Originaltitel: Hak Mau__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 1991__Regie: Stephen Shin__Darsteller: Jade Leung, Simon Yam, Thomas Lam, Curtis Fraser, Denise Stauffer, Jordy Shane, Audrey Rene, Mary Rawbins, Randi Lynne, Glen Morrison, Cara Leigh Hunter, Jamie Estio, Yvonne Drinovz, Dickie Motherwell, Chan Korlikian u.a. |

Covervariante B des True-Grit/Cargo-Records-Mediabooks von „Black Cat“.
Während Kritiker im Februar 1990 noch die Nase rümpften, hatten die Produzenten weltweit schnell erkannt, dass Luc Bessons „Nikita“ nicht einfach irgendein Actionthriller war, sondern eine frische Universalrezeptur nutzte, die zu replizieren sich lohnen dürfte. In der widerspenstigen Killerin, die nur vermeintlich unter der Kontrolle eines Geheimdienstes steht, steckte etwas von einer Steilvorlage für etliche Epigonen und Variationen. Seither hat sich das unzähmbare Wesen des Femininen seinen Platz im Kino tatsächlich freigekämpft, es ist längst wesentlicher Bestandteil des Untergrund-, Mainstream- und Weltkinos gleichermaßen. Dafür ist „Nikita“ sicherlich nicht alleine verantwortlich, weil so unterschiedliche Einflüsse wie der des japanischen Animes, des amerikanischen Rape-and-Revenge-Films oder des italienischen Gothic-Horrors auf diese Entwicklung Einfluss genommen haben. Besson hatte allerdings einen ganz eigenen Weg gefunden, das Unkontrollierbare im Weiblichen aufzudecken.
Noch bevor Warner Brothers mit „Codename: Nina“ (1993) das offizielle US-Remake auf den Weg bringen konnte, das später sogar noch zwei Serienadaptionen nach sich zog („Nikita“, 1997 – 2001; „Nikita“, 2010 – 2013), entstand in Hongkong mit „Black Cat“ ein inoffizielles Remake, das nur eineinhalb Jahre nach Bessons Vorlage im Kino landete. Viel Zeit zur Reflexion war da nicht gegeben; insofern erscheint es nur logisch, dass der Schwerpunkt noch stärker auf Action liegt und noch weniger auf der durchaus ausbaufähigen psychologischen Komponente, obgleich man natürlich sagen könnte: Die Psychologie ergibt sich hier aus dem Affekt des Moments.
Bei solchen Bedingungen hängt praktisch alles an der Hauptdarstellerin. Jade Leung („Satin Steel – Zwei wie Samt und Stahl„) hat das „Introducing“-Schild gewissermaßen auf ihrer Stirn kleben, als sie in der Rolle einer Bedienung eines Truck Stops eingeführt wird. Die schmächtige Statur und ihre kindlichen Augen lassen sie im ersten Moment zahm erscheinen, was jedoch ein Eindruck ist, der sich immer wieder als Trugschluss herausstellt. Der Deckname der späteren Agentin verweist nicht umsonst auf die Katze, deren Streben nach Geborgenheit bei gleichzeitiger Bewahrung völliger Unabhängigkeit sich permanent in der Hauptfigur widerspiegelt. Newcomerin Leung erweist sich als Glücksgriff für diesen Film, ist sie doch dazu in der Lage, praktisch auf Knopfdruck zwischen Verletzlichkeit und Angriffslust zu pendeln. In einem Moment kann sie zutraulich wirken, um im nächsten die Krallen auszufahren.
Damit ist sie der alleinige Fixpunkt einer Hongkong-Produktion, die gar nicht mal so sehr nach Hongkong aussieht. Die in New York gedrehte Opening-Sequenz verspricht eher ein typisch amerikanisches B-Actiondrama nach „Rambo“-Art mit Lastwagen, Highways, Polizei und allem, was dazu gehört. Viele spätere Szenen wurden im tiefsten Westen Kanadas gedreht, ein Auftrag findet sogar in Japan statt. Bond’sches Territorium wird zwar nicht gerade betreten, aber in Bezug auf die Hinterland-Peripherie gibt sich „Black Cat“ ähnlich international wie das männliche britische Pendant.
Stephen Shin inszeniert dabei temporeich und kurz angebunden, um den gnadenlosen Drill der Profikillerin zu unterstreichen, derweil sich das Drehbuch für die Lernkurve seiner Hauptfigur sehr viel Zeit nimmt. Es gibt keinen harten Schnitt zwischen Ausbildung und Einsatz, sondern vielmehr eine lange Phase der Überlagerung dieser beiden Welten mit gegenseitiger Einflussnahme. Fast eine Stunde lang dauert es, bis der Lernprozess endgültig abgeschlossen ist. In der Anfangsphase dominieren Women-in-Prison-Klischees, von der kalten Dusche bis zur Prügeleinlage mit der (ebenfalls weiblichen) Wache, später wird durch ein Mikrochip-Implantat sogar noch eine High-Tech-Komponente integriert, wie sie für das SciFi-basierte Actionkino der 90er bald noch eine größere Rolle spielen würde.
