Volle Kanne, Hoschi! Die Komödie „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ wurde zum Kultfilm und verhalf Keanu Reeves zum Durchbruch. Er und Alex Winter verkörperten die titelgebenden Rockfans, die unbedingt ein gutes Geschichtsreferat abliefern müssen und dafür eine Zeitmaschine erhalten, mit der sie historische Persönlichkeiten direkt besuchen und in die Gegenwart bringen können.
Originaltitel: Bill & Ted’s Excellent Adventure__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1989__Regie: Stephen Herek__Darsteller: Keanu Reeves, Alex Winter, George Carlin, Terry Camilleri, Dan Shor, Tony Steedman, Rod Loomis, Al Leong, Jane Wiedlin, Robert V. Barron, Clifford David, Hal Landon Jr., Bernie Casey, Marjean Holden u.a. |
Keanu Reeves begann seine Karriere als Theaterschauspieler, wurde später vor allem als Actionstar in Filmen wie „Speed“, „Matrix“ und „John Wick“ bekannt, doch seinen großen Durchbruch hatte er in der Kultkomödie „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“.
Bill und Ted, das sind Bill S. Preston (Alex Winter) und Ted Logan (Keanu Reeves), zwei Teenager mit Rockmusikerambitionen aus San Dimas. Aufgrund der Begeisterung für ihre Band, die Wyld Stallyns, lassen sie allerdings die Schule schleifen, was ihnen vor allem in Geschichte Probleme einbringt: Wenn sie in der Abschlussprüfung keine gute Note schaffen, lässt Mr. Ryan (Bernie Casey) sie durchfallen. Da Teds autoritärer Vater (Hal Landon jr.) den Filius in diesem Falle auf eine Militärakademie schickt, ist Bestehen Pflicht, was nach dem Standardstoff für Teeniekomödie klingt: Die Freundschaft und die Band müssen um jeden Preis gerettet werden.
Ganz und gar nicht Standard sind jedoch andere Konsequenzen: 700 Jahre in der Zukunft wird die Musik der Wyld Stallyns für ein harmonisches Leben, eine saubere Umwelt und technologischen Fortschritt gesorgt haben – mit einem Nichtzustandekommen der Band wäre das alles Essig. Also wird Rufus (George Carlin) aus der Zukunft zurückgeschickt, um dies zu verhindern. Schon daran zeigt sich, dass „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ es überhaupt nicht mit Zeitreiselogik hat: Theoretisch gäbe es diese Zukunftsgesellschaft ja gar nicht, da die beiden ihr Referat verhauen haben.
Rufus jedenfalls stellt dem Duo eine Zeitmaschine in Telefonzellenform zur Verfügung, um historische Ereignisse live miterleben zu können. Bill und Ted sind begeistert und sacken verschiedene historische Persönlichkeiten einfach direkt ein…
Schaut euch den Trailer zu „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ an
Bill und Ted waren eigentlich zwei Figuren, welche von den Drehbuchautoren Chris Matheson („Mike the Detective“) und Ed Solomon („Super Mario Bros.“) für gemeinsame Stand-Up- und Improvisationsauftritte entwickelt wurden, in denen sie Bill und Ted verkörperten. Die Dynamik zwischen ihnen gefiel den beiden so gut, dass sie daraus einen Film entwickelten, der allerdings erst die Pleite der ursprünglichen Produktionsfirma von Dino de Laurentiis und zwei daraus resultierende Jahre im Giftschrank überstehen musste, ehe er zum unerwarteten Kassenerfolg wurde. Dabei lebt der Film von seinen zwei Hauptfiguren, die als liebenswerte Trottel dargestellt werden, die ihre Limitierungen allerdings mit naivem Optimismus und einer Offenheit für Neues ausgleichen. Wenn Rufus ihnen von der Zukunft erzählt und seine Zeitmaschine anbietet, dann braucht es jedenfalls nur wenig Überredungsarbeit. Besagtes Zeitmaschine sollte ursprünglich ein Van sein, was jedoch im Planungsstadium wieder verworfen wurde, um nicht zu sehr an „Zurück in die Zukunft“ zu erinnern, den man dennoch als Inspiration erkennen kann.
Erzählerisch ist „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ dabei nicht sonderlich stark auf der Brust, ist eher eine Art Aneinanderreihung von Episoden und Einzelsituationen, von denen einige (z.B. die Besuch im Wilden Westen und im Mittelalter) etwas länger ausgespielt werden, andere schnell vorbei sind: Als Bill und Ted im Jahr 1805 landen, sieht man einige Impressionen von Napoleons Feldzug gegen die Truppen Österreich (dargestellt durch Archivmaterial aus „Krieg und Frieden“), die beiden Airheads rufen zu Napoleon (Terry Camilleri) kurz „Hey, Hoschi“ und dann reisen sie auch schon wieder ab, wobei der Feldherr unfallweise auf der Telefonzelle landet und in die Gegenwart verfrachtet wird. Hinzu kommen ein paar mehr oder weniger komische Abstecher, wenn man sich beim Zeitreisen vertut, etwa der eher unlustige Ausflug ins Jahr 2668. Und dann ist da noch das weitestgehend zeitreisefreie letzte Drittel des Films, in dem sich die historischen Persönlichkeiten im San Dimas des Jahres 1988 verlustieren dürfen, was für Fish-out-of-Water-Comedy sorgt, aber noch mehr von der eh schon eher knapp bemessenen Laufzeit abknapst. Es zeigt sich also: In „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ zählen der einzelne Gag und die allgemeine Nonsens-Attitüde mehr als die Geschichte an sich.
