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Black Hole

Originaltitel: Black Hole __ Herstellungsland: USA__ Erscheinungsjahr: 2010__ Regie: Rupert Sanders__ Darsteller: Chris Marquette, Whitney Able, Diane Gaeta, Noel Fisher, Nate Mooney, Kelsie Lynn, Vincent Van Dellen, Brando Murphy, Tristan Farris, …
"Black Hole" von Charles Burns (Covermotiv der 2008er Reprint-Edition, "Pantheon" Verlag)

“Black Hole” von Charles Burns
(Covermotiv der 2008er Reprint-Edition, “Pantheon” Verlag)

 

Die in den 1970ern angesiedelte zwölfteilige Comic-Buch-Reihe „Black Hole“ von Charles Burns erzählt die mit diversen Metaphern versehene Geschichte einiger in Seattle lebender High-School-Schüler, die seitens einer „the Bug“ genannten, bei ihnen bizarre Mutationen hervorbringenden sexuell übertragbaren Krankheit befallen werden – was u.a. darin resultiert, dass ihre unbetroffenen Mitmenschen sie zunehmend ausgrenzen bzw. in die soziale Isolation hineindrängen. Im Jahre 2005 erstmalig in einer gebundenen, leicht abgewandelten Komplett-Edition veröffentlicht, wurde in etwa zur selben Zeit damit begonnen, auf eine Kino-Adaption des eigenwillig-düsteren sowie mehrfach preisgekrönten Werks hinarbeitende Pläne zu schmieden: Eingangs hieß es, Alexandre Aja sei als Regisseur im Gespräch, sowie dass sich Neil Gaiman und Roger Avary vereint ans Verfassen des zugehörigen Skripts begeben würden – bevor David Fincher dann allerdings Anfang 2008 ins Spiel kam, dessen perfektionistische Herangehensweise schon bald zu „kreativen Differenzen“ zwischen ihm und dem Autoren-Duo führte, was wiederum zur Folge hatte, dass letztere ihre Mitwirkung aufkündigten sowie das Projekt im Anschluss daran einfach nicht mehr ergiebig vorankam…

In jener Phase der Entwicklung wurde der sich damals gerade auf der Suche nach einer ihn im Hinblick auf sein angestrebtes „abendfüllendes Regiedebüt“ reizenden Story befindende britische Werbeclip-Filmer Rupert Sanders („Halo 3: ODST“) auf die vertrackte Sachlage aufmerksam: Vor diesem Hintergrund nahm er sich kurzerhand einem gewählten Auszug aus dem mittleren Teil der „Graphic Novel“ an, investierte sein eigenes Geld in das Vorhaben und schuf den hier nun zur Besprechung vorliegenden, bis zum Einsetzen der Credits knapp zehn Minuten lang laufenden „Short“ als sein persönliches „Pitch Video“. Das war 2010. Unabhängig positiver Reaktionen ließen konkrete Fortschritte im betreffenden „Development-Prozess“ jedoch weiter auf sich warten – und so wandte sich Sanders stattdessen der Realisierung der 2012er Groß-Produktion „Snow White and the Huntsman“ zu, während Fans der Vorlage bis heute (Mitte 2015) noch immer darauf warten, dass sich jemand der mit beachtlichem Potential gesegneten sowie nicht einmal ein sonderlich hohes Budget benötigenden Angelegenheit endlich mal in einem beherzten Maße annimmt…

Eröffnet wird mit Keith (Chris Marquette), wie dieser in einer regnerischen Nacht in ein Haus zurückkehrt, in welchem eine kleine Gruppe deformierter und völlig zugedröhnter junger Leute (u.a. Nate Mooney und Noel Fisher) im Wohnzimmer auf der Couch hockt und sich den Klassiker „the Wolf Man“ im Fernsehen anschaut. Es herrscht Unordnung und mangelnde Sauberkeit. Offenbar haben sie sich dort frei der Kenntnis der für ein paar Tage abwesenden Besitzerfamilie einquartiert. Wenig später begegnet er Eliza (Whitney Able) – einem sich nackt in der Küche ein Sandwich zubereitenden Mädel, dem ein Tier-ähnlicher Schwanz gewachsen ist: Sie unterhalten sich flüchtig, teilen sich ein Bier – bevor er hinüber zur Badezimmertür schreitet, sich nach dem Befinden der sich dahinter aufhaltenden Chris (Diane Gaeta) erkundigt und sie, für welche er (augenfällig) Gefühle empfindet, zudem (leise und wehmütig) darum bittet, gemeinsam mit ihm zu verschwinden. Als sie ihm nicht antwortet, begibt er sich in die Garage – seinem „Ort der Abgeschiedenheit und Ruhe“ – wo er sich am Fenster sitzend einen Joint anzündet und sich verschiedene Gedanken über die verunsichernd-befremdliche Situation macht, inmitten derer er steckt…

