Originaltitel: The Hunger Games: Catching Fire__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Francis Lawrence__Darsteller: Jennifer Lawrence, Liam Hemsworth, Josh Hutcherson, Elizabeth Banks, Jena Malone, Sam Claflin, Woody Harrelson, Alan Ritchson, Stanley Tucci, Philip Seymour Hoffman, Paula Malcomson, Donald Sutherland, Jeffrey Wright, Amanda Plummer, Lynn Cohen, Lenny Kravitz, Willow Shields, Toby Jones, Daniel Bernhardt u.a. |
Endete „The Hunger Games“ noch mit einem relativ abgeschlossenen Ende, für den Fall eines unwahrscheinlichen Misserfolgs, so wurden die Verfilmungen der nächsten zwei Bücher gleich fest als Ganzes geplant.
Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) hat die 74. Hunger Games zusammen mit ihrem angeblichen Lover Peeta Mellark (Josh Hutcherson) gewonnen, doch wirklich glücklich ist sie danach nicht, obwohl sie mit ihrer Mutter (Paula Malcolmson) und ihrer Schwester Primrose (Willow Shields) nun in einem Steinhaus lebt und gut versorgt ist. Doch sie hat Alpträume und wird von Präsident Snow (Donald Sutherland) genauestens überwacht, da ihr Akt der Rebellion am Ende der letzten Hunger Games die Menschen aufgewiegelt hat. „The Hunger Games: Catching Fire“ steigt mit einem Zeitsprung ein, bringt den Zuschauer aber schnell auf den neusten Stand, was das Leben Katniss‘ und anderer wichtiger Figuren angeht.
Doch das nächste Problem steht an: Sie und Peeta müssen als Sieger durch die Districts touren und das glücklich verliebte Paar spielen, obwohl Katniss ihn gemieden hat. Da jede Unachtsamkeit und jede unliebsame Äußerung die Revolution anfachen kann, ermahnt Präsident Snow sie zur Linientreue – andrerseits heißt es Exitus für sie, ihre Familie und ihren engen Freund Gale Hawthorne (Liam Hemsworth), der ganz offensichtlich in sie verliebt ist.
Nach der Heimkehr von der Tour, die nicht den von Präsident Snow verlangten Effekt hatte, blüht Katniss bald die nächste böse Überraschung, als das Jubiläumsevent der 75. Hunger Games, Quarter Quell genannt, ins Haus steht: Dieses Mal sollen die Tribute aus den Reihen der Sieger jedes Districts kommen, was bedeutet, dass Katniss auf jeden Fall erneut in die Arena muss…
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Bereits in Buchform stand „Catching Fire“ vor dem Problem eines jeden Sequels die richtige Mischung aus Wiederholung und Variation hinzubekommen. Auf der ersten Blick wirkt das Ganze tatsächlich wie eine nur leicht veränderte Variante des Erstlings, de facto schreibt der Film die Geschichte allerdings mit klaren Veränderungen weiter. Eine der größeren Schwächen von „The Hunger Games“ behebt „Catching Fire“, indem er mehr Informationen über Panem und dessen Herrschaftssystem liefert, trotz erneuter (notwendiger) Verkürzung des Buches, nach welcher die Adaption immer noch auf fast zweieinhalb Stunden Laufzeit kommt.
Vor allem die Victory Tour liefert Einblicke in verschiedene Districts, die Manipulation, mit der Snow und seine Elite arbeiten, und die Entwicklung der Rebellion, welche Katniss losgetreten hat. Dabei liefert Francis Lawrence trotz PG-13-Freigabe durchaus einprägsame Schreckensbilder, etwa die ansatzweise zu sehende Exekution eines alten Mannes, der einfach das falsche Handzeichen macht, und kann ihn den Dialogen zwischen Katniss, Peeta und ihrem Mentor Haymitch Abernathy (Woody Harrelson) außerdem die Innenwelt der Hauptfiguren besser darstellen als der Vorgänger – man lernt, dass Katniss nur ungewollt zur Symbolfigur der Revolution geworden ist, dass sie zur Wahrung des Friedens Peeta auch heiraten würde, so fragil dieser Frieden unter Präsident Snow auch ist.
Das bereits im Vorgänger angedeutete Liebesdreieck zwischen Katniss, Peeta und Gale wird weiter ausgearbeitet, ohne dass „Catching Fire“ diese Geschichte zu weit in den Vordergrund drängen würde. Als Teenager weiß Katniss über ihre Gefühle selbst nicht gut Bescheid, nähert sich Peeta während der Victory Tour wieder an und steht damit zwischen den Männern – auch wenn sie selbst klar macht, dass sie gerade keine Zeit für die Liebe habe. Insgesamt bringt „Catching Fire“ dann Innenleben seiner Hauptfigur besser zum Ausdruck als der Vorläufer, in dem er Wegfall der inneren Monologe noch ein größeres Problem darstellte.
Auch emotional ist Francis Lawrence‘ Film minimal stärker als der Vorgänger von Gary Ross, da er die Figuren eingängiger aufbaut, darunter auch die Neuzugänge. Gerade die Vorjahressieger werden runder eingeführt als die Teilnehmer im Erstling, darunter Tüftler Beetee (Jeffrey Wright), Schönling Finnick Odair (Sam Claflin) und Wildfang Johanna Mason (Jena Malone) – und sie gewinnen auch mehr Facetten. Selbst Career Tributes motzen angesichts der Tatsache, dass sie erneut in den Ring müssen, Finnick offenbart trotz seines selbstbewussten Auftretens verletzliche Seiten und Mitgefühl, während Johanna als eine der wenigen ohne Familie und Freunde sich wirklich rebellisch geben kann, da sie Für und Wider des offenen Protests sehr genau evaluiert hat.
