Erneut unter der Regie von James Wan kehrt Jason Momoa als Titelheld in „Aquaman: Lost Kingdom“ zurück. Yahya Abdul-Mateen II sinnt als Black Manta auf Rache, aktiviert finstere Kräfte und muss unschädlich gemacht werden. Patrick Wilson als Aquamans inhaftierter Bruder ist der einzige, der helfen kann, während Amber Heard, Nicole Kidman, Dolph Lundgren und Temuera Morrison in gewohnten Rollen an der Seite des Helden stehen.
Originaltitel: Aquaman and the Lost Kingdom__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: James Wan__Darsteller: Jason Momoa, Patrick Wilson, Yahya Abdul-Mateen II, Amber Heard, Nicole Kidman, Dolph Lundgren, Temuera Morrison, Randall Park, Jani Zhao, Indya Moore, Vincent Regan, Pilou Asbæk, Ricardo Molina u.a. |
„Aquaman“ war mit 1,14 Milliarden Dollar Einspiel die bisher erfolgreichste DC-Verfilmung überhaupt, als Reihe jedoch von den Problemen im Hause des Konzerns betroffen. Das geplante Spin-Off „The Trench“ wurde eingestampft, die Fortsetzung „Aquaman: Lost Kingdom“ erscheint zu dem Zeitpunkt, als James Gunn mit der Neuordnung des filmischen DC-Kosmos beauftragt wurde, und könnte somit gleich den Abschluss bedeuten.
Das Sequel setzt vier Jahre nach dem Erstling an: Arthur Curry (Jason Momoa) ist seit seinem Triumph im Erstling König von Atlantis und hat mit seiner großen Liebe Mera (Amber Heard) einen Sohn. Die kleine Familie wohnt im Leuchtturm von Arthurs Vater Tom (Temuera Morrison), wobei „Aquaman: Lost Kingdom“ die heroische Präsentation seines Protagonisten ironisch bricht: Das Kind hält ihn nachts wach und pickelt ihn beim Wickeln an, aufgrund von fehlender Zeit riecht der Superheldenanzug ungewaschen und die Regierungsgeschäfte findet Arthur eher langweilig, während sie ihn von Lieblingsbeschäftigungen wie Raufen und Saufen abhalten. Einen großen Fight gegen Piraten, von dem er Sohnemann erzählt, kriegt man halb als großformatige Actionsequenz, halb als Nachspiel mit Actionfiguren für den Junior gezeigt.
Während als im Hause Aquaman Friede, Freude, Eierkuchen angesagt ist, sinnt der im Erstling besiegte Pirat Black Manta (Yahya Adbul-Mateen II) weiterhin auf Rache an dem Herrscher. Mithilfe seines Teams und des Atlantis-begeisterten Forschers Dr. Stephen Shin (Randall Park) sucht er nach atlantischen Artefakten um seine Macht bei Racheversuch Nr. 2 zu verbessern. Im ewigen Eis wird er fündig: Ein schwarzer Dreizack gibt ihm nicht nur ein Power-Up, sondern auch einen dämonischen Einflüsterer mit einem Plan. Dass ein uraltes Wesen mit stacheligen Tentakeln die Waffe bewacht, lässt starke Lovecraft-Vibes aufkommen – nicht die letzten Horroranteile in diesem Film.
Vier Monate später klaut Manta antiken atlantischen Treibstoff, verbrennt diesen und führt damit Umweltkatastrophen herbei. Bei einem Diebstahl werden und seine Crew von Aquaman und Co. bemerkt, können aber entkommen. Um den Schurken aufzuspüren, braucht Arthur ausgerechnet die Hilfe seines Bruders Orm (Patrick Wilson), den er für seine verbrecherischen Taten einsperren ließ…
Schaut euch den Trailer zu „Aquaman: Lost Kingdom“ an
Wie schon beim Vorgänger merkt man auch bei „Aquaman: Lost Kingdom“ an Details, dass Regisseur James Wan („Malignant“) vor allem im Horrorbereich aktiv ist. Da ist zum Beispiel das Volk des verlorenen Königreich Necros, das Motive des Zombiefilms und des Lovecraft-Horrors in sich vereint. Da sind die mumienartigen Wächter von Orms Gefängnis mit ihren Insektenreittieren. Und da ist der Moment, wenn Black Mantas leuchtende Augen bei einem Überfall in der Dunkelheit aufflammen wie jene eines Monsters. Beim Design des Films durften sich James Wan und seine Crew erneut austoben und vor allem viele Unterseegefährte präsentieren, die an Meeresbewohner erinnern. So wirkt das U-Boot von Black Manta wie die Steampunk-Version eines Hammerhais. Dass mehr dieser Gefährte zum Einsatz kommen, dürfte daran liegen, dass es in diesem Film weniger Reittiere für die Atlantis-Bewohner gibt, denn Fahrzeuge kann man in den Actionszenen reueloser kaputtmachen. Auch bei den Unterseebewohnern gibt es wieder phantasievoll gestaltete Wesen zu bewundern, darunter einen Haimenschen-Gangsterboss, der im Original von Martin Short gesprochen wird. Als Sidekick dient Aquaman in diesem Film ein Oktopus, der die Sympathien und diverse Lacher auf seiner Seite hat.
