Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

Air Force One Down – Die Agentin des Präsidenten

Originaltitel: Air Force One Down__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: James Bamford__Darsteller: Katherine McNamara, Ian Bohen, Anthony Michael Hall, Dascha Polanco, George Arabadjiysky, Antoni Davidov, JR Esposito, Max Kraus, Kal Minev, Kyle Otto, Rade Serbedzija u.a.
Air Force One Down mit Katherine McNamara

Katherine McNamara als neue Actionheroine in „Air Force One Down“.

Als wir Allison das erste Mal so richtig näher kennenlernen, hält sie gegenüber ihrem Onkel gerade ein Pamphlet gegen Menschen, die mit einem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sind und nur aufgrund von Beziehungen und Verwandtschaftsverhältnissen aufsteigen. Als ihr Onkel ihr sogleich einen Job beim Secret Service anbietet, schlägt Allison sofort ein. Der Zuschauer ist aufgrund der offenkundigen Doppelmoral noch kopfschüttelnd am Lachen, da steht für die frischgebackene Agentin auch schon der erste Einsatz an.

Es gilt, den amerikanischen Präsident zu beschützen. Der muss mit der Air Force One in den osteuropäischen Fantasiestaat Astovia fliegen. Hier soll ein Deal ratifiziert werden, der der USA Zugang zu den reichen Erdölvorkommen des kleinen Landes gewährt und ebenjenem im Gegenzug die „Vorzüge“ der freien Marktwirtschaft und des Kapitalismus bringen soll. Das schmeckt nicht jedem. Erst recht nicht dem abtrünnigen astovianischen General Rodinov.

Der empfindet den Deal als Landesverrat und hat bereits alles in die Wege geleitet, um den Staatsakt zu vereiteln. Seine Männer übernehmen die Air Force One im Handstreich und machen den Präsidenten zur Geisel. Allerdings haben sie nicht mit der wehrhaften Allison gerechnet. Die befreit den Präsidenten und springt mit ihm aus dem Flugzeug. Freilich geben die astovianischen Lumpen damit noch lange nicht auf und machen Jagd auf Allison und ihren Schutzbefohlenen.

Schaut in den Film hinein

Paramount setzt auf B-Action

Das Studio Paramout scheint erkannt zu haben, dass man auch und vor allem für den hauseigenen Streamer mehr braucht, als einen oder zwei Kinohits pro Jahr, die man dann in den eigenen Katalog packen kann. Entsprechend ist das Label auf der Suche nach Stoff für die Couchpotatoes und reaktivierte dafür das ehemalige Studio Republic Pictures.

Das war zwischen 1935 und 1967 als Produzent eigener Filme wie „The Devil Pays Off“, „Rio Grande“ oder „Johnny Guitar“ aktiv. Seit März 2023 akquiriert es im Namen von Paramount die Rechte an Filmen aus allen möglichen Genres. Darunter eben auch Actioner der Kategorie B wie „The Painter“, „Lady Scorpions“ mit Cynthia Rothrock oder der hier besprochene „Air Force One Down“.

Was an „Air Force One Down“ sofort auffällt, ist, wie extrem piefig er daherkommt. Er wirkt beständig wie eine Episode einer 0815-Actionserie. In allem: der Storyführung, den Charakteren, den Dialogen und der ultrasteifen Optik. Und obschon eigentlich beständig etwas passiert, stottert der Film seltsam langatmig vor sich hin. Ein gewichtiges Problem: Das Drehbuch von Steven Paul („Tekken: Kazuya’s Revenge“) lässt seine Figuren viel zu viel labern.

Katherine McNamara in Air Force One Down

Katherine McNamara gibt die Agentin Allison in „Air Force One Down“.

