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Argylle

Originaltitel: Argylle__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Matthew Vaughn__Darsteller: Bryce Dallas Howard, Sam Rockwell, Henry Cavill, Bryan Cranston, Catherine O’Hara, John Cena, Samuel L. Jackson, Sofia Boutella, Dua Lipa, Ariana DeBose, Richard E. Grant, Rob Delaney, Jing Lusi, Jason Fuchs, Stanley Morgan, Grecia De la Paz u.a.
Argylle

In Actionkomödie “Argylle” wird Autorin Bryce Dallas Howard von Spion Sam Rockwell in eine wilde Agentengeschichte hineingezogen

Mit den „Kingsman“-Filmen hatte sich Regisseur und Drehbuchautor Matthew Vaughn zu einer neuen Koryphäe im Bereich der schrägen Agenten-Actionkomödie entwickelt und schlägt mit „Argylle“ in die gleiche Kerbe, dessen Script allerdings nicht von ihm, sondern von Jason Fuchs („Wonder Woman“) stammt.

Argylle (Henry Cavill) ist der beste Agent der Welt. Einer, der in die Höhle des Löwen geht, mit der gesuchten Terroristin LaGrange (Dua Lipa) das Tanzbein schwingt und trotz Enttarnung alle Gegner ausschaltet, ehe er die Gesuchte nach einer irren Verfolgungsjagd stellt. Dummerweise entleibt diese sich selbst, kann nur verraten, dass Argylles eigene Organisation Schurkisches vorhat – und da endet der vierte Argylle-Roman, den die gefeierte Autorin Elly Conway (Bryce Dallas Howard) gerade bei einer Lesung vorstellt. Das erinnert schon sehr an „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“, zumal sich Elly als Wiedergängerin von Joan Wilder entpuppt: Sie schreibt aufregende Abenteuer-Beststeller, lebt privat aber allein als graue Maus mit ihrem Kater Alfie, hat Angst vorm Fliegen und von einem Liebesleben gibt es keine Spur.

Roman Nr. 5 ist eigentlich auch fertig, nur das Ende braucht noch Feinschliff, weshalb Elly ihre Eltern besuchen und Rat holen möchten – via Zugfahrt natürlich. Doch da steht ihr eine dicke Überraschung bevor, als sich der vermeintliche Fan Aidan Wilde (Sam Rockwell) zu ihr setzt, ihr kurz darauf aber offeriert, dass ihre Romane nicht nur wegen ihrer Recherche so akkurat sind, sondern weil sie reale Geschehnisse voraussagen kann. Der Geheimdienst ist tatsächlich in der Hand von Verrätern, Aidan steht als abtrünniger Agent auf der Abschussliste und der Schlüssel zu allem ist eine Code-Datei, die Argylle im letzten Kapitel des Romans finden soll. Deshalb sind alle Beteiligten auch so scharf darauf herauszufinden, was Elly sich als nächstes ausdenkt, so die abgefahrene Prämisse von „Argylle“.

Kurz darauf traben auch schon die ersten Geheimdiensthäscher an, die es auf Elly abgesehen haben und von Aidan zurückgeschlagen werden. Doch von nun an haben beide eine Zielscheibe auf dem Rücken und müssen wohl oder übel die Datei finden, bevor die Schurken es tun…

Schaut euch den Trailer zu „Argylle“ an

Dass „Argylle“ in die „Kingsman“-Kerbe schlägt, ist den Machern vollkommen bewusst, weshalb es in einer Mid-Credit-Sequenz auch einen direkten Verweis auf die Vaughns Agentenreihe gibt. „Argylle“ streut einige Hommagen an sein Genre ein, die zwar erkennbar, aber nicht aufdringlich sind. Die spektakuläre Tanzdarbietung mit der Schurkin gab es auch in „True Lies“, gehirngewaschene und auf Audiosignale trainierte Personen kennt man aus Werken wie „Telefon“ und das Casting von Henry Cavill erinnert an dessen Rollen in „Codename U.N.C.L.E.“ und „Mission: Impossible – Fallout“. Weitere Referenzen gehen nicht nur an Genreübervater James Bond und Romanautoren wie Tom Clancy, John le Carré und Ian Fleming heraus, sondern auch an filmische Kollegen wie Jason Bourne, Ethan Hunt und „Tödliche Weihnachten“. Auch die Romane Ellys bieten Raum für ein paar hübsche Meta-Spielchen, etwa wenn Argylle im Spiegel zu ihr spricht oder immer wieder als Stand-In von Aidan in einer Kampfszene auftaucht.

Mit großer Freude parodiert „Argylle“ die Topoi des Spionagegenres, während er sie gleichzeitig auch bedient. So merkt Aidan etwa kritisch an, dass Ellys Romanheld eigentlich viel zu gut für einen Spion aussieht und daher nicht unauffällig genug daherkommt, wobei die Zugszene direkt eine Probe aufs Exempel liefert. Gleichzeitig gibt es natürlich die Datei als MacGuffin, das riesige Schurkenhauptquartier auf einem Ozeantanker, die häufigen Location-Wechsel rund um die Welt, die Doppel- und Dreifachagenten. All das wird lustvoll aufgefahren, oft aber ironisch gebrochen oder direkt auf die Schippe genommen, mit dem gewohnt überdrehten Vaughn-Touch.

