier Jahre später mit „Halloween“ so richtig Form annahm. 2006 gab es ein erstes Remake von Bob Clarks kleinem Klassiker, welches die Einflüsse der damaligen Torture-Porn-Welle mit einbrachte, 2019 versuchte es die umtriebige Horrorschmiede Blumhouse mit einem Reimagining.

Die 2019er-Variante geht wesentlich freier mit dem Stoff um, die Grundidee einer Studentinnenverbindung im Visier eines maskierten Schlitzers bleibt allerdings erhalten. Handlungsort ist das Hawthorne College, benannt nach dem (fiktiven) Gründer Caleb Hawthorne. Die Männerverbindung DKO ist die „Founder’s Fraternity“, es gibt aber auch mehrere Sororitys auf dem Campus. Ein Mitglied ebenjener Schwesternschaften wird in der Auftaktszenen von einem maskierten Schlitzer mit einem Eiszapfen erdolcht, vorher spielt der Killer Katz und Maus zwischen Weihnachtsdeko mit ihr, womit das festtägliche Setting schon mal etabliert wird.

Anschließend lernt man Studentinnen der MKE-Sorority kennen, darunter Riley (Imogen Poots), die nach einer Vergewaltigung durch einen DKO-Studenten vor drei Jahren, welche aber nie strafverfolgt wurde, etwas in sich zurückgezogen ist, die um Harmonie bemühte Marty (Lili Donoghue), die einen festen Freund hat, und die aktivistische Kris (Alyse Shannon), die Unterschriften für verschiedene Kampagnen sammelt. Gerade erst hat sie veranlasst, dass eine Büste des Sklavenhalters Hawthorne aus der Öffentlichkeit entfernt wird, nun will sie gegen Professor Gelson (Cary Elwes) vorgehen, weil sie ihn für einen Sexisten hält und an seinem Curriculum zweifelt, in dem nur Klassiker von männlichen, weißen Autoren behandelt werden. Dass dieser „Black Christmas“, ähnlich wie viele andere Blumhouse-Horrorfilme, gesellschaftliche Debatten im Horrorkontext aufnehmen möchte, trägt der Film besonders offen auf der Brust.

So sind natürlich auch Verdachtsmomente gelegt, als MKE ins Visier des Mörders gerät, was allerdings von den Mitgliedern nicht bemerkt wird. Denn der Schlitzer pickt sich jene raus, die eh gerade in die Weihnachtsferien aufbrechen, während Riley und ihre Freundinnen noch da bleiben wollen…

Schaut euch den Trailer zu „Black Christmas“ an

Regisseurin Sophia Takal („Into the Dark: New Year, New You“), die gemeinsam mit April Wolfe („Clawfoot“) auch das Drehbuch zu dieser Version schrieb, hatte sicherlich ehrenwerte Absichten und nimmt sich Zustände wie sexuelle Übergriffe an US-Colleges, die immer noch viel zu selten geahndet oder ernstgenommen werden, vor. Sie versucht sich auch kurzzeitig mal an Ambivalenzen, etwa wenn die Mädels darüber reden, ob Kris es mit ihrem Aktivismus nicht zu weit treibt oder literarische Klassiker eben behandelnswertes Material sind. Dummerweise geht „Black Christmas“ das ganze Thema dermaßen hölzern und unsubtil an, dass schnell Hopfen und Malz verloren sind. Die Dialoge klingen nicht wie echte Gespräche, sondern wie thesenhafte Abhandlungen, die erwähnten Ambivalenzen werden schnell abgefrühstückt und auch sonst beschränkt sich „Black Christmas“ darauf Missstände zu erwähnen, aber wirklich Tiefgreifenderes hat er selten dazu zu sagen. Zumal die Verbindung von Horror-Topoi und Hintergrund nicht immer eine gute Symbiose abgibt: Wenn Riley zur Polizei geht, weil sie eine Freundin länger nicht erreicht und obszöne Textnachrichten von einem anonymen, nach Caleb Hawthorne benannten Account bekommt, aber ihr nicht geholfen wird, dann kann man das als männliche Ignoranz gegenüber (berechtigter) weiblicher Sorge lesen, aber auch als die klassische Genrekonstellation, dass die Polizei nichts unternimmt, weil noch nichts Beweisbares, Handfestes passiert ist und Riley auch eher hysterisch wirkt und sich in argumentative Widersprüche verstrickt.

Black Christmas

Die Studentinnenverbindung rund um Riley (Imogen Poots) gerät ins Visier eines Killers

Das nächste Problem sind dann die Figuren – im Slashergenre eh oft ein Schwachpunkt, aber wenn man etwas zu sagen haben möchte, dann sollte man sich auch die richtigen Verkörperungen auf der intradiegetischen Ebene suchen. Mit Riley hat „Black Christmas“ zwar eine brauchbare, sympathische Protagonistin mit Zwischentönen, ansonsten wird es düster: Kris zeichnet sich nur durch ihren Aktivismus mit Ohne-Rücksicht-auf-Verluste-Attitüde aus, Marty fast nur über ihre Beziehung und der Rest der Schwesternschaft ist beinahe bar jeder Persönlichkeit. Bei den Männern gibt es viele offensichtliche Schmierlappen wie arschgeigigen Frat Boys, mit dem begrenzt einfühlsamen Gelson eine suspekte Figur und den schüchternen Landon (Caleb Eberhardt) als Rileys Love Interest, der aber so kauzig und verhuscht gezeichnet wird, dass er als potentieller Täter in Frage kommt. Namentlich bekannte Verdächtige gibt es dann auch so wenige, dass ein echtes Mitraten oder eine Whodunit-Komponente auch kaum drin sind.

