Originaltitel: The Corruptor__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1999__Regie: James Foley__Darsteller: Mark Wahlberg, Chow Yun-Fat, Ric Young, Paul Ben-Victor, Jon Kit-Lee, Andrew Pang, Brian Cox, Byron Mann, Kim Chan u.a. |
Ja, es gibt sie noch, die kompromisslos brutalen Actionreißer im minimalistischen Europagewand. In geringer Zahl, aber stets präsent bieten sie eine Abwechslung von den üblichen CGI-Schlachten, die manchmal wie eine Überreaktion auf die Star Wars-Urtrilogie erscheinen (oh ja, ich rede von einer Überreaktion über Jahrzehnte hinweg!).
Das sympathische Subgenre des Actionfilms hingegen punktet vor allem mit der Beschränkung auf das Wesentliche. Zu den Klassikern gehören “Bullitt” und “French Connection”, die Stars der Gegenwart heißen “Ronin” und “The Bourne Identity” bzw. “Supremacy”.
“Corruptor” befasst sich inhaltlich nun mit einem Bandenkrieg in dem New Yorker Viertel Chinatown, in den die städtische Polizei hineingezogen wird. Hört sich ja nun nicht sehr europäisch an, doch Regisseur James Foley inszenierte sein Werk von 1999 als straighten, kühlen Großstadtthriller mit allen Zutaten seiner Vorbilder.
Im Mittelpunkt steht nicht wirklich der ausschlaggebende Bandenkrieg, sondern vielmehr (wie der Titel schon sagt) das Spiel mit der Macht und die Korruption, die sich in den eigenen Reihen breitmacht. Dementsprechend werden zwei in ihrer Anlage recht klischeehafte Figuren zu den Protagonisten ausgebaut: Chow Yun-Fat spielt Nick Chen, einen erfahrenen Cop, der angewidert von der Gesellschaft seinen eigenen Weg gefunden hat, mit den Verbrechen der Gangs und Kartelle aufzuräumen (vergleichbar z.B. mit Ray Liotta in “Narc” oder Denzel Washington in “Training Day“). Mark Wahlberg spielt den Neuling Nick, der frisch versetzt wurde und seine naiven Vorstellungen von Gesetz und Ordnung möglichst schnell in die Tat umsetzen will (die Synonyme: Jason Patric in “Narc” und Ethan Hawke in “Training Day”).
Gerade Chow Yun-Fat ist es aber zu verdanken, dass die klischeehaften Grundlagen der Hauptrollen zu Unikaten ausgebaut wurden. Bleibt Wahlberg trotz solider Darstellung insgesamt doch etwas blass, bietet Yun-Fat möglicherweise seine beste Schauspielleistung auf amerikanischem Boden. Zusammen bilden sie ein etwas ungewöhnliches Buddy-Team, aus dessen Verhältnis der Film einen nicht zu verachtenden Teil seiner Spannung bezieht. Danny wird im Storyverlauf zur Identifikationsfigur aufgebaut, da der Zuschauer wie Danny vor vollendete Tatsachen gesetzt und mit unverblümter Gewalt konfrontiert wird, angefangen bei der ersten Szene, in der ohne Vorwarnung ein Geschäft in die Luft gejagt und der Besitzer hingerichtet wird. Sämtliche Antagonisten werden dabei ohne Vorgeschichte einfach in den Plot eingebunden, so dass man nie weiß, was man von der jeweiligen Figur halten soll. Auch Chens Vergangenheit bleibt weitgehend unbeleuchtet, erweist er sich doch in Bezug auf persönliche Dinge eher verschwiegen. Nur über Danny erfahren wir mehr: seine Beweggründe für die Arbeit bei der Polizei, seinen familiären Hintergrund (sein Vater hat eine nicht unerhebliche Dauer an Screentime zur Verfügung) etc.
httpv://www.youtube.com/watch?v=KwPmRPLB9V0
Dementsprechend wird der Verdacht geschürt, dass Nick nicht der ist, für den man ihn hält, zumal er sich bei den ersten Erfolgen Dannys als sein erster Gratulant, aber auch als sein größter Kritiker erweist.
Entsprechend der Charakterzeichnung schlägt die Story ziemlich viele Haken, weshalb man schon aufpassen muss, um den Faden nicht zu verlieren. Das Ganze gestaltet sich mit der Zeit im wahrsten Sinne des Wortes zu einer ausufernden Schnitzeljagd durch die Stadt mit ständig wechselnden Locations über die Polizeistation, Bordelle und Seitengassen bishin zur Stadtmitte.
Der aus Sicht des Actionfans rühmende Höhepunkt liegt bei einer optimal ins Geschehen passenden Autoverfolgungsjagd, die wunderbar realistisch rüberkommt und den Genre-Königsszenen aus “The Italian Job” (der mit Michael Caine) und “French Connection” kaum in etwas nachsteht.
Das Finale erinnert wie überhaupt die Konstruktion um das Thema Freundschaft ein wenig an die Hong Kong-Filme von John Woo. Dieser Eindruck mag sich aber auch aufdrängen wegen Chow Yun-Fat und seiner teils etwas extremen Gefühlsschwankungen (wie etwa im Restaurant: erst die total übertriebenen, typisch asiatischen Buddy-Gefühlsausbrüche, dann kalte Berechnung). Tatsächlich unterscheidet sich das Grundkonstrukt doch etwas von den Woo-Werken.
Ich halte es mal etwas kürzer als üblich und schließe mit dem Fazit, dass “Corruptor” überaus sehenswert ist, allerdings auch weitaus anstrengender als etwa die Kollegen “Narc”, “Ronin” oder “Training Day”. Doch gerade hierin erweist sich die Qualität von Foleys Werk, denn die Geschichte bleibt trotz allem weitgehend frei von Logikfehlern, die sich bei der Komplexität durchaus relativ einfach einschummeln könnten.
Prädikat: sehenswert.
Sascha Ganser (Vince)
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