Doch sehr das Script von Fuchs das Agentengenre bedient und dessen Versatzstücke zusammensetzt, so kommt es doch erfrischend daher. So zaubert das Drehbuch einige Plottwists aus dem Hut, die nicht rasend neu sind, aber dennoch überraschend kommen, ohne forciert zu wirken oder das Publikum für dumm verkaufen. Manche Wendung ist vorsehbar (so sieht man die Identität des E-Mail-schreibenden Fans meilenweit kommen), gegen Ende zieht sich „Argylle“ ein wenig und könnte etwas schneller auf den Punkt kommen, doch insgesamt kann der Film seine knapp 140 Minuten tragen ohne größere Längen zu erzeugen. Dabei ist der Mainplot, in dem alle dem gleichen Objekt herjagen, im Grunde recht einfach gehalten, sodass die Plottwists eher aus den Figuren, den doppelten Böden und dem Spiel mit der Erwartungen kommen. Da fällt auch gar nicht auf, dass die Motivation der Schurken kaum übers Bösesein hinausgeht. Als Marketing-Gag wurde zudem in die Welt gesetzt, dass der Film auf dem Roman einer echten Elly Conway beruhe und es dauerte eine Weile, bis die Presse herausfand, dass auch dies nur eine Erfindung der überbordenden Phantasie der „Argylle“-Macher war.

Überbordend ist auch der Stil der Actionszenen, die nichts für Freunde des geerdeten Krawallkinos sind. Für die ist am ehesten das Set Piece im Zug geeignet, in dem sich Aidan hervorragend choreographiert mit einer stets nachwachsenden Zahl von Attentätern kloppen muss, die weiteren Actionszenen sind meist deutlich drüber, etwa eine Schlittschuheinlage mit Messern als Kufen auf ausgelaufenem Öl. Der Over-the-Top-Höhepunkt ist eine Schießerei inmitten von buntem Rauch, inszeniert als durchchoreographierte Musicaleinlage zu den Klängen einer Coverversion von Snow Patrols „Run“. Spaß und Einfallsreichtum bieten die Spektakelmomente auf jeden Fall, allerdings auch häufigen CGI-Einsatz, der das Ganze bisweilen sehr künstlich aussehen lässt, auch wenn die Animationen nie so hässlich und plump werden wie die schlechtesten Momente in „Kingsman: The Golden Circle“. Die Konzepte entwarf der langjährige Stuntman und -koordinator Brad Allan („Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“), der häufig mit Vaughn zusammenarbeitete, 2021 verstarb und dem der Film gewidmet ist.

Ebenfalls in vielen Szenen CGI-animiert ist Ellys Kater Alfie, was aus Tierschutzgründen zu befürworten ist, wird die Katze doch von einem Dach geworfen, in einem engen Rucksack transportiert und durch den Kugelhagel getragen. Außerdem kann Alfie mit seiner computergestützten Mimik das Geschehen quasi kommentieren, was – ähnlich wie die POV-Shots aus seiner Sicht – zu den amüsantesten Momenten dieser spritzigen Actionkomödie gehört. Auch sonst hat der Humor mehr Treffer als Nieten, gerade wenn die ungläubige, leicht hysterische Elly und der problemlos tötende Aidan, der allerdings eine Katzenhaarallergie hat, als Buddy-Duo wider Willen zusammenarbeiten müssen. Makaber wird es bisweilen auch (etwa bei einer Diskussion über das Zertreten von Köpfen), auch wenn „Argylle“ weniger zeigefreudig ist als die vorigen Filme des Regisseurs.

Dabei profitiert das Ganze auch vom Casting. Vor allem Bryce Dallas Howard („Jurassic World: Ein neues Zeitalter“) und Sam Rockwell („Mr. Right“) spielen sich die Bälle famos zu, wobei gerade Rockwell als gleichzeitig typischer und bisweilen doch unkonventioneller Held viel Charme spielen lässt. In der imaginierten Romanwelt treten unter anderem Henry Cavill („Zack Snyder’s Justice League“), John Cena („Freelance“), Popstar Dua Lipa („Barbie“) und (in einer Mini-Cameo-Rolle) Richard Grant („Killer’s Bodyguard“) als herrlich archetypische Charaktere auf, während der Star-Cast noch mit weiteren gläzend aufgelegten Leuten aufwartet, vor allem Bryan Cranston („In Dubious Battle“) als mürrischer Oberschurke und Catherine O’Hara („Kiss & Kill“) als Ellys aufgekratzte Mutter. Samuel L. Jackson („The Marvels“) und Sofia Boutella („Rebel Moon“) als weitere Figuren aus dem Geheimdienstumfeld können da nicht ganz mithalten, haben aber auch relativ kleine Rollen, die sie zufriedenstellend absolvieren.

„Argylle“ mag vielleicht ein wenig zu lang sein, manchmal ein wenig zu künstlich aussehen, ist aber eine einfalls- und temporeiche Agenten-Actionkomödie mit gewitztem Script, knalligen Actionszenen, viel Witz und einem tollen Hauptdarstellerduo – da vergisst man gern, dass die ganze MacGuffin-Jagd relativ simpel ist und die Schurkenmotive kaum ausbuchstabiert werden. Eine charmante Parodie auf und Verbeugung vor dem Agentengenre, welche die beiden „Kingsman“-Sequels spielend in die Tasche steckt.

„Argylle“ ist eine Produktion von Apple TV+, die aber vor dem Streamingstart erst via Universal ins Kino kommt. Der deutsche Starttermin ist der 1. Februar 2024, von der FSK gab es recht großzügig die Freigabe ab 12 Jahren.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Universal__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 1.2.2024 in den deutschen Kinos

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