So richtig mies wird es dann allerdings im letzten Drittel, wenn „Black Christmas“ dann auf einmal zu Quatsch mit Soße wird. *SPOILER* Es kommt eine übersinnliche Komponente ins Spiel und es ist auch kein einzelner Killer, auch kein Duo wie in „Scream“, nein, Gelson als alter Verbingsherr und seine Ober-Frat-Boys verwandeln alle DKO-Anwärter mittels schwarzem Schleim aus der Büste von Hawthorne in mordslüsterne Schlitzer. Das Zeug strahlt dann telepathisch auf alle Männer aus, doch man weiß nie, ob das Zeug jetzt angebliche Urinstinkte weckt, eine Metapher für toxische Männerbünde sein soll oder nur einfach irgendwelche armen Wichte infiziert. Damit torpediert Takal dann auch direkt ihre eigene Metaebene, wenn man der schwarze Blubber aus Hawthornes Steinrübe an allem schuld ist. Dass der Showdown mit der eingreifenden Sisterhood, die überraschend souverän auf die bösen Heinis eindrischt und -sticht, dann inszenatorisch eher an eine beliebige Network-TV-Serie erinnert steht dem Ganzen dann ebenso wenig gut zu Gesicht wie die Tatsache, dass man quasi alle Schleim-Infizierten abfackelt, man an Rileys Love Interest allerdings sieht, dass der Fluch eigentlich gebrochen werden kann. *SPOILER ENDE*

Black Christmas

Waffe der Wahl: Der Killer greift gern zum Bogen

Doch auch vor dem letzten Kokolores-Drittel ist mit dem Blumhouse-„Black Christmas“ nicht viel los. Da das Ganze ein PG-13-Slasher ist, sind solche basalen Attraktionen wie derbe Effekte nicht drin, auch die Mordmethoden sind begrenzt kreativ – ein Bogen als Waffe der Wahl oder der Eiszapfen-Mord inklusive Schnee-Engel durch Todeskampf sind da noch das Äußerste der Gefühle. Nun hatte Blumhouse mit „Happy Deathday“ ja bereits bewiesen, dass PG-13 und Slasherfilm durchaus zusammen gehen können, allerdings schien Takal ihrem Publikum nicht nur keine Goreszenen, sondern auch keine allzu aufregenden Stalking- und Spannungspassagen zumuten zu wollen. Insofern tapern die egalen Opfer meist nur im Verbindungshaus rum, irgendwann kommt der Butzemann aus der Ecke und dann wird bereits abgeblendet, was nun alles andere als Nervenkitzel auf Zelluloid ist.

Imogen Poots („Centurion“) ist zwar etwas zu alt für die Rolle als College-Girl, gehört aber zu den Lichtblicken von „Black Christmas“, da sie mit ihrem Spiel und ihrer Anlage jenen Facettenreichtum reinbringt, den das Drehbuch vergeblich herbeischreiben möchte. Eine launige Musical-Performance von ihr und ihren Freundinnen gehört dann zu den gelungeneren Szenen des Films, auch wenn die Regie das mit Zwischenschnitten auf empörte Frat Boys und jubelnde Sorority Girls gleich wieder runterdummen muss. Cary Elwes („Psych“) zieht sich noch halbwegs achtbar aus der Affäre, hat aber insgesamt nur drei, vier Szenen, beim Rest sieht es düster aus. Aleyse Shannon („Leverage: Redemption“) verwechselte Dauerangepisstsein mit Girl Power, Caleb Eberhardt („Judas and the Black Messiah“) taugt weder als Love Interest noch als Verdächtiger so wirklich was und der Rest ist so egal, dass man sich weder Rollen- noch Darstellernamen merken mag.

Vielleicht hatten Takal und Co. hier das feministische Pedant zu Jordan Peeles Race-Relation-Horrorfilm „Get Out“, ebenfalls von Blumhouse produziert, im Sinn. Dummerweise gehen ihnen dann die filmische Cleverness und das Erzähltalent von Peele ab, denn ihr „Black Christmas“ fühlt sich gleichzeitig thesenhaft und undurchdacht an, spricht seinen Themen absolut plump an und kann als Slasher auch nicht viel, ehe er im letzten Drittel dann in den totalen Mumpitz abdriftet. Die talentierte Imogen Poots sowie zwei, drei gelungene Einzelszenen helfen da am Ende auch nicht mehr viel.

Universal hat „Black Christmas“ in Deutschland auf Blu-Ray und DVD herausgekürzt, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. Als Bonusmaterial gibt es einen Audiokommentar von Sophia Takal und Imogen Poots, unveröffentlichte und erweiterte Szenen, ein alternatives Ende und Featurettes.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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