Originaltitel: Kill__Herstellungsland: Indien__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Nikhil Nagesh Bhat__Darsteller: Abhishek Chauhan, Lakshya, Pratap Verma, Harsh Chhaya, Tanya Maniktala, Adrija Sinha, Meenal Kapoor, Mukesh Chandelia, Madhu Raja, Arun Thakur, Aman Bal u.a. |

Der indische Actioner „Kill“ lässt es krachen.
Denkt man an indisches Kino, denkt man unweigerlich an Bollywood. Dass die indische Filmindustrie jedoch weitaus vielfältiger ist, beweist unter anderem „Kill“. In dem spielen zwar eine extrem dominante Musik und große Gefühle ebenfalls eine große Rolle, dennoch muss man nicht befürchten, dass die Hauptdarsteller hier in Gesang ausbrechen und durch die Kulissen tanzen. Vielmehr steht „Kill“ in der Tradition hyperbrutaler Actioner der Marke „The Raid 2“ und „The Night comes for us“.
Amrit ist Teil einer militärischen Spezialeinheit. Als er von einer Übung zurückkehrt, ist sein Handy geflutet mit Nachrichten von seiner großen Liebe Tulikah. Die berichtet ihm unter Tränen, dass ihr Vater eine Verlobung für sie arrangiert habe – und diese steige noch am gleichen Wochenende. Amrit reist sofort los, um die Festivität zu verhindern, kommt aber zu spät. Dennoch denkt er nicht daran, kampflos aufzugeben. Von Tulikah erfährt er, dass die Verlobungsgesellschaft noch am gleichen Abend mit dem Zug nach Delhi fahren werde.
Er nimmt ebenfalls genau diesen Zug und macht seinerseits seiner Tulikah einen Antrag. Tulikah verspricht, nur ihren Amrit zu ehelichen. Doch dann wird es plötzlich unübersichtlich, denn unter den Mitreisenden befinden sich zahllose Mitglieder einer verbrecherischen Großfamilie. Sie wollen die Reisegäste ausrauben. Schnell bemerken sie aber, wer ihnen hier ins Netz gegangen ist. Denn Tulikahs Vater ist ein reicher Unternehmer.
Die Räuber nehmen Tulikahs Vater als Geisel und wollen für ihn ein erkleckliches Lösegeld erpressen. Das Problem: Amrit und sein mit in den Zug gestiegener Kamerad Viresh wollen den Gaunern in die Suppe spucken.
Wenn sie diesen Zug verlassen, dann nur für ihre Beerdigung!
Schaut in den Actionfilm hinein
Brutale Action aus Indien
Die Story von „Kill“ ist der reine Popanz. Das Verlobungsgesülze um Amrit und Tulikah ist so egal wie sonst irgendwas. Im Grunde hätten Tulikah und Amrit auch ganz gewöhnliche Fahrgäste in dem Zug sein können und man hätte sich das Getue um die arrangierte Verlobung problemlos sparen können – und sollen. Sobald dann die Gangster den Zug übernehmen, läuft die eigentliche Handlung an und die hält den Film problemlos bis zum Showdown zusammen.
Interessanter als die egale Story ist die Dramaturgie hinter der allgegenwärtigen Action im Film. Denn zu Beginn sind Amrit und Viresh spürbar nicht bereit, tödliche Gewalt gegen die Lumpen anzuwenden. Sie verteilen derbe Hiebe und Tritte und schicken ihre Gegner ins Land der Träume, ihre Messer allerdings sind nur da, um kampfunfähig zu machen. Ihre Gegner wirken da direkter und sind deutlich brutaler unterwegs. Kinder werden bedroht, Teenager erstochen, Männer und Frauen brutal verprügelt.
Auch Amrit und Viresh stecken hart ein. Werden heftig aufgeschlitzt. Dennoch wirken sie gebremst und zurückhaltend in ihrem Tun. Bis ungefähr nach 45 Minuten eine Storyentwicklung alles verändert. Diese ist saustark inszeniert und sehr intensiv in ihrer Wirkung. Und sie wird beendet mit der Einblendung des Titelschriftzuges: „Kill“. Was vor allem Amrit wie ein Befehl wahrzunehmen scheint. Denn Augenblicke später schaltet er in einen ganz anderen Gang.

Amrit versteht keinen Spaß, wenn es darum geht, seine Liebe zu beschützen.
Fortan werden die Gegner zerstört. Mit Feuerlöschern, Hieb- und Stichwaffen, Feuerzeugbenzin sowie Händen und Füßen werden die Zugräuber ins Jenseits befördert. Das Blut fließt in rauen Mengen, die Knochen knacken und Keuchen, Röcheln und laute Schmerzensschreibe beherrschen die Tonspur. Die Story verendet mit den meisten Gaunern gleich mit. Es geht nun nur noch um eines: Der Zug muss befriedet werden.
Und genau das macht Amrit. Und zwar mit einer Vehemenz, die sehr intensive Einzelszenen zur Folge hat. Ein wirklich krasser Moment ist etwa jener, wenn Amrit die bisher abgeschlachteten Gegner in einem Waggon an die Decke hängt. Das Szenario ist extrem gespenstisch und entwickelt eine irre Wirkung. Auch weil Amrit dadurch in eine ganz andere Sphäre gehoben wird. Er wirkt wie wahnhaft. Wie ein Irrer. Was in einem wirklich starken Moment gipfelt, in dem ein Fieswicht vollkommen entgeistert Amrit bei dessen Tun zuschaut und dann folgendes Statement ablässt:
Wer killt denn so grausam? Du bist nicht der Held! Du bist ein gottverdammtes Monster!
Und die Action hat nicht nur wegen ihrer offen ausgestellten Brutalität gewaltigen Impact. Interessant ist nämlich auch die Zusammenstellung der Bösewichter. Die entstammen, wie bereits erwähnt, einer Großfamilie. Hier kennt jeder jeden. Und so ist es schon beklemmend, wenn die Lumpen einen soeben niedergeknüppelten Partner als Vater, Onkel oder Bruder betrauern. Die Bösewichter bleiben zwar weitgehend gesichtslose Opfermasse, diese familiäre Vertrautheit jedoch haut rein.