Prinzipiell muss man sich überlegen, was man hier geboten bekommt: In kurzer Zeit wird der Harrison-Ford-Hit „Air Force One“ mit allem Zip und Zap durchgespielt. Nebenbei werden alle wichtigen Figuren vorgestellt. Und dann mündet alles in eine Jagd auf die Helden, die hernach eingeknastet, gefoltert und bedroht werden, um dann zurückzuschlagen. Und final wird noch eine Verschwörung aufgedeckt. All das wird in eine Laufzeit von 80 Nettofilmminuten gepackt. Und trotzdem hat man nie den Eindruck, „Air Force One Down“ habe ein stimmiges Tempo und keine Momente der Langeweile.

Durch das bereits erwähnte Gelaber wirkt der Film seltsam trutschig. Er kommt nicht richtig zu Potte. Und er ist leider kein Stück spannend. Aber – und es gibt eben immer irgendein aber – die Action im Film rockt! Schon wenn der Film eine erste Trainingssession von Allison zeigt, in der sie extrem versiert und mit gekonnten Handgriffen mehrere Gegner auf die Matte schickt, meint man, einen anderen Film zu sehen. Plötzlich ist die Kamera ultradynamisch unterwegs und präsentiert aus immer neuen Winkeln Totalen des Geschehens, so dass man den Fight richtig genießen kann.

Und es gibt weitere derartige Momente, die gefühlt gar nicht zu dem lahmen Rest passen wollen. Etwa wenn Allison gemeinsam mit dem Präsidenten einen Kerl zerlegt, dabei direkt zu Beginn eine automatische Waffe gekonnt als Game Changer nutzt und am Ende gleich zwei Kehlenschnitte für den Lump auspackt, der direkt blutig zusammensackt. Kein CGI-Blut, Kunstblut. Was geht hier ab? Und irgendwie keimt trotz der Kürze der Actionmomente viel Vorfreude auf.

Katherine McNamara und Ian Bohen in Air Force One Down

Allison und der Präsident der Vereinigten Staaten (Ian Bohen).

Denn die im Filmverlauf gezündeten Actionszenen wirken immer wie Grüße aus der Küche. Der Hauptgang aber, er scheint noch zu kommen. Und wirklich: „Air Force One Down“ mündet in einen wirklich hervorragenden Showdown. Der wirkt zwar noch mehr, als käme er aus einem anderen Film, aber er rockt richtig geil.

Zunächst geht Allison hier ultrahart mit einem Hammer gegen die Lumpen vor. Dann gesellt sich ein Messer dazu. Mit dem Hammer schlägt sie dann zu und zieht die Gegner mit ihm zu sich heran, um sie dann zu erstechen. Das kommt genauso hart rüber, wie es sich liest. Auch das Blut darf spritzen. Irgendwann erobert Allison eine Kalaschnikow und nutzt diese, um Lumpen umzunieten oder um mit ihr als Erweiterung ihrer Gliedmaßen Schurken umzuhauen. All das ist längst zu einer Plansequenz geworden, bei der man zwar erahnt, wo die Schnitte gesetzt worden sein könnten, die aber dennoch richtig Spaß macht.

Auch dank der enthemmten Kamera, die ultra zackig durch die Szenerien fliegt und Allison unmittelbar bei ihrem Überlebenskampf über mehrere Stockwerke der Lumpen-Basis folgt. Der Bodycount geht hoch und Allison darf ein paar tolle Moves und vor allem ein geiles Waffenhandling präsentieren. Wenn sie in Zeitlupe bei ihrer Kalaschnikow umgreift, ist das richtig genial anzusehen – auch dank klasse gesetzter Zeitlupe.

Am Ende steht eine kleine Explosion mit einem fiesen Stunt und freilich das finale Duell mit dem Oberlump. Danach schnauft man erst einmal durch. So etwas hätte man niemals im Leben erwartet. Nicht in dem „Air Force One Down“, den man bis dahin durchgestanden hat. Viel Anerkennung dafür geht raus an Hauptdarstellerin Katherine McNamara und ihre zwei Stuntwomen, die hier voll abliefern. Ebenso wie die Designer der Action: Pavel Avilov („Rising Hawk“), der die Fights choreographierte, und Antony Davidov („Rambo: Last Blood“) sowie Dmytro Rudyi („300: Rise of an Empire“), die die Stunts koordinierten.

