Originaltitel: Godzilla__Herstellungsland: Japan, USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Gareth Edwards__Darsteller: Bryan Cranston, Elizabeth Olsen, Sally Hawkins, Aaron Taylor-Johnson, Juliette Binoche, Ken Watanabe, David Strathairn, Victor Rasuk, CJ Adams, Al Sapienza, Richard T. Jones u.a. |
Die schlechte Nachricht vorweg: Es gibt in der Neuverfilmung von Godzilla keinen Man in a Suit, der eine Modellbaustadt plattmacht.
Die gute Nachricht hinterher: Den Lurch vom Emmerich macht der neue Godzilla mühelos platt und zeigt ihm mal, was „Size does matter“ tatsächlich bedeutet.
Und das gleich im ersten echten Moneyshot des vermutlich beliebtesten Filmmonsters überhaupt. Man stelle sich folgende Szenerie vor: Ein gigantisches Monstrum ungeahnten Ausmaßes, welches im Film den Namen Muto erhält und an ein seltsames Insekt erinnert, gestaltet gerade die Fassaden einer Großstadt um. Ein Armeehelikopter nimmt das Biest unter Feuer, wird von dem flinken Viech aber unvermutet gerammt und geht in Flammen auf. Das brennende Wrack des Helikopters knallt auf ein am Boden parkendes Passagierflugzeug, das sogleich explodiert. Die Wucht der Explosion und umher geschleuderte Trümmerteile bringen ein daneben stehendes Passagierflugzeug ebenfalls zum Explodieren, was seinerseits ein drittes Passagierflugzeug in die verheerende Kettenreaktion hineinzieht. Wir verfolgen die Szenerie durch die Glasfront eines Flughafengebäudes. Vor diesem stampft plötzlich ein gigantischer Fuß auf. Die Kamera fährt an dem zugehörigen riesigen Körper hinauf und als sie am Kopf angekommen ist, lässt Godzilla, im Film im Übrigen durchweg dem japanischen Original entsprechend Gojira genannt, seinen zum Markenzeichen gewordenen Schrei los.
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Das sitzt auf den Punkt. Auch das Inferno drumherum rockt einen so richtig im Kinosessel durch. Das Blöde: Zu diesem Zeitpunkt sind bereits 60 Minuten vergangen, die nicht annähernd so gut funktionierten. Alles beginnt mit einem Prolog auf den Philippinen, wo ein anscheinend gigantisches, urzeitliches Wesen über eine Art Höhlensystem seinen Weg an die Erdoberfläche gefunden hat. Bei einem Stopp in Japan sucht sich das Wesen eine Art Nistplatz und findet ihn unter einem Atomkraftwerk, dessen Strahlung das Wesen zum Existieren benötigt. Bei diesem ruppigen Einzug kommt die Frau des amerikanischen Wissenschaftlers Joe Brody ums Leben. Dieser reagiert sehr verschnupft, als die japanische Regierung daraufhin behauptet, dass eine Kernschmelze zum Tod seiner Frau und zig anderen Arbeitern des Kraftwerkes geführt habe. Der ohnehin etwas manisch wirkende Brody forscht nun verbissen nach und vernachlässigt dabei immer mehr seinen Sohn Ford, der sich zunehmend von ihm entfremdet und ihm gleichzeitig immer ähnlicher wird, vernachlässigt er als Soldat der US-Streitkräft in späteren Jahren seinen eigenen Sohn doch ähnlich wie es sein Vater bei ihm getan hat. Ähnlich klischeehaft sind leider auch alle anderen Figuren des Filmes angelegt. Wenn sie denn überhaupt jemals im Film ankommen. Erst gegen Ende, wenn etwa ein erstaunlich souveräner US-Admiral installiert wird, der nicht hitzig und überstürzt agiert, bekommt man eine Ahnung, was „Godzilla“ auch hätte sein können.
Freilich erwartet nun von einem Godzilla-Film niemand Oscar-Ware, das mitnichten, aber von dem Regisseur des originellen „Monsters“ hätte man sich einfach ein wenig mehr Sorgfalt bei den Figuren gewünscht. Und dass es ihm nicht gelingt, den Geschehnissen eine ordentliche Spannungskurve zu verpassen, ist absolut unentschuldbar. „Godzilla“ braucht einfach viel zu lange, um in die Puschen zu kommen. Natürlich darf der Vater seine Theorie beweisen, natürlich kommt er seinem Sohn näher… und dann schlüpft endlich Muto und macht Bambule. Und plötzlich fehlt „Godzilla“ ein Held. Denn Ford ist zwar irgendwie immer zufällig genau da, wo Muto ist, außer ungläubigem nach oben Starren bekommt er aber wirklich gar nichts auf die Reihe. Und so sehr Emmerichs „Godzilla“ auch immer gescholten wird, er hat wenigstens Figuren installiert, die auch mal anpackten. Ford dagegen darf zwar Halo-Jumps durchführen und dicke Explosionen auslösen, er wirkt aber immer wie eine ohnmächtige Lusche. Was freilich insofern blöd ist, dass er als Identifikationsfigur vorgesehen ist und seine Versuche, zu seiner eigenen kleinen Familie zu gelangen, den emotionalen Anker des Filmes bilden sollen.
