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Frank Millers „Robocop“

Ursprünglich sollte Frank Miller („Sin City“, „300“) für die Fortsetzung des Paul Verhoeven Kinohits „Robocop“ das Drehbuch liefern. Doch seine frühen Entwürfe waren so zynisch und brutal, dass das produzierende MGM Studio davon großen Abstand nahm und eine „familienfreundlichere“ Richtung einschlug. Dennoch fanden manche Ideen Millers beinahe 1:1 Eingang in den von Irvin Kershner inszenierten „Robocop 2“. Zeugnis davon legt der im Cross Cult Verlag erschienene Comicband „RoboCop“ ab, in welchem Autor Steven Grant und Zeichner Juan Jose Ryp unter der Anleitung Millers dessen frühe Drehbuchentwürfe auf Comicseiten gossen.

Gehört Robocop zum alten Eisen?

Robocop

Frank Millers “RoboCop”. Copyright aller Bilder: Cross Cult Verlag

Delta City in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft. Die Stadt versinkt im Chaos und das organisierte Verbrechen regiert die Straßen. Die Cops der Stadt befinden sich im Streik. Nur wenige versuchen wenigstens ansatzweise Recht und Ordnung in dem Moloch aufrecht zu erhalten. Darunter Alex Murphy bzw. dessen neue Inkarnation: Robocop!

Nachdem er bei einem Einsatz gnadenlos zusammengeschossen wurde, steckten Wissenschaftler des beinahe allmächtig wirkenden Konzerns OCP (Omni Consumer Produts) sein Hirn und einige wenige noch funktionierende Körperteile in einen schweren Körperpanzer. Fortan ging Murphy als Robocop auf Streife und hielt, einigen wenigen bindenden Direktiven folgend, die Stadt einigermaßen sauber.

Doch Jahre nach den Ereignissen in Verhoevens „Robocop“ ist der Lack ab. Die Bevölkerung findet die rigiden Maßnahmen des stählernen Cops alles andere zeitgemäß, zumal sie sehen, dass er der Verbrechenswelle auch nicht wirklich Herr wird. Da kommt es Dr. Margaret Love, einer skrupellosen Wissenschaftlerin, gerade recht, dass Robocop bei einem Einsatz beinahe komplett in seine Einzelteile zerlegt wird. Sie nimmt sich den Metallkoloss vor und installiert unzählige neue Direktiven, nach denen Robocop fortan zu handeln hat. Aus dem harten Cop wird eine pflegeleichte Miezekatze, die politisch absolut korrekt handelt und dem Polizeirevier der Stadt sowie OCP tatsächlich einen PR-technischen Aufwind verschafft!

Parallel arbeitet Dr. Love allerdings an Robocop 2. Einer neuen, einer verbesserten Version Robocops. Bloß gestaltet sich die Suche nach dem menschlichen Faktor innerhalb der Maschine als äußerst schwierig. Alle Versuchskaninchen kommen mit der Belastung in der Roboter-Rüstung nicht klar und begehen Selbstmord oder hauchen in Harakiri-Aktionen ihr Leben aus. Da betritt eine Rehab genannte Spezialeinheit als Vertretung der städtischen Polizei die Szenerie. In dem psychisch sehr labil wirkenden Anführer Kong vermutet Dr. Love den idealen Probanden für ihr Projekt. Mit verheerenden Folgen…

Robocop

Robocop bewahrt das Gesetz!

