Originaltitel: Broken Trail__Herstellungsland: USA/Kanada__Erscheinungsjahr: 2006__Regie: Walter Hill__Darsteller: Robert Duvall, Thomas Haden Church, Gwendoline Yeo, Greta Scacchi, Chris Mulkey, Todd Allen, Caroline Chan, Olivia Cheng, Scott Cooper, Donald Fong, Duncan Fraser, James Russo, Valerie Tian u.a. |
Nach den Misserfolgen mit „Supernova“ und „Undisputed“ sammelte Walter Hill als Regisseur und Consultant der „Deadwood“-Pilotfolge Reputation beim Fernsehen, weshalb AMC ihm die Regie ihres ersten eigenproduzierten Films anvertrauten, des Zweiteilers „Broken Trail“.
„Broken Trail“ beleuchtet dabei ein Thema, das im Western nicht oft vorkam: Die Zwangsprostitution chinesischer Einwanderinnen, die von ihren Familien als Sklavinnen verkauft wurden. Kamen die chinesischen Arbeiter, die beim Bau der Eisenbahn zuhauf starben, immer mal wieder vor, so ist dies ein weitestgehend unbekanntes Kapitel, mit dem der Film einsteigt. Fünf junge Damen werden von Billy Fender (James Russo) eingesackt, der die menschliche Ware an eine Puffmutter liefern soll. Dass die Chinesinnen kein Englisch sprechen, macht „Broken Trail“ zum Thema, zeigt ihre Kommunikationsprobleme im späteren Verlauf und lässt sie untereinander nur Chinesisch sprechen.
Die Hauptfiguren sind dagegen Cowboys alter Schule. Tom Harte (Thomas Haden Church) hilft bei der Rinderzucht aus, als er von seinem Onkel Prentice Ritter (Robert Duvall) Besuch erhält und erfährt, dass seine Mutter gestorben ist. Da die Dinge zwischen ihr und Tom im Argen lagen, ging das Erbe an Prentice, der seinem Neffen jedoch einen Vorschlag macht: Dieser soll ihm dabei helfen 500 Pferde zu ihrem Bestimmungsort zu treiben und dafür 25% der Einnahmen bekommen. Beide Hauptfiguren mache keine großen Worte, sind Männer der Tat, klassische Helden des Genres eben, ist Walter Hill doch ein großer Westernfan.
Also machen sich die Männer auf den Weg, sacken noch Fiedelspieler Heck Gilpin (Scott Cooper) als Hilfe ein und stoßen auf ihrem Weg auch auf Fender und seine Mitreisenden. Als der Halunke sie jedoch beklauen will, endet das für ihn aufgeknüpft am nächsten Baum. Damit müssen Prentice, Tom und Heck jedoch auch die Verantwortung für die Chinesinnen übernehmen…
„Broken Trail“ ist kein Action- oder Abenteuerwestern, sondern eher eine nüchterne Geschichte über das Cowboyleben. Natürlich sprechen auch mal die Waffen, doch meist kurz und schmerzlos. Man trifft sich nicht zum Duell, sondern derjenige, der zuerst zieht und schießt, der überlebt. Einzig und allein das Finale, das mit seiner Musikuntermalung etwas an den Showdown von Michael Manns „Der letzte Mohikaner“ gemahnt, setzt ein wenig auf Schauwerte, was angesichts der dramatischen Situation (und seiner Funktion als Höhepunkt) vollkommen angemessen ist. Sonst erinnert der Stil an Werke wie Clint Eastwoods „Erbarmungslos“ oder die Robert-Duvall-Western „Open Range“ und „Geronimo“ – bei letzterem arbeitete der Schauspieler, der „Broken Trail“ auch produzierte, schon mit Hill zusammen und setzte sich für diesen als Regisseur beim dem AMC-Zweiteiler ein.
