Originaltitel: The Amityville Horror__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2005__Regie: Andrew Douglas__Produktion: Michael Bay u.a.__Darsteller: Ryan Reynolds, Melissa George, Jesse James, Jimmy Bennett, Chloë Grace Moretz, Rachel Nichols, Philip Baker Hall, Isabel Conner, Brendan Donaldson, Annabel Armour, Rich Komenich, David Gee u.a. |
Eines muss man Michael Bay und seinen Erfüllungsgehilfen bei Platinum Dunes auf jeden Fall lassen: Ihr „Amityville Horror“ ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber tatsächlich etwas besser als das Original.
Interessanterweise behielt man nicht nur die angeblich wahre Grundlage bei, sondern auch deren Zeitpunkt, weshalb auch dieser „Amityville Horror“ im Jahre 1974 startet, in dem Ronald Defeo (Brendan Donaldson) seine gesamte Familie mittels Schrotflinte ins Jenseits befördert, was natürlich das entsprechende Medienecho nach sich zieht. Die dokumentarisch gehaltenen Bilder erinnern ans Original, auch die später folgenden Tageseinblendungen (Tag 1 usw.) folgen dem Film stilistisch, inhaltlich ist man sowieso recht ähnlich unterwegs.
Weiter zu Patchworkfamilie Lutz, bestehend aus Papa George (Ryan Reynolds), Mama Kathy (Melissa George) und drei Kindern, die der eingeheiratete George allerdings nicht gezeugt hat. Dieses Gespann sucht rund ein Jahr nach dem Mehrfachmord nach einem neuen Häuschen im Grünen und nimmt das ehemalige Defeo-Haus, selbst als die Maklerin widerwillig mit dessen Vorgeschichte rausrückt. Das Ganze bezeichnet George als American Dream, doch mit bösem Grinsen weiß der Zuschauer schon, dass sich die Dinge bald wenig traumhaft entwickeln werden.
Denn schnell häufen sich die unheimlich bis unerklärlichen Vorfälle, für die man anfangs noch rationale Erklärungen sucht. Bald benimmt sich jedoch vor allem George recht eigenartig und zeigt eine beunruhigende Affinität zu Äxten…
httpv://www.youtube.com/watch?v=xjmCllLvBCU
Klar: Innovation geht anders, denn neben der Übernahme diverser Plotelemente aus dem Original werden hier auch sonst brav die Steinchen aus dem Geisterfilmbaukasten zusammengefügt, wobei es den imaginären Freund des Töchterleins kurz zuvor bereits in „Hide and Seek“ zu sehen gegeben hatte. „Amityville Horror“ von 2005 fällt dabei immer recht kurz aus, mit rund 85 Minuten Spielzeit deutlich kürzer als das Original, aber all das tut dem Film sichtlich gut, denn ehe man so richtig gemerkt hat, dass man all das Gebotene schon mal woanders gesehen hat, ist auch schon alles vorbei.
Während die Ereignisse analog zu Daddys Bartwuchs immer haariger werden, setzt „Amityville Horror“ vor allem auf handwerklich solide Schockeffekte und die schicke Videoclipoptik, die beinahe jede Platinum-Dunes-Produktion auszeichnet. Oberflächenrauschen für das Horrorpublikum im Teenalter, aber laut und effektiv, wenn schon in keiner Weise neu. Ironischerweise ist die schweißtreibendste Szene dann allerdings die, die ohne großen Budenzauber auskommt: Wenn die kleine Tochter, angetrieben von ihrer Geisterfreundin, auf dem Dach balanciert und die Familie bei Rettungsversuchen erst fast einen Herzkasper bekommt, danach beinahe vom Dach segelt.
Hin und wieder kann man das Geschehen dann auch als bissigen Kommentar zur häuslichen Gewalt sehen, denn wären die Geister nicht, dann würde George als gestresster Neu-Papi dastehen, dem die Bälger irgendwann über den Kopf wachsen und er nur noch den unschönen Ausweg sieht. Doch im Endeffekt ist es dann doch das Haus, das Verrückte macht, und sein Hausgeist, der in einer letzten, ausgesprochen effektiven Schockszene sich noch mal für eine eventuelle Fortsetzung empfiehlt, die allerdings (bisher) nicht kam. Gorologen gucken bei dem Treiben dann weitestgehend in die Röhre, was aber nicht weiter tragisch ist; gehört „Amityville Horror“ doch zu den eher soften Gruselfilmen, bei denen im Grund niemand ernsthaft verletzt wird – die Eingangssequenz ist da die radikale Ausnahme.
Ryan Reynolds („Deadpool“) kennt man sonst eher in komödiantischen Rollen, doch Hut ab, auch als gestresster Herr Papa schlägt er sich mehr als wacker und beweist, dass man durchaus mit ihm rechnen kann. Eher blass hingegen ist Melissa George („A Lonely Place to Die“) als passives Mütterchen, Philip Baker Hall („Der Staatsfeind Nr. 1“) macht das Beste aus seiner Minirolle und auch die Kinderdarsteller (unter anderem Jimmy Bennett („Bad Ass 3“) und Chloe Grace Moretz („Kick-Ass“)) schlagen sich ordentlich, aber Reynolds’ Performance ist die einzige, die haften bleibt.
„Amityville Horror“ entpuppt sich als brauchbarer Horrorsnack für zwischendurch, weder besonders neu noch besonders intensiv, aber versiert in Szene gesetzt, zackig runtererzählt und brauchbar gespielt, vor allem von Ryan Reynolds.
Auf DVD erschien der Film bei MGM/20th Century Fox in den ersten Auflagen, später bei Sony/MGM. Eine deutschsprachige Blu-Ray gibt es in Österreich von NSM. Das erfreulich substantielle Bonusmaterial bietet einen Audiokommentar, entfallene Szenen und Making Ofs.
© Nils Bothmann (McClane)
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