Originaltitel: Bad Boys: Ride or Die__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Adil El Arbi, Bilall Fallah__Produktion: Jerry Bruckheimer u.a.__Darsteller: Will Smith, Martin Lawrence, Vanessa Hudgens, Alexander Ludwig, Paola Núñez, Eric Dane, Ioan Gruffudd, Jacob Scipio, Tasha Smith, Melanie Liburd, Joe Pantoliano, Rhea Seehorn, Dennis Greene, Derek Russo, Jenna Kanell, Michael Bay u.a. |
Nach dem Erfolg von „Bad Boys for Life“ wurde der vierte Teil schnell angekündigt, wegen Will Smiths Oscar-Ohrfeige zwischenzeitlich auf Eis gelegt, dann doch gedreht. Wie schon bei Teil 3 führt auch bei „Bad Boys: Ride or Die“ das Duo aus Adil El Arbi und Bilall Fallah („Rebel – In den Fängen des Terrors“) Regie.
Dass die beiden das Rezept des direkten Vorgängers aufnehmen, der wiederum eine Bay-Kopie mit zahlreichen Referenzen an dessen „Bad Boys“-Filme war, macht schon der Anfang klar. Wie in „Bad Boys for Life“ rasen die Detectives Mike Lowrey (Will Smith) und Marcus Burnett (Martin Lawrence) im Sportwagen durch Miami, auf dem Weg zu einem wichtigen Event – in diesem Falle Mikes Hochzeit mit seiner früheren Physiotherapeutin Physiotherapeutin Christine (Melanie Liburd). Bei einem Zwischenstopp geraten sie in einen Raubüberfall, bei dem sie sich zoffen und den bewaffneten Räuber kaum ernstnehmen – ein Zitat aus dem Erstling, inklusive Marcus‘ geliebter Skittles, auf die er lieber verzichten sollte. Während der Hochzeit bekommt er die Quittung für seinen ungesunden Lebensstil in Form eines Herzinfarkts.
Das sind jedoch nicht die einzigen dunklen Wolken, die über der Welt der beiden Bad Boys aufziehen. Marcus überlebt zwar, doch der nächste Schlag steht bevor, als Schurken Beweise fälschen und es so aussehen lassen, als der ermordete Freund und Chef von Mike und Marcus, Captain Conrad Howard (Joe Pantoliano), jahrelang Schmiergeldzahlungen von Kartellen angenommen habe. Obwohl die Figur in „Bad Boys for Life“ starb, erhält Pantoliano („Lockere Geschäfte“) also noch einmal seine patentierte Grantigkeit in einer Traumsequenz und vor ein paar Video-Dateien zur Schau zu stellen.
Natürlich glauben Mike und Marcus nicht eine Sekunde an die Schuld von Captain Howard, egal was die Beweise sagen. Von Mikes inhaftiertem Sohn, dem früheren Kartellkiller Armando Aretas (Jacob Scipio), erhalten sie einen Hinweis, der sie allerdings auf die Abschussliste der Schurken bringt…
Schaut euch den Trailer zu „Bad Boys: Ride or Die“ an
„Bad Boys: Ride or Die“ geht in mehrerlei Hinsicht den Weg des direkten Vorgängers. Wieder gibt es zahlreiche Zitate in Bild, Sound und auf der Handlungsebene, von Mark Mancinas „Bad Boys“-Themen über einen erneuten Michael-Bay-Cameo (dieses Mal als Porsche-Fahrer) bis hin Szenenzitaten der Vorgänger, teilweise unter umgekehrten Vorzeichen. So ist es hier Marcus, der Mike davor rettet überfahren zu werden, als dieser eine Panikattacke hat. Denn auch damit wird „Bad Boys for Life“ fortgesetzt, indem das Alter der Hauptfiguren thematisiert wird. Mike wird endlich sesshaft, aber auch verwundbarer, Marcus wird mit den Folgen seines Lebensstils konfrontiert. Wobei er danach dem Glauben erliegt, dass er nicht sterben kann, was zu einem Rollentausch führt. So ist es in einer Actionsequenz Marcus, der sich mit zwei Pistolen gleichzeitig ballernd in den Kugelhagel stürzt, während Mike ihm Rückendeckung gibt. Und wie schon im Vorgänger ist der Tonfall etwas düsterer und ernster als in den Bay-Filmen: Auch in diesem Film muss man von einem Mitglied der „Bad Boys“-Mannschaft Abschied nehmen, zwei andere werden in einem Dialog nachträglich für tot erklärt.
