Originaltitel: The Frankenstein Theory__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Andrew Weiner__Darsteller: Kris Lemche, Joe Egender, Timothy V. Murphy, Eric Zuckerman, Heather Stephens u.a. |
Professor John Venkenheim ist sich absolut sicher, dass Mary Shelleys Klassiker der fantastischen Literatur „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ auf tatsächlichen Ereignissen beruht. Mehr noch, er glaubt sogar, dass einer seiner direkten Vorfahren und dessen Forschungen das direkte Vorbild für den klassischen Horror-Stoff waren. Und als wäre das nicht genug, ist seiner Theorie nach das Wesen Frankensteins noch immer am Leben und treibt sich am Nordpol herum. Unter seinen Wissenschafts- kollegen werden seine Annahmen verlacht und Venkenheim verliert wegen seiner Spinnereien sogar seine Anstellung an der Universität. Daraufhin vergräbt er sich noch mehr in seinen Nachforschungen und beginnt, Pläne zu entwickeln, um seine Theorie zu beweisen. Irgendwann engagiert er ein Team von Dokumentarfilmern und bricht mit ihnen gen Alaska auf. Nach einer unheimlichen Begegnung mit einem verstörten Drogenjunkie, der angeblich dem Wesen begegnet sein will, sichert man sich die Dienste eines erfahrenen Führers und wagt sich ins Nirgendwo. Hier bemerkt man schnell, dass man tatsächlich nicht allein ist…
Von den Eheproblemen Venkenheims über seine schrägen Theorien bis zur Begegnung mit dem Junkie oder dem Aufeinandertreffen mit dem knurrigen Führer Karl, „The Frankenstein Theory“ lässt sich für seine Exposition wirklich verdammt viel Zeit. Der Vorteil des Ganzen: Der zum Found Footage Genre gehörende Film schafft es so peu a peu, eine ziemlich dichte Atmosphäre zu schaffen und weckt tatsächlich Sympathien für seine Hauptfiguren. Zudem stellt man als Zuschauer schon früh fest, dass „The Frankenstein Theory“ nicht der übliche Wackelkamera-Kokolores sein will, bei dem die Gegenwart der alles filmenden Kamera eine vollkommene Beugung der Realität darstellt. Dadurch, dass hier Leute einen Film drehen wollen und dafür von ihrem Auftraggeber bezahlt werden, wirkt die Gegenwart der Kameras niemals erzwungen oder unglaubwürdig. Und die Tatsache, dass die Leute auch noch zu wissen scheinen, was sie da tun, sorgt für endlich mal ruhige und vor allem atmosphärisch stimmige Bilder. Dafür sorgt schon die abgefilmte menschenleere Einöde, in die sich die Doku-Filmer mit Venkenheim begeben.
httpv://www.youtube.com/watch?v=8t6KVNDqEQc
Und „The Frankenstein Theory“ hat neben den teilweise sogar richtig stilvollen Landschaftspanoramen noch mehr filmische Aspekte aufzubieten: Etwa einen Score und für Jump Scares genutzte Sounds, die definitiv nicht natürlichen Ursprungs sind. Doch all diese Beugungen des „Found Footage“ Ansatzes stören nicht, man nimmt sie viel eher als Weiterentwicklung des Genres hin. Diese Weiterentwicklungen mögen innerhalb der Grenzen des Found Footage Horrors nicht logisch erscheinen (wo soll beispielsweise die Musik herkommen?), heben den Filmgenuss aber deutlich. Leider verfehlt „The Frankenstein Theory“ aber den idealen Zeitpunkt, um die Ereignisse zu verdichten und die Früchte zu ernten, die sie gesät hat. Soll heißen, nachdem sich die handelnden Figuren bis Minute 60 eigentlich nur eingeredet haben, dass es in der Gegend ganz schön unheimlich sei, schaltet der Film erst jetzt einen Gang rauf, um dem Zuschauer zu zeigen, dass hier tatsächlich etwas nicht stimmt. Blöderweise entlässt der Streifen Publikum und Filmfiguren danach immer wieder in eher belangloses Gelaber.
Richtig spannend wird es so leider nie und auch das Finale will nicht mehr so recht packen. Zwar versucht der Film noch einmal alles und setzt auf per se immer ein wenig unheimlich anmutende Restlichtverstärkerbilder im beliebten „One Night in Paris“ Porno-Grünstich, die dabei lancierten Schocks sind aber zu schwach, um wirklich etwas zu reißen. Auch hätte man sich ein paar Nahansichten des Angreifers gewünscht, um wenigstens einmal ansatzweise zu erahnen, was da Jagd auf die Filmer machte. Unfein ist auch, dass man die Annäherung Venkenheims an „sein“ Wesen nur hört, nicht aber sieht. Hier hätte der Film definitiv noch einmal punkten können, bewahrt sich gleichzeitig aber auch ein paar reizvolle Mysterien…
Wo „The Frankenstein Theory“ punktet, sind die wirklich ordentlichen Darsteller. Man hat endlich auch mal bei einem Found Footage Streifen nicht das Gefühl, den hinterletzten Laien beim Wirken zuzuschauen. Vor allem Kris Lemche („In Time“) als Venkenheim, Eric Zuckerman („My Soul to take“) als lockerer Tonmensch, Timothy V. Murphy („Pit Fighter“) als knurriger Führer und Heather Stephens („Messengers 2“) machen einen guten, einen einnehmenden Job.
Was bleibt, ist ein Found Footage Streifen, der sich etwas zu viel Zeit lässt, bis er durchstartet. Zwar gelingt es ihm, in der Zeit ordentlich Atmosphäre aufzubauen, doch der dann folgende Showdown, der den Zuschauer immer wieder aus seiner Umklammerung entlässt, kann aus diesem Aufbau nicht wirklich viele Vorteile ziehen. Deshalb wäre eine Kürzung um gute 15 Minuten sicherlich nicht verkehrt gewesen. Vielleicht hätte man so das eine oder andere Klischee gleich mit umschiffen können (getrenntes Suchen nach anderen Teammitgliedern, Hilfe holen geht nur einer, das unbedarfte Verbleiben im offenkundigen Gefahrengebiet). Schauspieler und technische Umsetzung bewegen sich auf einem fürs Genre absolut überdurchschnittlichem Niveau und auch die Story ist in ihrem Bemühen, einen Horrormythos in unsere jetzige Zeit zu transferieren, ganz interessant. Sonderlich plausibel muten die meisten pseudowissenschaftlichen Erklärungen allerdings nie an. Wenn beispielsweise beiläufig erwähnt wird, dass das Monster aus der Schweiz nach Kanada gezogen sei, fragt man sich schon, wie es das angestellt hat. Wirklich schaden können derartige „Ungereimtheiten“ dem Film allerdings nicht, denn der hält sich bis zum Schluss vollkommen bedeckt dahingehend, was oder wem wir hier eigentlich beim Abmurksen zuschauen. Es könnte also sein, dass alle getätigten Erklärungen schlicht und ergreifend sowieso obsolet sind. Auch diese Ungewissheit macht bis zu einem gewissen Grat die Faszination von „The Frankenstein Theory“ aus und macht ihn zu einem der gelungeneren Vertreter des Found Footage Horrors.
Die deutsche DVD/Blu-ray erschien am 23. Mai 2014 von Mad Dimension und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten. Die Bildqualität ist topp, die Synchronisation sehr gelungen, Extras haben es aber leider nicht auf die Scheibe geschafft.
In diesem Sinne:
freeman
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