Originaltitel: Da Hong Zha__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Xiao Feng__Darsteller: Liu Ye, Bruce Willis, Song Seung-heon, William Chan Wai-Ting, Fan Wei, Ma Su, Janine Chang, Nicholas Tse, Fan Bingbing, Hu Bing, Adrien Brody u.a. |
„Air Strike“ sollte ursprünglich den unbeugsamen Willen der Chinesen während der japanischen Besatzung im Verlauf des zweiten Weltkrieges feiern. Dafür wurde ordentlich Geld lockergemacht (um die 65 Millionen Dollar) und an Aufwand nicht gespart. Damit der Film das Potential bekommt, auch im Ausland zu rocken, verpflichtete man ausländische Stars wie die amerikanischen Schauspieler Bruce Willis und Adrien Brody. Obendrein sicherten sich die Macher die Dienste von Mel Gibson als technischem Berater, dessen Produktionsfirma zudem als Vertrieb in den westlichen Sphären fungieren sollte. 2015 begannen die Dreharbeiten, 2018 sollte der Film veröffentlicht werden.
Doch dann kam alles ganz anders. In einer kleinen Nebenrolle agiert nämlich der chinesische Superstar Fan Bingbing. Die aparte junge Dame war just im anvisierten Startjahr in einen spektakulären Fall von Steuerhinterziehung verwickelt. Das fand das chinesische Politbüro gar nicht lustig und verbat der Protzproduktion mal eben den Kinostart im heimischen Markt. Fan Bingbing verschwand derweil. Wie Medien berichteten, wurde sie von der chinesischen Regierung in einem Resort in Ostchina festgehalten und sollte helfen, den Steuerskandal aufzuklären. Ihrem Starstatus hat sie vermutlich zu verdanken, dass sie überhaupt wieder auftauchte. Auf jeden Fall muss es nun das Ausland für „Air Strike“ richten. Allerdings wird das den Film garantiert nicht zum Hit machen. Dazu ist der Film einfach zu grundlegend misslungen.
1937 fallen die Japaner in China ein und bomben die damalige Hauptstadt Nanking in Grund und Boden. Kurzerhand ernennen die Chinesen Chongqing zur neuen Hauptstadt des Landes. Das sehen die Japaner gar nicht gerne und decken nun die neue Hauptstadt wiederholt mit Bomben ein. Trotz extremer Verluste stecken die Chinesen nicht auf. Unter der Führung des amerikanischen Militärberaters Johnson versuchen sie eine Fliegerstaffel zu installieren, die den japanischen Bomberstaffeln und deren Begleitflugzeugen, den wendigen Zeros, das Leben schwermachen soll.
Parallel erhält der chinesische Soldat Gangtou Xue den Auftrag, eine Dekodiermaschine nach Chongqing zu bringen. Eine Himmelfahrtsmission, da die Japaner mit ihren Zeros jede chinesische Straße zu überwachen scheinen und alles umnieten, was sich bewegt…
Schaut in “Air Strike” mit Bruce Willis hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=9Sb-vE_Sylw
Warum die Kodiermaschine in das schwer bombardierte Chongqing soll, ist nur eines von vielen großen Rätseln, die einem „Air Strike“ aufgibt. Denn in erster Linie ist das Kriegsdrama so dermaßen unfokussiert und holprig erzählt, dass der Zuschauer nie in die Geschichte hineinfindet. Zwar etabliert „Air Strike“ ein paar Charaktere, die wohl durch die Handlung führen sollen. Doch immer wieder tauchen aus dem Nichts Charaktere auf, die urplötzlich alle Aufmerksamkeit an sich binden, dann aber genauso schnell wieder aus der Handlung fliegen, wie sie aufgetaucht sind.
Dazu gesellt sich eine vollkommen unentschlossene Tonalität. Seltsame Szenen und ebensolcher Humor vermischen sich mit beklemmenden Szenen verheerender Bombardements, bei denen sogar Kinder in Großaufnahme von Flammen verzehrt werden. Auch wird nie klar, was „Air Strike“ eigentlich sein will. Während die Story um die Dekodiermaschine mit den rundherum gezündeten Situationen an pures Abenteuerkino mit haarsträubenden Actionszenen gemahnt, ist der Film rund um die Storyline mit Colonel Johnson eher eine Art patriotisches Heldenlied im „Top Gun“-Stil. Des Weiteren werden durchaus kraftvolle Antikriegsmomente mit einigen der dümmsten Szenen der jüngeren Filmgeschichte konterkariert.