Doch trotz solcher Passagen bleibt auch „Bad Boys: Ride or Die“ eine Actionkomödie, die Witz aus den Gegensätzen der Partner zieht. Wie schon im Vorgänger sind es einschneidende Lebensereignisse, welche die Käbbeleien verstärken. Mike als Draufgänger will seine Panikattacken nicht wahrhaben, während Marcus freudig darauf hinweist. Junkfood-Fan Marcus hingegen muss mit Gewalt von Hot Dogs, Süßigkeiten und ähnlich ungesundem Zeug ferngehalten werden. Ansonsten dürfen coole Oneliner ebenso wenig fehlen wie Situationskomik, etwa wenn Mike und Marcus nach einem Hubschrauberabsturz neue Klamotten benötigen und ausgerechnet ein paar Rednecks mit Südstaatenflagge und Schrotflinten beklauen, von denen sie natürlich während der Tat ertappt werden. Oder jene Szenen, in denen Marcus seine vermeintliche Unverwundbarkeit beweisen will, Kugelhagel hin, Alligatoren her.
Weiteres Leben wird dem Film durch die Nebenfiguren eingehaucht. Da ist erneut Marcus‘ Familie in Form von Ehefrau Theresa (neu besetzt: Tasha Smith), Tochter Megan (Bianca Bethune) und Schwiegersohn Reggie (Dennis Greene), da ist wieder Hacker Fletcher (John Salley) und da sind wieder Polizeikollegen wie Captain Rita Secada (Paola Nuñez) oder die AMMO-Mitglieder Kelly (Vanessa Hudgens) und Dorn (Alexander Ludwig). Auch viele neue Figuren sind über Beziehungen mit den alteingesessenen Charakteren verbunden, etwa der Staatsanwalt, Bürgermeister-Kandidat und Rita-Lebensgefährte Lockwood (Ioan Gruffudd) oder US Marshall Judy Howard (Rhea Seehorn), die Armando für den Tod ihres Vaters gern eine Kugel verpassen würde. Familien- und Liebesbeziehungen aller Art sind also ein wiederkehrendes Thema, weshalb sich Mike in diesem Film seinem Sohn öffnen muss, während Reggie, der in „Bad Boys II“ noch von den Cops niedergemacht wurde, hier an mindestens einer Stelle seine Qualitäten gegenüber dem Schwiegerpapa beweisen kann.
Ansonsten ist das Script aus der Feder von Chris Bremner („The Man from Toronto“) und Will Beal („Zack Snyder’s Justice League“) solide geplottet, folgt allerdings der ungeschriebenen Regel, dass anscheinend in jeder zweiten Action-Reihe irgendwann der Moment kommt, in der man den Hauptcharakteren trotz all ihrer Verdienste die Schuld in die Schuhe schieben kann (siehe „Taken 3“ oder „Angel Has Fallen“). Glücklicherweise wird „Bad Boys: Ride or Die“ dadurch nicht zur x-ten zahnlosen „Auf der Flucht“-Variante, sondern benutzt dies in erster Linie zur Spannungssteigerung, weil Mike und Marcus damit in der zweiten Hälfte nicht mehr auf die Ressourcen des Police Departments zugreifen können. Ansonsten hat das Hin und Her zwischen den Ermittlungsarbeiten der Helden auf der einen, den Sabotageakten und Mordversuchen der Bösewichte auf der anderen Seite auf jeden Fall Tempo. Die Schurkentruppe besteht aus markigen Charakterfressen, lässt es aber bisweilen an Profil missen, denn am Ende bleibt nur hängen, dass das Ganze etwas mit Korruption und Kartell-Kooperation zu tun hatte. Bisweilen ist der Plot auch sehr den Genrekonventionen verhaftet, denn als Verräter in den eigenen Reihen stellt sich natürlich genau die Figur heraus, die es in Filmen dieser Art eigentlich immer ist.
