Originaltitel: Alex Cross__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Rob Cohen__Darsteller: Tyler Perry, Matthew Fox, Edward Burns, Rachel Nichols, Jean Reno, John C. McGinley, Giancarlo Esposito, Chad Lindberg, Cicely Tyson, Carmen Ejogo, Simon Rhee u.a. |
James Patterson ist der derzeit vielleicht am meisten verkaufte Autor, was auch an seinem Output von bis zu 5 Büchern im Jahr liegen könnte, den er nur mit Hilfe von Co-Autoren und Ghostwritern stemmt, wie er selbst zugibt. Seine bekannteste Figur ist der Polizeipsychologe Alex Cross, der nun ein filmisches Reboot nach zwei früheren Adaptionen spendiert bekam.
Die ersten Verfilmungen, „…denn zum Küssen sind sie da“ und „Im Netz der Spinne“, adaptierten die ersten beiden Romane (nur in umgekehrter Reihenfolge), „Alex Cross“ ist nach Motiven des zwölften Buches „Cross“ geschrieben. Alex Cross (Tyler Perry) ist jünger als in den Vorgängerfilmen, verheiratet mit Maria (Carmen Ejogo) und unfehlbar: Einen Verbrecher stellt er akkurat, dessen Beinahe-Opfer flüstert ein „Thank you“ von der Krankentrage, daheim ist er der fürsorgliche Vater und noch dazu sorgt er sich um ein junges Mädel, das die Schuld für einen Mord auf sich nahm, den ihr Onkel beging. Es fehlt eigentlich noch der ins Bild retuschierte Heiligenschein, ansonsten ist die Hauptfigur ebenso perfekt wie langweilig in ihrer Unfehlbarkeit.
Ein solcher Bulle braucht einen ebenbürtigen Gegenspieler, in diesem Falle einen drahtigen Superkiller namens Picasso (Matthew Fox), der sich gelegentlich auch als ‘The Butcher‘ bezeichnet – ein Verweis auf die massiv abgeänderte Romanvorlage. Der Schlächter ist nicht nur Profikiller, sondern auch Soziopath und Deluxe-Sadist, der einen Gegner bei einem MMA-Fight aus Spaß brutal zusammenschlägt, den Kampf jedoch in erster Linie nutzt, um die Aufmerksamkeit eines Opfers zu gewinnen. Einmal in deren Bude haben weder die Dame noch ihre drei Leibwächter eine Chance.
Cross und sein Team, bestehend aus Thomas Kane (Edward Burns) und Monica Ashe (Rachel Nichols), sollen den Vierfachmord aufklären und stoßen auf die Spur Picassos, der es anscheinend auf die Mitarbeiter eines bestimmten Konzerns abgesehen hat. Bald wird das Duell persönlich…
Hierzulande ist Tyler Perry unbekannt, in den USA ist er in drag als Frauencharakter Madea wahnsinnig populär, doch mit „Alex Cross“ will der Komiker nun auf seriös machen. Dumm nur, dass Perry unter seriös versteinertes Dahinglotzen versteht, das ungefähr so ausdrucksstark wie getrockneter Beton ist, während er emotionslos Mono- und Dialoge aufsagt, die er jedoch nicht mal bei einem erlittenen Schicksalsschlag seiner Figur mit Leben füllen kann. Ex-Indiehoffnung Edward Burns hampelt ausdrucksarm durch eine Wegwerfrolle als Kollege und bester Kumpel und Matthew Fox darf vor allem glubschäugig und ganz crazy gucken, einzig und allein die körperliche Verfassung ist bemerkenswert an seiner Darbietung. Die von Fox’ verlorenen Pfunde hat Jean Reno anscheinend gefunden, der sich hier in seiner Darstellung als Franzosen-Moppel schon mal aufs Altenteil der Peinlichkeit spielt und John C. McGinleys Rolle ist einfach nur eine auf inkompetent gebürstete Variante seiner Performance als Dr. Cox. Noch mit am besten dabei: Rachel Nichols, deren undankbare Rolle aber kaum Raum und Beachtung vom Script bekommt.