Die Action selbst ist weitgehend nüchtern gefilmt und von vielen Stealth-Einlagen durchsetzt, hat aber doch einzelne Highlights zu verbuchen, darunter eine memorable Szene um einen Kran, ein Auto und ein Bündel Metallstreben. Zusätzlichen Pep bringt die kinoreife Konzeption der Aufträge ein; so gilt es unter anderem, den Kopf einer kriminellen Organisation in einem Thermalbad mitten in der japanischen Idylle zu exekutieren, oder sogar eine Braut auf ihrer eigenen Hochzeit. Das sorgt für einprägsame Bilder, gleichwohl eine A-Produktion ein Vielfaches der Wirkung aus diesen Vorlagen herausgeholt hätte.
Bei alldem überzeugt vor allem die psychologische Ebene der Betrachtung Catherines, die stets nur angedeutet wird und lediglich situativ an die Oberfläche dringt, was ihre Charakterisierung gerade im Rahmen eines Genrefilms durchaus glaubwürdig erscheinen lässt. Erst als die romantischen Aspekte Einzug ins Skript erhalten, bricht das Kartenhaus ein Stück weit zusammen. Leungs Co-Star Thomas Lam erstarrt in seiner Passivität und kommt dadurch kaum über die Rolle des Stichwortgebers heraus. Damit mag er zwar die Lebhaftigkeit seiner rastlosen Leinwandpartnerin noch zusätzlich betonen, drosselt aber auch immer wieder das Tempo des Films auf unschöne Weise. Dass in einer Kinosequenz ein Ausschnitt aus dem meisterhaft mit Culture-Clash-Stimmungen spielenden Romantikfilm „An Autumn’s Tale“ gezeigt wird, in dem Thomas Lams wesentlich bekannteres und charismatischeres Lookalike Chow Yun-Fat die Hauptrolle spielt, schmeichelt weder Lam noch den romantischen Aspekten des Drehbuchs allzu sehr.
„Black Cat“: Gut, aber ausbaufähig
Wenn „Black Cat“ sich gegenüber der offenkundigen Vorlage „Nikita“ oder dessen offiziellem Remake „Codename: Nina“ einen Mehrwert herausarbeitet, dann wohl darin, dass das Konzept den Inhalt nicht ganz so dominant überlagert, sondern ganz ohne die strengen Auflagen eines offiziellen Remakes in B-Movie-Standards integriert werden kann. Noch dazu ist Jade Leung eine wahre Entdeckung, jederzeit dazu in der Lage, die komplexen Anforderungen an ihre Rolle fast spielerisch zu lösen. Da verzeiht man gerne, dass sich Inszenierung und Mischung der Zutaten noch ausbaufähig zeigen.
Gute
Schaut in den Trailer zu „Black Cat“
„Black Cat“ wurde in einigen deutschen TV-Ausstrahlungen und auf einigen VHS- und DVD-Medien in gekürzter Form mit Gewaltschnitten gezeigt, war teilweise aber auch ungeschnitten verfügbar. Selbst einige der grundsätzlich ungeschnittenen Fassungen litten aber laut Schnittberichte.com an Framecuts beim jeweiligen Szenenwechsel, die sich auf fünf Minuten summierten, ohne dass tatsächlich eine Szene fehlen würde. Hinzu kamen starke Abweichungen beim Farbfilter. Die Anfang 2022 erschienene britische Blu-ray von 88 Films schaffte dem Abhilfe und präsentierte den Film völlig frei von Schnitten mit korrigierten Farben.
Ein Jahr später erschien dann über True Grit / Cargo Records auch eine deutsche Edition als Blu-ray/DVD-Set im Mediabook (drei Artworks, jeweils auf 1.000 Stück limitiert und maschinell nummeriert), die sich an der britischen Ausgabe orientiert. Neben dem kantonesischen Originalton findet man hier auch die deutsche Synchronisation (beides in Dolby Digital 2.0 Mono) und optionale deutsche Untertitel. Die Extras bestehen aus Filmtrailern und einer Bildergalerie – hier war das britische Pendant u.a. mit einem Audiokommentar von Mike Leeder und Arne Venema sowie einem Interview mit Jade Leung besser bestückt.
Sascha Ganser (Vince)
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