Katherine McNamara in Action

Allison holt den Hammer raus…

Die Namen der Stuntprofis deuten bereits an, wo der Film entstanden ist: in Bulgarien. Dabei wurden unter anderem auch die Nu Boyana Studios bespielt. Optische Großtaten abseits der Action gibt es leider, wie bereits erwähnt, nicht zu bestaunen. Es gibt eher ein wenig zu mosern. So wirkt beispielsweise die Air Force One von innen einfach viel zu groß und geräumig. Hier sieht man zu deutlich, dass irgendwelche Aufbauten im Studio die Location doubelten. Und die wirken nicht durchgehend überzeugend. Am Boden angekommen, dominieren kalte Farben und ein eher langweiliger Laubwald. Der Showdown liefert hingegen zahlreiche Momente an Komplementärfarben. Ganz zackig: der Score.

Darstellerisch wurde ich mit Katherine McNamara („Maze Runner – Die Auserwählten in der Brandwüste“) nie hundertprozentig warm. Sie wirkt sehr unnahbar und reserviert. Selbst in den Momenten mit Ian Bohen („Sicario 2“), der den Präsident angenehm taff und zupackend spielt, taut sie nie so richtig auf – obschon deutlich wird, dass dies geplant war. Dennoch geht das Pärchen insgesamt in Ordnung und hält im Film drin.

Fieswicht Rodinov wird von Rade Serbedzija („The Promise“) gegeben. Der hat in seiner Karriere schon deutlich bessere Fieswichte gegeben und wirkt wenig engagiert, geschweige denn bedrohlich. Ebenfalls an Bord: Anthony Michael Hall („Into the Sun“), der als Allisons Onkel viel Souveränität und Tatkraft ausstrahlen darf.

„Air Force One Down“ überzeugt in seiner Action

Ich möchte an dieser Stelle so weit gehen, zu behaupten, dass „Air Force One Down“ einen der schönsten Showdowne der jüngeren B-Action-Geschichte aufzufahren versteht. Man sieht, dass in dieses kleine Schmuckstück viel Planung, Kreativität und Können geflossen sind. Blöd ist, dass die Action in ihrem Furor mit dem Rest des trutschig und langsam wirkenden Filmes nicht zusammenpasst.

Und dass der Film von James Bamford („Jade“) eben auch reichlich dumm geraten ist. Wie kann es etwa sein, dass Rodinovs Männer mit all ihren Waffen an Bord der Air Force One gekommen sind? Und wie helle bin ich wohl, wenn ich in einem fliegenden Flugzeug munter durch die Gegend ballere, als gäbe es die Gesetze der Physik nicht? Und derlei Bugs hat es einige. Dazu kommt das verquaste Ende, das einem nach dem Showdown noch einmal munter eine Bullette mit extra viel peinlichem Pathos an den Kopf quatscht. Schwierig. Zumal am Ende aus unerfindlichen Gründen keine Türen zu Fortsetzungen aufgestoßen werden.

Denn ganz ehrlich: Fortsetzungen zu diesem preisgünstigem Rip-Off von „Air Force One“ und der „… has fallen“-Reihe würde ich mir trotz aller Makel durchaus anschauen – zumindest wenn die Action genauso knallt wie hier.

06 von 10

„Air Force One Down“ wurde von Paramount bislang ausschließlich digital ausgewertet und kann auf allen gängigen VoD-Plattformen bewundert werden. Hier läuft der Film uncut mit einer Freigabe ab 16.

In diesem Sinne:
freeman

Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Paramount Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein

Tagged as: , , , , , , , , , ,

Wie Viele Actionnerds gibt es?

  • Keine Sorge, du bist mit deiner Vorliebe nicht allein! Uns besuchten bereits 17907110 andere Actionnerds