„Air Strike“ wirkt in der Folge wie ein gigantischer Flickenteppich. Ein Flickenteppich dessen Storyfäden in den seltensten Fällen zu einem vernünftigen Ende geführt werden. Apropos Ende: Die finale Slapstickshow um einen Blindgänger ist dann der absolute Höhepunkt in Sachen befremdlicher Situationen. Ein „Wollen die mich verarschen“-Gefühl hat sich da aber längst manifestiert. Grund dafür ist unter anderem der peinlichste Heldentod der gesamten Filmgeschichte. Dieser hat im Übrigen mit einem Ferkel zu tun.
Aufgrund solcher Szenen mag man auch gar nicht zu sehr darüber sinnieren, ob das Nichtfunktionieren des Filmes nur damit zu tun hat, dass er für den westlichen Markt ziemlich zusammengekürzt wurde. Im Original 120 Minuten lang, hat die internationale Fassung eine Netto-Laufzeit von 89 Minuten. Da dürfte einiges an Charaktermomenten auf der Strecke geblieben sein. Die teils extrem dummen Szenen von „Air Strike“ können selbige aber niemals im Leben aufgefangen haben.
Versucht man die Story irgendwie auszublenden, bleibt zumindest ein optisch ansprechender Film mit breiten Bildern, schönen Landschaftsaufnahmen und aufwändigen Settings. In der Action gibt sich „Air Strike“ zudem angenehm opulent. Hat von blutigen Shootouts im Abenteuerpart bis hin zu rasanten Dogfights zwischen Chinesen und Japanern in luftigen Höhen einiges zu bieten. Die zudem alle fünf Minuten abgefeuerten Bombenteppiche transportieren einige megafette Explosionen.
Während die Bombardierungen einen gelungenen Mix aus funktionierenden CGI-Einlagen und handgemachten Desasterszenen mit einstürzenden Kulissen darstellen und den Actionfan durchaus zufriedenstellen, sind die Dogfights von eher weniger hoher Qualität. Ihnen sieht man die CGI-Herkunft leider in jeder Szene an. Die zahlreichen Luftkämpfe wirken wie aus einem Videospiel geschnitten. Hat man sich an den artifiziellen Look gewöhnt, wissen diese Szenen aber trotz allem zu unterhalten.
Dafür, dass man annehmen musste, dass Bruce Willis („Glass“) kaum mehr als eine Nebenrolle in dem Film innehaben würde, darf er als Johnson erstaunlich viel Screentime bestreiten. Sonderlich begeistern will er in seiner Rolle zwar nicht. ABER wenn er mit fetter Zigarre im Mund selbst in die Luftkämpfe eingreift, ist das schon reichlich badass. Dagegen kann die Verpflichtung von Adrien Brody („American Heist“) nur als schlechter Witz bezeichnet werden. Der Mime ist kaum mehr als zwei Minuten zu sehen. Damit ist er immerhin eine Minute länger zu sehen als Bruce Willis’ Töchterlein Rumer Willis („Future World“) in ihrer Rolle als Krankenschwester.
Erstaunlich ist, dass man Fan Bingbing („Skiptrace“) im Sinne eines erwartbaren Filmerfolgs in Asien nicht einfach aus dem Film geschnitten hat, denn ihre Rolle ist für den Film von reichlich egaler Natur. Als Held fungiert Liu Ye („Police Story – Back for Law“), der im internationalen Fassungstorso seltsam unsympathisch rüberkommt und keine gelungene Brücke zum Zuschauer darstellt. Etwas sympathischer wirkt da Song Seung-heon, der in der Bruce-Willis-Storyline einen rachsüchtigen Piloten geben darf. Hongkongs Bösewicht-Darsteller schlechthin, Simon Yam, hat ungefähr genausoviel Sinn für den Film wie für „Operation Red Sea“. Man hat das Gefühl, er versuche aktuell, von Film zu Film seine Screentime immer weiter unterbieten zu wollen.
“Air Strike” ist vollkommen verhunzte Antikriegsfilmkost
Kurzum: „Air Strike“ ist ein Film, dem man den betriebenen Aufwand dahinter durchaus ansieht. Allerdings reicht das bei Weitem nicht, um „Air Strike“ als gelungenen Film zu bezeichnen. Der ist vielmehr eine unspannende, nicht involvierende und mit zunehmender Laufzeit immer langweiliger werdende Mischung aus Abenteuerfilm, Fliegeraction im Videospiel-Look und Antikriegsfilm-Ambitionen. Gereicht wird all das an vollkommen entgeisternden Humoreinlagen, klebrigem Pathos und peinlichen Patriotismus-Momenten. Inwiefern mit einer solch teilweise grotesken Melange mehr als Zehntausend Toten gedacht werden soll, wollte sich zumindest mir überhaupt nicht erschließen.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien am 25. Januar 2019 von Splendid Home Entertainment und enthält mit einer FSK 16 Freigabe die ungeschnittene internationale Fassung von „Air Strike“. Der fehlen, wie bereits dargestellt, 25 Minuten zur Originalfassung.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
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