Hinzu kommt ein neues Arenakonzept, das Stärken und Schwächen mit sich bringt. Zum einen bietet die neue Arena (ein Dschungelareal mit Strand- und Wasserzonen) Abwechslung, außerdem Gemeinheiten wie ätzenden Nebel und aggressive Tiere, die oft allerdings gefährlicher als die Konkurrenten erscheinen. Noch dazu handelt es sich nicht mehr um unschuldige Jugendliche, es gibt wesentlich mehr Allianzen und gemeinsamen Überlebenskampf als Konfrontationen untereinander, was dem Szenario ein wenig die Brisanz raubt und es in die Nähe des klassischen Abenteuerkinos rückt – dystopischer Unterbau hin oder her. Als recht jugendfreie, sauber inszenierte Action macht die Arenaphase allerdings noch Spaß und zieht Spannung aus der Frage, wie lange die Allianzen nun halten werden. Den häufigen CGI-Einsatz kann man durchaus mit dem Sci-Fi-Szenario des Films rechtfertigen, zumal das aufgestockte Budget inner- wie außerhalb der Arena für tadellose FX-Shots sorgt, die zwar keine Maßstäbe setzen, den dahingehend durchwachsenen Vorgänger aber hinter sich lassen.
Selten blitzt allerdings moralische Ambivalenz auf – etwa bei den Career Tributes, die zwar bei der zu den Spielen gehörigen Fernsehshow protestieren und die Spiele verhindern wollen, sich in der Arena aber schnell fügen und das Töten beginnen oder wenn jene Show nach den teilweise sehr deutlichen Ansagen der Teilnehmer selbst das Capitol-Publikum zur Unruhe bringt. Ansonsten regiert aber eine relativ einfache Gut-gegen-Böse-Rhetorik (die Collins erst im letzten Buch aufbrach), trotz netter Seitenhiebe in Richtung medialer Manipulation. Ein weiterer Makel ist sicherlich das etwas unsaubere Ende, das zwar nicht ganz so abrupt wie im Roman kommt, „Catching Fire“ aber dennoch überdeutlich als Verbindungsfilm dastehen lässt, siehe „Fluch der Karibik 2“ und „Matrix Reloaded“.
Wie schon im Vorgänger glänzt Jennifer Lawrence („X-Men: First Class“) als toughe wie emotionale Hauptfigur mit vielen Facetten, die Männerriege hält da erneut nicht mit, hat sich aber im Gegensatz zum Erstling verbessert. Josh Hutcherson („Red Dawn“) ist wesentlich stärker und facettenreicher, Liam Hemsworth („The Expendables 2“) hat mehr Screentime und ein paar Gesichtsausdrücke mehr, steht aber immer noch hinten an. Weniger gibt es von Woody Harrelson („Zombieland“), der aber wieder groß auftrumpft, ebenso Stanley Tucci („Lucky Number Slevin“), der hier mit den künstlichsten weißen Zähnen aller Zeiten als schriller Moderator Caesar Flickman erneut glänzt. Donald Sutherland („Salem’s Lot“) setzt in seinen wenigen Szenen Akzente, während Philip Seymour Hoffman („Mission: Impossible 3“) doch wenig aus seiner Rolle als neuer Spielmeister macht. Elizabeth Banks („Die Gebrüder Weihnachtsmann“) bekommt hier erfreulicherweise mehr Raum und ist weniger krass zugepudert, was auch im Dienste der Story steht: Effie Trinket lernt Zusammenhalt mit ihren Schützlingen, bindet sich emotional sie (soweit sie dazu fähig ist) und wird kritischer dem Capitol gegenüber. Neuzugang Jena Malone („Sucker Punch“) erweist sich als großer Gewinn mit ihrer lebhaften Darstellung, Amanda Plummer („Small Apartments“), Jeffrey Wright („Broken City“) und Lynn Cohen („Eagle Eye“) machen sich ebenfalls gut, während Sam Calflin („Fluch der Karibik 4“) eine anfangs etwas durchwachsene, später aber immer bessere Leistung erbringt. B-Actionheld Daniel Bernhardt („Perfect Target“) ist zwar als namenloser Vorjahressieger mit dabei, ist aber nur in einer Szene zu sehen, hat keinerlei Dialog und darf auch keine seiner Kampfkünste zeigen, obwohl er ja eigentlich dafür prädestiniert wäre.
Man merkt „Catching Fire“ manchmal unschön an, dass er ein Zwischenstück in der Trilogie ist, doch trotz einiger Wiederholungen im Vergleich zum Vorgängerfilm variiert er das Rezept und schreibt die Geschichte sinnvoll fort. Zwar ist Collins Dystopie immer noch kein wahrlich tiefschürfender Film, aber doch kurzweiliges Sci-Fi-Entertainment mit gutem Action-Abenteuer-Finale und etwas mehr Hintersinn als manch anderer Blockbuster.
Der Film läuft seit dem 21. November 2013 ungeschnitten mit FSK 12 Freigabe im Kino.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Studiocanal__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 21.11.2013 in den deutschen Kinos |