Hauptanspielpartner des Helden ist „Aquaman: Lost Kingdom“ allerdings sein Bruder Orm, mit dem er widerwillig auf gemeinsame Mission gehen muss, was für einige Buddy-Comedy sorgt. Dass es eine ähnliche Konstellation bereits in der Marvel-Konkurrenz „Thor – The Dark Kingdom“ gab, gesteht der Film sogar augenzwinkernd ein, wenn Arthur seinen Bruder an einer Stelle Loki nennt. Doch die beiden Atlantis-Royals haben in der Konstellation Chemie, wenn sie sich gegenseitig anzicken oder Arthur seinen Bruder in Sachen Essgewohnheiten an der Oberfläche auf dem Arm nimmt. Gleichzeitig funktioniert auch die menschliche Seite, wenn „Aquaman: Lost Kingdom“ die unterschiedlichen Lebens- und Regierungsstile der Brüder kontrastiert, eine Annäherung zeigt und gleichzeitig offenlässt, ob Orm seinen Mitstreitern nicht doch irgendwann in den Rücken fallen wird. Im Gegensatz dazu werden allerdings Mera, Atlanna (Nicole Kidman) und König Nereus (Dolph Lundgren) zu Randfiguren, die hin und wieder Arthur verbal den Rücken stärken und in den größer skalierten Actionszenen an seiner Seite kämpfen, als Charaktere selbst aber wenig Bedeutung haben.
Die Geschichte aus der Feder von David Leslie Johnson-McGoldrick („Orphan“) ist dabei altbekanntes Material: Ein Feind aus der Vergangenheit will Rache, muss ausfindig und unschädlich gemacht werden, während eine böse Macht ihn korrumpiert. Ähnlich wie in den „Black Panther“-Film der Marvel-Konkurrenz gibt es einen Subplot darüber, ob Atlantis sich abschotten oder sich der Oberflächenwelt offenbaren soll, um gemeinsam an Lösungen zum Umweltschutz arbeiten soll. „Aquaman: Lost Kingdom“ stellt seine Naturschutz- und Klimawandel-Botschaft noch deutlicher heraus als der Vorgänger: Das Schmelzen des Polareises macht Black Mantas Schritte zur Befreiung der schurkischen Macht fast obsolet, während Umweltverschmutzung Teil des bösen Plans ist. Dass es sich dabei um veraltete Brennstoffe handelt (wie Kohle), die aus Sicherheitsgründen in Endlagern eingelagert werden müssen (wie Atommüll), unterstreicht die lobenswerte Botschaft des Films noch. Sie ist aber nur Hintergrundrauschen für eine temporeiche, wenn auch wenig komplexe Schnitzeljagd von Hinweis zu Hinweis auf Aufenthaltsort und Plan des Übelwichts.