Die Gemeinsamkeiten von Comic und Film

Schon bei der Inhaltsangabe zum Comic kann man Parallelen zwischen „Robocop 2“ und dem „RoboCop“-Comic ausmachen. Als da wären der Polizei-Streik, die leicht manisch wirkende Wissenschaftlerin, die im Chaos versinkende Großstadt und ein neuer, mechanischer Gegner für Robocop. Auch im Detail findet man viele Überschneidungen. Etwa in der auch im Film vorkommenden Phase, in der Robocops ursprünglich drei Direktiven mit einer Vielzahl neuer Anweisungen überschrieben werden und er sich benimmt, als würde er neben sich stehen. Hier lieferte Miller offensichtlich die meisten abstrusen Situationen, in die der Blechbulle stolpert: So ballert er in Comic und Film auf einen Typen, der eine Zigarette raucht, nur um ihm zu erklären, dass Rauchen gefährlich sei. Auch gibt es hier Kids, die Robocop mit Graffiti-Spray bearbeiten, ihm das Visier besprühen und „Kick Me“ auf den Rücken schreiben. Auch die Szene, in der Robocop einigen Kids, die in den Wasserfontänen eines aufgedrehten Hydranten spielen, mit einer ökologisch wertvollen Botschaft auf den Lippen das Wasser abdreht, stammt offensichtlich von Miller.

Die wesentlichsten Unterschiede zwischen Millers „RoboCop“ und der Filmfortsetzung

Doch genauso zahlreich wie die Gemeinsamkeiten sind auch die Unterschiede. So findet man im Comic weit und breit nichts von dem Szenario rund um die Droge Nuke, auf dem Kershners „Robocop 2“ fast vollständig aufbaut. Dementsprechend ist der zweite Robocop im Comic auch keineswegs drogensüchtig oder kann über die Drogen kontrolliert werden. Ergo spielen Cain, der große Drogenobermotz im Film, das fiese kriminelle Kind im Dunstkreis Cains und alle anderen Henchmen des Drogenbosses im Comic keinerlei Rolle. Und ein korrupter Bürgermeister kommt genauso wenig vor.

Brutale Action, eine flotte Story, Sexismus und sehr detaillierte Zeichnungen ergeben Frank Millers „RoboCop“

Der „RoboCop“-Comic konzentriert sich voll und ganz auf das Duell zwischen Robocop auf der einen Seite und Kong und Dr. Love auf der anderen Seite. Dieses wird mit zunehmender Seitenzahl immer intensiver und hat gegen Ende auch ein paar hübsche Überraschungen in Hinsicht auf Dr. Love zu bieten. Die Story selber wird sehr stringent und extrem flott vorangetrieben. Die Actionscharmützel steigen sehr häufig und die letzten Hefte der insgesamt 9-teiligen Miniserie, die man in diesem Comicband vorfindet, widmen sich in epischer Breite dem finalen Fight zwischen Robocop und seinem Nachfolger.

Während alle anderen Figuren weitgehend oberflächlich abgehandelt werden, darf Robocop im Comic sehr menschliche Seiten offenbaren und sogar seiner Ex begegnen. Wie im Film schickt er sie aber weg und sorgt hier wie da für einen ziemlich herzzereißenden Moment. Und auch sonst darf man einige Male unter das Blechchassis des Supercops schauen. Dagegen kommen vor allem die Frauen des Comics richtig schlecht weg. Pralle Brüste, enge Kleidchen, intrigant und fies, das ist Dr. Love. Das Abziehbild eines Comic-Klischee-Bösewichtes, der zudem scheinbar von Panel zu Panel die Kleidung wechselt und immer mehr sexualisiert wird. Richtig sexistisch wird es dann bei Robocops Partnerin Lewis. Eingeführt mit dem coolen Kaugummi-Blasenmoment, den man aus dem ersten Film kennt, verliert die gute Lewis bei jeder Actionszene ihre Klamotten und fightet irgendwann nur noch mit offener Bluse und zerrissenen oder komplett verschwundenen Hosen. Was diese Einlagen sollen, weiß man nicht wirklich. Zumal Lewis ansonsten angenehm tough gezeichnet wirkt…

Robocop

Das detaillierte Artwork offenbart oftmals erst auf den zweiten Blick, was wirklich passiert.