Im Vorfeld bereits mit der von Burns kreierten Handlung vertraute Zuschauer dürften einen wesentlich besseren „Zugang“ zu diesem keinerlei Kontext darlegenden Kurzfilm finden als all jene, die beispielsweise nichts über die Entstehungsursachen der Missbildungen dieser im Fokus stehenden Personen wissen. Ersteren sind die Protagonisten Keith, Chris und Eliza, ihre Verbindungen zueinander sowie ihre Verortung innerhalb des Gesamtgeschehens bekannt – ebenso wie was es mit den präsentierten Gegebenheiten (sowohl generell als auch auf dieses spezifische „inhaltliche Fragment“ bezogen) jeweils auf sich hat. Beide Perspektiven verfügen über eigene Reize: Etwa können die einen Vergleiche zwischen den (eher schlicht sowie in Schwarzweiß gehaltenen) Illustrationen und den entsprechend arrangierten „cineastischen Images“ ziehen – während den übrigen zumindest schonmal ein kleiner (eingeschränkter) Einblick in die besagte Materie gewährt wird. Letztere adaptierte Sanders stärker als ein beklemmendes albtraumhaftes Szenario anstelle einer surreal-mehrdeutigen „Coming-of-Age“-Geschichte mit „Body Horror“-Elementen: Ein stilistischer Ansatz ganz in meinem Sinne – welcher den eigentlichen „Ton“ des Comics jedoch nur bedingt treffend widerspiegelt…

Ungemütlich und düster, ist die erzeugte Atmosphäre zum Schneiden dicht: Neben dem grotesken Gebotenen wurde sie u.a. seitens eines kryptischen Voiceovers, der „ungeschliffenen“ Sound-Abmischung, eines perfekt passenden „Temp Scores“ – bei welchem das John Carpenter und Alan Howarth Stück „Orientation“ prominente Verwendung erfuhr – der „verwohnten“ Räumlichkeiten, finsteren Ausleuchtung sowie inspirierten Kamera-Arbeit Chris Soos’ ersprießlich angereichert. Zudem überzeugen die Make-up- und Prosthetic-Effekte – gerade in Anbetracht des spärlichen Budgets – und das losgelöst dessen, dass man die individuellen Mutationen (á la Gesichtsdeformationen sowie an Insekten erinnernde „Auswüchse“ im Stirnbereich) immerzu nur kurz zu sehen erhält (was in diesem Fall aber genau richtig so ist). Amüsant kommt dabei die Feststellung daher, dass Eliza und Chris trotz „the Bug“ weiterhin ziemlich hübsche und „anregende“ junge Damen sind – wohingegen die männlichen Infizierten hier ungleich abstoßendere Veränderungen davongetragen haben. Manche der Symptome lassen sich durchaus verbergen – bei denen das allerdings nicht möglich ist, erhöht es die Gefahr einer sozialen Ausgrenzung noch einmal erheblich…

Die gecasteten Akteure sind zwar durchweg ein paar Jahre älter als die Figuren, welche sie (der Vorlage nach) verkörpern – machen ihre Sache aber dennoch ordentlich: Chris Marquette („Freddy vs. Jason“) ist im Grunde der einzige, der mimisch einigermaßen gefordert wird, Whitney Able („Monsters“) und Diane Gaeta („Infestation“) verbringen ihre komplette Screen-Time splitternackt – primär verführerisch in der Küche bzw. verängstigt in der Badewanne – worüber hinaus die Verbliebenen ausnahmslos bloß flüchtig in Erscheinung treten. Alles in allem hat mir das von Sanders Geschaffene anständig zugesagt: Ihm sind einzelne echt feine Momente und Einstellungen gelungen – wie ein Strudel in einer Kaffeetasse oder eine verstörende Montage-Sequenz zum Ende hin, welche u.a. mehrere psychosexuelle Motive (z.B. die aufgeschnittene Unterseite eines Froschs), den Anblick der sich häutenden Chris sowie einen Geschlechtsakt zwischen Keith und Eliza mit einschließt, bei dem sich an einem Punkt ihr Schwanz ablöst, als er (auf ihr Verlangen hin) mal fester daran zieht. Man darf wahrlich gespannt darauf sein, ob (oder besser: wann und wie) „Black Hole“ eines Tages verfilmt wird. Gegen ein Werk im Stile dieses stimmungsvollen kleinen „Shorts“ hätte ich jedenfalls nichts einzuwenden…

 knappe

Bislang ist der Kurzfilm noch nirgends auf DVD oder gar BluRay veröffentlicht worden. Man kann ihn sich allerdings online auf der Website des Regisseurs anschauen: RupertSanders.com

Stefan Seidl

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Black Hole

Copyright des “Graphic Novel”-Covers und der Screenshots: Pantheon / Rupert Sanders

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