Doch nach 60 Minuten lässt der Film ja seinen eigentlichen Helden von der Leine. Und der macht, was er schon immer machte: Ordentlich Spektakel und die Welt retten. Vornehmlich fightet er dabei gegen dann bereits zwei Muto-Riesenungetüme und verursacht dabei Sachschäden, die jedes Land, egal wie liquide es auch sein mag, in den Ruin treiben würden. Aber genau das ist es ja, was man von dem guten alten Godzilla sehen will. Leider sind die ersten Aufeinandertreffen von Godzilla und Muto noch recht verhalten, häufig steigen sie im Hintergrund auf Fernsehbildschirmen. Bei diesem Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers spürt man überdeutlich, dass Regisseur Gareth Edwards den Weg des sich permanenten Steigerns gehen und ganz allmählich mehr von seinen Kombattanten zeigen will. Leider lässt er aber auch immer wieder unvermutet locker und fokussiert auf das Treiben von Ford und dessen Soldatenkumpels oder streut vollkommen unmotiviert Bilder von Fords Ehefrau ein, die als Sanitäterin in einem Krankenhaus arbeitet und da auch ganz viel ganz erschrocken schauen darf.
Das wir uns nicht falsch verstehen: Wenn Godzilla und Co. loslegen, hat der Film einen Spektakelwert, der seinesgleichen sucht. Da klappen Wolkenkratzer wie Kartenhäuser in sich zusammen, werden Brücken pulverisiert, Straßenzüge zertrampelt, öffentliche Verkehrsmittel geknackt und treibt brennendes Kriegsgerät die Flüsse hinab. „Godzilla“ gelingen in diesen Momenten apokalyptische Szenerien von unfassbarer Wucht und die fantastisch geölte Effektmaschinerie hinter dem wahnwitzigen Treiben lässt einen ein ums andere Mal fassungslos mit dem Kopf schütteln. Das Problem ist nur: „Godzilla“ touched einen nicht. Der Film will einfach nicht spannend werden, sein menschlicher Held lädt nicht zum Mitfiebern ein und die Kämpfe der Riesenviecher bleiben immer auf einem zwar spektakulären, sich aber kein Stück steigerndem Niveau. Einzig wenn Godzilla seinen „Strahlenatem“ anwirft, läuft einem eine Gänsepelle über den Rücken, was aber nur noch umso mehr unterstreicht, wer hier der eigentliche Star ist. Was ja auch nicht schlimm ist! Warum soll Godzilla nicht der Held seines eigenen Filmes sein? Nur das Drumherum sollte eben auch stimmen.
Und das tut es in vielen wichtigen Punkten einfach nicht. Das beginnt bei der recht krude vorangetriebenen Story, geht über die vollkommene Abwesenheit von Spannung und endet nicht erst bei massig verschenktem Schauspielpotential: Da werden Namen wie Ken Watanabe („Batman Begins“) oder David Strathairn („Good Night and Good Luck“) zu Stichwortgebern degradiert und darf ein Bryan Cranston („In einsamer Mission“) einfach nur Breaking Bad’s Walter White spielen – der einzige Unterschied: Eine arg auftoupiert wirkenden Frisur. Bei Aaaron Taylor-Johnson ist von dem Ungestüm seiner „Kick-Ass“ Zeiten gar nichts übrig geblieben. Und Juliette Binoche („Verhängnis“) hat letzten Endes trotz Hauptdarstellernennung nicht mehr als ein besseres Cameo abbekommen. Und wenngleich die todernste Herangehensweise an den Film sehr reizvoll ist, hätte ein wenig Humor „Godzilla“ nicht geschadet. Mit voranschreitender Laufzeit bekommt man zwar einigen unfreiwilligen Humor geboten (etwa das wirklich peinliche Hin und Her um eine konventionelle Atomwaffe), aber das ist freilich nicht ganz das, was ich meine. Ebenfalls schade ist, dass man die Atomhysterie der japanischen Originalfilme dem vermeintlichen Zeitgeist entsprechend mit einer etwas belanglosen, politisch korrekten Naturbotschaft flankiert. Vor allem vor dem Hintergrund der Ereignisse von Fukushima hätte man hier die Angst vor den Folgen der Atomenergie durchaus mehr beibehalten und modernisieren können. Was dagegen sehr gut funktioniert, sind die technischen Aspekte des Filmes: Die Special Effects sind tadellos, Alexandre Desplat darf mal einen ziemlich ungewöhnlichen Blockbusterscore stemmen und neben Kodotrommeln auch dissonante Streicher unter brachiale Actionszenen legen, das Sounddesign lässt einem im Kinosessel erbeben und diverse Kameraeinstellungen sind einfach nur fantastisch (die gesamte Halo-Sprung-Szene sei genannt). Der 3D-Effekt dagegen kommt einem schlechten Witz gleich. Hier sollte man sich gleich in eine eventuelle 2D-Vorstellung begeben. Ich könnte nicht eine Szene mit einer besonderen räumlichen Tiefenwirkung benennen.
Nicht unterschlagen will ich, dass man sich der Figur des Godzilla mit viel Respekt nähert. Klar, der amerikanische Godzilla ist größer als der japanische und hier und da mag das Design in Details vom Vorbild abweichen, aber der Geist der Figur wird diesmal 1:1 in die amerikanisierte Version gerettet. Von diesem Standpunkt aus gesehen ist „Godzilla“ definitiv eine würdige westliche Lokalisierung von Gojira, die zudem dank genialer Schauwerte und ordentlichem Radau zu punkten versteht, dennoch aber deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt.
„Godzilla“ ist seit dem 15. Mai 2014 in den deutschen Kinos zu sehen. Der Film kommt von Warner Bros. Und ist mit einer FSK 12 Freigabe uncut.
In diesem Sinne:
freeman
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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner Bros. Ent.__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 15. Mai im Kino |