Das Regie-Duo ahmt auch in den Actionszenen den Bay-Stil nach, entwirft zusammen mit Stammkameramann Robrecht Heyvaert („Revenge“) aber wieder einige memorable Set Pieces. Die entfesselte Kamera kreiert oft lange Einstellungen ohne sichtbare Schnitte, etwa eine komplexe Fahrt während des Showdowns, die quasi alle Heldenfiguren bei verschiedenen Kampfhandlungen in einem Gebäude ablichtet. Für einige visuelle Gags ist auch Zeit, etwa wenn Marcus während eines Shoot-Outs eine Süßigkeit mit dem Mund einfangen möchte. Auf dem Plan stehen vor allem Schießereien, aber auch einige Explosionen, die eine oder andere Verfolgungsjagd und ein paar Nahkämpfe finden sich. Großes Highlight ist das Finale, in dem Mike und Marcus mittels tatkräftiger Unterstützung das Hauptquartier der Schurken stürmen, aber auch die anderen Actionszenen überzeugen durch die Bank.
Nur jene Szene, in der ein Kopfgeld auf die Bad Boys ausgesetzt wird und nicht nur die Cops, sondern alle Kriminellen der Stadt hinter ihnen her sind, verschenkt etwas Potential: Schnell dezimieren rivalisierende Gangs einander, da wäre eine „The Warriors“-artiges Spießrutenlaufen (so wie jüngst im letzten Drittel von „John Wick 4“) noch wesentlich aufregender gewesen. Weil Produzent Jerry Bruckheimer („Top Gun: Maverick“) budgetmäßig im Vergleich zum direkten Vorgänger nochmal 10 Millionen Dollar mehr drauflegte, ist auch der seltene CGI-Einsatz besser geworden: Wenn die Helden an Bord eines Transporthubschraubers um ihre Leben kämpfen und das Fluggerät außer Kontrolle gerät, dann sieht das wesentlich überzeugender aus als der CGI-Heli im Finale des Vorgängers.
Gewohnt verlässlich ist auch die Besetzung. Will Smith („Gemini Man“) stattet seinen Draufgänger mit etwas mehr Verletzlichkeit aus ohne seine Coolness zu verlieren, während Martin Lawrence („National Security“) den etwas tollpatschigeren Buddy gibt, ohne zu sehr ins Klamaukige abzudriften – und die Chemie zwischen den beiden stimmt wie eh und je. Alexander Ludwig („Guy Ritchie’s Der Pakt“) und Vanessa Hudgens („Polar“) können mehr Akzente als im Vorgänger setzen, während Jacob Scipio („The Expendables 4“) sowohl das Reuige als auch den Killerinstinkt von Armando stark zu verkörpern weiß – letzterer zeigt sich in einem wuchtig inszenierten Fight im Gefängnishof. Eric Dane („The Last Ship“) als Oberschurke ist fies und hat Charisma, auch wenn er vom Script unterentwickelt bleibt. Paola Nuñez („Der Untergang des Hauses Usher“) und Ioan Gruffudd („Code Ava – Trained to Kill“) supporten solide, Rhea Seehorn („Inside Man: Most Wanted“) als toughe Gesetzeshüterin ist ein starker Neuzugang. Auch sonst gibt es wenig zu meckern, nur Tasha Smith („Max Q – Emergency Landing“) reicht leider nicht an ihre Vorgängerin Theresa Randle heran.
Wie schon der direkte Vorgänger versteht sich „Bad Boys: Ride or Die“ als Rücksturz in die 1990er, der die beiden Bay-Filme der Reihe gern und häufig zitiert. Aber Adil El Arbi und Bilall Fallah gelingt das auch beim zweiten Mal als unterhaltsame Actionkomödie mit starken Set Pieces, gut aufgelegter Besetzung und famoser Kameraarbeit. Manches funktioniert vielleicht zu sehr nach Schema F, die Gratwanderung zwischen lockerer „Bad Boys“-Coolness und ernsteren, introspektiven Momenten gelingt nicht immer, aber launige zwei Stunden Unterhaltung bietet auch „Bad Boys: Ride or Die“ wieder.
Sony bringt „Bad Boys: Ride or Die” am 5. Juni 2024 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 16 Jahren.
© Nils Bothmann (McClane)
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