Becky 2: She’s back!

„Becky 2: She’s back!“ – ’nuff said!

Nachdem Neonazis die verbliebenen Reste des familiären Idylls der kleinen Becky zerstört hatten, wofür sich das Mädchen in „Becky“ ausnehmend brutal rächte, lebt sie ein unstetes Leben. Becky wird in verschiedenen Pflegefamilien untergebracht, vor denen sie meist schnell Reißaus nimmt. Hernach kommt sie immer wieder schnell mit dem Gesetz in Konflikt und landet bei neuen Pflegefamilien. Dieser Kreislauf hat ein Ende, als Becky der älteren Dame Elena über den Weg läuft.

Elena lässt Becky bei sich unterschlüpfen. Ein Jahr hat es Becky schon bei Elena ausgehalten, als erneut selbsternannte Patrioten alles zerstören. Selbige gehören zur Terrororganisation „Noble Men“, haben sich über das Internet organisiert und planen einen alles verändernden Anschlag. Als sich jedoch die taffe Becky in ihrem aktuellen Job mit den Typen anlegt, wollen die ihr zeigen, welche Stellung eine Frau in ihrer Ideologie einnimmt.

Dazu dringen sie in Elenas Haus ein. Die Situation eskaliert schnell und stellt Becky erneut vor blutige Tatsachen. Obendrein wird Diego, Beckys Hund, „entführt“. Becky schaltet sofort in den altbekannten Radau-Modus und zieht gegen die „Noble Men“ in den Kleinkrieg.

Schaut in den Film hinein

Erlebt den Zorn von Becky

„Becky“ hatte 2020 vor allem wegen dem betont fiesen und in seiner gegen den Strich gebürsteten Rolle des Sausacks vollkommen aufgehenden Superstar-Komikers Kevin James für Aufsehen gesorgt. Doch auch der Film rund um diesen „Aufreger“ machte trotz kleiner Fehler Laune. Vor allem, weil Becky auf derb blutspritzende Art und Weise mit den Nazis aufräumte. Vom Außenborder bis zum zerbrochenen Lineal kam hier alles zum Einsatz, was weh tun könnte.

Auf den ersten Teil wird in „Becky 2: She’s Back!“, der im Original „The Wrath of Becky“ getauft wurde, immer mal wieder mit sekundenkurzen Flashbacks referenziert. Auch ein MacGuffin aus dem Vorgänger wird minimal mehr mit Mysterium aufgeblasen. Man muss den Vorgänger allerdings nicht zwingend kennen, um die Fortsetzung genießen zu können. Letztere braucht erst einmal eine Menge Anlaufzeit. Es muss viel erzählt werden. Vor allem: Was ist in den letzten drei bis vier Jahren im Leben von Becky passiert?

Beckys Markenzeichen: Große Kulleraugen und Lust am Killen.

Das Regie-Duo Matt Angel und Suzanne Coote löst dies clever mittels gezeichneten Standbildern und fokussiert dann auf das Duo Elena und Becky. Nach einer Weile brechen die Fieswichte über das neue Becky-Elena-Idyll herein und hernach lernen wir den Chef der Lumpen kennen. Erneut ist es ein Komiker: Seann William Scott (TV-Serie „Lethal Weapon“). Das Überraschungsmoment des Vorgängers geht der Fortsetzung allerdings ab, denn der ewige „American Pie“-Stifler hat 2018 mit dem Thriller „Bloodline“ bereits bewiesen, dass er wirklich fies sein kann.

Das nutzt er für „Becky 2“ aus, gibt sich wieder eiskalt und darf ein paar gelungene Szenen stemmen, in denen er komplett uneinschätzbar rüberkommt. ABER: An Kevin James‘ Auftritt reicht er nicht heran. Auch weil „Becky 2“ ihn zu spät aus dem Ärmel zieht. Auch die Fieswichte um ihn herum haben nicht den Impact der Lumpen aus dem Vorgänger. Die wirkten fieser, zielgerichteter. In der Fortsetzung nun ist es ein unausgegorenes Gemisch aus Neonazis und Incels.

