Originaltitel: Daddy’s Little Girl__Herstellungsland: Australien__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Chris Sun__Darsteller: Billi Baker, Michael Thomson, Allira Jaques, Holly Phillips, Rebecca Plint, Sean Gannon, Christian Radford, Darrell Plumridge, Mirko Grillini, Madeleine Campbell u.a. |
Liest man sich vor dem Sichten des Filmes “Daddy’s Little Girl” beispielsweise den Backcover-Text der DVD/Blu-ray durch, erwartet man ein hartes Stück Arbeit für die eigene Psyche. Kindesmord und die Vergeltung dafür klingen definitiv nicht nach leichter Kost. Direkt nach Einlegen des Datenträgers erfährt man dann, dass dieser Film eine “Slaughter FX” Präsentation sei. Wird der Film vielleicht doch eher ein reißerisches Spektakel? Im weiteren Verlauf wird man dann den Eindruck nicht los, dass die Macher selber nie so ganz genau wussten, wohin sie eigentlich mit dem Film wollten. Ein ernster, langer und involvierender Einstieg steht einem vollkommen überzogenen und schauwertgeilen Finish gegenüber. Und am Ende dann dreht sich noch einmal alles um 180 Grad…
Derek schlägt sich als Inhaber eines Surferladens gerade so durch und lebt seit Jahren getrennt von seiner vermeintlich großen Liebe, mit der er sich das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Georgia teilt. Georgia ist Dereks Ein und Alles und er kümmert sich rührend um die Sechsjährige. Eines Tages wird er von einem Anruf geweckt. Am Telefon ist seine Ex und berichtet ihm, dass Georgia verschwunden sei. Eine erste Suche verläuft erfolglos. Als die Polizei das Suchgebiet erweitert, wird sie schnell fündig… Derek und seine Ex eilen zu der Fundstelle und hoffen, ihre Tochter wieder in die Arme schließen zu können. Doch vor Ort müssen sie erfahren, dass Georgia ermordet wurde.
Nach diesem Schlag findet Derek lange Zeit nicht zurück in sein Leben. Erst der Zuspruch seiner Freunde und Familie hilft ihm, sich mit der Situation zumindest ansatzweise zu arrangieren. Dieser Entwicklung macht eine zufällige Entdeckung einen dicken Strich durch die Rechnung: Derek findet heraus, wer seine Tochter getötet hat! Was soll er tun? Es der Polizei berichten? Oder seinen Rachegefühlen freien Lauf lassen? Derek entscheidet sich für die Rache. Er überwältigt den Mörder und fixiert den Übeltäter im Keller seiner Wohnung. Hier traktiert er den Unhold mit allerlei Werkzeugen. Sein Ziel: Für jedes Lebensjahr Georgias soll der Mörder einen Tag brutal leiden. Am Ende der sechstägigen Tortur will er ihm das Lebenslicht ausblasen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=Zs-PZiSg07Q
„Daddy’s Little Girl“ ist vor allem in seiner ersten Stunde psychologisch sehr stimmig. Die Art und Weise, wie der Film das Vater-Tochter-Gespann einführt und es als innige Einheit präsentiert, funktioniert prächtig und macht den Tod des kleinen Mädchens auch für den Zuschauer zu einem echt beklemmenden Moment. In der Folge erleben wir einen gebrochenen Mann, der Probleme hat, weiter zu leben und Schuldige sucht. Er spricht täglich mit seiner verstorbenen Tochter und meint sogar, sie zu sehen und ihre Antworten zu hören. Als er darum selbst bereits an seinem Verstand zu zweifeln beginnt, greifen ihm seine Angehörigen und Freunde unter die Arme. Die folgende Rückkehr ins Leben funktioniert ebenfalls ziemlich gut, leidet aber ein Stück weit daran, dass der Film selbst nun ein wenig richtungslos wirkt. Denn weder denkt Derek über Rache nach noch hört man viel von der ermittelnden Polizei.
Wenn Derek dann durch einen Zufall erfährt, wer der Mörder seiner Tochter ist, ist das auch für den Zuschauer ein ziemlicher Schock. Schade ist, dass „Daddy’s Little Girl“ hinsichtlich der Identität des Killers nie Zweifel aufkommen lässt, was einerseits einen finalen Schockeffekt verhindert und andererseits den nun folgenden Filmteil ziemlich absaufen lässt. Zwar hat „Daddy’s Little Girl“ durchaus auch ein paar innovative Momente fürs Torture-Porn Genre zu bieten – etwa wenn sich Derek unverbindlich und geschickt bei Ärzten über effektive Foltermethoden informiert oder das Internet für Recherchen in Sachen Folterinstrumente nutzt -, psychologisch gesehen geht der Film nun aber vollkommen vor die Hunde.
