Originaltitel: Bandit__Herstellungsland: Kanada__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Allan Ungar__Darsteller: Mel Gibson, Elisha Cuthbert, Josh Duhamel, Olivia d’Abo, Nestor Carbonell, Haley Webb, Rachael Markarian, Claire Bronson, Swen Temmel u.a. |
Mit „Tapped Out“ und „Gridlocked“ empfahl sich Regisseur Allan Ungar einem actionaffinen Publikum. Sein dritter Spielfilm geht nun andere Wege. Er bebildert das Leben von Gilbert Galvan Jr., einem Bankräuber, der in den 80er-Jahren als „The Flying Bandit“ berühmt berüchtigt wurde.
Als wir Gilbert Galvan das erste Mal begegnen, lebt der geborene Amerikaner unter dem Alias Robert Whiteman in Kanada. Hier hat der charmante Gentleman-Gauner bereits 59 Banken überfallen und dabei 2,339 Millionen Dollar erbeutet. In einer langen Rückblende erfahren wir, wie aus Gilbert Robert wurde und wie schlitzohrig er bei seinen Überfällen vorging.
Dabei buk er in Amerika zunächst kleine Brötchen. Irgendwann war das Maß jedoch voll und er fuhr für seine Trickbetrügereien ein. Im Knast gefiel es ihm nicht sonderlich gut, weshalb er ausbüxte und nach Kanada floh. Fortan versuchte er es als Robert Whiteman auf ehrliche Art. Doch wirklich zufriedenstellend wollte sein Leben so nicht verlaufen. Zudem verliebte er sich in Andrea, der er mehr bieten wollte, als ein Leben in Armut. Als seine Freundin ihm erklärte, schwanger zu sein, keimte in dem Hallodri ein Plan.
Schnell bemerkte er, dass die Sicherheitsvorkehrungen kanadischer Banken seiner kriminellen Energie überhaupt nicht gewachsen waren und er beging die ersten Überfälle. Um irgendwann größere Coups durchziehen zu können, sicherte er sich die finanziellen Dienste des alternden Gangsterbosses Tommy. Blöderweise wurde der auf Schritt und Tritt von den Cops beschattet, was Gilberts Überfälle nicht zwingend einfacher machte.
Relaxter Gaunerspaß mit Mel Gibson und Josh Duhamel
Regie und Drehbuch von „Bandit“ sind sich ganz offenkundig immer bewusst, dass sie das Rad mit ihrer Krimikomödie nicht neu erfinden. Bereits beim ersten bebilderten Bruch von Gilbert scheint die coole Gentleman-Tour eines George Clooney in „Out of Sight“ überdeutlich durch. „Bandit“ versucht darum auch gar nicht erst, besonders clever zu sein. Stattdessen verlegt er sich auf einen wunderbar entspannten Erzählton.
Immer wieder durchbricht Gilbert die vierte Wand und richtet sich direkt an das Publikum. Das kann wie bei „Deadpool“ sogar mitten in einem laufenden Dialog passieren. Die lässige Musik, die spielfreudigen Darsteller und die feine Bebilderung tragen ihren Teil zu der beständig vorherrschenden Lockerheit bei. Es bricht kein Schuss, es wird nicht mit Waffen herumgefuchtelt. Nicht einmal in Momenten, in denen es Gilbert an den Kragen zu gehen droht, wird „Bandit“ düsterer im Ton.
Ganz im Gegenteil, denn auch in diesen Momenten kann sich Gilbert mit seiner unfassbar sympathischen Art irgendwie herauswinden. Die zahlreichen Banküberfälle sorgen ebenfalls für Amüsement und für teils ungläubiges Kopfschütteln. Denn es gibt da Einlagen, da knackt Gilbert die eine Bank, verlässt locker-lässig den Tatort, betritt die nächste Bank und nimmt auch die aus. Der Real-Life-Gilbert hält im Übrigen immer noch den kanadischen Rekord für die meisten aufeinanderfolgenden Banküberfälle.
Vor allem die tatsächlich passierten, teils unglaublichen Begebenheiten sind es dann auch, die „Bandit“ dann doch von den hinlänglich bekannten Plotwirrungen des Heist/Gangsterfilm-Genres abheben. Leider ist „Bandit“ mit 126 Minuten deutlich zu lang geraten. Zwar schaut man der munteren Schnurre mit insgesamt ordentlichem Erzähltempo nur zu gerne zu, doch im Mittelteil hat der Film Durchhänger. Hier wird ihm seine Lockerheit beinahe ein wenig zum Verhängnis, da es an Dramatik und Spannung fehlt.
Und so toll Josh Duhamel („Blackout“) als Gilbert und Elisha Cuthbert („House of Wax“) als seine Göttin Andrea auch harmonieren, von ihren gemeinsamen Momenten gibt es im Mittelteil zu viele, während der mal wieder starke Mel Gibson („On the Line“) als Gangsterboss Tommy leider brutal heruntergepegelt wird. Zudem hätten die Darsteller der Cops, Swen Temmel („Force of Nature“) und Nestor Carbonell („Death Zone“), mehr Szenen gut vertragen können. Die beiden kommen als Bedrohung für Gilbert und Andrea nämlich nie im Film an.
Alan Ungar bebildert seinen Streifen schön gediegen. Zahlreiche Schnittbilder der kanadischen Metropolen und der natürlichen Gegebenheiten sehen richtig toll aus. Die stark farbgesättigten Bilder schmeicheln dem Auge. Die 80er werden vor allem mittels grässlicher Modesünden repräsentiert, die vor allem Duhamel auftragen darf. Zudem sind die Macher wohl große Fans von Boy George, der sowohl von der Tonspur ertönt als auch in mehreren Dialogen erwähnt wird. Die Musik ist wie der Film eine Fingerübung in Sachen cooler Lässigkeit. Wer gerne Filmfehler sucht, wird auch hier fündig: In einer Szene liest Gilbert über sich selbst in der Zeitung. Alle Zeilen rund um den Artikel über ihn sind witzigerweise mit “Lorem Ipsum” Platzhaltertext versehen.
„Bandit – Catch Him If You Can“ weiß kurzweilig zu unterhalten
„Bandit“ ist die große Show von Josh Duhamel. Wie er seinen Gilbert/Robert zum Leben erweckt, ist einfach großartig. Voller Charme, schelmischem Augenzwinkern und immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen entwirft er einen Antihelden, dem man nur zu gerne durch diese kurzweilige, zugegebenermaßen seichte, dafür mit lockerer Hand inszenierte Gaunerschnurre folgt. Dem echten Gilbert Galvan, der hier natürlich extrem romantisiert wird, dürfte der Feel-Good-Streifen sicherlich gut gefallen.
Selbiger arbeitet heute im Übrigen als Lkw-Fahrer. Zumindest das scheint ihn noch heute mit der wildesten Phase seines Lebens zu vereinen, denn als Bankräuber war er auch immer auf Tour. Der Film präsentiert zudem auch einen ultrakurzen Ausschnitt aus einem Interview mit Gilbert, bei dem man sofort bemerkt, dass sowohl „Bandit“ als auch Duhamel dessen Wesen extrem gut getroffen zu haben scheinen.
Der Film erscheint am 5. Mai 2023 von Square One und LEONINE auf DVD und Blu-ray. Ungeschnitten und mit einer Freigabe ab 12 haben die Datenträger leider keinerlei Extras zum Film zu bieten. Man kann den Film natürlich auch bei verschiedenen VoD-Plattformen streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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