Beim zweiten „Aquaman“-Anlauf schnurrt der Motor allerdings nicht mehr ganz so flüssig wie beim Erstling, kann Wan sein Publikum nicht mehr ganz so gut überwältigen wie anno 2018. Das hat auch optische Gründe, sieht „Aquaman: Lost Kingdom“ doch effekttechnisch phasenweise künstlich und weniger überzeugend als der Vorgänger aus, als habe man weniger Zeit in die Postproduktion gesteckt oder das Budget dafür gekürzt. Ein Debakel wie bei „The Flash“ sind die CGI-Effekte glücklicherweise nicht geworden. Doch auch dramaturgisch sind nicht alle Entscheidungen glücklich, beispielsweise im Showdown. Da wird das Necros-Volk endlich entfesselt, doch die Schlachten gegen die Horrorgestalten gar nicht richtig ausgekostet. Man kriegt einzelne Scharmützel mit, eine dramatische Situation auf einer Brücke beispielsweise, aber die Chance auf ein furioses Finale wird verschenkt. Dass sowohl Black Manta als auch der Necros-König vergleichsweise schnell die Segel streichen, trägt zum etwas schlappen Eindruck des Showdowns bei.
Dabei beweisen andere Sequenzen, dass James Wan weiterhin auch phantasievolle und imposante Action beherrscht. Etwa beim Überfall auf Black Mantas Lager, wenn der kostümierte Schurke mit Scott-Adkins-Style-Kicks gegen die Brüder antritt oder sich die Helden mit den Angriffen eines Oktopus-Gefährts herumschlagen müssen. Oder eine turbulente Flucht vor riesigen Insekten und fleischfressenden Pflanzen durch einen Dschungel. Oder der Ausbruch aus dem Gefängnis mit einem herrlichen Bad-Ass-Moment, wenn der ausgemergelte Orm vom kraftspenden Wasser umspült wird, kurz bevor die Verfolger ihn erreichen. Vieles muss aufgrund des Wassersettings und der Heldenkräfte mit dem Computer getrickst werden, doch Wan kann sich immer noch ein gewisses Maß an Körperlichkeit bewahren und hat zudem phantasievolle Ideen, welche die Actionsequenzen aufwerten. Bei einer Jagd durch den Unterwassermarkt von Atlantis sieht man etwa das nautische Äquivalent zu den umgefahrenen Markständen aus unzähligen Autojagden des klassischen Actionkinos.
Ein weiterer Pluspunkt ist erneut Jason Momoa („Fast & Furious 10“), der sichtlich Spaß an der Hauptrolle hat und Aquaman als Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Lebemann mit Augenzwinkern verkörpern, aber gleichzeitig noch genug körperliche Präsenz und Gravitas besitzt, um ihn nicht lächerlich wirken zu lassen. James-Wan-Regular Patrick Wilson („The Nun“) ist ein starker Anspielpartner für Momoa und gibt Orm als facettenreiche Figur, dessen Fehlverhalten (und auch möglicher zukünftiger Verrat) seinem Glauben geschuldet sind, das Richtige zu tun. Amber Heard („The Ward“), Nicole Kidman („The Northman“), Dolph Lundgren („The Expendables 4“) und Temuera Morrison („Hard Target 2“) bleiben bessere Stichwortgeber – charismatische Stichwortgeber, sicher, aber dennoch Stichwortgeber. Yahya Abdul-Mateen II („Ambulance“) hat eine etwas eindimensionale Rolle als von Rache zerfressener Schurke, aber spielt den Niedergang Black Mantas in Wahnsinn und Obsession mit Präsenz. Randall Park („Totally Killer“) als Helfer, der an seiner Mission zweifelt, ist ganz okay, überraschend stark dagegen kommt Jani Zhao („Peregrinacao“) als Black Mantas rechte Hand daher – sie bleibt im Gedächtnis, obwohl man quasi gar nichts über ihre Figur erfährt.
So kommt „Aquaman: Lost Kingdom“ mit seiner etwas ausgetretenen Geschichte, dem leicht enttäuschenden Finale und dem unterentwickelten Schurken schwächer als der Erstling daher, ist aber immer noch ein solides Superheldenabenteuer: Die Action überzeugt meist mit Schmackes und gelungenen Einfällen, Momoa und Wilson sind ein tolles Duo und das Design des Films ist erneut vom Feinsten. Innerhalb von Wans Filmographie vielleicht einer der schwächeren Beiträge, aber die anderen drei DC-Filme des Jahres 2023 („Shazam! Fury of the Gods“, „The Flash“, „Blue Beetle“) steckt „Aquaman: Lost Kingdom“ immer noch easy in die Tasche.
Warner hat „Aquaman: Lost Kingdom“ am 21. Dezember 2023 in die deutschen Kinos gebracht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, seit 21.12.2023 in den deutschen Kinos |