So hat man beispielsweise auch nie das Gefühl, dass Bill und Ted auf ernsthafte Hindernisse stoßen. Was natürlich zum einen daran liegt, dass das Drehbuch bei dem Affenzahn, mit dem es die einzelnen Stationen hetzt, nie allzu große Schwierigkeiten aufbauen kann. Zum anderen liegt es an dem flapsigen Umgang mit Zeitreiselogik. Einerseits wird etabliert, dass die Zeit in San Dimas normal weiterläuft und sich Bill und Ted daher mit dem Einsammeln der historischen Figuren ranhalten müssen. Andrerseits ist auch das kein Problem: Bill und Ted bemerken an einer Stelle, dass sie Probleme in der Gegenwart einfach dadurch lösen können, dass sie sich vornehmen nach dem Referat nochmal die Zeitmaschine zu benutzen und sich so in der Vergangenheit zu helfen.
Immerhin: Durch das hohe Tempo kann „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ seine Gags mit hoher Schlagzahl herausfeuern und das mit recht hoher Trefferquote. Natürlich wird hier eher die simple Komik bedient, manchmal auch in eher unlustiger Art (etwa Napoleons Besuch im Eiscafé), meist jedoch recht amüsant. Darunter sind diverse Slapstickeinlagen wie eine Kneipenschlägerei im Wilden Westen oder jene Szene, in der die historischen Persönlichkeiten im Einkaufszentrum die Sau rauslassen, Gags über Eigenheiten der Figuren (Sokrates bekommt philosophische Anregungen durch den Text von „Dust in the Wind“, Sigmund Freud fragt einen Polizisten nach dessen Mutter) und vor allem natürlich die Jugendsprache von Bill und Ted. Diese ging sowohl in den USA als auch in Deutschland in den Sprachschatz ein, wobei die deutsche Synchro eigene Wege geht – und einen der wenigen Ausnahmefälle darstellt, in denen die deutsche Version den O-Ton noch übertrifft. Wie das Original schafft sie es das Idiom von Bill und Ted rüberzubringen, ist dabei aber noch kreativer: Aus „Bill S. Preston, Esquire“ wird „Bill S. Preston, Herrscher über die Sülznasen“, aus „Always be excellent to each other“ wird „Bunt ist das Dasein und granatenstark“ und aus „Party on, dudes“ wird „Volle Kanne, Hoschi“. Manchen Gag kann das Deutsche nicht adäquat rüberbringen, etwa das Bewertungssystem von Bill und Ted („excellent“, „most excellent“, „most triumphant“) oder das Missverständnis, wenn die beiden im Mittelalter in eine Eiserne Jungfrau gesteckt werden sollen und dabei an Iron Maiden denken. Dafür hat die Synchro einige Knaller raus, macht etwa aus dem eher lahmen „What number are we thinking of?“ – „69“ ein „An welchen berühmten Zahnstocher denken wir gerade?“ – „Arnold Schwarzenegger“ und wirft mit Ausdrücken wie „Fellmützenhoschi“ um sich. Obwohl die beiden derart daherredenden Protagonisten echte Hardrock- und Metalfans sind, am liebsten Eddie Van Halen in ihrer Band hätten und mal als Vorgruppe von Iron Maiden auftreten möchten, besteht der Soundtrack dann in erster Linie aus radiotauglichem Poprock von Bands aus der zweiten bis dritten Reihe.
Aus der zweiten bis dritten Reihe stammten damals auch Keanu Reeves („Siberia“) und Alex Winter („Death Wish 3“), die sich jedoch als Idealbesetzung für Bill und Ted beweisen. Die beiden haben hervorragende Chemie und legen ihren beiden Rock-Dudes irgendwo zwischen cool und trottelig an, als liebenswerte Airheads, die ihre geistigen Limitierungen durch Charme und Einfallsreichtum wettmachen. George Carlin („Scary Movie 3“) gibt ihren Mentor in unterkühlter Art, während ein gut aufgelegtes, weitestgehend unbekanntes Nebendarstellerensemble sie unterstützt. Bekannt für Actionfans ist immerhin Al Leong als Dschingis Khan – der kultige Nebendarsteller, Martial-Arts-Experte und Stuntman war als Henchman in Filmen wie „Stirb langsam“, „Lethal Weapon“ und „Rapid Fire“ zu sehen.
So ist die von Stephen Herek („Rock Star“) inszenierte Zeitreisekomödie amüsanter Nonsens, dessen Geschichte eigentlich nur eine Folie für absurde Einzelszenen, lockere Sprüche und Verballhornungen historischer Persönlichkeiten ist. Das Tempo ist hoch, ein tieferer Sinn oder ein Spannungsbogen nicht vorhanden, doch die wunderbar harmonierenden Hauptdarsteller halten „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ durch ihre Chemie und ihre Sprüche am Laufen, allen erzählerischen und dramaturgischen Schwächen zum Trotz.
StudioCanal hat „Bill & Ted’s verrückte Reise durch die Zeit“ in Deutschland auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 6 Jahren freigegeben. Das umfangreiche Bonusmaterial der aktuellen Auflagen umfasst zwei Audiokommentare, ein Making Of, mehrere Featurettes (darunter ein sehr informatives Gespräch zwischen Chris Matheson und Ed Solomon), das Drehbuch, Radiospots, Bilder und Artwork sowie die erste Folge der „Bill & Ted“-Zeichentrickserie, die ein Jahr nach dem durchschlagenden Erfolg des Films an den Start ging.
© Nils Bothmann (McClane)
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