So hat „Broken Trail“ dem Genre des eher realistischen Cowboywestern auch wenig Neues hinzuzufügen, sieht man von dem Chinesinnenplotstrang ab. Man begegnet Leuten auf der Reise, die einem mal was Gutes und mal was Schlechtes wollen, wobei Hauptfiguren wie Zuschauer abwägen müssen, wer denn nun zu welcher Kategorie gehört. Es gibt Hindernisse wie Unwetter, es gibt Momente der Ruhe (etwa beim Beobachten von Fliegenfischern) und es gibt jene schweren Entscheidungen, die auf solchen Trails getroffen werden mussten – etwa einem Pferd den Gnadenschuss zu geben. Doch nicht nur Pferde, auch diverse menschliche Figuren ereilt der Tod, der durch so etwas Banales wie einen Zeckenbiss ausgelöst werden kann.
Bei alledem besitzt „Broken Trail“ jedoch ein tiefes Verständnis für die menschlichen Seiten der Hauptfiguren. Etwa wenn Prentice eine Grabrede für eine Verstorbene hält und man erahnt, dass der alternde Cowboy diese Rede schon oft, vielleicht zu oft gehalten hat. Wenn sich die Chinesinnen und die Cowboys trotz der Sprachbarriere annähern und die Männer von unwilligen Reisegefährten zu echten Beschützern werden. Oder wenn Prentice auf seine alten Tage noch einmal Gefühle für die vom Leben gezeichnete Prostituierte Nola Johns (Greta Scacchi) entwickelt, aber nicht weiß, ob und wie er seinen Impulsen folgen soll. So wachsen die Charaktere dem Publikum langsam ans Herz, während „Broken Trail“ ihre Reise begleitet.
Das Drehbuch von Alan Geoffrion, basierend auf seinem eigenen Roman, schafft es dabei, einerseits lebensnah zu wirken, andrerseits doch einer stringenten Dramaturgie zu folgen. Viele Begegnungen auf der Reise sind über den Moment hinaus wichtig, etwa das Aufeinandertreffen mit dem hinterlistigen Small Pox Bob (Shaun Johnston). Vor allem zentral sind die Auftraggeber Fenders, die ihre menschliche Ware nicht so gerne hergeben wollen und irgendwann Jagd auf die Cowboys machen, als sie mitbekommen, dass diese die Chinesinnen im Gewahrsam haben. Doch so gut der Spagat insgesamt gelingt, so langsam läuft „Broken Trail“ an und könnte sich gerade im Auftakt manchmal etwas kürzer fassen – vielleicht wäre die ursprünglich geplante Version als regulärer Spielfilm und nicht als Mini-Serie bzw. Zweiteiler der Story mehr entgegengekommen und hätte die nötige Entschlackung bedeutet.
Tadellos dagegen sind die Schauspielleistungen. Gerade Robert Duvall („Widows“) sieht man an, dass die Rolle des wettergegerbten, lebenserfahrenen, aber auch hilfsbereiten und fürsorglichen Gunslingers eine Herzensangelegenheit war, wenn er sich voll ins Zeug legt. Thomas Haden Church („Hellboy – Call of Darkness“) gibt den markigen Mann weniger Worte sehr stark, während der spätere „Out of the Furnace“- und „Hostiles“-Regisseur Scott Cooper hier noch als Schauspieler zu sehen ist. Greta Sacchi („The Player“) beweist Mut zur Altersrolle als Prostituierte, der das Leben nichts geschenkt hat, die desillusioniert ist, aber die Chance auf ein besseres Leben nutzen möchte. Ebenfalls stark ist Chris Mulkey („Behind Enemy Lines“) als sadistischer Pferdedieb und Auftragskiller Ed ‘Big Ears‘ Bywaters, der quasi den Hauptantagonisten gibt, zumindest im zweiten Teil des Films.
So mag „Broken Trail“ trotz eines frischen Themas das Rad nicht neu erfinden und sich im Anlauf etwas viel Zeit lassen, ein involvierender, stark gespielter Slowburn-Western mit viel Gespür für seine Figuren und den menschlichen Aspekt des Lebens auf dem Trail ist Hills aufwändiger TV-Zweiteiler dennoch. Eine gute Kompensation dafür, dass er bei „Deadwood“ ausstieg, als er sich mit Serienschöpfer David Milch während des Schnitts der Pilotfolge überwarf.
Sony hat „Broken Trail“ hierzulande auf DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Als Bonusmaterial gibt es ein Making Of.
© Nils Bothmann (McClane)
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