Bemerkenswert große Augen: Amrits Liebe Tulikah.
Die derbe Action ist tadellos in Szene gesetzt. Hauptdarsteller Lakshya, der vom Film als Schauspieldebütant geführt wird, der er eigentlich nicht ist, sieht man an, dass er sich monatelang auf die Action vorbereitet hat. Er teilt cool aus und erweckt die geerdeten Choreographien des südkoreanischen Action-Regisseurs Se-yeong Oh überzeugend zum Leben.
Der Schauplatz spielt für die Action eine große Rolle, zwängt er ihr doch bestimmte Grenzen auf. In den beengten Settings der durchweg bespielten Schlafwagen sind keine High- oder Sprungkicks möglich. Extrem spektakuläre Martial-Arts-Manöver machen hier keinen Sinn und bleiben darum auch aus. Stattdessen dominiert Hand-to-Hand-Combat inklusive Waffeneinsatz (vornehmlich Messer) die Szenerie.
Um die Action überhaupt in Szene setzen zu können, wurde der Zug komplett im Studio nachgebaut und so montiert, dass alle Wände, jedes Stück Interieur beweglich waren und weggeschoben werden konnten. Trotzdem waren die Kameramänner so gut wie immer extrem nah an den Protagonisten dran. Trotzdem hat man nie das Gefühl, irgendwas zu verpassen. Klasse.

Amrit killt…
Eine mal wirklich hervorragende Musik untermalt die Action genial. Klasse ist etwa ein Stück, das vor besonders spektakuläre Gewalteinlagen das Durchladen einer Pumpgun abspielt! Doch auch in den dramatischen Momenten ist die Musik on point und extrem im Vordergrund. Das lässt manche Momente ein wenig zu kitschig wirken, erzeugt aber auch einen interessanten Kontrast zu den hyperbrutalen Actionmomenten.
„Kill“ haut ordentlich rein
Ich gebe offen zu, dass ich aus Indien nicht zwingend ein Powerhouse wie „Kill“ erwartet hätte. Der absolute patent inszenierte Actioner von Nikhil Nagesh Bhat punktet mit brutaler, breit ausgespielter Gewalt, die die FSK nicht ohne Grund nicht ungeschnitten passieren lassen wollte. Capelight ging den Weg zur SPIO/JK und präsentiert den Film infolgedessen ungeschnitten. Der Blutzoll ist enorm, das Geschlitze mit verschiedenartigsten Messern teils unangenehm anzuschauen und so mancher Kill ist schon sehr drastisch geraten.
Als Actionfan wird man hier also verwöhnt, wenngleich die toll choreographierte Action so manchem Filmfan vermutlich zu eintönig sein wird. Zwar hat jeder Kill hier etwas Eigenes, ABER die Action bedient sich eben nur bei physischen Martial-Arts-Momenten. Es gibt kein großes Geballer. Auf den Schienen stehen keine Karren, die sich in einem Feuerball auflösen, wenn der Zug durchrauscht. Explosionen und andere aufwändige Momente gibt es in „Kill“ nicht. Wer das braucht, wird ein langes Gesicht machen.
Und auch wer eine Story oder lebendige Charakterzeichnungen braucht, wird bei „Kill“ nicht fündig. Das bisschen Story, das es gibt, ist äußerst funktional ausgerichtet. Einige kitschige Einlagen hätte es nicht gebraucht, aber da können die Inder offensichtlich nicht aus ihrer Haut. Gute Darsteller, ein hohes Tempo und so gut wie kein Leerlauf stehen dafür auf der Habenseite. Wie man lesen durfte, haben sich die Amerikaner bereits die Rechte an einem Remake gesichert. Man darf gespannt sein, wie dieses rohe Stück Steak aussehen wird, wenn die Amerikaner es zuzubereiten versuchen.
Die deutsche DVD / Blu-ray erscheint am 16. Januar 2024 offiziell von Capelight Pictures. Im Rahmen einer Adventskalender-Aktion war der Film bereits als 4K UHD/Blu-ray Mediabook Anfang Dezember 2024 zu haben. Und bereits im November konnte man den Film streamen. Hierbei ist der Film jeweils ungeschnitten und kommt mit der bereits erwähnten, leichten SPIO/JK-Freigabe.
In diesem Sinne:
freeman
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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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