Das Script ist sowieso ein gutes Stichwort, denn hierauf lassen sich die massiven Probleme des 2012er Kassenflops schnell zurückführen. Bereits an der Darstellung des Superschnüfflers krankt der Film: Cross durchschaut alles und jeden, während die Kollegen dauernd falsch folgern, aber im Vergleich zu manch ähnlicher Figur werden selten oder nie die Hinweise gezeigt, anhand derer er feststellt, dass es nur einen Killer und kein ganzes Mordkommando gab usw. Er geht einfach über den Tatort, erzählt einen vom Pferd und eine Rückblende zeigt, dass er recht hat. Die Raffinesse Cross‘ wird als Faktum präsentiert, vom Film aber nirgendwo untermauert oder begreiflich gemacht.
Doch das ist nicht das einzige Drehbuchproblem: In wenigen Szenen wird die eigentliche Hintergrundgeschichte, nämlich Picassos Auftrag, pflichtschuldig und desinteressiert abgehandelt, stattdessen will der Film vor allem das Duell seiner Übermenschen inszenieren, ohne sich jedoch um Plausibilität zu scheren. Warum Picasso am Tatort Hinweise auf seinen nächsten Anschlagsort hinterlässt? Kein Wort dazu. Warum er von drei nervigen Proleten zwei direkt erschießt, den dritten erst verwundet und nach mehreren Minuten abknallt? Keine Ahnung. Wieso man erst gegen Ende des Films die beste Spur verfolgt, die bereits am ersten Tatort gelegt wurde? Keine Erklärung.
So hakelt der Film sich durch seinen formelhaften Plot, der stets vorhersehbar ist und kein Gespür für Figuren zeigt. Ein Großteil der Hauptfiguren muss dran glauben, doch emotionslos wird ihr Dahinscheiden abgehandelt, wenn Kane seine (angebliche) große Liebe verliert, dann weint man mal kurz in der Kapelle, danach ist business as usual angesagt. Ebenso platt ist das Geplänkel zwischen ihm und Cross, Rumgewitzel mit abgetrennten Fingern am Tatort ist eher zum Fremdschämen denn wirklich komisch. Angesichts solch hölzerner Dialoge sind auch die Racheschwüre Cross‘, selbstverfreilich begleitet durch das Absägen einer Schrotflinte im eigenen Keller für die Vendetta, eher unfreiwillig komisch, noch dazu ist das Ganze emotions- und inspiriationslos nach Schema F heruntergekurbelt, von Thrill keine Spur.
So scheint sich Handwerker Rob Cohen, bekannt für Filme wie „The Fast and the Furious“ und „xXx – Triple X“, am ehesten in den Actionszenen wohl zu fühlen, von denen es drei größere gibt. Der anfängliche Martial-Arts-Kampf ist für die Geschichte kaum nötig, sieht aber ganz schick aus und ist gut choreographiert, die Ballerei im Firmengebäude geht in Ordnung, während der Showdown als „Bourne gewollt und nicht gekonnt“ schwächelt, was Kameraführung und Schnitt angeht. Immerhin gibt es hier noch ein paar okaye Stunts zu sehen, während man das Geschehen besser nicht hinterfragt: Obwohl Picasso körperlich sichtlich überlegen ist, soll Cross einen gleichwertigen Gegner darstellen, was man allenfalls mit der Kraft von Wut und Hass auf den Kontrahenten begründen kann – nur für diese Erklärung müsste Tyler Perry dann auch entsprechende Emotionen spielen.
Kurz vorm US-Kinostart wurde ein Sequel angekündigt, nach vernichtenden Kritiken und magerem Einspiel dürfte dessen Zukunft aber in den Sternen stehen. Angesichts eines Thrillers, der nicht thrillt, der fast durch die Bank weg lachhaften Darstellerleistungen und eines löchrigen Drehbuchs ist das schlechte Abschneiden von „Alex Cross“ aber auch kaum verwunderlich. Ein paar recht gute Actionmomente gibt es zu sehen, aber eingedenk der Tatsache, dass der Film eigentlich eher auf Spannung ausgelegt sein will, ist das ein sehr schwacher Trost.
Die deutsche DVD kommt von Ascot Elite und hat als Bonus neben diversen Trailern nur noch ein Interview mit James Patterson und Tyler Perry an Bord.
© Nils Bothmann (McClane)
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