Und damit sind wir bei Juan Jose Ryp angelangt. In Hinsicht auf seine Zeichnungen weiß ich heute, Tage nach dem Goutieren des Comics, immer noch nicht, was ich davon halten soll. Der Detailgrad ist der absolute Hammer!

Das geht soweit, dass man sich irgendwann regelrecht konzentrieren muss, um zu erkennen, was da eigentlich gerade in dem jeweiligen Panel genau zu sehen ist. Wenn Ryp richtig in seinem Film drin ist, scheint sein Artwork förmlich zu leben. Wie eine wuchernde Masse, die sich permanent zu verändern scheint. Die Folge ist, dass die Zeichnungen irgendwann aus dem Fluss der Story herausreißen, einfach weil man zuviel Aufmerksamkeit auf sie verwenden muss. Und so weiß man am Ende nicht so wirklich, wie man das Artwork bewerten soll. Steht es dem Comic im Weg oder rundet es ihn trefflich ab? Mir fällt es schwer, da ein endgültiges Urteil zu fällen.

Zumindest lässt sich Ryp auch in den actionreichen Momenten keineswegs einbremsen und inszeniert die blutigen Momente so detailreich, dass sie beinahe zu kleinen Splatterwerken mutieren. Doch damit trifft er den grundlegenden Ton des Comics brillant, denn auch Miller macht bei seiner Erzählung keine Gefangenen! Seine Geschichte legt in Sachen Zynismus eine ordentliche Schippe drauf. Die in „Robocop 2 immer mal wieder durchscheinende Komik wirkt im Comic einfach nur gallig und rabenschwarz und vor allem die fürs „Robocop“-Franchise typischen Fernsehsendungen sind eine bittere Bestandsaufnahme des Machtsystems Medien.

Es hätte so schön sein können…

Die große Frage ist, was „Robocop“ heute in der Wahrnehmung der Menschen wäre, wenn Millers Vorlage auf die große Leinwand gewuchtet worden wäre. Sie hätte bei einer originalgetreuen Umsetzung einen düsteren, überbrutalen, schnellen, extrem zynischen Actionkracher zur Folge gehabt, der vermutlich sogar Teil I wie eine lustige Kaffeefahrt hätte aussehen lassen. Robocop wäre vermutlich nie kiddiekompatibel geworden und vielleicht wäre das „Robocop“-Franchise heute noch immer richtig cool. Doch wir alle wissen leider nur zu gut, was aus „Robocop 2“ tatsächlich geworden ist: Ein filmgewordener Comic… Da mutet es fast schon ironisch an, dass Millers Drehbuch nun ausgerechnet in Comicform das Licht der Welt erblicken darf und den Film ziemlich weit hinter sich lässt. Zumindest scheint Miller selbst mit „Robocop 2“ seinen Frieden gemacht zu haben, immerhin spielte er in selbigem ja eine kleine Rolle. Und seine Ideen wirkten noch einige Zeit nach, denn witzigerweise tauchen in dem komplett verbockten „Robocop 3“ auch noch die von ihm für Teil 2 vorgesehenen „Rehab“-Söldner auf!

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Ein echter Overkill an Details!

Der Comicband von Cross Cult vereint alle neun Hefte der amerikanischen Miniserie. Obendrein findet man in dem toll aufgemachten Comicband eine Cover-Galerie, die alle Cover der Einzelhefte präsentiert. Und zwar jeweils in einer Version von Frank Miller und von Juan Jose Ryp. Die Unterschiede sind teilweise wirklich frappierend und eventuell wäre Miller besser beraten gewesen, wenn er selbst das Artwork des Comics übernommen hätte.

In diesem Sinne:
freeman

Alle Informationen zu Frank Millers „RoboCop“

RoboCop
Story: Frank Miller, Autor: Steven Grant, Illustrator: Juan Jose Ryp
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Cross Cult; 1. Aufl. (7. Januar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3864253799

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Categorised in: Comictipps, Der Actionfilm

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