In „Becky 2: She’s back!“ zieht Seann William Scott Beckys Wut auf sich…

Was Becky freilich nicht daran hindert, sie brutal aus dem Leben zu reißen. Das dauert allerdings eine ganze Weile. Eigentlich legt Becky erst in den letzten 30 Minuten los. Bis dahin geben allenfalls brutale Gewaltfantasien von Becky dem Gorehound etwas zum Abfeiern. Rollt dann das Finale an, fällt sofort auf, dass in „Becky 2“ die Vorzeichen leicht getauscht werden. In Teil eins drangen die Lumpen noch in Beckys Heim ein und sie musste es zurückerobern. Diesmal bringt sie Tod und Verderben in das Anwesen des Anführers der Angreifer.

Leider machen Regie und Drehbuch aus dem Ansatz nicht so viel. Und es fällt auf, dass „Becky 2“ zahmer geworden ist. Es gibt ein paar schön schlotzige handmade Effekte wie einen zersprengten Kopf oder einen Pfeil quer durchs Gesicht, die teils etwas sadistischen Einlagen des Vorgängers toppen sie aber alle nicht.

… was sich als schlechte „Idee“ entpuppt.

Der Vorteil: Man fremdelt diesmal nicht so sehr mit Becky, kann sie mehr als Heldin abfeiern und hat nicht das Gefühl, einer maßlosen Serienkillerin zuzuschauen – obwohl sie es freilich ist. Schade ist, dass sie die Lumpen etwas random wirkend killt und diesen eben ein wirklich fieses Rollenprofil abgeht, weshalb man in dem Metzelreigen der letzten 30 Minuten nicht vollends drin ist. Unterhaltsam ist das Ganze dennoch, der fiese Humor mancher Szenen sitzt und es gibt zumindest auch eine echt unverhoffte Entwicklung.

In technischer Hinsicht ist der Streifen absolut sauber in Szene gesetzt. Die Kameraarbeit unterscheidet sich deutlich von jener im Vorgänger. Dessen Regie-Duo hatte mehr auf Handkameras gesetzt und unmittelbarer agiert. In der Fortsetzung dominiert nun ein sehr gediegener Look mit langsamen Kamera-Bewegungen und konzentrierten, durchkomponiert wirkenden Einstellungen. Der Schauplatz funktioniert und wird ausreichend bespielt. Einzig musikalisch gibt es diesmal kaum Erinnerungswürdiges zu hören – da wusste der Vorgänger mehr zu punkten.

„Becky 2 – She’s Back!“ wird Fans des Vorgängers gut runtergehen

Interessant ist, was das Drehbuch nach dem Finale von „Becky 2 – She’s back“ noch an Fässern aufmacht. Ich persönlich bin mir nicht schlüssig, ob ich diese Entwicklung nun mochte, aber es macht zumindest gespannt auf eventuelle Fortsetzungen. Die dann eigentlich ganz andere erzählerische Richtungen einschlagen müssten. Was auch gut wäre, denn das Becky-versus-Neonazis-Prinzip wird vermutlich keine weiteren Fortsetzungen mehr tragen, ohne sich zu eklatant zu wiederholen.

In „Becky 2“ trägt das Konzept aber noch, bietet kurzweilige Unterhaltung, ist ausreichend brutal und hat in Lulu Wilson erneut eine fantastische Hauptdarstellerin, die den Zuschauer mit ihren großen Kulleraugen im Sturm erobert. Wer dementsprechend den ersten Teil mochte, sitzt hier definitiv nicht im falschen Film, auch wenn er – vermutlich enttäuscht – feststellen wird, dass das Subversive und überdreht Brutale von „Becky“ deutlich abgemildert wurde. Die deutsche Freigabe deutet aber an, dass der Film trotzdem alles andere als harmlos geraten ist. Für mich ist die Fortsetzung mit dem Vorgänger insgesamt auf Augenhöhe – ist in manchen Kategorien besser, in anderen schlechter aufgestellt.

DVD und Blu-ray zu „Becky 2 – She’s Back!“ erscheinen am 23. Mai 2024 von DOLPHIN MEDIEN. Die top synchronisierten Datenträger sind ab 18 freigegeben und ungeschnitten. Streamen kann man den Film freilich auch.

In diesem Sinne:
freeman

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