Keinen Moment zweifelt Derek an seinem Tun. Er hat natürlich einerseits einen unwiderlegbaren Beweis, andererseits foltert er im weiteren Verlauf nicht irgendwen (wen sei an dieser Stelle nicht verraten)! Und auch psychisch scheinen ihm seine Taten kein Stück zuzusetzen. Er hinterfragt die Wahl seiner Mittel nicht ein einziges Mal. Er zögert nie. Und er ist auch kein gebrochener Mensch mehr. Beinahe manisch quält er munter drauf los. Seine sarkastischen Bemerkungen und sein seltsamer Umgang mit der Situation befremden den Zuschauer dann vollends. Nichts von dem, was man sieht, ist durch das Vorhergehende irgendwie zu rechtfertigen. Derek geriert sich wie ein Möchtegernfolterknecht, der Spaß an dem hat, was er da tut.
Zudem steht der Film ab sofort vollkommen still bzw. geht er im immer gleichen Stil weiter: Derek geht in den Keller, foltert munter herum, fährt an den Strand, foltert im Keller, denkt an die Tochter, foltert im Keller. Es passiert nichts mehr. Weder besteht Gefahr von außen, die ihn in seinem Tun aufhalten könnte, noch scheint sich sein Gewissen irgendwie zu melden. „Daddy’s Little Girl“ ist nun vollkommen repetitiv und will einfach nicht mehr funktionieren. Das merkt man vor allem an der Folterei. Diese ist zwar ultrarealistisch gehalten und punktet mit wirklich ekligen handmade Effekten, einen wirklichen Eindruck machen diese Szenen allerdings nicht, da man eben mit keiner der Figuren irgendwie mitfiebert. Ein Kinderschänder hier und ein manischer Folterknecht da. Daumendrücken für das kleinere Übel kann doch nicht der gewünschte dramaturgische Unterbau gewesen sein?
Ein Kindermörder und Kinderschänder kriegt, was er verdient: „Daddy’s Little Girl“ zielt ganz offensichtlich auf unsere Urinstinkte ab. Dabei macht er vor allem zu Beginn sehr viel sehr richtig. Zwar braucht man eine Weile, um mit dem Hauptdarsteller Michael Thomson warm zu werden, doch er wächst im Zusammenspiel mit seiner Filmtochter und man findet immer mehr hinein in seine Figur. Doch dann verrät der Film seine Hauptfigur. Macht sie zu etwas, was sie nicht ist. Ähnlich gelagerte Filme wie „Prisoners“ oder „7 Days“, die ebenfalls das Motiv der Selbstjustiz mittels Folter hinterfragten, zeigen, wie es richtig geht. Denn ihre Macher wissen, dass gerade bei einem derartigen Szenario die Grautöne den Reiz ausmachen und simple Schwarz-Weiß-Malerei, wie sie „Daddy’s Little Girl“ betreibt, einfach abgeschmackt wirkt, weil sie vor allem den Zuschauer nicht fordert und schon gar nicht die „Was würde ich in der Situation tun?“ Frage aufkommen lässt. Und so geht die zu Beginn durchaus gelungene Involvierung des Zuschauers mehr und mehr flöten und verliert man vollends die Bindung zu den Figuren. Die Folge: Das im Folterpart gezeigte Gemetzel mag hohe Effektkunst sein, doch es lässt vollkommen kalt. Erst gegen Ende kriegt der technisch solide inszenierte, nicht in allen Rollen ideal besetzt wirkende Film noch einmal die Kurve und klingt zumindest moralisch korrekt aus. Ein wirklich rundes Filmerlebnis kommt bei dem zwischen Ernst und Exploitation schwankenden Film jedoch nie heraus und die finale Widmung von „Daddy’s Little Girl“ an alle misshandelten und getöteten Kinder dieser Welt ist am Ende eines derart effektheischenden Streifens arg deplatziert.
Die DVD/Blu-ray des Filmes kommt von dem Label „Pierrot Le Fou“, die mit dem Film bei der deutschen FSK keine großen Chancen hatten. Mit einer schweren SPIO/JK versehen ist der Film ungeschnitten. Eine kaufhaussichere Cut-Fassung wurde von dem Label bisher nicht angekündigt. Leider findet man auf den Datenträgern nur den Film in bestechender Bild- und Tonqualität, tiefergehende Extras dagegen sucht man vergebens.
In diesem Sinne:
freeman
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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Pierrot Le Fou__FSK Freigabe: SPIO/JK__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |